Protokoll der Sitzung vom 09.05.2001

Es ist heute die tiefe Überzeugung des Vorstands der LfA insgesamt: Wenn wir im Dezember 1993 gewusst hätten, was wir im Frühjahr 1994 zu wissen begannen, hätten wir diesen Tauschvertrag nicht abgeschlossen.

Fakt ist: Es musste damals alles sehr schnell passieren. Wir erleben ja des Öfteren, dass binnen kürzester Zeit gravierende Vorgänge abgewickelt werden müssen. Da wurde schnell noch dieses Wertgutachten in Auftrag gegeben. Die LfA wurde zu diesem Tausch gedrängt; da beißt die Maus keinen Faden ab. Ich werde Ihnen das nachher mit anderen Zitaten beweisen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Frau Abgeordneten Renate Schmidt (SPD))

Tatsache ist, dass gerade im Westen hochdefizitäre Bauprojekte angefangen wurden: Nürnberg-Bärenschanze, Kempten-Laetitia, in Günzburg. Die LWS kaufte sozusagen jedes Saure-Wiesen-Grundstück, das vor Ort keiner haben wollte, überteuert auf. Das haben auch Sie nicht bestritten.

Als ob das alles noch nicht gereicht hätte, betätigte sie sich auch noch als Hotelbetreiber, und auch das war wieder eine gigantische Fehlplanung von Anfang an. Im ORH-Bericht heißt es hierzu: „völlig unverkäuflich, jegliche Anziehungskraft fehlt, eine tote und düstere Umgebung“. Da hinein hat die LWS ein Hotel gesetzt und noch erwartet, dass irgendjemand so dumm ist und 200 DM

pro Nacht für ein Zimmer hinlegt. Also nein, da kann man ja besser auf dem Campingplatz übernachten.

Verschärfend kommt hinzu, dass Hotelbauen und Hotelbetreiben ja nun weiß Gott keine staatlichen Aufgaben sind. Das wäre mir jedenfalls ganz neu.

(Hoderlein (SPD): Tiefgaragen!)

Tiefgaragen, das war auch noch ein Problem in diesem Bereich, Herr Kollege Hoderlein.

In Artikel 65 der Bayerischen Haushaltsordnung ist doch alles genau geregelt: Der Staat soll eine Beteiligung nur eingehen oder aufrechterhalten, wenn ein unmittelbares wichtiges Interesse des Staates vorliegt und sich der vom Staat angestrebte Zweck nicht ebenso gut oder besser auf andere Weise erreichen lässt. Kolleginnen und Kollegen, man hätte diese Hotel- und Gewerbebauten getrost privaten Bauträgergesellschaften überlassen können. Die haben Erfahrung und wissen auch, anders als die LWS, wie man eine Kalkulation macht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Hoderlein (SPD))

Jetzt wird es noch einmal interessant. Herr Dr. Stoiber, warum gerade Sie, der Sie ja regelrecht als Privatisierungsfetischist hervorgetreten sind, sich für solche waghalsigen Geschäfte in einem Bereich, der nun wirklich für Private gedacht ist, stark gemacht haben, liegt auf der Hand: Sie, Herr Ministerpräsident Stoiber, wollten als der große Macher und Aufbauer im Osten herauskommen. Geendet haben Sie als Pleitier.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Die LWS und die LfA waren erste Opfer der stoiberschen Privatisierungspolitik, genannt „Offensive Zukunft Bayern“. Mit Ihrem Eintritt ins Amt des Ministerpräsidenten, Herr Dr. Stoiber – ich weiß das noch ganz genau, weil das immer eines meiner Lieblingsthemen war –, begann der Verkauf von staatlichen Beteiligungen, und zwar in großem Umfang, um mit deren Erlösen neue Beteiligungen einzugehen und die Wirtschaftsförderung aufzublähen.

Erstes Verkaufsobjekt waren die Anteile der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung, Gesellschaft für Vermögensverwaltung (LfA-GV) an der DASA in Höhe von 8,58%. Da die LfA-GV steuerpflichtig ist, wurden die DASA-Anteile nicht direkt verkauft, sondern gegen staatliche Anteile an der LWS – Sie waren dort Mehrheitsgesellschafter – in Höhe von 58,5% getauscht. Der Freistaat konnte dann die DASA-Anteile steuerfrei für 400 Millionen DM verkaufen; das wollten Sie nämlich noch als Nebeneffekt herausschinden.

Jetzt wird es wieder interessant. Wer hat dieses Geschäft eingefädelt? Eine schriftliche Anweisung war nicht zu finden. Das haben wir jetzt Gott sei Dank mit dem LfA-Gesetz geändert. Wenn die LfA in Zukunft ein Geschäft zugewiesen bekommt, dann muss es schriftlich angeordnet werden – auch ein Ergebnis des Unter

suchungsausschusses –, damit klar ist, wer die Verantwortung trägt.

Wir haben im Untersuchungsausschuss die Vorstandsvorsitzenden der LfA gefragt: Was war denn da los? Dann sagten Sie: Na ja, da gab es doch eine Regierungserklärung des Ministerpräsidenten im Landtag, und da wusste man ja, es soll privatisiert werden, und da waren alle gefordert, das Ihre dazu beizutragen. – So läuft es nämlich im Freistaat. Es ist gar nicht nötig, dass eine Anweisung erfolgt. Alle stehen schon Gewehr bei Fuß, wenn der Ministerpräsident einen Wunsch äußert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Da spielte es für Sie auch gar keine Rolle, dass die LfA als Mehrheitsgesellschafterin völlig ungeeignet war, die LWS zu halten. Sie verfügte über keine Erfahrungen im Bauträgerbereich, das hat auch noch nie zu ihren Aufgaben gezählt. Von selbst wäre die LfA nie auf die Idee eines derartigen Engagements gekommen. Herr Schwarzmann, LfA-Vorstandsmitglied und LWS-Aufsichtsrat, sagte dazu: „dass wir eben plötzlich Mehrheitseigentümer einer Gesellschaft waren, für die in unserem Haus keine Kompetenz da ist“. Darauf sagten Sie, Herr Dr. Bernhard – das habe ich mir gleich aufgeschrieben –:

(Dr. Bernhard (CSU): Das ist richtig!)

„Das ist ja bei einer Finanzbeteiligung gar nicht wichtig.“

(Dr. Bernhard (CSU): Das ist regelmäßig nicht der Fall!)

Aber man könnte doch voraussetzen: Wenn jemand Mehrheitsgesellschafter ist, sollte er zumindest etwas davon verstehen

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Frau Abgeordneten Dr. Baumann (SPD))

oder – der kleinste gemeinsame Nenner –, wenigstens einer von den Gesellschaftern sollte etwas vom Bauträgergeschäft verstehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Dr. Bernhard (CSU): Das war die Landesbank!)

Ich zitiere nachher, was die Aufsichtsratsmitglieder gesagt haben. Der Vertreter des Innenministeriums hat auf den Bankenvertreter geschaut und der Bankenvertreter auf den Vertreter des Innenministeriums. So war es um die Kompetenz bestellt.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Schwarzmann sagte weiter: „... weil die Entwicklung gezeigt hat, dass die Belastungen aus diesem Engagement die ureigenen Aufgaben der LfA zunehmend unter Druck bringen.“ Das muss man sich einmal vorstellen: Die LfA, die dazu da ist, Strukturpolitik im Freistaat Bayern zu unterstützen, die für kleine und mittelständische Unternehmen da sein soll, wurde für die

sen Wahnsinn unter Druck gesetzt und sah sich in ihren eigentlichen Aufgaben beschränkt.

Herr Pfeffer sagte dann noch:

lag die Tätigkeit der LWS nicht im Aufgabenbereich der LfA, und eine allzu große Begeisterung hatte dieses Tauschgeschäft auch nicht ausgelöst.“

Kurz gesagt: Die LWS wurde der LfA aufs Auge gedrückt, und außerdem war es nur eine mittelbare Beteiligung, sodass Sie den Bericht, den wir 1996 im Landtag forderten, schlichtweg ablehnten.

Nun zum Aufsichtsrat, denn einer sollte ja etwas von diesem Geschäft verstehen. Aufsichtsratsmitglied Prof. Dr. Gutekunst aus dem Innenministerium, 15 Jahre im Aufsichtsrat der LWS, Zitat aus dem Untersuchungsausschuss:

Ich hatte in Fragen des Gewerbebaus überhaupt keine Erfahrungen und habe im Grundstücksausschuss wie auch teilweise im Aufsichtsrat bei Fragen des Gewerbebaus und beim Erwerb von Grundstücken für Gewerbebau immer auf die Bankenvertreter geschaut.

Der Bankenvertreter, LfA-Vorstandsmitglied Schwarzmann, sagte:

Deswegen haben wir auch die unternehmerische Führung nicht reklamiert, wussten aber, sie ist in guten Händen durch die Vertreter der Gremien der anderen Mitgesellschafter.

Dann sagte Herr Schwarzmann noch:

Das hat dann sofort dazu geführt, dass wir gesagt haben: Nein, so geht das nicht. Das ist eine Laienspielschar.

Damit meinte er die Geschäftsführung der LWS.

(Beifall bei der SPD)

Hintergrund dieser Aussage ist, dass der Sprecher der Geschäftsführung zu ihm gesagt hat: Zahlen interessieren mich nicht; wir wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. –

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wäre nun die Aufgabe der Aufsichtsratsvorsitzenden gewesen, unter anderem dann auch der Herren Dr. Sauter, Dr. Gauweiler – er war auch einmal Aufsichtsratsvorsitzender – und Dr. Herbert Huber, diesem Treiben ein Ende zu machen und auf den Tisch zu hauen. Aber auch sie haben sich über Jahre hinhalten lassen.

Als dann die LfA, die das als sehr bedrohlich eingeschätzt hat, mithilfe eines Headhunters eine für die Geschäftsführung geeignete Person gefunden hatte, wurde die Einstellung von Ihnen, Herr Sauter, verhindert; denn Sie waren gekränkt, weil die LfA ohne Ihr Wissen einen Headhunter beauftragt hat, und haben deshalb

den von der LfA für richtig und notwendig gehaltenen Geschäftsführer hinausgeekelt, also Sie haben dafür gesorgt, dass er seine Stelle nicht antrat.

Ich zitiere hier aus einem Brief, den dieser Bewerber an das LfA-Vorstandsmitglied Schwarzmann geschrieben hat. Er bedankte sich, dass er bei der LfA herzlich aufgenommen worden sei, und schrieb dann weiter:

Nachdenklich stimmt mich allerdings das Verhalten des Herrn Sauter, der offensichtlich mit meiner Person nicht leben kann oder möchte. Anders kann ich mir zum Beispiel nicht erklären, warum er ständig jede Perspektive der LWS wie auch deren Sinn und Zweck überhaupt relativiert bzw. nicht zu sehen vermag, geradeso als wolle er mich demotivieren, dort tätig zu werden.

Hinzu kommt dann noch, dass es der Ministerpräsident abgelehnt hat, dem Geschäftsführer ein Gehalt nach seinen Vorstellungen zu zahlen, denn es war klar, dass man einen Geschäftsführer, der die Aufgabe übernahm, die marode LWS wieder auf Vordermann zu bringen, nicht mit einem mittleren Managementgehalt abspeisen konnte.