Protokoll der Sitzung vom 06.04.2001

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 63. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich noch einen Glückwunsch aussprechen. Frau Kollegin Heidi Lück feiert heute ihren Geburtstag.

(Allgemeiner Beifall)

Im Namen des Hohen Hauses und persönlich gratuliere ich ihr dazu sehr herzlich und wünsche der Kollegin alles Gute, Gesundheit sowie Kraft und Erfolg bei der Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben.

Wir treten nun in die Tagesordnung ein. Ich rufe erneut auf:

Tagesordnungspunkt 8

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Bayerischen Beamtengesetzes und der Bayerischen Disziplinarordnung (Drucksa- che 14/5222)

Zweite Lesung –

hierzu:

Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Eykmann, Ach, Unterländer und anderer (CSU) (Drs. 14/5672)

Änderungsantrag der Abgeordneten Wörner, Franzke, Maget und anderer (SPD) (Drs. 14/5686)

Die Aussprache hierzu hat schon stattgefunden. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Der Abstimmung zugrunde liegen der Gesetzentwurf auf der Drucksache 14/5222, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 14/5672 und 14/5686 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes auf der Drucksache 14/6206.

(Unruhe)

Es herrscht eine erhebliche Unruhe im Saal, sodass man kaum glauben kann, dass die Sitzung schon eröffnet ist.

(Maget (SPD): Das Thema beunruhigt die Kollegen, das können wir verstehen!)

Bevor ich über den Gesetzentwurf abstimmen lasse, stelle ich den vom federführenden Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsantrag der Abgeordneten Wörner, Franzke, Maget und anderer auf der Drucksache 14/5686 zur Abstimmung. Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Fra

gen des öffentlichen Dienstes dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Kollege Hartenstein. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Zum Gesetzentwurf empfiehlt der federführende Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes Zustimmung mit der Maßgabe verschiedener Änderungen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 14/6206. Wer dem Gesetzentwurf mit den vom federführenden Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes empfohlenen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Kollege Hartenstein. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine. Damit so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Diese soll wie in § 135 Absatz 1 der Geschäftsordnung vorgesehen in namentlicher Form erfolgen. Der Abstimmung zugrunde liegt der Gesetzentwurf in der Fassung des federführenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes.

Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne ist auf der Seite der CSU-Fraktion, die Nein-Urne ist auf der Oppositionsseite im Bereich der Eingangstüren aufgestellt. Die Enthaltung-Urne befindet sich auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 9.06 bis 9.11 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Das Ergebnis gebe ich später bekannt. Wir fahren zwischenzeitlich in der Tagesordnung fort.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 11

Aktuelle Stunde

Hightech – Low Budget – Lehrerinnen- und Lehrermangel an bayerischen Schulen

Für die heutige Sitzung ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN vorschlagsberechtigt. Sie hat eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragt. In Brüssel kämpfen wir dafür, dass Deutsch die Amtssprache wird. Im Bayerischen Landtag sprechen wir neuerdings englisch. In die Beratung beziehe ich folgende zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge mit ein:

Dringlichkeitsantrag des Abgeordneten Maget und Fraktion (SPD)

Bildungsoffensive (Drucksache 14/6280)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Christine Stahl, Elisabeth Köhler und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Situation an bayerischen Schulen nachhaltig verbessern (Drucksache 14/6285)

In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner, wie Sie wissen, grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktion kann einer ihrer Redner 10 Minuten sprechen. Dies wird auf die Gesamtredezeit der jeweiligen Fraktion angerechnet. Wenn ein Mitglied der Staatsregierung kraft seines Amtes das Wort nimmt, wird die Zeit seiner Rede nicht mitgerechnet. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zeit der Dauer der Aussprache zu sprechen. Ich bitte Sie, jeweils auf mein Signal zu achten. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Münzel. Sie spricht zehn Minuten.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Situation an unseren bayerischen Schulen ist dramatisch. Hier hilft auch kein Schönreden vonseiten der CSU und der Staatsregierung.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Kaum jemand mag noch für das Lehramt an Hauptschulen studieren. Lehrkräfte für die beruflichen Schulen sind Mangelware und werden wohl auch nicht so schnell aus der Wirtschaft geworben werden können. Schulleitungsstellen müssen in Oberbayern wie saures Bier angeboten werden, weil die zeitliche Belastung unerträglich geworden ist. Den Gymnasien wird durch die Budgetierung das Wasser abgegraben. Die Realschulen kommen hinten und vorne nicht zurecht, und die Förderschulen klagen schon seit Jahren. Auch die bayerische Wirtschaft spart nicht an Kritik und fordert kleinere Klassen und Ganztagsschulen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass auch die niedrige Abiturientenquote auf Kritik bei der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft stößt, was wir in der Vergangenheit auch stets vehement kritisiert haben. Die CSU wollte es aber nie hören. Es fehlen Lehrkräfte an allen Ecken und Enden.

Doppelt dramatisch ist dabei, dass die Staatsregierung zum einen zu wenig Geld für die Schulen zur Verfügung stellt und dass zum anderen in einigen Bereichen überhaupt zu wenig Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Vorgestern kündigte die Kultusministerin 220 zusätzliche Stellen an. Als ich das gehört habe, habe ich gedacht, das kann doch wohl nicht wahr sein; das ist doch allenfalls ein Erste-Hilfe-Paket, welches lediglich die allerschlimmsten Löcher im Lehrerkollegium – und das auch nur ganz notdürftig – stopft. Diese Maßnahme ist nicht mehr als ein Stützpfeiler, damit nicht das ganze Haus einstürzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Je näher man hinsieht, desto lächerlicher wird die angekündigte Maßnahme, denn für die Fachoberschulen und für die Berufsoberschulen gibt es nicht, wie angekündigt, 120 neue Stellen, sondern lediglich 20. Frau Hohlmeier, Sie erweisen sich damit als Ministerin der Verschleierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich sehe in den Ankündigungen von vorgestern keinerlei Perspektive für die notwendige Verbesserung des Unterrichts und die innere Schulentwicklung, welche auch nicht zum Nulltarif zu haben sind, für Ganztagsschulen, für die Entlastung der Lehrkräfte – ich erwähne nur die Rücknahme des Arbeitszeitkontos –, für Entlastungen bei den Systembetreuerinnen und Systembetreuern, für Entlastungen bei den Schulleiterinnen und Schulleitern usw. Alles dies bleibt auf der Strecke. Nur den Status quo aufrechtzuerhalten, das ist uns Grünen zu wenig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNE)

Das, was Frau Hohlmeier gestern verkündet hat, war letztlich nichts anderes als das Eingeständnis ihrer Niederlage. Jetzt zeigt sich mit aller Deutlichkeit, dass sich die Hochnäsigkeit der CSU und ihre arrogante Selbstgefälligkeit, mit der sie sich immer besser wähnt als alle anderen, bitter rächen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihre mangelnde Selbstkritik und Ihre mangelnde Bereitschaft, oppositionelle Kritik und oppositionelle Vorschläge aufzunehmen, schaden nun unseren bayerischen Schülerinnen und Schülern. Hätten Sie allein unsere Vorschläge für den Haushalt 1997/1998 und für den Nachtragshaushalt 1998 berücksichtigt, hätten wir jetzt 1900 Lehrkräfte mehr. Hätten Sie unsere Vorschläge für den Haushalt 1999/2000 berücksichtigt, hätten wir noch einmal 2181 Lehrkräfte mehr. Hätten Sie mehr auf unser eigenes Land Bayern geschaut und weniger die anderen Bundesländer hochnäsig beäugt, ginge es unseren Schülerinnen und Schülern jetzt besser.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Frage, wie man mit den steigenden Schülerzahlen umgehen soll, hat die CSU vorgeschlagen, den Schülerberg zu untertunneln, und das auf Kosten der Lehrkräfte, denen man durch das Arbeitszeitkonto noch ein Päckchen auf den Buckel geladen hat. Dann aber wundert sich die CSU, dass der Lehrerberuf nicht mehr attraktiv ist. War und ist schon der Brenner-Basis-Tunnel keine gute Idee, so ist die Idee, den so genannten Schülerberg zu untertunneln, eine noch weniger gute.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eigentlich müssten Sie feststellen, dass auch die Einführung der sechsstufigen Realschule keine so gute Idee war. Ihr Sieg beim Volksbegehren erweist sich jetzt als Pyrrhussieg. Es waren rein ideologische Gründe, die Sie veranlasst haben, Milliardenbeträge auszugeben, um

ausgerechnet die Schulform zu reformieren, die vonseiten der Lehrkräfte und der Schüler und Schülerinnen wie auch der Eltern am wenigsten der Kritik ausgesetzt war, nämlich die vierstufige Realschule. Diese Schulform in Zeiten eines Schülerzuwachses zu verändern, war schlichtweg eine Dummheit, welche mit dazu beiträgt, dass die Situation an allen Schulen aller Schularten angespannt ist. Für Ihre ideologische Verbohrtheit müssen nun alle büßen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)