Wenn sie keine polemischen Äußerungen machen, muss ich Ihnen Folgendes sagen: Wir haben uns zwar manchmal über Ihre Darstellungen geärgert. Das ist völlig normal. Viele im Hause sehnen sich aber zurück nach der Qualität der Auseinandersetzung, welche wir mit Ihnen geführt haben.
(Widerspruch bei der SPD – Beifall bei der CSU – Frau Renate Schmidt (SPD): Was habe ich bloß falsch gemacht?! – Zuruf von der SPD: Das glauben Sie doch selber nicht! – Wahnschaffe (SPD): Sagen Sie doch etwas zur persönlichen Verantwortung für diese Entwicklung!)
Auch durch ständige Wiederholung wird das, was die Opposition immer wieder gebetsmühlenartig behauptet, nicht zutreffender. Die Hauptursachen für die Fehlentwicklung bei der LWS lagen letztlich in einem katastrophalen Management der Geschäftsführung,
was auch immer wieder Gegenstand der Beratungen des Aufsichtsrates war. Hinzu kommt das, was ich der LWS aber nur begrenzt anlasten möchte, denn es hat auch sehr viele qualifizierte Firmen in Schwierigkeiten gebracht; es war die Fehleinschätzung des Ostgeschäftes. Es gab zwar auch Fehler im Westgeschäft, nämlich bei Bautätigkeiten in bayerischen Städten. Die gravierenden Einbrüche entstanden aber durch Fehlentwicklungen auf dem Markt im Osten. Das ist vielen anderen Firmen auch passiert. Beide Entwicklungen muss man seriöserweise miteinander sehen.
Es ist nicht zu leugnen, dass es eine unglaubliche Serie katastrophaler Fehlentscheidungen auf Seiten des Managements gegeben hat. Das war die Hauptproblematik in der Sache.
Kollege Sauter hat vorhin erklärt, dass er zu seiner politischen Verantwortung im Rahmen seiner Funktion in
den Aufsichtsgremien stehe. Diese Aufsichtsgremien haben im Hinblick auf ihre Kontrolltätigkeit eine eigene Verantwortung. Es ist aber auch nicht zu leugnen – dies haben wir zum Ausdruck gebracht –, dass die Tätigkeit der Aufsichtsgremien durch die Informationspolitik der Geschäftsleitung erschwert wurde. Der Aufsichtsrat der LWS war aber insofern in derselben Situation wie der Aufsichtsrat eines anderen Unternehmens, in welchem die Geschäftsleitung relativ spät informiert, sodass erst relativ spät erkannt werden kann, dass falsch oder unzureichend informiert wurde oder dass die Testate der Wirtschaftsprüfer auf Probleme hinweisen.
Trotzdem bleibt die Verantwortung der Aufsichtsgremien bestehen, wobei alle einzubeziehen sind, die sich in diesen Aufsichtsgremien befinden. Man darf die Sache nicht auf eine Person zuspitzen.
Ich meine auch, dass wir zumindest einiges von dem noch einmal in Ruhe durcharbeiten sollten, was Herr Kollege Sauter zur Rolle des Obersten Rechnungshofs gesagt hat, wobei ich mir nicht alles zu Eigen machen möchte, was er gesagt hat.
Als ich den Vorbericht gelesen habe, bin ich zunächst über die Diktion erschrocken. Gemessen an dem, was am Schluss im Bericht stand, hat sich der Vorbericht zum Teil einer Sprache bedient, die ich nicht gutheißen kann. Ich muss Herrn Kollegen Sauter Recht geben, dass viel Spekulatives enthalten ist. Der Vorbericht ist – wie es früher oder später immer der Fall ist – Gegenstand der Veröffentlichung geworden. Damit hat der Prozess einer Vorverurteilung eingesetzt, auch wenn später aufgrund der Einschaltung des Rechnungshofs das eine oder andere differenzierter gesehen wurde.
Der Rechnungshof hat zweifellos wertvolle Aufklärungsarbeit geleistet. Zum Sachverhalt gehört aber auch, dass der Ministerpräsident von dem Vorbericht keine Kenntnis hatte und im Hinblick auf die Geschäftslage der LWS auf das vertraut hat, was die Aufsichtsgremien unter anderem dem Landtag mitgeteilt haben.
Wir wollen festhalten: Die Dimension der Problematik ist dem Ministerpräsidenten bekannt geworden durch ein Gespräch mit dem Betriebsratsvorsitzenden. Daraufhin hat er umgehend eine Sonderprüfung durch den Rechnungshof veranlasst. So war der Ablauf. Der Rechnungshof hat bereits Ende der Achtzigerjahre Stellung zu den Problemen genommen, aber im Hinblick auf die konkrete Entwicklung der letzten Jahre war das der Ablauf. Das ist belegt. Sie sollten hier nichts anderes hineininterpretieren.
Meine Damen und Herren, der gesamte Sachverhalt ist sicher unerfreulich. Wahr ist auch, dass auf verschiedenen Seiten Fehler gemacht wurden. Die Staatsregierung hat Konsequenzen aus dem Vorgang gezogen, auch im
Hinblick auf notwendige Veränderungen sowohl bei der Struktur und der Zusammensetzung des Aufsichtsrats als auch im Hinblick auf die Gesellschafter und das künftige Management. Entscheidend ist immer, dass die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden.
Meine Damen und Herren von der Opposition, dies kann ich bei Ihnen nicht feststellen. Sie haben heute nichts anderes getan, als zu versuchen, den Sachverhalt verzerrt darzustellen. Dabei nehme ich Herrn Kollegen Prof. Dr. Gantzer weitgehend aus, aber Frau Kollegin Kellner und Herr Kollege Maget haben in blumiger Sprache nichts anderes getan. Letztlich liegt es an der Diktion. Auch wenn Sie, Herr Maget, sich heute einer gemäßigteren Sprache bedient haben, ist festzustellen: Die Aussage entspricht letztlich dem Geist, den Herr Hoderlein beim Parteitag gezeigt hat. Seine Formulierungen waren folgendermaßen – Zitat –: „Filz, Korruption und Skandale – deine Heimat ist Bayern, deine Mutter ist die CSU, dein Vater heißt Edmund Stoiber.“ Herr Stiegler versteigt sich zu noch stärkeren Formulierungen und nennt die Union „die abgefeimteste und charakterloseste Opposition aller Zeiten“. „Schwindler und Betrüger“ seien das.
Meine Damen und Herren von der SPD, wer wie Sie dazu Beifall klatscht, ist ganz bestimmt nicht geeignet, über die politische Kultur in Bayern zu urteilen.
CSU und Staatsregierung haben uns in den letzten Tagen ein seltsames Schauspiel geboten und merkwürdige Verrenkungen vorgeführt. Diese Verrenkungen hat Herr Glück in seiner Rede fortgeführt. Herr Glück, Sie werden gestatten, dass wir hier zwei Dinge bewerten: Zum einen geht es um das Ergebnis des Untersuchungsausschusses, zum anderen um den Umgang mit dem Ergebnis und einem 500-Millionen-DM-Desaster, über das ich von Ihnen gern etwas gehört hätte.
Es geht um 500 Millionen DM an Steuergeldern, die in den Sand gesetzt worden sind. Diesen Vorgang gilt es einer politischen Bewertung zu unterziehen. Diese Freiheit nehme ich mir.
Zum Stichwort Verrenkungen: Sie möchten einem gewissen Bedürfnis nach Wiedergutmachung gerecht werden, denn über Parteigrenzen hinweg und auch in den Medien ist festgestellt worden, dass der Umgang mit Herrn Sauter sehr traurig war. Herr Stoiber hat in einer Art Torschlusspanik Herrn Sauter übel mitgespielt. Die Umstände der Entlassung sind uns noch sehr gut in Erinnerung, zumal es formale Fehler gab. Auch darüber
mussten wir hier diskutieren. Abgesehen von den formalen Fehlern war es schlicht ein schlechter und würdeloser Stil, Herrn Sauter als Sündenbock für viele andere Verantwortliche – das wurde hier schon mehrmals gesagt – und für viele Fehler in der Vergangenheit in die Wüste zu schicken. Solchen alttestamentarischen Verhaltensweisen sollten Sie mittlerweile entwachsen sein.
Allerdings kann dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden für die getroffenen Entscheidungen keine Exkulpation gewährt werden, denn für die Misswirtschaft bei der LWS – das hat Frau Kollegin Kellner mit Zitaten belegt, und auch Herr Gantzer ist darauf eingegangen – trägt Herr Sauter Mitverantwortung. Ich frage mich zudem, warum er seinen Rücktritt angeboten hat, wenn er glaubt, keine Mitverantwortung zu tragen. Das ist für mich ein Indiz, sodass ich darauf nicht weiter eingehen muss.
Es war sehr interessant und teilweise amüsant, Herrn Sauter zu beobachten, wie er sich hier als Fürsprecher für das Informationsfreiheitsgesetz hervorgetan hat. Dabei geht es um die Behörde, die den hier Verantwortlichen auf die Finger schaut. Ausgerechnet bei dieser Behörde verlangt man plötzlich Transparenz, Akteneinsicht und Ähnliches. Herr Sauter bekam für seine Ausführungen sogar Applaus aus Ihren Reihen. Wieso stimmen Sie dann einem Informationsfreiheitsgesetz – wir werden noch darüber diskutieren – nicht zu? Wenn es einen selber trifft, ist es immer etwas anderes. Dann tut es plötzlich weh, und man spürt, dass Änderungen notwendig sind.
Veränderungen haben wir Berichtsanträgen, zum Beispiel von Frau Rieger, und diesem ORH-Bericht zu verdanken. Hätten wir ihn nicht gehabt, wäre es weiter so gelaufen wie bisher. Da wir kein Recht auf Akteneinsicht haben und uns mit dem zufrieden geben müssen, was man uns auf schriftliche Anfragen hin erzählt und was man uns in den Ausschusssitzungen weismachen will, war es wichtig, dass es diesen Bericht gab. Wir werden alle Bemühungen und Bestrebungen – hier widerspreche ich Ihnen, Herr Sauter –, den Obersten Rechnungshof in irgendeiner Weise an die Kandare zu nehmen, Widerstand entgegensetzen, weil es sich dabei um eines der wenigen Instrumente handelt, die noch objektiv arbeiten.
Als Stadträtin in Nürnberg habe ich einen ORH-Bericht nicht gehabt und auch nicht nötig gehabt. Für mich war das Projekt „Bärenschanze“ ein Beispiel dafür, wie fehlerhaft hier gewirtschaftet wird. Ich bringe den Fall nur als Beispiel, um die Materie anschaulich zu machen. Zwei Jahre lang hatten wir in Nürnberg einen überdurchschnittlich hohen Leerstand bei Bürogebäuden. Was macht die LWS? – Sie baut einen riesigen Bürokomplex an die Bärenschanze. Wir haben uns alle an den Kopf
Ihre Tränen jedenfalls, Herr Sauter, rühren mich beim besten Willen nicht. Ihre Verbesserungsvorschläge sind doch eher Ausdruck eines gekränkten Ehrgefühls. Ich werde, wie gesagt, nicht zulassen, dass dem ORH Knüppel in den Weg geschmissen werden.
Es besteht eine unterschiedliche Bedürfnislage. Auf der einen Seite möchte man Herrn Sauter ein bisschen Wiedergutmachung zukommen lassen, auf der anderen Seite kann man ihn aber für die Misswirtschaft nicht ohne weiteres exkulpieren. Aus diesen zwei Bedürfnislagen heraus erklärt sich der Eiertanz der vergangenen Tage.
Eine deutliche Rehabilitierung käme einem Angriff auf den Führungsstil des Ministerpräsidenten gleich und wäre eine verspätete Palastrevolution. Diese ist aber bei Strafe verboten, wie einige Kollegen aus der CSU, vor allem die schwäbischen, ja schon bitter erfahren haben. Ihr Einfluss auf die Staatsregierung ist ja seit einiger Zeit entsprechend gering. Ich kann mir zwar gut vorstellen, dass bei diesen Kollegen und Kolleginnen die Lust auf Revolution etwas größer ist, sie jedoch ein eingebauter Unterwerfungsinstinkt vor größeren Taten zähneknirschend abhält.
Wir hatten den Untersuchungsausschuss und das 500-Millionen-DM-Desaster. So wird zähneknirschend – das ist dann die große Tat – ein Dogma hochgehalten, dessen Richtigkeit schon beim Papst in Zweifel gezogen wird, zumindest von aufgeklärten Katholikinnen und Katholiken, nämlich das Dogma der Unfehlbarkeit. Glücklicherweise lassen sich wie für den Papst auch für den Ministerpräsidenten immer die Ratzingers finden.
Auch heute steigen Sie in diesem Stück auf die Bühne – man könnte es „Rückkehr des Bauernopfers“ nennen; ich möchte das aber nicht als Zombie-Film missverstanden wissen – und werfen sich für den Ministerpräsidenten in die Bütt.