Die Psychiatrie kommt zum Gesundheitsministerium, die Forensik nicht. Dies ergibt ein Durcheinander, weil es natürlich in vielen psychiatrischen Einrichtungen integrierte forensische Abteilungen gibt. Die Konzessionierung von Privatkrankenanstalten soll zum Gesundheitsministerium kommen, die Krankenhausförderung insgesamt aber ebenso wenig wie Fragen der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Gewerbeaufsicht kommt in das Verbraucherschutzministerium, aber nur so weit – ich zitiere – „nicht die Zuständigkeit der Staatsministerien des Innern, für Wirtschaft und Verkehr, für Arbeit und Sozialordnung oder für Landesentwicklung und Umweltfragen gegeben ist.“ Künftig wird also die Gewerbeaufsicht auf sage und schreibe vier Ministerien verteilt und damit entsprechend wirkungslos gemacht.
Weitere Konfusion wird zwischen Wissenschaftsministerium und Verbraucherschutzministerium angerichtet. Die Mitentscheidung, heißt es wörtlich, über die strukturelle Ausrichtung der wissenschaftlichen Entwicklung in einigen Bereichen liegt künftig beim Verbraucherschutzminister. Was bedeutet das konkret? Wer verantwortet die Linie, die im Kompetenzgerangel nach langem Gezerre zwischen Wissenschaftsministerium und Verbraucherschutzministerium gefunden wird? Forschung und Forschungsförderung in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz sollen zum Verbraucherschutzministerium. Dies bedeutet ein zweites kleines Forschungsministerium, das in Falkultäten, Hochschulen und wissenschaftliche Forschungseinrichtungen hineinregiert, aber eben wiederum nur in kleinen Segmenten.
Man spürt, was hier für Prof. Herrmann zusammengeschustert werden sollte. Man schafft es aber nicht, das wenigstens jetzt nach dessen Absage vernünftig neu zu ordnen. Wissenschaftsminister Zehetmair dürfte zwar darüber erleichtert sein, auf einen künftigen Kabinettskollegen Wolfgang Herrmann verzichten zu müssen; ob er aber mit einer erneuten Beschneidung seiner Kompetenzen zufrieden ist, wage ich zu bezweifeln.
Einigermaßen ratlos machte auch der Hinweis des Ministerpräsidenten, dass Fragen der Biotechnologie, der Gentechnologie und der Umweltmedizin in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden, was stimmt, und dass diese Fragen im neuen Gesundheits- und Verbraucherschutzministerium gebündelt werden sollen. Heißt das, dass all diese Bereiche dann doch aus dem Wissenschaftsministerium herausgenommen werden sollen? Wie soll das funktionieren? Wie lautet die fachliche Stellungnahme des Ressortministers Zehetmair dazu?
Offen bleiben noch viele Fragen, meine Damen und Herren, ohne deren Beantwortung man eine Zustimmung des Parlaments ohnehin nicht erwarten dürfte. Wo wird der Sitz des neuen Ministeriums sein? Welche Kosten bzw. Mehrkosten entstehen durch den Bau, den Umbau oder die Anmietung neuer Ministeriumsräume? Wie wird die Personalausstattung des neuen Ministeriums sein? Gibt es eine Personalmehrung, wenn ja, in welchem Umfang? Welche zusätzlichen Kosten, insbesondere für Personal, kommen auf den Steuerzahler zu? Fest steht: Die Regierung Stoiber wird weiter aufgebläht. Neue Wasserköpfe entstehen in den ministeriellen Amtsstuben in einer Zeit, in der vor Ort, zum Beispiel im Veterinärdienst, dringend zusätzliche Mitarbeiter gebraucht würden.
Statt neuem, tatkräftigem Handeln gilt offenbar doch der Spruch eines CSU-Kollegen, der aus der Klausur in Wildbad Kreuth wie folgt übermittelt wurde: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis, wird dann aber sehr geschlampt, gründe ich ein Landesamt, läuft es jedoch weiter dumm, gründe ich ein Ministerium.
Was wir aber brauchen, ist kein neues Ministerium, sondern eine neue Politik, eine Politik, die in Bayern endlich die Interessen des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes in den Mittelpunkt rückt und verlorengegangenes Vertrauen der Bevölkerung in Qualität und Unbedenklichkeit der Nahrungsmittel zurückgewinnt. Dieses ist die unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die existenzielle Krise, in der sich unsere Landwirtschaft gegenwärtig befindet, endlich und schnell bewältigt werden kann. Darauf warten die Menschen in unserem Lande sehnlichst. Es wäre an der Zeit, diese Erwartungen endlich zu erfüllen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Maget, die Themen der letzten Wochen haben Ihren Bekanntheitsgrad vermutlich gesteigert. Einen Zuwachs Ihrer Kompetenz hat man aber nirgendwo registrieren können.
(Beifall bei der CSU – Zahlreiche Zurufe von der SPD – Dr. Ritzer (SPD): Ihre Kompetenzlösung ist geplatzt!)
Wir werden gleich miteinander über die Sachthemen reden, und wir werden dann sehr schnell feststellen, dass anstelle von Sachargumentation in den letzten Wochen Diffamierungsstrategien die Linie der Opposition waren.
Herr Maget, als Sie über das Thema „Führungskraft und Personalnot“ gesprochen haben, habe ich mich an einen Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 19. Januar über Ihre Tagung in Irsee erinnert. Ich zitiere:
Die Landtags-SPD freut sich über Magets neuen Führungsstil – doch die Personalprobleme werden nicht offen diskutiert.... In Irsee haben die dünnen Stellen in der Personaldecke angeblich kein Rolle gespielt. Statt die Klausur zu nutzen, um die Personalfragen offen und in Ruhe zu diskutieren,
(Frau Renate Schmidt (SPD): Ihre Fraktion hat gar keinen Anlass, sich zu erregen, weil sie es aus der Zeitung erfahren hat!)
Vielleicht träumt er ja den alten, unerfüllten Traum von Franz Beckenbauer: einmal in einer Mannschaft spielen, wo jeder den Ball stoppen kann.
Seine schwierigste Aufgabe, den Austausch altgedienter Führungskräfte durch junge Talente, hat er in Irsee aber wieder nicht angepackt. Erst an diesem Punkt wird sich aber die Durchsetzungsfähigkeit des Neuen zeigen.
Herr Kollege Maget, wer ein solches Zeugnis bekommt, sollte vorsichtig sein, sich zu Fragen der Führungskraft und der Personalnot zu äußern. Sie sitzen mehr als nur im Glashaus. Sie haben weder gegenüber Ihrer eigenen Fraktion noch gegenüber der Öffentlichkeit Führungskraft gezeigt.
(Starzmann (SPD): Glück ist nervös! – Prof. Dr. Gantzer (SPD): Sie sind auch nicht Minister geworden!)
Herr Dr. Gantzer, ich bin ganz unglücklich. Vielleicht lassen Sie sich einen etwas intelligenteren Zwischenruf einfallen.
Meine Damen und Herren, es ist nötig, die letzten Wochen und die Art der Argumentation der Opposition noch einmal nachzuvollziehen.
Herr Kollege Dr. Dürr, es wäre ganz vernünftig, wenn Sie einmal zuhören würden. Ich weiß, dass das noch nie Ihre Stärke gewesen ist.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich noch einmal mit der Argumentationslinie der Opposition in den letzten Wochen auseinander setzen. Diese Argumentationslinie – ich wiederhole mich – war ausschließlich auf Diffamierung und Spekulation aufgebaut. Durch Teilwahrheiten und Unwahrheiten sollte bei Menschen, die über den Gesamtkomplex nicht informiert sein können, Wirkung erzielt werden. Ich beginne mit dem Thema Risikomaterial und dem Vorwurf im Zusammenhang mit dem Brief von Frau Ministerin Stamm.
Der Ausgangspunkt dieser Geschichte war eine Entscheidung der EU-Kommission vom Juli 1997, mit der die Verwendung der besonderen Risikomaterialien von Rind, Schaf und Ziege – Schädel einschließlich Gehirn, Augen und Rückenmark von über zwölf Monate alten Rindern, Schafen und Ziegen sowie Milz von Schafen und Ziegen – für jeglichen Zweck verboten wird. Daraufhin kam am 29. Juli 1997 – also im selben Monat – ein Antrag des Landes Niedersachsen unter der Führung des jetzigen Bundeskanzlers Schröder, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, rechtliche Schritte gegen diese Entscheidung der Europäischen Union einzuleiten, weil es dafür keine Rechtsgrundlagen gebe.
Herr Starzmann, nicht nur wir haben widersprochen. Hören Sie endlich auf, uns diese Vorwürfe zu machen. Ihre eigenen Regierungsmitglieder in Bund und Ländern haben genauso gehandelt.
Die damalige Gesundheitsministerin, Frau Fischer, hat in einer gemeinsamen Sitzung von Bundestagsausschüssen den Entscheidungsprozess im Bundesrat als Anlage mitgeliefert. Am 26. Juni 1998 wurde einstimmig das InKraft-Treten der Verordnung zum Ausschluss und zur Entsorgung von Risikomaterial vom 1. Januar 1998 auf den 1. Januar 1999 verschoben. Dies geschah mit den Stimmen aller von Ihnen geführten Regierungen. Am 17. Mai wurde das In-Kraft-Treten einstimmig auf den 1. Januar 2000 verschoben. Auch dies geschah mit den Stimmen aller von Ihnen geführten Regierungen. Am 20. April 2000 wurde das In-Kraft-Treten noch einmal verschoben. Die Verordnung trat schließlich zum 1. Oktober 2000 in Kraft. Herr Kollege Dr. Dürr, auch Ihre
hochgelobte Ministerin Höhn hat mitgestimmt. Hören Sie endlich mit der unredlichen Argumentation auf, in Bayern sei etwas anderes als in den anderen Bundesländern vertreten worden.
Meine Damen und Herren, ich möchte Folgendes hinzufügen: Die Opposition im Bayerischen Landtag hat, nach all den mir verfügbaren Unterlagen, nie einen Antrag auf eine generelle gesonderte Beseitigung von Risikomaterial gestellt. Wenn Sie so wachsam waren und alles so genau gewusst haben, frage ich Sie, wo die wachsame Opposition war, die auf diese Dinge hingewiesen hat. Wenn Sie uns oder einer Ministerin vorwerfen, dass wir den Sachverhalt nicht frühzeitig und sensibel genug gesehen haben, frage ich Sie, wo Sie als Opposition waren. Herr Kollege Dr. Dürr, wo waren Sie mit Ihrem großen Geschrei, wenn Sie keinen entsprechenden Antrag im Landtag gestellt haben?
Herr Kollege Maget, ich bezeichne Ihren Versuch als schäbig, dem Ministerpräsidenten eine Sonderverantwortung zuzuweisen, weil er in einer Rede im Jahre 1998 das Gleiche zum Thema der Aussonderung von Risikomaterial vertreten hat, wie alle in Verantwortung stehenden Politikerinnen und Politiker der SPD. So etwas ist infam und unredlich.