Engelbert Kupka
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Herr Präsident, Hohes Haus! Die GRÜNEN haben einen bemerkenswerten Antrag gestellt. Der Kerninhalt lässt sich in zwei Punkten zusammenfassen. Erstens, wir ziehen die dritte Stufe der Steuerreform von 2005 auf 2004 vor und zweitens, die Staatsregierung wird aufgefordert, für die hierdurch bei Bund, Ländern und Kommunen entstehenden Einnahmeausfälle von zirka 15 Milliarden e Vorschläge zur Gegenfinanzierung zu machen.
Liebe Frau Kellner, jetzt muss ich mit Ihren eigenen Worten sagen: So kommen Sie mir heute nicht davon. Die Vorschläge zur Gegenfinanzierung, die Sie gemacht haben, stehen in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zur Größe des Problems. Wenn ich Sie nicht anders kennen würde, hätte ich das Gefühl, Sie klopfen sich geradezu auf die Schenkel und sagen: „Da bin ich aber einmal gespannt, wie die mit den 1,1 Milliarden im Haushalt fertig werden.“ Sie sollten besser nachdenken, woher das kommt und wie das zu lösen ist. Sie hätten in Ihrem Antrag einen dritten Punkt hinzufügen müssen, nämlich: „Wir sind bereit, die Verantwortung für das Vorziehen der Steuerreform abzugeben, nicht aber die Regierungsverantwortung.“ Sie handeln hier nach dem Motto, „Wir haben den Führerschein, jetzt besorgt uns gefälligst auch das Auto.“ Selbst wenn Sie das Auto hätten, wüssten Sie nicht, wohin Sie fahren sollten. Das ist doch im Augenblick die Situation, die sich in der Diskussion darstellt.
Ich will Ihnen das anhand eines Beispiels erläutern: Die Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 14. März – Sie dürfen nicht sagen, der Kanzler sei von der SPD; im Bund gehört er schon zu euch – stand unter dem Titel „Deutschland bewegt sich“. Der Kanzler hat wörtlich folgendes gesagt; ich darf zitieren, Herr Präsident:
Wir werden wie geplant die nächsten Stufen der Steuerreform mit einem Entlastungsvolumen von rund 7 Milliarden e am 1. Januar 2004 und von 18 Milliarden e am 1. Januar 2005 ohne Abstriche umsetzen. Mehr ist nicht zu verkraften. Das muss man klar gegenüber denjenigen sagen, die als Patentrezept Steuersenkungen, bis der Staat draufzuzahlen hat, anbieten. Auch das gehört zur Wahrheit in diesem Land.
Als er dies sagte, hatten wir 4,5 Millionen Arbeitslose und ein Null-Wachstum. Nun, am 6. Juni erklärte dann Schröder aufgrund von Pressemeldungen, die davon ausgingen, die Steuerreform könnte doch vorgezogen werden: „Das ist eine Falschmeldung.“ Obwohl sich die gesamte wirtschaftliche Situation seit der Regierungserklärung im März praktisch nicht geändert hat, tat ein frohgemuter Kanzler nach der Regierungsklausur im brandenburgischen Neuhardenberg einer staunenden Öffentlichkeit kund: „Die nächste Steuerreformstufe wird
vorgezogen. Reformen tun gelegentlich weh, zahlen sich aber aus.“
Jetzt frage ich Sie: Was ist die Richtung dieser Politik, wenn man im März noch sagt, kommt nicht in Frage, im Juni dementiert und im Juli die Steuerreform vorzieht? Wir haben es ganz offensichtlich mit einem Regierungschef zu tun, der nach der Devise handelt: Mal sehen, ob es klappt, wenn nicht, wird nachgebessert. Damit kommen wir nicht weiter. Dadurch entsteht für die Menschen in unserem Land, für die Unternehmen, Kommunen und Arbeitnehmer, genau das nicht, was wir dringend bräuchten, nämlich Verlässlichkeit der Politik und Vertrauen, dass die notwendigen Veränderungen mit Weitblick und Konsequenz angegangen werden.
Wohl niemand in diesem Hause wird in Frage stellen, dass man für das Vorziehen der Steuerreform eine solide Finanzierung braucht, und zwar nicht nur beim Bund mit 15 Milliarden e, sondern auch beim Freistaat und bei den Kommunen, die 377 Millionen e aufbringen müssen. Es genügt deshalb nicht, liebe Frau Kollegin Kellner, dass sich der Kanzler nach der Kabinettsklausur hinstellt und sagt, meine Gegenfinanzierung sieht aus wie folgt: Erstens Abbau von Subventionen, zweitens Privatisierungserlöse und drittens Neuaufnahme von Schulden.
Die beiden ersten Punkte sind im Grunde Programm, und zwar längerfristiges Programm. Das heißt, es bleibt nur der dritte Punkt übrig für den Kanzler, was bedeutet, die Gegenfinanzierung des Bundes reduziert sich auf die Neuverschuldung. Das ist die Situation, in der wir uns befinden. Dieses Land macht in diesem Jahr 75 Milliarden e Schulden. Das ist das Verlagern unserer Probleme auf die nächste Generation. Aber wir werden es nicht zulassen, dass Sie Ihre Politik mit der Kreditkarte unserer Kinder bezahlen. So geht es nicht.
Noch etwas. Diese Steuerreform – das ist meine feste Überzeugung – wird verpuffen, wenn nicht durch glaubwürdige Strukturreformen ein Stimmungsumschwung erreicht wird. Wir brauchen vor allem eine Reform des zementierten Arbeitsmarktes, der verkrusteten Sozialversicherungssysteme und des Steuerrechts. Allein im Steuerrecht – wir haben in diesen Tagen viel über den Bürokratieabbau gesprochen – kamen in der letzten Parlamentsperiode des Bundestags 853 legislative Novitäten hinzu, daneben 629 Verwaltungsanweisungen von Eichel. 60% – so hat jemand errechnet – der weltweiten Steuerliteratur erscheinen in deutscher Sprache. Ein derartiger Vorschriftendschungel behindert und belästigt nicht nur Wirtschaft und Bürger, sondern bläht auch die Bürokratie auf. Ich nenne Ihnen gleich ein weiteres Beispiel.
Die seit April existierenden 400-e-Minijobs bescherten 1600 sichere Planstellen unter dem Dach der Bundesknappschaft. Die Kernfrage, ob man Minijobs nicht auch so gestalten könnte, dass nicht eine neue Behörde für sie zuständig ist, hat sich der Gesetzgeber erst gar nicht gestellt. Um an die Diskussion von gestern anzuknüpfen: Wir müssen uns doch erst einmal die Frage stellen, ob
wir so etwas brauchen, bevor wir ein Gesetz erlassen. Bürokratie und Paragraphen entmündigen letztendlich den Bürger.
Sie schreiben in Ihrem Antrag, Sie wollen den Mittelstand entlasten. Recht und schön. Aber welche Unsicherheiten lauern bereits im Hintergrund? Parteitagsbeschlüsse von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Erbschaftsteuer, zur Vermögensteuer und zur Ausbildungsabgabe warten auf ihre Umsetzung. Noch im November soll darüber beraten werden. Meine Damen und Herren, glauben Sie wirklich, dass sich ein Klima für Aufbruch und Investitionsbereitschaft in diesem Lande einstellen wird, wenn die Menschen mit derartigen Unsicherheiten leben müssen?
„Deutschland bewegt sich“, hat der Kanzler gesagt, aber in sehr vielen Bereichen nur auf der Stelle. Im Frühjahr letzten Jahres veröffentlichte der „Stern“ die Ergebnisse einer Volksbefragung unter dem Motto „Perspektive Deutschland“. 170000 Menschen nahmen teil. In diesem Frühjahr wurde diese Befragung wiederholt. 350000 Menschen haben teilgenommen. Ergebnis: Die Bürger sind viel leistungs- und verantwortungsbereiter, als die Politik annimmt. Die Bürger spüren den Handlungsdruck. Sie wollen Reformen, insbesondere in unseren maroden Sozialversicherungssystemen. Nicht der kleinste gemeinsame Nenner ist gefragt, sondern ein Wandel, der Deutschland fit macht für die Zukunft.
Doch die Bundesregierung bewegt sich noch zögerlich. Frau Kollegin Kellner, wir haben zur Gesundheitsreform und zu verschiedenen anderen Bereichen Vorschläge gemacht, die bestimmt nicht populär waren, aber es kann keine Arbeitsteilung geben nach dem Motto: Wir sind mit dem Regieren ausgelastet, kümmert euch um die Details. So kann es nicht laufen.
Man kann auch nicht als Sozialstaat in Europa Spitze sein wollen, wenn man gleichzeitig beim Wachstum an letzter Stelle steht und zudem eine Neuverschuldung im Bundeshaushalt für das nächste Jahr vorsieht, die 7 Milliarden e über der verfassungsrechtlichen Grenze liegt. Es hat keinen Sinn, den Kopf weiterhin in den Sand zu stecken. Die Bundesregierung hat mit ihrer Politik dazu beigetragen, dass in diesem Lande kein Wachstum mehr möglich ist.
Wenn Sie als Gegenfinanzierung den Transrapid und andere Dinge vorlegen, dann zeigt das, wo uns der Schuh drückt. Wir werden im Ausland gefragt, warum könnt ihr eure Schwächen nicht beseitigen, warum kann der Transrapid bei euch nicht gebaut werden, warum seid ihr die Letzten in Europa. Wenn wir diese Fragen nicht einleuchtend beantworten können, dann wird sich in diesem Land auch nichts ändern.
Meine Damen und Herren, man hört immer wieder die Meinung, der Strukturwandel sei in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik deshalb so schmerzlos bewältigt worden, weil die Wirtschaft damals schneller gewachsen sei. Der umgekehrte Zusammenhang gilt aber ebenfalls: Weil die Strukturen heute so verhärtet sind, kann die
Wirtschaft nicht mehr wachsen. Wir brauchen mutige Lösungen, grundsätzliche Veränderungen und das notwendige Vertrauen in die Politik. Das muss zurückgewonnen werden. Die Bürger jedenfalls – das zeigen alle Befragungen – sind dazu bereit. Ich meine, wir müssen gemeinsam die Chance nutzen, damit das Vorziehen der Steuerreform kein Strohfeuer auf Pump wird.
Herr Kollege Gantzer, ich habe Ihre Ausführungen sehr aufmerksam verfolgt. Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie im Widerspruch zum Bundeskanzler stehen, der gesagt hat: Gleichgültig, wie der Sicherheitsrat entscheiden werde, er bleibe bei seinem Nein. Sie haben doch gerade erklärt, man müsste diesem Votum zustimmen.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eines der Übel, die unter anderem Bürokratie erzeugen, ist die Tatsache, dass man oft viel zu lang über sie redet. Ich möchte es deshalb auch ganz kurz machen und mit einem Zitat beginnen. Das Zitat lautet wie folgt: „Neben der edlen Kunst Dinge zu verrichten gibt es die edle Kunst Dinge unverrichtet zu lassen. Die Weisheit des Lebens besteht im Erkennen des Unwesentlichen.“ Lin Yu Tang, ein chinesischer Philosoph. Andere haben Ähnliches gesagt. Ich glaube, das ist der Kerninhalt dessen, was man zur Bürokratie sagen kann. Wir brauchen uns nicht gegenseitig etwas vorzuhalten, wir müssen nur gemeinsam was tun. Das scheint mir sehr viel wichtiger zu sein. Es ist wirklich schwer, eine Satire nicht zu schreiben, wenn wir über Bürokratie reden.
Wir haben mit Europa erst die Topform der Bürokratie bekommen. Über diesen Aspekt hat heute noch gar niemand gesprochen. Vieles – wir müssen dieses Thema ehrlich behandeln und ein gemeinsames Interesse haben – liegt doch auch daran, dass wir immer wieder über Rechtsprechung und Haftungssituationen gezwungen werden über Sachen, liebe Emma Kellner, wie den Kuchen beim Partnerschaftsfest entscheiden zu müssen; so blöd das klingt. Wenn bei uns jemand hinfällt, steht er nicht auf, sondern fragt zuerst, wer es bezahlt. Das bringt uns in die Situation, dass wir ständig mit Gesetzen, Verordnungen, Statistiken usw. arbeiten müssen. Wir sollten aber dort anfangen, wo wir wirklich etwas tun können.
Ich will nicht polemisch werden, aber wenn ich an das Gesetz über die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse denke, wenn ich an die Scheinselbstständigkeit denke, wenn ich an die Steuergesetze denke: Was haben wir hier mit unseren Bürgerinnen und Bürgern gemacht? Wir haben sie in die Pflicht genommen und unter ein Joch von Vorschriften und Statistiken gestellt, die nicht nur ärgerlich sind, sondern sehr viel Geld kosten. Das können wir uns nicht mehr leisten. Jetzt setzen wir auf unsere Briefköpfe noch die Steuernummer der Mehrwertsteuer. Was soll denn das alles? Wenn wir hier so etwas machen, sollten wir diese Initiativen nicht gegenseitig lächerlich machen. Jeder hat auf seinem Gebiet eine ganze Menge zu tun und kann viel tun. Liebe Emma Kellner, Franz Meyer lädt Sie in seinen Arbeitskreis ein. Dort können Sie alle Gedanken unterbringen. Sollten Sie einmal nicht mehr im Parlament sein, haben
Sie umso mehr Zeit, all Ihre guten Gedanken einzubringen.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zur Nummer 3 des Dringlichkeitsantrags 14/10797 kurz Stellung nehmen und Ihnen anhand des § 23 des Einkommensteuergesetzes aufzeigen, wie unser Staat die Bürger zunächst täuscht, sie dann lockt, Investitionen zu tätigen, um sie anschließend skrupellos – ich betone skrupellos – auszubeuten. Und er macht dies in einer Situation, in der die Bürgerinnen und Bürger keine Chance haben, ihre Lebenssituation und ihre Lebensplanung zu ändern. Viele, die hier sitzen, sei es auf der Besuchertribüne oder auf der Abgeordnetenbank, sind vielleicht selbst davon betroffen.
Der § 23 des Einkommensteuergesetzes sah zunächst einmal die Versteuerung von Gewinnen aus Spekulationsgeschäften vor. 1998 mutierte er zu einem Besteuerungstatbestand für Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken usw., und zwar rückwirkend auf zehn Jahre. Jetzt beabsichtigt die Bundesregierung, diesen Paragrafen zu einem Spekulationsparagrafen auf Lebenszeit zu degenerieren. Sie haben damit überhaupt keine Chance mehr, aus einer Steuerverstrickung herauszukommen. Das passiert Menschen, die sich mit erspartem Geld eine Wohnung gekauft haben. Diese Wohnung wird künftig versteuert, ganz gleichgültig, ob sie beim Verkauf Gewinn gemacht haben oder nicht.
Ich will Ihnen hierzu zwei Beispiele nennen, damit Sie wissen, wovon ich rede. Nehmen wir einen mittelständischen Unternehmer, der vor 15 Jahren für 500000 Euro ein Mehrfamilienhaus gekauft hat. Jetzt verkauft er es für 750000 Euro. Er hat auf dieses Haus Hypotheken in Höhe von 300000 Euro aufgenommen. Davon hat er
100000 Euro bezahlt. Wissen Sie, wie die Rechnung lautet, wenn er das Haus für 750000 Euro verkauft? Auf die 750000 Euro werden 150000 Euro Abschreibungsgewinn hinzugerechnet. Er muss also 900000 Euro gegenüber dem Anschaffungswert von 500000 Euro versteuern. Wenn er die Steuer bezahlt hat, reicht der verbliebene Gewinn wegen des noch anfallenden Solidaritätszuschlags nicht aus, seine Hypothekenschulden zu bezahlen. Meine Damen und Herren, das ist eine Erdrosselungssteuer! Das hat nichts mit einem soliden Staat zu tun.
Sie brauchen sich doch nur einmal die Investoren anzuschauen, die auf Geheiß der Bundesregierung im Osten investiert haben. Sie werden hunderttausende Euro Schulden haben, aber keine Wohnung mehr. Hinzu kommt, dass es nicht nur um Steuerfragen geht. Hier werden ganze Lebensplanungen zerstört. Es tritt eine Katastrophe auf dem Wohnungsmarkt ein. Vor allem aber führt das zu einem Vertrauensverlust in die Politik. Über eines muss man sich klar werden: Wenn der Bürger das Gefühl hat, dass es dem Staat an Unrechtsbewusstsein fehlt, warum sollte er dann Rechtschaffenheit an den Tag legen? Auch er wird unrecht handeln. Wir sehen doch schon heute, wohin das führt. Es wird Unterverbriefungen geben und Kapitalflucht. Es wird nicht diejenigen treffen, die große Vermögen haben, meine Damen und Herren. Die sind doch bereits jetzt bei Steuerberatern und Rechtsanwälten und machen Konstruktionen mit GmbH und Co. KGs. Der kleine Mann aber, der eine oder zwei Wohnungen hat, der sich eine teurere Beratung nicht leisten kann, wird abgezockt. Wenn er heute seine Wohnung verkaufen will, um sich einen Altenheimplatz zu kaufen, dann bleiben ihm außer Schulden nichts übrig. Das ist ein Saustall!
Zu dieser Erdrosselungssteuer tritt nun noch eine umfangreiche Gift-Liste: Heruntersetzung der linearen AfA, Abschaffung oder Reduzierung der degressiven AfA und noch etwas, was ich überhaupt nicht verstehe, meine sehr verehrten Damen und Herren. Man muss sich einmal vorstellen, was beabsichtigt ist. Werbungskosten bei fremd vermieteten Wohnungen sollen nur dann in voller Höhe abgezogen werden dürfen, wenn der Vermieter mindestens 75% der ortsüblichen Miete verlangt. Wenn sich also ein Vermieter sozial gibt, wird er durch einen geringeren Abzug der Werbungskosten bestraft. Wer ist denn der Leidtragende? – Das sind doch die kleinen Leute, die Mieter, die Sie hier treffen. Das sind nicht die Großen. Das ist unglaublich, das ist keine soziale Politik.
Sie aber bezeichnen das – fast schon zynisch – als Subventionsabbau. Einer der davon betroffen ist, hat zu mir gesagt: Es kommt mir so vor, wie wenn ich jemand mit einem Fußtritt niedergestreckt habe und dann spucke ich ihm noch ins Gesicht.
So denken die Bürger allmählich. Sie haben keinen Respekt mehr vor diesem Staat.
Der Exodus hat schon begonnen, meine Damen und Herren. Ein Bürgermeister in meinem Stimmkreis hat mir Folgendes gesagt: „Kennen Sie die Anschrift Koogstraat Nummer 3 in 25870 Norderfriedrichskoog?“ Eine Hallig! Dorthin wandern jetzt massenweise seine Betriebe und begehen Steuerflucht. Andere machen es über andere Systeme. Oder man geht nach Österreich.
Es ist doch eine Schande für unser Land! Wenn Sie von Österreich nach Bayern fahren, heißt es: „Letzte Tankstelle vor der Landesgrenze“. Man meint, dort wird ein Volksfest gefeiert. Wissen Sie, was dort los ist? Man spart dort in großem Umfang die Ökosteuer. Sie könnten genauso gut hinschreiben: „Hier verlassen Sie die wirtschaftsfreundliche Zone und kommen in die Bundesrepublik!“
Die Folgen sind natürlich ganz klar, meine Damen und Herren. Wir driften bei diesem Steuersystem in eine Schattenwirtschaft ab. Die Schattenwirtschaft hat 16% des Bruttosozialprodukts erreicht. Das wird so weitergehen. Wie man so schön sagt, wird in der Bauwirtschaft nicht mehr bei Weiß & Freitag gearbeitet, sondern bei Schwarz & Samstag. Sie wissen natürlich, was das alles bedeutet.
Wir gehen davon aus, dass alle diese Grausamkeiten durch das Bundesverfassungsgericht gestoppt werden. Der Bundesfinanzhof hat die Zehnjahresfrist schon für verfassungswidrig erklärt, also nicht nur gesagt, sie sei nicht mit der Verfassung vereinbar, sondern sie sei verfassungswidrig. Das wird demnächst dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt und dann endgültig entschieden. Aber in der Zwischenzeit ist die Bauwirtschaft kaputt, sind private Vermögen vernichtet und das Vertrauen in den Staat schwer beschädigt.
Ich glaube, wir sollten uns eines klarmachen: Überall dort, wo der Staat die Bürgerrechte und -freiheiten zu sehr beschneidet, kann man das an der Zahl der Polizeibeamten messen, die über den normalen Schutz des Bürgers hinaus notwendig sind. Dort, wo der Staat in dieser selbstzerstörerischen Weise abkassiert, können Sie die Untaten daran messen, wie viele Steuerfahnder über das normale Maß der Steuerkontrolle hinaus beschäftigt werden. Sie haben immer wieder gesagt, wir brauchten nur mehr Steuerfahnder.
Das ist der falsche Weg, meine Damen und Herren. Die Bürger werden nicht mitmachen, die Wirtschaft wird nicht mitmachen. Wir gehen in der Spirale der Wirtschaftsentwicklung nach unten und werden keine Chance haben, das zu finanzieren, was Sie mit Gesundheitspolitik, Rentenpolitik und anderen Dingen angesprochen haben.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Beckstein.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vom Haushaltsausschuss einschließlich der Nachschubliste beratene und dem Hohen Haus heute zur Beschlussfassung vorgelegte Entwurf des Einzelplans 15 macht erneut deutlich, welch herausragenden Stellenwert die Staatsregierung auch weiterhin der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Kultur für die Zukunft Bayerns beimisst. Herr Staatsminister Zehetmair hat das bereits in seiner Rede erwähnt. Von den circa 4,1 Milliarden e des Einzelplans werden allein 2,85 Milliarden e für den Hochschulbereich, über 370 bzw. 380 Millionen e für Kunst und Kultur zur Verfügung gestellt. Die staatlichen und die nichtstaatlichen Theater, die Musik- und die Denkmalpflege, alle diese Bereiche sind natürlich in diesem Haushalt im Rahmen der Möglichkeiten berücksichtigt.
Im letzten Doppelhaushalt hatten wir einen enormen Zuwachs von 7% zu verzeichnen. Auf diesem hohen Niveau aufbauend sind auch die Steigerungsraten von 0,2 bzw. 1,6% für die Jahre 2003 und 2004 insbesondere in einer Zeit respektabel, in der sich nach nahezu einhelligem Urteil aller Wirtschaftsinstitute, Fachleute und Wirt
schaftsverbände die Finanzen der Bundesländer und der Kommunen aufgrund einer völlig verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik der rot-grünen Bundesregierung dramatisch nach unten entwickelt haben.
Frau Dr. Baumann beklagt, dass wir in den Bereichen Musik, Orchester usw. – da haben wir immerhin Zuschussraten von über 5% – nur 5% hätten. Auch die Haushaltssperren werden beklagt. Ich bitte, die Steuerschätzung im November abzuwarten. Dann werden wir über die Möglichkeiten reden, die wir in diesem Haushalt überhaupt noch haben. Vielleicht müssen wir noch weitaus größere Einschränkungen hinnehmen, als bisher im Haushalt vorgesehen sind. Es gibt in allen Bereichen respektable Erhöhungen, wenngleich wir – Frau Dr. Baumann, da gebe ich Ihnen Recht – für Orchester, für die Musikpflege und andere Dinge gern mehr Mittel zur Verfügung gestellt hätten.
Hinter dem Betrag von circa 4,1 Milliarden e, der das bereinigte Ausgabenvolumen für die Jahre 2003 und 2004 umfasst, stehen Leistungsbereitschaft, hohe Motivation, Kreativität und großes fachliches Können von vielen engagierten Frauen und Männern, nicht nur in unseren Hochschulen, Universitätskliniken, Akademien, in den verschiedenen Forschungseinrichtungen und Instituten, sondern auch in den ministeriellen und sonstigen Verwaltungen. Ihnen, sehr geehrter Herr Staatsminister, Ihrem Haus und allen zum Bereich von Wissenschaft, Forschung und Kunst zählenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sage ich deshalb von dieser Stelle aus Dank für die bisher geleistete Arbeit, die wir mit dem heute eingebrachten Haushalt auch weiterhin unterstützen möchten.
In gebotener Kürze nur wenige Schlaglichter aus haushälterischer Sicht zum Einzelplan. „Verkümmert der forschende Geist, dann stirbt auch die Gesellschaft“, mit diesem Zitat von Cato haben Sie, sehr verehrter Herr Staatsminister, den letzten Doppelhaushalt eingebracht. Wenn dieser Satz Catos richtig ist, braucht in Bayern sicher niemand Angst zu haben, dass diese Gesellschaft stirbt; denn nach wie vor werden 40% des Wissenschaftsetats für die Forschung ausgegeben, insgesamt also 1,38 Milliarden e. Folgende zwei Zahlen sind bemerkenswert: 120 Millionen e stammen aus Drittmitteln, fast 300 Millionen e entfallen auf die so genannten außeruniversitären Forschungsbereiche. Gerade wegen dieser Mittel sind wir in der Lage, an den Universitäten 50 Sonderforschungsbereiche zu betreuen. Das sind mehr Bereiche als in anderen Bundesländern. Darüber hinaus kann in mehr als 30 Forschungsverbünden die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft praktiziert werden.
Gerade die Drittmittel sind von großer Wichtigkeit. Wir haben die Drittmittel in den letzten Jahren um 50% erhöhen können. Zusammen mit den Fördergeldern der EU, die hierfür eingeholt wurden, bedeutet das gerade für einen Etat, in dem neben dem Innenressort und dem Schulressort die größten Personalkosten anfallen, auf
dem Sektor der Personalkosten eine enorme Entlastung. Der Anteil der Personalausgaben für stellengebundenes Personal beträgt nämlich nur noch 41,83%. 5,61% stammen aus Drittmitteln. Das ergibt eine Personalkostenquote im Einzelplan von 47,44%. Ohne diese Drittmittel würde sich im Einzelplan die Personalsituation ganz anders darstellen.
Die angesprochene Flexibilisierung halte ich für einen großen Erfolg. Natürlich müssen wir – da gebe ich meiner Vorrednerin Recht – zum Teil auf einem schmalen Grat wandern und sehen, dass uns durch zu viel Globalisierung die Kontrolle des Parlaments nicht aus den Händen gerät.
Frau Kollegin Lochner-Fischer, das ist Semantik. Ich kann die Kontrolle durch das Parlament ansprechen und die Kontrolle des Parlaments nennen. Ich meine, beides ist grammatikalisch richtig. Der Genitiv ist es. Aber vielleicht kann das der Wissenschaftsminister klären.
Ich möchte hier auf die einzelnen Formen der Flexibilisierung des Haushalts nicht näher eingehen, das hat der Minister getan. Wir stehen mit der Flexibilisierung an der Spitze aller Bundesländer.
Sie haben das vielleicht nicht so gesehen. Aber es ist so, und wir haben dadurch eine hohe Effizienz erreicht.
Die Investitionsquote liegt bei 15%. Damit leisten wir nicht nur für die Universitätskliniken und die Forschung, sondern auch für die allgemeine Wirtschaft einen großen Beitrag. Wir stellen für die bereits laufenden Maßnahmen 311 Millionen e im Jahr 2003 und 316 Millionen e im Jahr 2004 zur Verfügung. Für die in der Liste genannten anstehenden Vorhaben haben wir ein Kostenvolumen von 609 Millionen e für die nächsten Jahre. Wir haben auch von der Haushaltsseite her Schwerpunkte gesetzt. Die Sanierung der Universitätskliniken und den Bau der Hoch- und Fachhochschulen wollen wir vorantreiben.
Ein Sorgenkind ist die Wohnraumsituation der Studierenden. Wir haben allein in München 100000 Studierende und nur 3000 Wohnheimplätze. Es genügt nicht, die Situation der Studierenden zu beklagen. Die Forderung nach dem Bau von Studentenwohnheimen kann sich nicht nur an den Staat, sondern muss sich auch an die Kommunen richten. In München wird der Wohnungsbau nicht nur für die Studierenden, sondern für alle, die hier eine Wohnung suchen, zu einem gravierenden Problem werden. Wenn hier auch von der Landeshauptstadt München nicht mehr getan wird, werden wir diese Schieflage nie gerade biegen können. Das ist mit den für die Studentenwerke und die anderen Bereiche vorhandenen Mitteln nicht machbar. Insofern muss etwas geschehen. Wir werden in den nächsten Monaten und Jahren unser Augenmerk sicher auf diese Problematik richten.
Angesprochen wurde auch die Situation der Musikschulen sowie der Bodendenkmalpflege und anderer Gebiete. Wir haben im Haushaltsausschuss einen Änderungsantrag eingebracht, der bei den Musikschulen Verbesserungen vorsieht. Natürlich bräuchte man für diesen Bereich noch sehr viel mehr Geld. Bereits im Entwurf hatten wir diesen Etat um 300000 e erhöht. Wir haben einen weiteren Antrag eingebracht, und diesen Posten nochmals um 400000 e erhöht, sodass wir eine Erhöhung von insgesamt 700000 e haben. Uns war über die Fraktionen hinweg klar, dass auch in Zukunft auf diesem Sektor ein Schwergewicht liegen muss, weil hier gerade für unsere Kinder und Jugendlichen zur Prävention viel getan werden kann. Wir wollen also hier in Zukunft im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Mittel Schwerpunkte setzen.
Für die Baudenkmäler wurde der Ansatz gegenüber dem Entwurf enorm erhöht, nämlich um 1,7 Millionen e pro Jahr. Der Zuschuss an die kommunale Musikhochschule in Nürnberg/Augsburg beträgt 150000 e im Jahr 2003 und 300000 e im Jahr 2004. Darüber hinaus soll auch das Haus der Bayerischen Geschichte gefördert werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, die Beratung im Haushaltsausschuss hat gezeigt, dass wir sehr ernsthaft und ohne Emotionen an diesen Haushalt herangegangen sind, der uns sehr wichtig ist, gerade im Hinblick auf die Zukunft Bayerns und all jener, die in diesem Bereich tätig sind. Wir möchten Ihnen deshalb heute den Etat zur positiven Beschlussfassung in der Form vorschlagen, wie ihn der Haushaltsausschuss beraten hat, nämlich mit zwei Anträgen, die angenommen worden sind – die anderen Anträge wurden abgelehnt. Ich bitte das Hohe Haus um Zustimmung zu diesem Einzelplan mit den Ihnen vorliegenden Änderungen.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde diesen Antrag ablehnen und begründe dies wie folgt:
Der Bau der A 99 im Südabschnitt wäre mit erheblichen Eingriffen in schützenswerte Bereiche, seien es Natur und Landschaft oder die Nähe zur Bebauung, verbunden. Gleichermaßen würden die nach den heutigen Maßstäben der Umweltverträglichkeit zu treffenden Schutzmaßnahmen wohl zu außerordentlich hohen Gesamtkosten führen, die aus dem Bundeshaushalt absehbar nicht finanzierbar wären.
Das ist ein Zitat aus einem Schreiben der Obersten Baubehörde vom 24. September 2001, dem ich mich anschließe.
Darüber hinaus glaube ich, dass die Schließung des Rings weder zu einer Entlastung des Ostrings führt – das haben die bisherigen Untersuchungen gezeigt –, noch zu einer Entlastung der Region München, die großräumig erfolgen müsste. Die ohnehin knappen Mittel sollten deshalb für Baumaßnahmen verwendet werden, welche wir schon lange angemeldet haben, welche bisher aber nicht durchgeführt werden konnten. Für den Ringschluss Milliarden zur Verfügung zu stellen, erscheint mir utopisch, und deshalb werde ich den Antrag ablehnen.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie Herr Kollege Hartmann schon erwähnt hat, hatte der Haushaltsausschuss in seiner Sitzung am 7. Februar dieses Jahres nach intensiven dreitägigen Beratungen aufgrund der Haushaltsrechnung und des Jahresberichts 2001 des Obersten Rechnungshofes mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Staatsregierung gemäß Artikel 80 der Bayerischen Verfassung und Artikel 114 Absatz 2 der Bayerischen Haushaltsordnung für das Jahr 1999 Entlastung erteilt. Allen Beteiligten in den Ministerien und insbesondere Ihnen, Herr Präsident, der Sie in der Ehrenloge Platz genommen haben, und Ihren Mitarbeitern darf ich von dieser Stelle aus namens der CSUFraktion für die umfassende, sachbezogene und sehr fachkundige Aufklärungs- und Prüfungsarbeit herzlich danken.
Ohne diese kritische Vollzugsüberprüfung könnte der Bayerische Landtag seine Aufgabe als Kontrollorgan über die Exekutive nur unvollständig erfüllen. Dass der Haushaltsausschuss wieder einmal unter Beweis gestellt hat, dass er nicht nur bereit ist, die aufgezeigten Probleme gründlich zu beraten, sondern dass er auch bereit ist, Anregungen aufzugreifen und zielstrebig nach Verbesserungen und Lösungen zu suchen, zeigt sich darin, dass er in 21 Fällen die Staatsregierung ersucht hat, bestimmte Maßnahmen einzuleiten, und dass er in fünf Fällen so genannte Feststellungen getroffen hat. Dennoch hat der Oberste Rechnungshof der Staatsregierung insgesamt wieder eine geordnete Haushaltsund Wirtschaftsführung bescheinigt, sodass Missbilligungen in keinem Fall auszusprechen waren. Ich stelle deshalb namens der CSU-Fraktion den Antrag, dem Votum des Haushaltsausschusses auf Entlastung der Staatsregierung zu folgen. Dieses Votum dürfte die Damen und Herren der Opposition ebenso wenig überraschen wie uns deren ablehnendes Votum im Haushaltsausschuss.
Nachdem auch der Tagesordnungspunkt 5 – Antrag des Bayerischen Obersten Rechnungshofes auf Entlastung aufgrund des Beitrags zur Haushaltsrechnung 1999 für den Einzelplan 11 – zur gemeinsamen Beratung mit dem Tagesordnungspunkt 4 aufgerufen wurde, darf ich hierzu ebenso den Antrag auf Entlastung des Obersten Rechnungshofes stellen und diesen noch einmal mit dem Dank für die engagierte und fachkundige Arbeit verbinden.
Einige Anmerkungen zu dem, was Herr Kollege Hartmann und Frau Kollegin Kellner ausgeführt haben. Herr Kollege Hartmann, Sie haben festgestellt, der Bericht des Obersten Rechnungshofes sei eine Schwachstellenanalyse. Das ist er sicherlich auch. Ebenso und primär
ist er aber der Nachweis für eine geordnete Haushaltsund Wirtschaftsführung der Staatsregierung. Sie konnten nicht den schlüssigen Beweis dafür erbringen, wie Sie zu einer Missbilligung der Staatsregierung kommen. Die Argumente, die Sie vorgetragen haben, stützen den Antrag auf Missbilligung nicht.
Sie haben sich zu den Personalausgaben geäußert. Darüber, dass die Personalkostenquote abzubauen ist, brauchen wir gar nicht zu reden. Die Personalkostenquote stellt in unserem Haushalt das Kernproblem dar, denn bei weniger Personalkosten könnten wir natürlich die Investitionsausgaben erhöhen. Ich möchte Ihnen nur ins Gedächtnis rufen, dass wir für die Zeit von 1993 bis 2008 einen Abbau von 12600 Stellen beschlossen haben. Wir sollten aber nicht vergessen, dass wir alle miteinander, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei entsprechenden Forderungen immer wieder Stellenmehrungen beschließen mussten. Ich erwähne nur 2500 Zwei-Drittel-Stellen für Lehrer, 2030 weitere Lehrerstellen bis zum Jahr 2004, 547 Stellen für den Verbraucherschutz, 294 Stellen für die Justiz, 178 Stellen für die Wissenschaft und 80 Stellen für Polizeianwärter. Sagen Sie mir bitte, wo wir diese Stellen hätten wegnehmen sollen. Ich glaube, keine Hand in diesem Haus hätte sich dafür gerührt. Im Gegenteil, gerade aus Ihrer Fraktion kamen Forderungen nach weitaus höheren Personalmehrungen. Ich bräuchte nur die Forderungen zum kommenden Haushalt aufzulisten: Sie gehen in die Hunderte von Millionen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass trotz dieser hohen Personalkostenquote unsere Investitionsquote sehr hoch ist. Sie liegt bei etwa 15%.
Sie erwähnten Microsoft. Windows, Word und Office sind mittlerweile weltweit angewandte Standardprogramme. Zwar besteht die Gefahr, dass wir durch die Anwendung dieser Programme in eine Abhängigkeit geraten, die wir alle nicht wollen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass dieses Problem erkannt ist und angegangen wurde. Die Vermessungsverwaltung hat bereits auf Linux umgestellt, und auch die Schulverwaltung stellt auf Linux um. Es gibt auch einen interministeriell arbeitenden Koordinierungsausschuss für Datenverarbeitung, und ich hoffe, dass wir demnächst Ergebnisse seiner Untersuchungen erfahren werden.
Zu den Rücklagen und zur Kreditermächtigung. Mein Fazit lautet: Für den Staat ist es so lange unwirtschaftlich, aus realem Geld Rücklagen zu bilden, so lange er Schulden hat. Hier gibt es bestimmte Entwicklungen, die im Laufen sind. Der Haushalt des Freistaates hat einen Soll-Abschluss, während der Bundeshaushalt einen IstAbschluss hat. Zwischen beiden Abschlüssen besteht ein ganz gravierender Unterschied. In unserem Haushalt gibt es Reste auf der Einnahmen- und der Ausgabenseite. Beim Bund gibt es diese Reste nicht. Das hat auch zur Folge, dass wir mit ganz anderen Instrumenten arbeiten können. Wir können das Instrument der Budgetierung besser einsetzen, und wir können jahresübergreifende Maßnahmen besser vollziehen. Wenn Sie schon diese Problematik ansprechen, müssen wir auch
die Vorteile und den Nutzen sehen, die wir aus dieser Situation ziehen.
Das Projekt „top elf“ ist angesprochen worden. Frau Kollegin Kellner, Sie haben es in der Sitzung des Haushaltsausschusses als „flop 11“ bezeichnet. Mit dem operationellen Programm zur Förderung der Telematik sollte eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts auch im ländlichen Raum verankert werden. Bei aller berechtigten Kritik an manchen Anlaufschwierigkeiten muss festgestellt werden, dass es sich bei diesen Maßnahmen um Existenzgründungen gehandelt hat. Hier läuft nicht nur ein staatliches Programm ab, sondern es handelt sich um privatwirtschaftliche Existenzgründungen, und dafür werden Geld und Unternehmerpersönlichkeiten benötigt, sonst läuft gar nichts. Telezentren können nicht einfach vom Staat angeordnet werden; es kann nur ein Angebot gemacht werden. Wir haben beschlossen, Telezentren den Landkreisen anzubieten, welche in 5 b-Gebieten liegen. Es sind 40 Landkreise. Von diesen haben 36 Landkreise das Angebot angenommen. Davon wurden 12 Zentren als nicht zukunftsfähig angesehen, und 24 wurden gegründet. 21 davon bestehen heute noch. Das ist eine sehr hohe Zahl.
Doch, das ist eine sehr hohe Zahl. Bei Existenzgründungen bleiben 50% der Gründer auf der Strecke. Wir haben dieses Projekt also doch noch ganz gut über die Runden gebracht. Natürlich hat es unter dem Zeitdruck, unter dem es stand, gelitten. Es hat auch darunter gelitten, dass sich das Internet rasant verbreitet hat. Wir haben in unserer Beschlussfassung auf diese Mängel hingewiesen, was der Oberste Rechnungshof auch positiv zur Kenntnis genommen hat. Damit fehlte letztendlich der notwendige Spielraum für Missbilligungen.
Frau Kollegin Kellner, sollten Sie sich wirklich mit dem Gedanken tragen, dieses Haus zu verlassen, kann ich nur sagen, dass Sie uns fehlen werden.
Ich halte Sie für die Stimme der Opposition in Finanzfragen.
Sie sind zu bewundern in Ihrem Detailwissen und Ihrem Fleiß, aber manchmal schlagen Sie die falschen Wege ein. Das liegt natürlich an unseren unterschiedlichen politischen Anschauungen. Fleiß und Talent, für die falschen Ziele eingesetzt, sind oft schädlicher als Faulheit und nicht vorhandenes Wissen. Dessen ungeachtet haben wir die Punkte, die Sie angesprochen haben, im Haushaltsausschuss ganz offen diskutiert. Wir sind hier nicht politisch oder ideologisch aufeinander losgegangen, sondern wir haben Sachfragen erörtert; denn wir alle wollen Verbesserungen erreichen.
Zum Augustinum soll bis zum Oktober berichtet werden. Wir wollen aus diesem Vertrag herauskommen. Wir wol
len nicht, dass der Freistaat Bayern mit Universitätsmitteln Ambitionen einer Privatklinik bezahlt. Die Auflösung dieses Vertrages wird in die Wege geleitet.
Sie haben von der ehrenamtlichen Tätigkeit beim Bayerischen Roten Kreuz gesprochen. Hier muss man wirklich ein Dankeschön denjenigen sagen, die im BRK auf Orts-, Kreis- und Landesebene tätig sind. Ich weiß nicht, wer heute noch mit fliegenden Fahnen bereit wäre, solche Ämter zu übernehmen. Die Ausübung solcher Ämter stellt immer eine große Leistung dar. Gleichgültig, wer diese Leistungen erbringt, von welcher Fraktion er kommt oder welcher Partei er angehört: Ihm gebühren Respekt und Anerkennung für das, was hier gemacht worden ist und was man versucht, wieder geradezubiegen.
Dass das nicht immer mit Ehrenamtlichen gehen wird, ist eine andere Frage. Ob es mit Hauptamtlichen besser wird, sind Strukturfragen, die meines Erachtens jetzt ganz zügig angegangen worden sind. Ich darf denjenigen, die in der Verantwortung stehen, auf diesem Weg alles Gute wünschen. – Soviel zu meinem Bericht, Herr Präsident. Meine Anträge habe ich bereits gestellt.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt. Ich lasse zunächst über den Tagesordnungspunkt 4 abstimmen.
Der Abstimmung zugrunde liegt die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 14/8894. Ich gehe davon aus, dass über die einzelnen Nummern getrennt abgestimmt werden soll. Nach der Nummer 1 der Beschlussempfehlung soll aufgrund der Haushaltsrechnung und des Jahresberichts 2001 des Obersten Rechnungshofs der Staatsregierung gemäß Artikel 80 der Verfassung des Freistaates Bayern und Artikel 114 Absatz 2 der Bayerischen Haushaltsordnung für das Haushaltsjahr 1999 Entlastung erteilt werden. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD. Stimmenthaltungen? – Herr Kollege Köhler von der Fraktion der SPD. Dann ist das so beschlossen.
Nach der Nummer 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen soll die Staatsregierung gemäß Artikel 114 Absatz 3 und 4 der Bayerischen Haushaltsordnung ersucht werden, entsprechend den Buchstaben a bis u eine Reihe von Maßnahmen zu veranlassen und zu den Buchstaben b, d, f, h, j, l, o, p, t sowie u zu berichten. Im Einzelnen verweise ich auf die Drucksache 14/8894. Da das Abstimmungsverhalten zu den einzelnen Buchstaben im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen unterschiedlich gewesen ist, lasse ich zunächst über die einstimmig beschlossenen Teile der Nummer 2 abstimmen. Es handelt sich hier um die Buchstaben b bis g und i bis u. Wer der Nummer 2 insoweit zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Hohe
Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist das so beschlossen.
Jetzt lasse ich über die noch offenen Buchstaben a und h der Nummer 2 der Beschlussempfehlung einzeln abstimmen. Wer dem Buchstaben a zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der SPD. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Dann ist das ebenfalls so beschlossen.
Wer dem Buchstaben h zustimmen will, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der SPD. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Dann ist das ebenfalls so beschlossen. Der Nummer 2 der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen ist in allen Punkten zugestimmt worden.
In der Nummer 3 der Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen dem Landtag, gemäß Artikel 114 Absatz 2 der Bayerischen Haushaltsordnung verschiedene Feststellungen zu treffen. Zum Buchstaben d soll darüber hinaus auch berichtet werden. Da das Abstimmungsverhalten zu den einzelnen Buchstaben im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen unterschiedlich gewesen ist, lasse ich zunächst über die einstimmig beschlossenen Buchstaben d und e gemeinsam abstimmen. Wer der Nummer 3 insoweit zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist auch das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist auch dieses so beschlossen.
Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über die noch offenen Buchstaben a bis c der Nummer 3 der Beschlussempfehlung. Wer dem Buchstaben a zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist auch dies so beschlossen.
Wer dem Buchstaben b zustimmen will, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist auch dies so beschlossen.
Wer dem Buchstaben c zustimmen will, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist auch das so beschlossen.
Auch der Nummer 3 der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen ist somit in allen Punkten zugestimmt worden. Damit ist der Staatsregierung nach Maßgabe der soeben beschlossenen Ersuchen und Feststellungen die Entlastung für das Haushaltsjahr 1999 gemäß Artikel 80
der Verfassung des Freistaates Bayern und Artikel 114 Absatz 2 der Bayerischen Haushaltsordnung erteilt.
Ich lasse nun über den Tagesordnungspunkt 5 abstimmen. Nach der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf der Drucksache 14/8672 soll dem Bayerischen Obersten Rechnungshof für das Haushaltsjahr 1999 die Entlastung erteilt werden. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Dann ist auch das so beschlossen. Dem Bayerischen Obersten Rechnungshof ist gemäß Artikel 101 in Verbindung mit Artikel 114 Absatz 2 der Bayerischen Haushaltsordnung damit ebenfalls die Entlastung erteilt.
Ich rufe auf:
Tagesordnungspunkt 9
Antrag der Abgeordneten Maget, Wörner und anderer und Fraktion (SPD)
Stärkung des Verbraucherschutzes (Drucksache 14/6886)
Ich eröffne die Aussprache. Jede Fraktion hat 15 Minuten Redezeit. Herr Wörner, bitte.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als man in Brüssel begann, richtig loszulegen und ohne Rücksicht auf regionale Unterschiede Kompetenzen an sich zu ziehen und Nivellierungen einzuführen, als man eine teuere, aufgeblähte und zum Teil ineffektive Zentralbüro
kratie aufbaute, wurde der Ruf Bayerns nach Föderalismus, nach Subsidiarität und mehr Zuständigkeit der Regionen erstmals gehört und in die politische Diskussion eingeführt. Heute gibt es viele Verbündete gegen diesen Zentralismus. Nun eröffnet der Bundesfinanzminister ohne jegliche Not ein neues Kampffeld zwischen Föderalisten und Zentralisten. Das ist der eigentliche Punkt der Diskussion, die wir heute führen. Eichel will mit dem von ihm vorgelegten Strukturkonzept die föderale Struktur der Bundesbank zerschlagen.
Wenn man genauer hinsieht, muss man Großmannssucht feststellen, wo immer man hintippt. Das äußert sich in den bereits angesprochenen Punkten: erstens in der Entmachtung der Landesbankpräsidenten. Sie werden nicht nur zu Regionaldirektoren degradiert, auch ihr Sachverstand ist nicht mehr gefragt. Der interne Wettbewerb der Ideen, den wir auf diesem Sektor nach wie vor brauchen, wird damit ohne Not ausgeschaltet. Zweitens. Der Vorstand der Bundesbank wird künftig nach Konformität und nicht mehr nach Sachverstand oder Neutralität ausgewählt. Gefragt sind Stromlinienförmigkeit statt Sachverstand. Der Finanzminister hat deutlich gezeigt, wie so etwas geht. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis auf das Gesetz von 1939 wahrlich nicht verfehlt.
Es soll eine neue Mega-Behörde für Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufsicht unter weitgehender Abkoppelung der Bundesbank geschaffen werden. Meine Damen und Herren, das bedeutet, dass die Ausschaltung der Landeszentralbanken letztlich dazu führen wird, dass Hoheitsakte für mehr als 3000 deutsche Kreditinstitute zentral getroffen werden. Ob das richtig ist, wage ich sehr zu bezweifeln, zumal wir bereits heute Schwierigkeiten auf vielen Gebieten innerhalb Deutschlands haben.
Schließlich ist da die Stärkung der zentralen Großbanken zu nennen. Machen wir uns nichts vor, meine Damen und Herren. Herr Kaiser, das ist nichts, was nur auf europäischer Ebene gesehen werden muss. Die Forcierung und die Konzentration des deutschen Kreditgewerbes führt letzten Endes zu einer Benachteiligung des Mittelstandes und der Privatkunden. Sie brauchen nur einmal nach England zu sehen. Dort hat man festgestellt, dass die vier größten britischen Banken in den Ballungsregionen 90% des Kreditgeschäfts abwickeln, und das geht zu Lasten des Mittelstands und der Privatanleger in der Peripherie.
Doch, das hat damit zu tun, und darauf hat Kollege Dr. Bernhard auch hingewiesen. Der Standortvorteil von Zentralismus geht doch immer nur in Richtung der Großbanken. Nun versucht man in England, diesen Systemfehler wieder zu reparieren. Ich meine, Probleme, die andere nun lösen müssen, sollten wir gar nicht erst nach Deutschland importieren, um sie anschließend schmerzhaft wieder ausmerzen zu müssen. Wenn man Systeme aus anderen Ländern importieren will, dann bitte aus den USA, dem größten Kapitalmarkt der Welt. Dort gibt es die Fed und die District Feds. Das sind Organisationen, wie bei uns die Landeszentralbanken. Damit ist in den
USA der oberste Regulator auf vernünftige Art geschaffen. Genau dieses System sollten wir beibehalten, anstatt Systeme zu übernehmen, die sich andernorts nicht bewährt haben.
Fazit: Die Bundesbank braucht keine neuen Gremien, sondern ein einheitliches Leitungsorgan und klare Aufgabenstellungen. Eichels Reformpläne sind weder effizient noch modern. Sie gehören ganz schnell in den Reißwolf.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Kaiser. Bitte.
Herr Kollege Kaiser, sind Sie nicht der Auffassung, dass die Bankenaufsicht auch gut in die Bundesbank hätte integriert werden können? Sie beklagen hier die Zahl der Mitarbeiter. Dort wären geeignet viele Mitarbeiter vorhanden.
Herr Kollege, wäre es Ihnen möglich, einen neuen Gedanken, den wir heute noch nicht gehört haben, zu äußern oder Ihre Rede zu kürzen?
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Drei Kriterien sind es, an denen sich jeder Einzelplan aus der Sicht des Haushälters messen lassen muss: erstens am Volumen, zweitens an der Frage, ob die Gelder effizient eingesetzt werden, und drittens an der Frage, ob sie richtig ausgegeben werden. Selbst bei unterschiedlicher Sichtweise in diesem Haus wird man feststellen müssen, dass sich der Einzelplan 15 in Bezug auf jedes dieser Kriterien sehen lassen kann. Auch die Kritik, die Sie, Frau Baumann, angebracht haben, ist eigentlich nicht so ausgefallen, als ob Sie mit dem Einzelplan so unzufrieden wären. Sie hatten nur andere Sichtweisen; das ist auch zulässig.
Wir haben eine Steigerung des Haushaltsvolumens – der Minister hat darauf schon hingewiesen – von über 7%, während der Gesamthaushalt im Schnitt nur um 4% steigt. Wären wir den Anträgen der SPD und der GRÜNEN gefolgt, hätten wir nochmals eine Steigerung um über 4% gehabt; denn sie haben über 317 Millionen DM an Mitteln beantragt.
Das hätte ja wohl alle Maßstäbe gesprengt. Trotz dieser überproportionalen Steigerung und auch vor dem Hintergrund der Bemühungen, bald einen Haushalt ohne Neuverschuldung zu erreichen, ist dieser Haushaltsplan stabilitäts- und konjunkturgerecht. Die Investitionsquote liegt über 15% inklusive der 50 Millionen DM, die zusätzlich für die Sanierung der Universitätskliniken bereitgestellt werden. Davon profitiert – ich kann nur unterstreichen, was der Minister sagte – insbesondere die Bauwirtschaft. Dies ist ein echtes Beschäftigungsprogramm für den Bausektor. Die Mittel werden also nicht nur richtig, sondern auch effizient eingesetzt. Die Ansätze der Anlage S für den Hochbau steigen von 577 Millionen DM im Jahre 2000 auf 610 Millionen DM und bleiben dann bei 600 Millionen DM. Ein erheblicher Teil dieser Mittel wird für die Sanierung der einzelnen Häuser benötigt. Diese Maßnahmen sind neben den vorgesehenen Neubauten absolut notwendig. Sie führen in vielen Fällen zu
einer erheblichen Senkung des Energieverbrauchs und auch zu einem effektiveren Wirtschaften.
Unsere größte Herausforderung – dies wurde heute schon angesprochen – in den nächsten zehn Jahren wird die Sanierung der Hochschulkliniken sein.
Der Haushaltsausschuss konnte sich ein Bild vom desolaten Zustand des Klinikums Würzburg oder der Frauenklinik Erlangen machen. Mängel in der Gebäude- und Gerätesicherheit und bei der Hygiene sowie eine Bausubstanz aus dem 19. Jahrhundert schreien nach einer Sanierung. Wir müssen dafür Geld in die Hand nehmen. Das tun wir auch. Für die Klinikbaumaßnahmen werden im Jahr 2001 210 Millionen DM und im Jahr 2002 204 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Der Wissenschaftsminister hat es in einer konzertierten Aktion mit dem Finanzminister fertiggebracht, die Staatsregierung und die CSU-Fraktion davon zu überzeugen, dass wir 50 Millionen DM mehr investieren müssen. Damit stehen in den kommenden vier Jahren für die Sanierung der Kliniken über 1,1 Milliarden DM zur Verfügung. Ein stolzer Betrag.
Dieser Zahl muss ich allerdings den Sanierungsbedarf bei Münchner Kliniken in Höhe von 3 Milliarden DM gegenüberstellen. Auch neue Häuser mahnen inzwischen Sanierungsmaßnahmen an, die große Beträge erfordern. Das Klinikum Großhadern benötigt 270 Millionen DM für den Bettenbau. Somit stehen wir vor einer Daueraufgabe. Wir werden hierfür erhebliche Mittel investieren müssen. Davon sind unsere Bürgerinnen und Bürger unmittelbar betroffen. Wir können die Zustände in diesen Kliniken nicht so lassen. Andernfalls müssten wir uns von dieser staatlichen und universitären Aufgabe trennen. Heute war schon von der Globalisierung der Haushaltsmittel die Rede, um diese Mittel effizienter anzuwenden. Ich bin kein Gegner der Globalisierung. Ich muss jedoch dem Staatsminister Recht geben. In letzter Konsequenz würde eine totale Globalisierung bedeuten: das Geld abgeben, ohne mitreden zu können. Im Haushaltsausschuss wurde gerade von der SPD Klage über eine mangelnde Schwerpunktsetzung geführt, weil wir eine gegenseitige Deckungsfähigkeit von Sach- und Personalmitteln hätten. Meine Damen und Herren, wenn wir eine globale Mittelzuweisung hätten, würde diese Beschwerde gegenstandslos werden, weil wir in diesem Fall überhaupt nicht mehr mitzureden hätten. Wir könnten auch keine politischen Akzente mehr setzen. Wir wollen mehr Freiräume und Eigenverantwortung für die Universitäten. Dabei muss jedoch stets die Frage beantwortet werden, wo die Grenze der Abgabe von Kompetenzen liegt und wo die politische Verantwortung beginnt. Wir dürfen dem Minister die politische Verantwortung nicht wegnehmen. Wir hätten letztendlich dann keine Möglichkeit, Schwerpunkte zu setzen.
Global- und Sammelansätze können durchaus sinnvoll sein. Dies gilt auch für die gegenseitige Deckungsfähigkeit. Wir sehen das zum Beispiel bei Umbaumaßnah
men. Die politischen Prioritäten muss jedoch auch künftig das Parlament setzen.
Der Stellenplan ist ein weiterer Schwerpunkt. Ich habe bereits beim letzten Doppelhaushalt darauf hingewiesen, dass gerade im Hochschulsonderprogramm die Stellen etatisiert werden müssen. Dies wurde jetzt erreicht. Damit haben wir auch Planungssicherheit für die Hochschulen gewonnen. Ich bin dafür dem Finanzminister sehr dankbar, weil es nicht einfach war, die Mittel für diesen Sektor festzuzurren; denn diese Mittel sind im Haushalt und werden nach den Anforderungen dynamisiert. Für die Personalstellen wurde damit Planungssicherheit geschaffen. Ohne diese Entscheidung wäre eine Internationalisierung und Modernisierung der Forschung und Lehre stark beeinträchtigt gewesen. Die Hochschulen sollen nun diese Möglichkeiten nutzen. Dies gilt auch für die Überlaststellen, die keine Programmstellen mehr sind. Aus den freien Überlaststellen werden bei den Universitäten die Forschungsschwerpunkte weiter ausgebaut werden können.
Erlauben Sie mir noch eine kurze allgemeine Anmerkung zum Stellenplan. Die Autonomie der Universitäten wurde vergrößert. Deshalb müssen sich die Universitäten jetzt verstärkt der geänderten Grundstruktur zuwenden. Im Haushaltsausschuss wurden bei jeder neuen Maßnahme neue Stellen gefordert und eine Fülle von entsprechenden Anträgen gestellt. Neue Maßnahmen müssen von den Hochschulen primär im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel durchgeführt werden. Wenn diese Mittel nicht ausreichen, müssen wir uns darüber unterhalten, was zu tun ist. In Zukunft werden Teamwork, Vernetzung, Transparenz- und Verbundforschung noch stärker angesagt sein. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Mittel, die wir „global“ zur Verfügung stellen, effizient genutzt werden.
Ein weiterer Schwerpunkt sind die Fachhochschulen. Die Mittel zum Aufbau von neuen Fachhochschulen wurden nochmals erhöht. Dies gilt auch für die Mittel für die sogenannten weichen Standortfaktoren. Ich nenne nur die Förderung der nichtstaatlichen Theater und der Musikpflege. Frau Kollegin Dr. Baumann, in der Frage des Würzburger Theaters darf man es sich nicht so einfach machen, wie Sie das getan haben. Der Staat hat eine freiwillige Leistung erbracht. Nun sind die Städte, Landkreise und Kommunen gefordert.
Ist Würzburg so klein? Wir haben die Mittel erhöht. Der Staat wird seinen Beitrag leisten. Die Kommunen sind jedoch ebenfalls gefordert. Die Kommunen können sich nicht ausklinken und aus diesen Theatern eine staatliche Aufgabe machen.
Der Haushaltsausschuss hat mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN dem Einzelplan 15 mit Nachschubliste und den beschlossenen Änderungen zugestimmt. Ich bitte das Hohe Haus, diesem Einzelplan ebenfalls zuzustimmen.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bundesfinanzminister wird vielfach als schlauer Fuchs angesehen.
Das freut Sie natürlich, aber lassen Sie mich ausreden, bevor Sie mir Recht geben. Die Schlauheit des Fuchses beruht primär auf der Vergesslichkeit der Hühner. Wir haben nicht vergessen, was in der Vergangenheit passiert ist.
Die Steuerreform von Lafontaine belastet die Betriebe mit 8 Milliarden bis 10 Milliarden DM. Davon war heute überhaupt nicht die Rede.
Durch die Öko-Steuer kommt eine weitere Belastung in Höhe von mehr als 30 Milliarden DM auf die Bürger und die Wirtschaft zu. Mit der vorliegenden Reform machen Sie es nicht viel anders. Es kann nicht oft genug betont werden, dass Sie massiv Klein- und Mittelbetriebe gegenüber den großen Kapitalgesellschaften benachteiligen. Die Effekte der Reform werden durch Gegenfinanzierungen wieder ausgeglichen. Eichels Trick besteht darin, dass Entlastungen aus der Reform von 1999 bis 2002 in seinem Konzept berücksichtigt werden, bereits beschlossene Belastungen aber nicht auftauchen.
Herr Kollege Dr. Kaiser, Sie haben erklärt, der Mittelstand sei auf dem besten Wege und erziele gute Ergebnisse. Das ist mit der Situation eines Kranken vergleichbar, der aufgrund seiner persönlichen Widerstandskraft das Fieber von 41 Grad auf 39 Grad gesenkt hat. Er ist immer noch krank, die Medikamente liegen auf dem Nachttisch, sie werden ihm aber nicht gereicht. Das darf nicht sein.
Sie haben uns seinerzeit nicht die Chance gegeben, eine richtige Struktur- und Steuerreform durchzuführen. Wir hingegen geben Ihnen jetzt die Chance. Nutzen Sie sie, und bleiben Sie nicht auf halbem Wege stehen.
Die Absenkung der Körperschaftsteuer ist richtig, aber in der vorgesehenen Form nützt sie in erster Linie nur den großen Kapitalgesellschaften. Wenn der Spitzensteuersatz bei 45% bleibt, kommt es zu einer eklatanten Benachteiligung der von Eigentümern geführten Betriebe und Personengesellschaften. Der Verkauf von
Beteiligungen an Aktiengesellschaften, der steuerfrei sei soll, mag für Umstrukturierungen durchaus richtig sein; aber das Optionsrecht, das Sie Personengesellschaften und kleinen Betrieben anbieten, bringt überhaupt nichts.
Sie müssen sich in die Lage eines Inhabers eines kleinen Betriebes versetzen, der sein Unternehmen vererben will. Steuerfreibeträge fallen weg. Die Veranlagung erfolgt nicht nach dem Buchwert, sondern nach dem Ertragswert. Das Ergebnis ist, dass die Erbschaftssteuer fünfmal höher ist, als das bei Kapitalgesellschaften der Fall wäre. Das muss man sich einmal vor Augen führen. Zusätzlich schwebt das Damoklesschwert der Erbschaftssteuererhöhung über den kleinen und mittleren Betrieben. Man kann sich vorstellen, was das für den Mittelstand bedeutet.
Unsere Forderungen lauten deshalb klar und eindeutig: Am Ende einer Reform muss ein Einkommensteuerspitzensatz von 35% stehen, weil sonst die stimulierende Wirkung ausbleibt. Herr Kollege Dr. Kaiser, Sie dürfen nicht übersehen, dass die Reform auf viele Jahre angelegt ist. Was Sie anbieten, wird im Laufe der Jahre allein schon aufgrund der Tariferhöhungen aufgefangen. Sie bieten überhaupt nichts an. Die 45 Milliarden DM Nettoentlastung, die Sie anbieten, werden durch ein Vielfaches dessen, was an Steuermehreinnahmen auch aufgrund der anspringenden Konjunktur zu erwarten ist, überholt werden.
Sie entlasten den Bürger nicht, sie nehmen ihm nur weniger weg.
Zweitens. Die Diskriminierung des Mittelstandes muss beseitigt werden. Auch Kleinbetriebe dürfen bei Tausch, Verkauf, Fusion oder Umstrukturierung nicht benachteiligt werden. Es muss eine echte Entlastung geben und nicht nur ein Hin- und Hergeschiebe.
Meine Damen und Herren von der Opposition, machen Sie endlich Frieden mit dem Mittelstand. Im Herzen stehen dem Bundeskanzler und der SPD die Großbetriebe mit ihren mächtigen Gewerkschaften eben viel näher als die Kleinbetriebe und die Mittelständler. Der Mittelstand aber trägt die höchste Steuerlast, das höchste Risiko und daneben schafft er die meisten Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Das haben wir zu berücksichtigen, und deshalb werden wir den Mittelstand nicht vernachlässigen.
Sie haben jetzt, wie ich schon sagte, eine große Chance, die wir nicht hatten. Wenn Sie diese Chance nicht nutzen, dann können Sie sich nicht darauf berufen, dass Sie immerhin einige richtige Schritte gemacht haben. Sie können dann nur sagen: „Wir sind auf halbem Wege stehen geblieben.“ Sie könnten jetzt wirklich eine Reform durchführen, die diesen Namen auch verdient, und zu dieser Reform gehören die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Klein- und Mittelbetriebe. Diese Klein- und Mittelbetriebe haben Sie aber völlig unberücksichtigt gelassen. Ich hoffe, dass wir im Vermittlungsausschuss noch Mittel und Wege finden werden, um auch hier Verbesserungen herbeizuführen.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unter dem Eindruck der vorausgegangenen Debatte zunächst eine allgemeine Anmerkung: Was in den letzten Monaten aufgedeckt worden ist – ich blicke nicht nur in Richtung CDU –, ist weder zu vertreten noch in irgendeiner Weise zu verteidigen. Die Bürger sind schockiert; sie sind frustriert; und was uns am meisten betroffen machen sollte, sie sind zum Teil nicht einmal überrascht. Wir alle, die wir durchaus herausgehobene Vertreter unserer Parteien sind, haben, gleichgültig ob wir uns schuldig fühlen oder nicht, wie ich meine, eine Bringschuld, deren Erfüllung der Bürger erwartet. Wenn wir uns dieser Aufgabe unterziehen, haben wir eine Chance. Ich glaube aber nicht, dass wir eine Chance haben werden, wenn wir unsere Debatten mit Pharisäertum und Heuchelei anreichern
oder wenn wir, wie es ein Kommentator in der Zeitung vor kurzem sagte, mit parteiischem Affären-Recycling versuchen, Schuldneutralisierung herbeizuführen. Der Bürger erwartet etwas anderes als gegenseitige Beschuldigungen in den Parlamenten. Er erwartet, dass jetzt die Stunde einer beschämten Erkenntnis, einer Neubesinnung und vielleicht auch die Stunde einziehen sollte,
in der wir uns mit ernsthaftem Willen die Frage stellen, wo die Gründe für das liegen, was passiert ist. Das werden wir nicht in lauten Parlamentsdebatten vollziehen können, sondern darüber müssen wir uns ganz ernsthaft intern unterhalten. Erst dann, wenn uns dies gelungen ist, wird uns der Bürger auch verzeihen. Wir brauchen dieses Verzeihen; denn ohne Verzeihen wird die Politik unmenschlich. Es genügt mit Sicherheit nicht zu glauben, die Situation mit irgendwelchen Schnellschüssen regeln zu können.
Wenn ich Ihren Antrag ansehe – der erste Teil ist ja erledigt; das ist keine Frage –, dann muss ich doch feststellen, zu einer ehrlichen Debatte gehört das Eingeständ
nis, dass wir die Situation nicht dadurch verbessern, dass wir den Parteien immer mehr legale Möglichkeiten der Finanzierung nehmen und damit vielleicht schon die Saat für neue Umgehungen legen.
Anzeigen sind keine Spenden. Unternehmen mit staatlicher Beteiligung dürfen nicht anders behandelt werden als andere Unternehmen. Der Staat muss sich auch in diesem Bereich wie ein Unternehmer behandeln lassen. Herr Hoderlein, ich sehe sehr wohl einen Unterschied zwischen Spenden und Anzeigen in diesem Bereich; denn Spenden sind freiwillige Leistungen, die nicht betriebsnotwendig sind oder sein sollten – sonst wären sie wirklich nicht angebracht –, während die Werbung betriebsnotwendig ist. Das sind zwei verschiedene Bereiche. Es kommt darauf an, dass überall Transparenz und Klarheit herrschen.
Ich bitte, auch zu bedenken, dass solche Beschlüsse nicht ohne Auswirkung bleiben, z. B. im kommunalen Bereich. Jeder von uns hat örtliche Parteiinformationsblätter, die für den Bürger durchaus wertvoll sind, die aber nur von Anzeigen leben. Jetzt können Sie sagen: Dieser Bereich ist überhaupt nicht berührt.
Herr Hoderlein, ich kenne den Einwand; er ist auch berechtigt.
Es kann allerdings zu denselben Reaktionen kommen, wie wir sie für die jetzige gesamte Debatte feststellen können, dass nämlich potenzielle Spender sagen: Wir geben keine Spenden mehr, obwohl Spenden richtig und legal sind und, wie wir eben festgestellt haben, auch notwendig. Mehr und mehr wird es dazu kommen, dass auch auf kommunaler Ebene der Druck auf Firmen und andere steigt und diese daraufhin sagen: Warum sollen wir eigentlich noch inserieren, da ist ja vielleicht der Geschmack des Unzulässigen dabei.
Nein, wir sollten ganz offen sagen: Wir, die Parteien in der Parteiendemokratie, brauchen Mitgliedsbeiträge, wir brauchen Spenden, und wir brauchen die werbende Wirtschaft. Das ist eine klare Aussage für den Bürger, und dann sollte alles korrekt laufen. Deshalb und nur deshalb können wir dem zweiten Teil Ihres Antrags nicht zustimmen. Den ersten Teil betrachten wir als erledigt.