Protokoll der Sitzung vom 05.04.2001

Mitverantwortlich ist er sehr wohl; denn das Thema Sanierung ist mit der Finanzierung im Jahre 1997 nicht abgeschlossen gewesen, sondern hat da erst begonnen. Es war jedem klar, dass man jetzt viele Dinge gemeinsam korrigieren muss. Das ist zwar primär eine Aufgabe des Managements,

(Zuruf von der SPD: Eben!)

aber es ist auch mit eine Aufgabe des Betriebsrates. Es ist die Aufgabe beider. Deswegen ist die einseitige Schuldzuweisung eine politisch leichtfertige Angelegenheit.

Und nun sage ich noch etwas, was Ihnen von der SPD hoffentlich nicht neu ist. Wo was produziert wird, das entscheidet nicht die Politik und das entscheide nicht ich, sondern das entscheiden Vorstand und Aufsichtsrat, und die Argumente, die Sie hier vorbringen, haben Sie hoffentlich im Aufsichtsrat auch eingebracht.

(Zuruf von der SPD: Selbstverständlich!)

Und wenn Sie sich nun für Bayreuth loben lassen, ist es mir recht. Und wenn Sie sich loben lassen für den Teil der Produktion von Grundig, der in Nürnberg bleibt, nämlich der Formenbau, in dem Sie selbst tätig sind, dann ist mir das auch recht, aber dann müssen Sie auch akzeptieren, dass Sie in anderen Bereichen, wo Sie sich nicht durchgesetzt haben, nicht die durchschlagenden Argumente auf Ihrer Seite hatten. Denn dass ein Betriebsinhaber oder die Anteilseignerseite sagt, es ist zwar das bessere und rentablere Konzept, aber wir lehnen es ab, weil wir Geld rausschmeißen wollen, das habe ich noch nicht erlebt.

Die Zahlen können Sie nicht wegdiskutieren, werte Kollegen. Im Aufsichtsrat wurde lange genug verhandelt und Sie, Herr Appelt waren ja dabei und wissen genau Bescheid. Und Sie wissen auch, dass die Aufsichtsratsmehrheit nicht zum eigenen Schaden entscheidet. Drum ist das, was hier aufgeführt wird, ein scheinheiliges Spiel.

Ich komme nun zu dem, was ich schon am Anfang angesprochen habe.

(Zuruf von der SPD: Sagen Sie doch noch etwas zum Antrag!)

Nein, zum Antrag sage ich nichts, weil ich ihn für falsch halte.

(Zurufe von der SPD: Sehr überzeugend! Warum?)

Ich sage es Ihnen gleich. Aber erst einmal muss ich Ihnen etwas anderes sagen. Die öffentliche Erörterung, wie sie hier praktiziert wird, schadet der Firma und schadet den Arbeitsplätzen. Denn letztendlich schadet sie dem Markt.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Entschuldigung, ich weiß, wovon ich in diesem Zusammenhang rede. Sie schadet der Firma am Markt. Je früher dort eine Beruhigung eintritt, umso besser ist es für die Situation bei den Lieferanten und Kunden.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD))

Zweiter Punkt: Das im Aufsichtsrat beschlossene Konzept, das etwas von dem abweicht, was Berger vorgeschlagen hatte, war und ist die Basis für die Finanzierung. Die Verhandlungen mit den Banken, die am letzten Freitag drei Stunden gedauert haben, waren schwierig genug, und das Thema ist noch nicht ganz abgeschlossen. Es ist noch nicht definitiv unter Dach und Fach – leider. Ich gehe nicht auf Einzelheiten ein. Ich hoffe nur, dass von hier herinnen nicht falschen Signale ausgesendet werden. Denn sollte von hier das falsche Signal ausgesendet werden, dass man das Konzept wieder infrage stellt, sind die finanzierenden Banken weg. Deswegen bin ich auch gegen den Antrag. Es wäre gescheiter gewesen, vorher miteinander über so etwas zu reden, bevor man das Thema zur politischen Profilierung nutzt.

(Appelt (SPD): Vorhin haben Sie doch ausgeführt, dass ich mit Ihnen nicht reden kann!)

Nein, nein. Ich habe es Ihnen im Wirtschaftsausschuss bereits deutlich genug gesagt.

(Appelt (SPD): Aber dann haben Sie es wieder zurückgenommen!)

In der Zwischenzeit hat es von der SPD-Seite keinen Kontaktversuch in dieser Frage mehr gegeben.

Ich sage es Ihnen noch einmal in aller Deutlichkeit: Wenn von hier das Signal ausginge, dass das Gesamtkonzept infrage gestellt werden muss, haben Sie morgen die finanzierenden Banken nicht mehr am Tisch. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen.

Dritter Punkt: Sie haben mein Interview vom letzten Montag in der „Süddeutschen Zeitung“ kritisiert. Ich sage Ihnen dazu: Die Beschäftigen haben, so hart das ist, Anspruch auf Ehrlichkeit. Die Dinge zu beschönigen ist nicht meine Angelegenheit. Das können Sie machen, vielleicht bekommen Sie Beifall dafür, auf Dauer sicher nicht. Ich halte es nicht für richtig, etwas zu beschönigen, wenn die Fakten so sind, wie sie sind, und so zu tun, als könnten man da noch viel ändern.

Vierter Punkt: Jeder weiß, dass Einschnitte notwendig sind, weil der Bilanzausgleich nicht mehr über die Auflösung von stillen Reserven laufen kann, und dass schwarze Zahlen im operativen Bereich erforderlich sind. Man muss versuchen, möglichst zügig zu schwarzen Zahlen zu kommen, weil man sich nur auf diese Weise den Spielraum erwirtschaften kann, den man braucht für die Investitionen in die Fortentwicklung von Produkten und in die Entwicklung von neuen Produkten. Das Geld kommt nicht von irgendwo her.

Die Sanierung von 1997 ist nicht ausreichend durchgeführt worden. Noch einmal: Der Aufsichtsrat ist paritä

tisch besetzt. Ich nehme alle miteinander in die Verantwortung.

Zum Schluss noch eines: Herr Appelt, ich halte es für unangemessen, dass Sie die Rivalität, die Sie seit mehreren Jahren mit Herrn Lobodda haben, hier auf diese Weise austragen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Dr. Schultz (SPD): Das gehört hier herein?)

Das gehört hierher, weil es ein wesentliches Motiv für diese Auftritte des Herrn Appelt ist. Die Verantwortung würde ihm etwas anderes gebieten. Es weiß doch ein jeder, dass er vor ein paar Jahren aus der IG Metall hinausgeworfen wurde und sich seitdem in einer permanenten Rivalität mit Herrn Lobodda befindet.

(Zuruf von der CSU: Hört, hört! Nestbeschmutzer! – Widerspruch des Abgeordneten Hoderlein (SPD) – Frau Radermacher (SPD): Sollen wir von Ihnen auch etwas erzählen?)

Doch, Herr Kollege Hoderlein. Wenn derartige Rivalitäten in der Weise öffentlich ausgetragen werden, dass derjenige am schönsten dastehen will, der die Leute am meisten mobilisiert, dann schadet man damit – ich sage es noch einmal – dem Betrieb und den Arbeitsplätzen.

(Beifall bei der CSU)

Was Sie hier machen, ist verantwortungslose Profilierung, weil man derartige Themen normalerweise anders behandeln muss.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD))

Es gibt Hunderte von Fällen, wo es im Einvernehmen mit dem Betriebsrat ganz anders gelaufen ist. Der Großteil ist gar nicht an die Öffentlichkeit gekommen. Es hat auch vor einiger Zeit Fälle gegeben, wo ich gemeinsam mit dem Betriebsrat sogar gegen die Gewerkschaft etwas durchfechten musste, wo die Gewerkschaft nicht nachgeben wollte, aber mittlerweile nachgegeben hat, damit das Ganze vernünftig weiter läuft.

Deshalb sage ich, man muss diese Themen mit erheblich größerer Vorsicht behandeln. Auch bei der Bankenverhandlung am Freitag hat eine Bank gesagt: Nach dem öffentlichen Vorlauf, den das ganze Thema gehabt hat, ist der Markt doch so beeinträchtigt, dass die Chancen ziemlich negativ beurteilt werden müssen.

Darum sage ich: Eine solche Sanierung kriegen Sie ordentlich hin, wenn es einigermaßen geräuschlos geht. Je größer der Trouble, umso größer die Verunsicherung am Markt und umso geringer die Bereitschaft der Banken zum Mitmachen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Schultz (SPD))

Das Ganze – Entschuldigung – ist noch nicht über die Bühne. Darum hören Sie auf mit dem Theater.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Appelt.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, Herr Wiesheu!

(Zuruf von der CSU: „Herr Staatsminister“ heißt das!)

Herr Staatsminister Wiesheu, danke für die Belehrung, Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier einiges aufgetischt bekommen,

(Unruhe bei der CSU)

bei dem weiß, wenn man Kenner der Materie ist, wie weit der Herr Staatsminister neben der Sache lag.

(Zuruf von der CSU)

Deswegen muss ich schon versuchen, einige Dinge zumindest geradezurücken.

Ich beginne mit dem letzten Thema, das er angesprochen hat: mit der Auseinandersetzung, die ich mit dem Kollegen Lobodda hatte. Ich sage ganz bewusst: mit dem Kollegen Lobodda, weil es – und das haben Sie nicht festgestellt, Herr Dr. Wiesheu – bei dieser Auseinandersetzung keine Diskrepanz gegeben hat und wir beiden uns bereits Mitte letzten Jahres dazu erklärt haben, dass wir gemeinsame Wege gehen. So waren wir auch gemeinsam bei Ministerpräsident Edmund Stoiber

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD. Hört, hört!)

und haben ihm geschildert, dass die Situation, die wir heute haben, auf uns zukommt. Was ist von Ihrer Seite passiert? – Gar nichts, überhaupt nichts. Das möchte ich besonders hervorheben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hoderlein (SPD): Aha, das ist so ziemlich das Gegenteil dessen, was Wiesheu gesagt hat!)