Die Parole aus der Staatskanzlei lautet: Schadensbegrenzung in Form von Aktionismus. Alle Schuldzuweisungen in Richtung Berlin und Brüssel haben keinen Wert. Sie müssen jetzt vor der eigenen Türe kehren. Sie müssen zugeben, dass Sie Schuld an dem haben, was wir jetzt als Ergebnis auf den Tisch bekommen haben. Jahrelang wurde geschlampt und verharmlost. Unsere Warnungen und viele unserer Anträge wurden in den Wind geschlagen. Trotz der seit über zehn Jahren schwelenden BSE-Krise wurden Kapazitäten und Stellen in den Landesuntersuchungsanstalten abgebaut.
Erst jetzt will Herr Miller in die Schweiz reisen, um sich die dortigen BSE-Bekämpfungsmaßnahmen anzusehen. Dies habe ich einer Pressemeldung vom 3. oder 5. Januar entnommen. Er will in die Schweiz zum Lernen gehen. Wir haben vor drei bis vier Jahren beantragt, das Schweizer BSE-Bekämpfungssystem und die dortigen Untersuchungsmethoden zu übernehmen.
Ich bezeichne es als schäbig, dass Herr Glück eine Kampagne gegen den ökologischen Landbau betreiben will. Herr Präsident, ich hoffe, dass diese Bemerkung erlaubt ist.
Es ist schäbig, dass Sie versuchen, den ökologischen Landbau madig zu machen und keine Gelegenheit auslassen, anzukündigen, dass bald der erste Fall beim ökologischen Landbau auftreten werde. Diese Diskussion ist genauso schäbig wie die Diskussion über die Rückstandsproblematik bei Pflanzenschutzmitteln. Wenn tatsächlich ein Fall auftauchen sollte, wird wahrscheinlich ein Umstellbetrieb davon betroffen sein oder ein Aufstockbetrieb, der Tiere zukaufen musste. Leider Gottes mussten die Bio-Betriebe auch feststellen, dass im Mineralfutter Tierprodukte, also Knochenmehl und
ähnliches, enthalten waren. Damit hat niemand gerechnet. Bisher haben wir uns nur auf Gentechnikfreiheit konzentriert. Dieser Missstand muss schleunigst abgestellt werden. Wir sind ja lernfähig. Dennoch bleibt der ökologische Landbau die beste, sicherste und zukunftsfähigste Form der Landbewirtschaftung.
Aber noch viel zu wenig, sonst stünden wir im Vergleich zu anderen Bundesländern besser da. Aber ich komme noch darauf. Sie haben es schon angedeutet.
Herr Kollege, wäre es Ihnen möglich, einen neuen Gedanken, den wir heute noch nicht gehört haben, zu äußern oder Ihre Rede zu kürzen?
Herr Kollege Kupka, es steht Ihnen nicht zu, nach meiner Redezeit zu fragen oder darüber zu befinden. Wenn noch eine solche Frage kommt, werde ich meine Redezeit voll ausschöpfen.
Wer wie Sie Billig-Landwirtschaft sät, der wird Probleme und Katastrophen für Bauern und Verbraucher ernten. Genau das ist eingetreten. Dafür sind Sie verantwortlich, denn Sie sind die Förderer der industriellen Landwirtschaft gewesen und sind es noch heute. Sie sind die Förderer der Agrar- und Gentechnikindustrie. Dafür müssen Sie sich verantwortlich machen lassen; das müssen Sie begreifen. Sie sollten endlich dazu bereit sein umzukehren.
Zum Programm „Qualität Herkunft aus Bayern“ wollte ich eigentlich wenig sagen, aber nachdem es derart in die Diskussion geraten ist, muss ich doch einige Sätze darüber verlieren. An Ihrem Zeichen „Qualität Herkunft aus Bayern“ zeigt sich jetzt, dass man die Öffentlichkeit auf Dauer nicht hinters Licht führen und betrügen kann. Mit Nichtigkeiten und Selbstverständlichkeiten kann man weder die EU überzeugen noch die Verbraucherinnen und Verbraucher. Ihr selbstkontrolliertes Programm „Qualität Herkunft aus Bayern“, das mit Halbwahrheiten und Selbstverständlichkeiten wirbt, hat sich als Bumerang erwiesen. Mittlerweile müsste man schreiben, das Zeichen „Qualität Herkunft aus Bayern“ gefährdet die Gesundheit. So sieht es mittlerweile auch der Verbraucher. Seit fünf oder sechs Jahren weisen wir Sie immer wieder darauf hin, dass besondere Qualitätsstandards eingeführt werden müssen, die über dem gesetzlichen Standard liegen. Es geht zum Beispiel um die Freiheit von Antibiotika, von Gentechnik und vor allem von Tier
mehl. Wichtig sind auch unabhängige Kontrollen. Wenn Tierärzte, die von den Bauern abhängig sind, immer noch die Kontrolle der Landwirte, also ihrer eigenen Klientel, übernehmen müssen, kann das Kontrollsystem nicht sicher sein. Das hat die Tierärztekammer schon vor Jahren bestätigt, aber Sie haben nicht gehandelt.
In dem Werbeprospekt für das Programm „Qualität Herkunft aus Bayern“ ist zu lesen: „Dazu gehört auch die sorgfältige Auswahl des Futters. Die Tiere erhalten frische Erzeugnisse aus der Heimat, saftiges Grünfutter und Silage, schmackhaftes Heu und gehaltvolles Getreide.“ Was sagt denn das aus? – Überhaupt nichts sagt das aus. Es steht nicht drin, was die Tiere sonst noch bekommen. Um noch einmal darauf zurückzukommen, beim ökologischen Landbau weiß man ganz genau, was die Tiere bekommen dürfen. Es gibt Positivlisten aller Produkte, die verwendet werden dürfen.
Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist reif für eine Agrarwende. Jetzt kommt die Nagelprobe. Wir müssen Sie fragen, ob Sie wirklich bereit sind, wie es Frau Kollegin Stamm und Herr Kollege Miller jetzt laufend ankündigen, zu einer naturnäheren Landwirtschaft zu kommen. Wenn ich den Ausführungen von Herrn Glück lausche, habe ich die Befürchtung, dass Sie sich eben nicht vom Saulus zum Paulus wandeln wollen, sondern weitermachen wollen wie bisher. Ich traue Ihnen nicht. Wenn ich mir den nichtssagenden Antrag, über den Sie heute namentlich abstimmen lassen wollen, ansehe, dann bestärkt mich das noch in meinem Misstrauen. Der Antrag besteht nur aus Nichtigkeiten und Selbstverständlichkeiten. Von Agrarwende und Neuorientierung ist in dem Antrag überhaupt nicht die Rede. Der Antrag ist nach rückwärts gewandt. Ich kann gleich ankündigen, wir werden ihn ablehnen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie tatsächlich etwas ändern wollen, dann müssen Sie die Betonköpfe in den Ministerien auswechseln. Sie sollten möglicherweise nicht nur die Minister überprüfen und austauschen, sondern auch die Betonköpfe in den Ministerien – ich will jetzt keine Namen nennen –, die Gentechnikfetischisten und die Fütterungsspezialisten, die noch bis vor kurzem Tiermehl empfohlen haben. Sie müssen auch überlegen, ob Sie in der Tierzucht weitermachen wollen wie bisher. Mittlerweile haben Sie klammheimlich alle Führungspositionen in Forschungsinstituten in Triesdorf, in Grub und in Weihenstephan mit Gentechnikern besetzt. Das ist der Weg, den Sie sich vorstellen, aber das ist der Holzweg. So kommen wir zu keiner Agrarwende. Ich komme noch einmal darauf bei unserem Antrag, wenn es um die Enquete-Kommission geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben zum Teil schon darauf hingewiesen, es gibt jetzt einen sieben Punkte umfassenden Vorschlag von zwei Ministerien in Berlin, den ich kurz in den Einzelheiten erläutern möchte. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützt das Sieben-Punkte-Papier und hofft, dass es von Seiten der SPD ebenfalls so unterstützt wird, dass sich Staatssekretär Wille bei Minister Funke durchsetzt. Ich hoffe, dass Herr Wille und Herr Baake vom Umweltministerium mit ihren Vorstellungen einer Agrarwende auch beim
Es heißt, Vertrauen soll zurückgewonnen werden. Die Rede ist auch von Qualitätssiegeln. Hier heißt es ausdrücklich, dass Qualitätssiegel nicht nichtssagend sein sollten, sondern dass Qualitätssiegel mit besonderen Merkmalen versehen werden müssen, anders als das bayerische Siegel „Qualität Herkunft aus Bayern“. In Punkt 2 geht es darum, dass dem Öko-Landbau zum Durchbruch verholfen werden soll. Es wird angekündigt, dass zusätzliche Fördermaßnahmen ergriffen werden. Das ist zu begrüßen. Die Landwirtschaft soll natur- und umweltverträglich gestaltet werden und wirtschaften. Angekündigt wird auch, dass man sich für eine Korrektur der Agenda 2000 einsetzen werde. Geplant ist weiter eine Agrarreform mit dem Schwerpunkt auf umweltbezogenen Maßnahmen und auf der Umschichtung von EUMitteln aus dem Bereich des Marktes in die zweite Säule sowie einer Verknüpfung der Ausgleichszahlungen mit den Umwelt- und Sozialstandards. Es handelt sich original um das, was wir ständig zur Agenda 2000 gefordert haben und was Sie uns noch vor wenigen Monaten verweigert haben.
Zum Antrag der SPD möchte ich nur eine kurze Bemerkung machen. Hier muss ich den Kollegen Hartenstein unterstützen. Punkt 10 müsste gestrichen oder geändert werden, damit wir zustimmen können. Der CSU-Antrag ist aus den genannten Gründen abzulehnen. Meine Redezeit neigt sich dem Ende zu. Meine Damen und Herren, wir treffen uns wieder im Ausschuss, wenn über unseren Dringlichkeitsantrag diskutiert wird. Unsere wichtigste Forderung ist die Einsetzung einer EnqueteKommission. Ich hoffe, dass wir dafür eine Mehrheit bekommen, damit wir in den nächsten Monaten und Jahren in diesem Hause in aller Ruhe über eine echte Agrarwende diskutieren können.
Wenn es richtig ist, was Frau Kollegin Schopper mir gerade gesagt hat, dann haben die beiden folgenden Redner auf ihren Beitrag verzichtet.
Dann schließe ich die Aussprache. Mit dem Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Gote, Münzel und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – BSE-Krise, Chance für Landwirtschaft und Verbraucherinnen und Verbraucher – Aus Fehlern lernen – Verantwortung übernehmen – Bayern umstellen – auf Drucksache 14/5464 wird unter anderem gefordert, die Einsetzung einer Enquete-Kommission durch den Landtag vorzubereiten. Abweichend von § 64 Absatz 2 Satz 4
der Geschäftsordnung schlage ich vor, den Dringlichkeitsantrag federführend dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist so beschlossen.
Ich lasse jetzt noch über die anderen mitberatenen Dringlichkeitsanträge abstimmen. Zunächst lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Willi Müller, Loscher-Frühwald und anderer und Fraktion (CSU) betreffend Entschließung zur aktuellen BSE-Problematik auf Drucksache 14/5462 abstimmen. Dazu ist namentliche Abstimmung beantragt. Für die Stimmabgabe sind entsprechend gekennzeichnete Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne steht auf der Seite der CSU-Fraktion, die Nein-Urne auf der Oppositionsseite – jeweils im Bereich der Eingangstüren. Die Enthaltungs-Urne befindet sich auf dem Stenographentisch. Es kann jetzt mit der Stimmabgabe begonnen werden. Hierfür steht ausreichend Zeit zur Verfügung.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Die Stimmen werden außerhalb des Plenarsaales ausgezählt, das Ergebnis der Abstimmung wird später bekannt gegeben. Wir haben noch über zwei weitere Dringlichkeitsanträge abzustimmen. Jetzt lasse ich abstimmen über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Starzmann, Wahnschaffe und Fraktion (SPD) betreffend BSE-Fälle in Bayern auf Drucksache 14/5463. Zu diesem Antrag wird eine redaktionelle Änderung gewünscht. Herr Kollege Starzmann trägt sie allgemein verständlich vor.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe den Auftrag, die redaktionelle Änderung vorzutragen. Zu Recht wurde darauf hingewiesen, dass in Ziffer 10 des Dringlichkeitsantrages der SPD für jedes geschlachtete Tier ein BSE-Schnelltest vorgeschrieben wird. Insofern ist der Antrag nicht exakt formuliert, aber es waren schon viele Anträge – auch Anträge von Ihnen – nicht exakt formuliert. Gemeint ist natürlich, dass bei jedem geschlachteten Tier, bei dem BSESchnelltests ansprechen können, solche Tests zwingend vorgeschrieben werden müssen.
Sie lachen. Aber Sie haben dasselbe Problem in Ihren eigenen Reihen. Zunächst hieß es, dass Tiere ab 30 Monaten getestet werden müssten. Frau Stamm hat von 24 Monaten gesprochen. Heute wurden 20 Monate
genannt. Wir wollen nicht 30 Monate, nicht 24, nicht 20, denn morgen werden es vielleicht 18 sein. Wir fordern vielmehr, dass bei jedem Tier, bei dem Schnelltests ansprechen können, solche auch durchgeführt werden.
Für jedes geschlachtete Tier, bei dem BSE-Schnelltests ansprechen können, müssen BSE-Schnelltests zwingend vorgeschrieben werden.
Eingefügt wird also „bei dem BSESchnelltests ansprechen können“. Insofern wird die Nummer 10 geändert.
Wer dem Dringlichkeitsantrag mit der vorgetragenen Änderung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordnete Hartenstein. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Nun lasse ich noch über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Christine Stahl, Elisabeth Köhler und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) betreffend Entlassung der Staatsministerin Barbara Stamm und des Staatsministers Josef Miller auf Drucksache 14/5465 abstimmen. Wer dem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Stimmenthaltung des Kollegen Hartenstein und eine Stimmenthaltung bei der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Ich gebe jetzt das Abstimmungsergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der CSUFraktion auf Drucksache 14/5462 bekannt. Mit Ja haben 105 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, mit Nein 59. Es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.