Protokoll der Sitzung vom 10.11.2000

Dort, wo SPD und GRÜNE das Sagen haben und hatten, wurden die Hauptschule zugrunde gerichtet, das Leistungsniveau abgesenkt und den Ländern somit eine wichtige Grundlage für eine positive wirtschaftliche Entwicklung entzogen.

Den Oppositionskolleginnen und Kollegen müsste es eigentlich die Schamesröte ins Gesicht treiben, dass sie mit ihren Prognosen so falsch lagen und liegen. Sie haben der Hauptschule keine Zukunft mehr gegeben. Wir haben ihre Attraktivität gesteigert. An 463 Standorten sind heute, noch nicht einmal ein Jahr nach der Änderung des Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes, 886 Mittlere-Reife-Klassen und an weiteren Schulen über 400 Mittlere-Reife-Kurse eingerichtet worden. In 49 Praxisklassen werden Jugendliche, die besonderer Hilfe bedürfen, mit großem Erfolg unterrichtet und in ihrer Per

sönlichkeitsentwicklung stabilisiert. Der Ansturm auf die sechsklassige Realschule ist enorm. Es ist bezeichnend, dass ein Teil derjenigen, die noch vor wenigen Monaten diesen neuen Schultyp als Teufelszeug brandmarkten, sich jetzt überschlagen, wenn es darum geht, die sechsstufige Realschule in ihrer Stadt oder in ihrem Landkreis einzuführen.

(Beifall bei der CSU)

Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht die bayerische Schule ist schlecht, vielmehr sind es die schulpolitischen Vorstellungen der SPD.

(Hofmann (CSU): Die sind miserabel!)

Hören Sie auf, die Schule schlecht zu reden. Sie und Ihnen nahe stehende Verbandspräsidenten tragen wesentlich dazu bei, junge Menschen vom Lehramtsstudium abzuhalten. Wie soll denn bei unseren Abiturienten Freude am Unterrichten geweckt werden, wenn Sie, Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dauernd nur Horrormeldungen verbreiten und unser Bundeskanzler unsere Leistungsträger in Unterricht und Erziehung als faule Säcke diffamiert. Unsere Lehrkräfte verdienen allen Respekt für ihren aufreibenden Einsatz. Sie sind es doch, die erzieherisch ausgleichen sollen, was in der Gesellschaft, in den Familien zunehmend versäumt wird.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Wilhelm (CSU))

Die SPD, Herr Kollege Maget, hat es auch bei diesen Doppelhaushaltsberatungen versäumt, Prioritäten zu setzen. Es ist nicht so, wie Sie gestern versucht haben, glaubhaft zu machen. Wer sich die Änderungsanträge zu den verschiedenen Haushalten vor Augen hält, stellt fest, dass sich die Phantasie der Sozialdemokraten im Geld ausgeben erschöpft.

(Widerspruch von der SPD)

Schlimm dabei ist, dass Sie mit keinem Sterbenswörtchen erklären, wie Sie Ihre Forderungen finanzieren wollen. Eine halbe Milliarde DM mehr für den Umweltschutz, 100 Millionen DM mehr für den Straßenbau, 200 Millionen DM mehr für die Pflege, eine Verdreifachung der Mittel für die Präventionsarbeit der Polizei und MillionenForderungen im Kultusbereich. So, meine Damen und Herren, werden Sie nicht unseren Kindern gerecht. Sie wollen ihnen eine Schuldenlast aufbürden, um den Bürgern aus wahltaktischen Gründen vorgaukeln zu können:

(Widerspruch von der SPD)

Alles ist machbar, alles ist erreichbar.

(Zurufe von der SPD)

Der Kultushaushalt, dem 40% der Ausgabenmehrungen des Gesamthaushaltes zufließen, macht deutlich, wo die CSU auch in den kommenden beiden Jahren ihren Schwerpunkt setzen wird. Zusammen mit unserer Kultusministerin Monika Hohlmeier und ihrem Staatssekretär Karl Freller, werden wir alles daransetzen, damit die

Schule in Bayern auch weiter vorn bleibt. Herr Kollege Irlinger, natürlich gibt es eine ganze Reihe von Punkten, die auch nach unserer Ansicht verbesserungswürdig sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit stehen wir aber nicht alleine da. Trotzdem sind wir auch wegen unseres guten Schulwesens das attraktivste Land in der Bundesrepublik Deutschland. Wir sind mit Abstand das größte Zuzugsland von Menschen, die in den von Ihnen regierten Ländern keine oder keine adäquaten Arbeitsplätze finden. Sie sollten sich wirklich zuerst Gedanken machen, weshalb Ihnen in vielen Bereichen aufgrund mangelnder Perspektiven die Menschen davonlaufen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Irlinger, Sie haben im Zusammenhang mit dem Sport den Ministerpräsidenten kritisiert und eine Aussage des Kollegen Leichtle in den Raum gestellt. Ich sage Ihnen: Ich hätte mich zusammen mit meinen Kollegen sehr gefreut, wenn Kollege Leichtle als Ihr sportpolitischer Sprecher im Sportausschuss geblieben und dort mitgearbeitet hätte und ihn nicht nach kurzer Zeit wieder verlassen hätte.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD: Er ist im Wirtschaftsausschuss!)

Ich bedanke mich, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Namen des Arbeitskreises bei den übrigen Mitgliedern meiner Fraktion, vor allem bei Staatsminister Dr. Kurt Faltlhauser und unseren Finanzpolitikern für deren aufgeschlossene, tatkräftige und unterstützende Begleitung unserer Arbeit. Deshalb habe ich auch keine Sorge, dass das Verharren der Opposition in alten ideologischen Leitbildern uns beeinträchtigen wird. Die CSU wird weiter ein zuverlässiger Partner für unsere Schülerinnen und Schüler, die Eltern und unsere Lehrerinnen und Lehrer, denen ich für ihre hervorragende Arbeit an unseren Schulen danken möchte, bleiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie bitten, diesem Haushalt zuzustimmen, der eine klare Sprache für die Kulturpolitik, für die Schulen in unserem Lande spricht.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Münzel. Bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das große bildungspolitische Thema in Bayern ist zurzeit die innere Schulentwicklung – endlich und zum Glück, sage ich da. Jahrelang hat sich die Staatsregierung als reformresistent erwiesen. Sie war sogar noch stolz darauf, dass in Bayern alles blieb, wie es war, bis das böse Erwachen mit der TIMS-Studie kam und sich die bayerischen Schulen, für die Staatsregierung und die CSU völlig unerwartet, weltweit nur in einem Mittelfeld wieder fanden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt beginnen die CSU und die Staatsregierung endlich aufzuwachen. Sie sind spät dran, sind auch noch ziemlich schlafmützig. Hellwach sind sie bei diesem Thema leider immer noch nicht. Herr Kollege Knauer ist der beste Beweis dafür. Sein Redebeitrag beweist, wie wenig er einer zukünftigen Entwicklung der Schulen aufgeschlossen ist. Er hat hier einfach die Schlachten von vorgestern geschlagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Frau Staatsministerin Hohlmeier, Sie übernehmen zumindest schon einmal Begriffe, die wir schon vor Jahren in die bildungspolitische Debatte eingeführt haben. Sie sprechen mittlerweile von Reformen von unten, von Innovation, von Personalentwicklung, von Evaluation, von Schulprogramm, von Schulprofil. Die Worte höre ich gern – es sind unsere Worte –, allein mir fehlt der Glaube, dass auch die entsprechenden Taten folgen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Eines wird in dieser Debatte aber deutlich, und das müssen Sie auch einmal anerkennen: Wir GRÜNE verstehen etwas von Bildungspolitik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Scheinbar scheinen die neuen Worte der Frau Staatsministerin in der CSU-Fraktion noch nicht so richtig angekommen zu sein. Was wir vorschlagen, führt nicht in die Sackgasse, sondern ist zukunftsweisend.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Während Sie, Frau Staatsministerin, die innere Schulreform nur sehr zögerlich angehen, leiden die Schülerinnen und Schüler unter den gravierenden Fehlentscheidungen der vergangenen Jahre. Ich nenne nur die Kürzung bei den Sportstunden. Die Kommunen stöhnen unter den finanziellen Lasten, die ihnen die Staatsregierung bei den M-Klassen, der Mittagsbetreuung und der Anschaffung von Computern aufgebürdet hat. Wegen der M-Klassen betteln mittlerweile CSU-Bürgermeister bei SPD-Bürgermeistern: Bitte, bitte, gebt uns doch Gastschulbeiträge, weil Sie es versäumt haben, das im Schulfinanzierungsgesetz entsprechend zu regeln.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

So wird mit großem Pomp die Bildungsoffensive, die Schulinnovation 2000 oder der Bildungspakt verkündet. Wenn man aber fragt, was sich substanziell an der Schule ändert, oder wenn man sich fragt, ob sich etwas substantiell an der Schule ändern soll, dann bekommt man Zweifel. Ich frage mich, ob es sich nur um schöne Worte handelt oder wirklich etwas geändert werden soll.

Gestern hat Herr Stoiber bei der Vorstellung des Haushalts der Staatskanzlei etwas zur Bildungspolitik gesagt: „Wir wollen die Methoden und Inhalte des Unterrichts

weiterentwickeln und der Wissensgesellschaft anpassen.“ Als ich diesen Satz hörte, wurde mir klar, dass meine Zweifel berechtigt sind. Wir kennen moderne Unterrichtsformen. Diese sind auch in der Amtszeit von Zehetmair entwickelt worden, obwohl Zehetmair nicht gerade die personifizierte Schulinnovation war. Freiarbeit, Projektunterricht, fächerübergreifender Unterricht, praktisches Lernen, Team teaching, all das gibt es bereits. Wir müssen uns sicher Gedanken darüber machen, wie die Schülerinnen und Schüler mit der Fülle von Informationen umgehen sollen, und wie aus Informationen Wissen gemacht werden kann. Der entscheidende Punkt damals und heute ist aber, dass trotz des Wissens um die modernen Unterrichtsformen diese kaum umgesetzt werden konnten, weil der Rahmen dies nicht zuließ, nicht die starren Stundentafeln, nicht der bis ins letzte ausgefeilte Lehrplan, nicht die Art der Notengebung, die sich stets auf Einzelleistungen bezieht.

(Beifall der Frau Abgeordneten Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich das Protokoll der Sitzung des Haushaltsausschusses lese, kommen mir noch einmal erhebliche Zweifel, ob sich tatsächlich etwas ändern soll. Dort heißt es:

Am Ende von Schulreformen sollen eigentlich Einsparpotentiale und nicht zusätzliche Mittel stehen.

Wenn sich Herr Sackmann durchsetzt, dann sehe ich schwarz für die Zukunft aller Schulinnovationen.

(Dr. Kaiser (SPD): Bei dem sehe ich sowieso schwarz!)

Heute haben Sie, Frau Staatsministerin, gesagt, wir brauchten dazu Geld. Wir brauchen zusätzliches Geld. Gestatten Sie mir noch ein Wort zum Geld, Frau Staatsministerin. Was früher für uns GRÜNEN der Rüstungshaushalt war, sind bei Ihnen mittlerweile die UMTS-Erlöse. Das hört man in jeder Diskussion.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trotz all Ihrer Reformversprechungen, Frau Ministerin, funktioniert auch die Verwaltung noch genau so rigide von oben nach unten wie seit jeher. Ich nenne Ihnen nachher ein Beispiel.

Jetzt steht der nächste Event an: der Regionalkongress „Schulinnovation 2000 – Schulen auf dem Weg“. Natürlich ist es wichtig und richtig, dass man Schulen ein Podium gibt, auf dem sie sich präsentieren können. Ich möchte aber zu bedenken geben, dass die Schulen, die sich dort präsentieren, die Reformpflänzchen sind, die sich jetzt schon durchgesetzt und sich trotz großer Probleme mit der Schulverwaltung behauptet haben.

(Beifall der Frau Abgeordneten Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dazu gehört eine Schule in meinem Landkreis, die trotz all dieser Widerstände Reformen durchführt. Es handelt sich dabei um ganz besonders engagierte Schulen. Das

allein reicht aber nicht. Sie können diese Schulen nicht präsentieren und behaupten, man brauche nichts zu ändern und die anderen Schulen sollten sich lediglich ein Beispiel nehmen. Das möchte ich ins Bewusstsein rufen.

Sogar die Laborschule Bielefeld darf sich auf diesen Kongressen präsentieren. Die Leiterin der Laborschule in Bielefeld wird zum Thema „Werte und Schule“ referieren. Das muss man sich einmal vorstellen. Aus dem vielgeschmähten rot-grünen Nordrhein-Westfalen kommt eine Leiterin und spricht über „Werte und Schule“. Man traut seinen Augen kaum, da doch die CSU glaubt, wenn dieses Thema von rot-grünen Politikern in die Hände genommen würde, der Untergang des Abendlandes programmiert wäre.