Dem in dieser Situation unter einem äußerst schwierigen Druck stehenden Kollegen Appelt vorzuwerfen, er agiere hier parteipolitisch, ist eine Frechheit. Sie haben keine Ahnung,
was für Belastungen das für die Mitarbeiter bedeutet. Es ist eigentlich auch unter Niveau, auf dieser Ebene hier weiter zu diskutieren angesichts des Problems, vor dem wir stehen. So nicht! Auf der einen Seite werden uns Polemik und Weltuntergangsstimmung vorgeworfen, und auf der anderen Seite verlangt man ein positives Bekenntnis. Positives Bekenntnis heißt, wir müssen zusehen, dass wir etwas erhalten.
Kolleginnen und Kollegen, die Sache ist nicht leicht. Grundig zu retten, hier im Landtag, schaffen wir nicht. Aber was wir können, ist, Anregungen oder, wenn Sie so wollen, auch Stützen denjenigen zu geben, die die Möglichkeit haben, etwas zu tun. Dass es diese Möglichkeit gibt, haben Herr Wiesheu, die LfA und andere 1997 gezeigt. Das ist damals zu Recht gelobt worden. Nur frage ich: Wo ist denn der Einsatz der Staatsregierung heute? Es war zu wenig, am Freitag zu erscheinen. Das reicht, bezogen auf das Problem, das wir hier haben, nicht.
Kolleginnen und Kollegen und sehr geehrter Herr Staatsminister, was ist an der jetzt gefundenen Konzeption so ärgerlich? Mir ist klar – der Kollege Dinglreiter hat mich noch einmal darauf hingewiesen –: Das ist eine Gratwanderung. Möglicherweise sagen die Banken generell: Wir streichen die Kreditlinien. Es ist eine schwierige Situation.
Das Berger-Gutachten wollte die Produktion in Nürnberg und Bayreuth überhaupt streichen. Den Kollegen, die aus dem Betrieb im Aufsichtsrat sind – Kollege Dieter Appelt und andere –, ist es zu danken, dass in Nürnberg und Bayreuth noch etwas an Produktion verbleibt. In dieser Hinsicht ist der Kampf vorbildlich gewesen. Wenn dazu dumme Bemerkungen gemacht werden, müssen wir uns dagegen verwahren.
Die Kollegin Stahl hat von einer gewissen Hilflosigkeit gesprochen. Der Antrag, den wir abgesprochen haben, ist der Versuch, in einer schwierigen Situation eine zukunftsweisende Alternative vorgelegt zu bekommen. Was ich Berger vorwerfe, ist, dass eine Ist-Analyse gemacht und auf dieser Grundlage ein Vorschlag unterbreitet wurde, der eigentlich nur das Zerschlagen der Firma in Deutschland und in Franken beinhaltet hat. So sollte es nicht sein.
Deshalb unser Vorschlag: Über die jetzige Situation hinaus müssen Zukunftsaspekte gefunden werden. Diese sind weg, wenn die gesamte TV-Produktion als Herzstück auch für künftige Entwicklungen in dem ganzen Medien- und IT-Bereich in Nürnberg konsequent verschwindet. Das Zusammenspiel aus Vertrieb, Entwicklung und – Sie haben dieses ganz wichtige Stichwort gebracht – Design, was auch Grundig auszeichnet, sowie das schnelle Reagieren am Markt wäre dann zerschlagen.
Deswegen unsere Formulierung, eine mittelfristige Konsolidierung anzustreben, die an der Rettung des jetzigen Zustands ansetzt und dann weiterführt.
Wir sind der Meinung, dass die Banken, die der Freistaat in seinem Einflussbereich hat, für die Übergangszeit durchaus zur finanziellen Absicherung des Konsolidierungszeitraums, der eventuell ein bisschen länger ist, beitragen. Das bedeutet keine Überschreitung dessen, was von Seiten des Staates getan werden kann. Herr Wiesheu wird nachher zu Recht sagen: Aber wir müssen an Europa und an die Wettbewerbshüter denken. Nach unserer Meinung ist das alles im Rahmen. Bereits im Jahre 1997 wurden die Dinge in vernünftiger Weise zur Anwendung gebracht.
Wir fordern deshalb, dem Standort einschließlich der Produktion in Nürnberg und Bayreuth eine Zukunft zu geben. Das beinhaltet dieser Antrag. Wir bitten dazu hier um Ihre Zustimmung.
Staatsminister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministeri- um) :Herr Präsident, Hohes Haus! Ich bin sehr erstaunt über die Beiträge, die hier kommen, und will gern einiges dazu sagen. Mir mangelndes Engagement bei Grundig vorzuwerfen ist schlicht unverständlich. Grundig gäbe es nicht mehr, wenn es mein Engagement in den Jahren 1996 und 1997 nicht gegeben hätte.
(Beifall bei der CSU – Frau Radermacher (SPD): Das hat niemand bestritten! Das haben wir ausdrücklich gesagt!)
Heute so zu kommen und mir vorzuwerfen, dass mir die Entwicklung bei Grundig Wurscht wäre – das war die Summe der SPD-Aussagen – ist unzulässig.
Außerdem finde ich es unmöglich, dass Sie Herrn Wollschläger hier angreifen; der kann sich hier nicht wehren. Ohne seinen Beitrag wäre im Jahre 1997 die Rettung von Grundig nicht gelungen; denn wir haben seinerzeit miteinander die Verhandlungen mit Philips geführt. Wir haben miteinander die neue Regelung zu Stande gebracht. Der politische Einfluss allein hätte das ebenso wenig bewerkstelligt wie allein der wirtschaftliche Einfluss. Dass es so weit gekommen ist, war das Ergebnis gemeinsamer Arbeit.
Über die Frage müssen wir vielleicht einmal reden. Wie das mit den beiden Firmen zusammenhängt, was heute hier gemacht wird, ist ein Ausbund an Leichtfertigkeit, den Sie überhaupt nicht vertreten können. Im Jahre 1997 war für alle Beteiligten klar, dass es für Grundig die letzte Chance war. Diese Chance musste man nutzen. Deswegen musste ordentlich saniert werden und nach der Sanierung musste auch in die Innovation gegangen werden.
Man hat aber mitten in der Sanierung aufgehört; auch die Damen und Herren des Betriebsrats haben gebremst. Sie kennen doch das Arbeitsplatzziel noch, das seinerzeit festgelegt wurde. Damit hat man plötzlich aufgehört und gesagt, das brauchen wir nicht mehr. Sie kennen auch die anderen Themen. Die Arbeitsplätze in Bayern habe nicht ich aufgegeben. Ich hatte nicht über das Konzept zu entscheiden, das vorgelegt wurde. Da hatten Vorstand und Aufsichtsrat zu entscheiden, und sie haben auch entschieden. Und wenn das so entschieden worden ist, dann muss ich das für die weiteren Verhandlungen zugrunde legen. Man kann durchaus Einfluss im Vorfeld nehmen. Aber durch einen solchen Einfluss im Vorfeld können Sie die negativen Zahlen nicht wegdiskutieren, die es bei der Produktion von Grundig gab. Herr Appelt hat gesagt, er habe Mitte letzten Jahres zusammen mit Herrn Lobodda den Herrn Ministerpräsi
denten angesprochen und gesagt, dass es Schwierigkeiten gebe. Die Schwierigkeiten gibt es schon seit 1997 und vorher gab es sie auch schon. Wenn Sie die Bilanzen gelesen haben – Sie sitzen doch im Aufsichtsrat, nicht ich – dann konnten Sie sehen, dass seit 1997 immer 60 bis 80 Millionen aus den stillen Reserven entnommen werden mussten, um in den Bilanzen schwarze Zahlen zu bekommen.
Moment! Vorher hat sich keiner von Ihnen gerührt. Warum haben Sie diese Themen nicht damals im Aufsichtsrat eingebracht?
Warum haben Sie nicht darauf bestanden, dass die Sanierung entsprechend weitergeführt wird? Das wäre das Forum gewesen, wo man über diese Dinge reden muss. Da wäre es um die Frage gegangen, welches die Zielsetzungen bei der Sanierung sind.
Da wären dann auch Korrekturen möglich gewesen. Die Enttäuschung liegt durchaus bei mir. Ich stelle ja nicht das Personal bei Grundig ein und nicht das Management; das macht der Aufsichtsrat. Wenn hier getan wird, als ob der Staat den ganzen Betrieb steuern könnte, dann ist das schlicht falsch. Wir haben hier ja keine Planwirtschaft.
Wir können die Voraussetzungen für eine Sanierung bewerkstelligen. Das habe ich seinerzeit gemacht, aber die Sanierung muss im Betrieb laufen und zwar in Gemeinsamkeit von Management und Betriebsrat. Und da waren Sie irgendwann alle miteinander auf einmal so weit zu sagen, eigentlich braucht man es nicht mehr. Sowohl beim Thema der Restrukturierung und als auch damals beim Arbeitsplatzabbau hat man mittendrin aufgehört. Das Thema Reduzierung der Vielzahl der Produkte wurde nicht konsequent genug angegangen. Und beim Thema Innovation ist nicht das gelaufen, was laufen sollte. Da haben viele sogar die Situation in rosigen Farben geschildert und nicht gefragt, was ist denn eigentlich los. Der Trend: Wenn die Bilanz ohne die Auflösung der stillen Reserven nicht ausgeglichen werden kann, dann ist das ein Problem in diesem Jahr. Nächstes Jahr schreiben wir schwarze Zahlen. Mit den Planzahlen war man immer in den schwarzen Zahlen, mit den effektiven Zahlen der Bilanz aber nicht.
Meine Forderung war stets, den Betrieb so rentabel zu fahren, dass man auch schwierige Zeiten übersteht, ohne ins Minus zu kommen. Das war aber nie der Fall,
Sie reden von den 50 Millionen Beiträgen der Arbeitnehmer. Wissen Sie, Herr Appelt, bei diesem Thema hätten Sie vorsichtiger sein sollen. Denn dann hätte ich Ihnen jetzt etwas erspart. Dieser Beitrag der Arbeitnehmer war vor der Sanierung zugesagt worden. Dann haben wir die Gespräche mit den Banken abgeschlossen und eine neue Basis geschaffen, und dann musste man dieser Zusage lange nachlaufen. Dann ist bei mir im Ministerium einen ganzen Abend lang bis gegen Mitternacht wieder verhandelt worden, mit den Vertretern der IG Metall, Herrn Neugebauer, Herrn Lobodda, sowie mit den Herren aus dem Bereich des Managements. Wir haben versucht, einen Kompromiss zu finden. Das war zäh genug. Sie haben das heute angesprochen.
Was passierte kurz darauf? Der Herr Appelt kommt zu mir – er hat sich über den ehemaligen Kollegen Schmid vermitteln lassen – und sagt: Kann man denn nicht dafür sorgen, dass der Kompromiss gesprengt wird; damit wollte er der IG Metall eins auswischen.
Ich hätte Ihnen das gerne erspart. Es war für mich frappierend. Wenn der Vorsitzende des Betriebsrats auf diese Weise mit den getroffenen Vereinbarungen umgeht, um zur eigenen Profilierung beizutragen, ist das für mich ein indiskutables Verhalten.
Das war es seinerzeit und ist es auch heute noch, und jetzt wissen Sie auch, warum ich Ihnen letztes Jahr im Oktober oder November gesagt habe, einen Termin will ich mit Ihnen nicht. Sie erinnern sich sicherlich. Sie wollten einen Termin bei mir und ich sagte Ihnen: Gehen Sie zu meinem Abteilungsleiter; denn die Methoden, die Sie hier praktizieren, sind für mich nicht akzeptabel.
Ich muss hinzufügen: Die Zeit seit 1997 ist zu wenig genutzt worden. Da können Sie ruhig dem Management Vorwürfe machen. Ich mache sie auch einigen im Betriebsrat, und da gibt es einige. Sie könnten über ihre Rolle als Betriebsratsvorsitzender ruhig nachdenken, beispielsweise auch, wenn es um die Arbeitszeit gegangen ist.
Nein, nein. Wenn es um seine Rolle als Betriebsratsvorsitzender geht, dann könnten einige Einiges erzählen. Ich will das gar nicht weiter erwähnen.
Mitverantwortlich ist er sehr wohl; denn das Thema Sanierung ist mit der Finanzierung im Jahre 1997 nicht abgeschlossen gewesen, sondern hat da erst begonnen. Es war jedem klar, dass man jetzt viele Dinge gemeinsam korrigieren muss. Das ist zwar primär eine Aufgabe des Managements,