Protokoll der Sitzung vom 31.05.2001

Sie sagt: „Warum sollte es nicht möglich sein, in diesem Gremium“ – gemeint ist das Schulforum, – „mitzureden und Beschlüsse zu fassen, die eine bindende Wirkung haben.“ Getan und geändert hat sie jedoch noch nichts, obwohl dafür wirklich nicht viel Geld notwendig wäre.

Stichwort: Anstellung von Lehrkräften. Sie spricht davon, dass die Schulen ihre Lehrkräfte selbst aussuchen und anstellen dürfen. Diesen Vorschlag haben wir bereits vor Jahren eingebracht. Aber der größte Teil der Schulen, die Grund- und Hauptschulen, werden davon ausgenommen.

Stichwort Lehrkräftemangel: Frau Staatsministerin Hohlmeier fährt publikumswirksam nach Österreich, um dort für unsere Schülerinnen und Schüler nach Lehrkräften Ausschau zu halten. Das war es dann aber schon. Ein

Konzept, das die dramatische Situation bei uns entschärfen könnte, kann ich nicht einmal andeutungsweise kennen.

Stichwort Schulleitungen: Uns allen ist klar, dass sich die Aufgaben der Schulleitungen radikal gewandelt haben. Die Schulleitungen sind mit zunehmender finanzieller Verantwortung zu Managerinnen und Managern ihrer Schule geworden.

Das Innovationsbudget für innovative Schulen, das Frau Ministerin Hohlmeier ankündigte, ist übrigens auch eine Forderung der GRÜNEN aus der letzten Legislaturperiode. Allerdings wird dies mit den alten Strukturen mit zum Teil hoher Unterrichtsverpflichtung und mangelnder Unterstützung durch Verwaltungskräfte nicht möglich sein.

Frau Ministerin Hohlmeier redet davon, dass die Führungskompetenz der Schulleitungen immer wichtiger werde. Eine Verwaltungsreform, die dieser neuen Entwicklung Rechnung trägt, sehe ich nicht einmal am Horizont, und das hat Konsequenzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Schulleitung wird von den Aufgaben her immer attraktiver, jedoch von den Rahmenbedingungen her immer unattraktiver. In Oberbayern, wo es kaum noch Bewerbungen für Schulleitungspositionen gibt, kann man die Folgen bereits sehen.

Sträflich vernachlässigt wird von Seiten der Staatsregierung die Frage der Belastung von Lehrkräften. Trotz der Erlanger Studie, die die hohen Belastungen von Lehrkräften und deren gesundheitliche Auswirkungen thematisiert, hält die Staatsregierung am Arbeitszeitkonto unverdrossen fest. Sie bürdet also den Lehrerinnen und Lehrern ein weiteres Päckchen auf. Ich vermisse einen Kommentar der CSU und der Staatsregierung zu dieser Erlanger Studie. Hierüber habe ich weder etwas gehört noch etwas gelesen.

Im Übrigen habe ich bereits in der letzten Legislaturperiode einen Vorschlag gemacht, wie Lehrkräfte, die in der Klasse nicht mehr unterrichten können, trotzdem für die Schulen eine sinnvolle Tätigkeit leisten können. Ich habe damals vorgeschlagen, sie als Koordinatoren oder Koordinatorinnen für die Umwelterziehung einzusetzen. Daneben gibt es sicher noch viele andere Möglichkeiten. Ich lade die CSU herzlich ein, meine Vorschläge aufzugreifen und durch eigene Ideen zu ergänzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir für die Lehrkräfte nichts tun, habe ich die große Befürchtung, die ich an dieser Stelle schon einmal thematisiert habe, dass engagierte Lehrkräfte, die nicht ent-, sondern weiterhin belastet werden, in die innere Emigration getrieben werden. Dies können wir uns aber nicht leisten, wenn wir für unsere Schülerinnen und Schüler eine gute Schule gestalten wollen.

Die SPD hat als Titel für die heutige Aktuelle Stunde „Bayerns Schulen brauchen Hilfe – Handeln statt ankün

digen“ genannt. Ich bin mit dem zweiten Teil des Titels uneingeschränkt einverstanden, mit dem ersten Teil jedoch nicht ganz glücklich, weil ich die Schulen nicht als Hilfeempfänger, sondern als selbstbewusste Organisationen mit selbstbewussten Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern und Eltern sehe. Wir GRÜNEN sagen deshalb: Bayerns Schulen brauchen eine Kultusministerin, die ihnen mehr Rechte gibt. Die Schulen müssen über die Finanzen, über das Personal und über einen Teil der Inhalte eigenständig entscheiden können. Sie müssen im Rahmen ihrer Profilbildung auch entscheiden können, ob sie eine Ganztagsschule werden wollen oder nicht.

Bayerns Schulen brauchen einen Finanzminister, der nach Möglichkeiten sucht, um den Schulen zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Sie brauchen einen Ministerpräsidenten, der nicht nur seinen Hightech-Träumen nachhängt, sondern das Fundament für Hightech, nämlich die Bildung, zur Chefsache erklärt. Bayerns Schulen brauchen eine CSU, die den Mut hat, auch einmal Anträgen der GRÜNEN zuzustimmen, die nicht erst eine Schamfrist abwartet, bis sie die Vorschläge der GRÜNEN als eigene verkauft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner hat Herr Kollege Egleder das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bei der Finanzierung der Bildung sehen Sie von der CSU und wohl auch Sie, Herr Sackmann, Ihre Rolle darin, mit aller Kraft einzusparen. Dies gilt für die Erhöhung der Klassenstärken, für die Mehrbelastungen von Lehrerinnen und Lehrern und vor allem für die Einsparung von Planstellen, die Sie in den letzten Jahren in großem Stil vorgenommen haben.

(Dr. Bernhard (CSU): Dies ist ein Unsinn! Über was reden Sie hier? – Sackmann (CSU): Wo haben wir Planstellen eingespart?)

Ich kann Ihnen dies nachweisen. – Ferner bleibt bei Ihnen ungehört – –

(Zurufe von der CSU)

Sie sind hier auf alle Fälle betroffen, sonst würden Sie sich hier nicht so echauffiert aufführen.

(Unruhe)

Wir sind in der Aktuellen Stunde, da gibt es keine Zwischenfragen.

Erstens haben wir Ihre Vorgehensweise erst vor kurzem erleben müssen. Sie rühmen sich mit der Tatsache, in Bayern die Schulsozialarbeit eingeführt zu haben. Wir haben 1995 die Schulsozialarbeit gefordert. Seitdem sind nur einige Modellversuche entstanden. Sie aber streichen momentan diese Modellversuche und fordern, dass diese Aufgabe die Kommunen voll

und ganz übernehmen müssten, wenn diese erfolgreiche Arbeit weitergeführt werden soll.

(Beifall bei der SPD)

Die Kommunen aber sagen, sie seien gerade bei den Kosten der Bildung schon so hineingedrückt worden, dass sie diese Aufgabe nicht auch noch tragen könnten. Die Schulsozialarbeit ist aber dringend nötig. In Bayern finden landauf landab Veranstaltungen zur Schulsozialarbeit statt. Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter, Eltern und Elternverbände suchen händeringend nach Möglichkeiten, die Schulsozialarbeit zu installieren. Hier ist ein riesiges Betätigungsfeld und eine riesige Herausforderung für die Zukunft, der Sie in keiner Weise nachkommen.

(Sackmann (CSU): Wo sparen wir bei der Schulsozialarbeit ein? Sagen Sie das konkret! – Weitere Zurufe von der CSU)

Sie sparen im Gegenteil weiter ein und wälzen Kosten im Bereich der Bildung und Erziehung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die der Freistaat Bayern zuständig ist, auf die Kommunen ab.

(Zurufe von der CSU)

Sie verschieben auch Kosten in einem Bereich, nämlich dem Schulsport, der sich in Zukunft noch dramatisch auswirken wird. Ich spreche von Kürzungsmaßnahmen bei der dritten und vierten Sportstunde, die sich in Zukunft noch dramatischer auswirken werden.

Geredet wird nur vom Rednerpult aus. Bitte, Herr Egleder.

Ich muss mich bei dieser Unruhe bemühen zu schreien, damit es bei der CSU ankommt.

(Dr. Bernhard (CSU): Sie kommen bei uns nicht an!)

Leider, denn sonst stünde es um den Schulsport besser und wäre Bayern insofern nicht das Schlusslicht in ganz Deutschland. Diese traurige Tatsache müsste unseren Landessportbeirat – Herr Schneider ist gerade nicht im Haus – noch mehr auf die Beine bringen, um die Situation endlich zu verbessern. Sie verschieben bereits jetzt die Kosten in die Zukunft hinein und aus den Kassen des Haushalts des Freistaats Bayern – Sie haben allein beim Sport 900 Planstellen eingespart – in die Sozialkassen des Bundes zu verschieben, weil Sie wissen, dass Sie dafür in absehbarer Zeit nicht mehr zuständig sein werden, woraus später Reha-Maßnahmen für junge Leute, die aus Ihrer Umgebung herausfallen, finanziert werden müssen. Dies ist eine klare Verschiebung der Kosten nicht nur hin zu den Kommunen, sondern auch zum Bund.

Ich bitte Sie dringend, beispielsweise den „Bayernsport“ zu lesen oder zu einer der Veranstaltungen zu gehen, auf der die Misere beim Schulsport beklagt wird oder zu dem eben angesprochenen Landessportbeirat zu gehen und dort die Meinungen und Darstellungen aufzufassen.

Tatsache ist, dass nicht einmal mehr 20% der 13-jährigen Knaben bei uns in Bayern einen Felgaufschwung, eine der einfachsten Aufgaben, hinbekommen. Tatsache ist auch, dass bei den Bundesjugendspielen die Leistungen massiv zurückgehen.

Die körperliche Leistungsfähigkeit und der Gesundheitszustand unserer Kinder verschlechtern sich dramatisch.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abgeordneten Dr. Bernhard (CSU))

Tatsache ist, Herr Kollege, dass sogar schon Schulwanderungen von vielen Kindern als Strapaze empfunden werden, weil sie die Leistungsfähigkeit dafür nicht mehr besitzen. Wir bitten Sie, hier anzusetzen und die Dinge zum Besseren zu wenden.

Das Motto der Staatsregierung und der CSU-Fraktion, zum Beispiel auch heute wieder: zum einen Ohr hinein, und zum anderen Ohr sofort wieder hinaus. Dieses Motto gilt für Sie auch dann, wenn es um die Kostenverlagerungen zu Lasten der Kommunen geht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir stellen dies bei der Schülerbeförderung fest. Von den ehemals 80% des Kostenersatzes für die Kommunen sind maximal noch 55% übriggeblieben. Das sind Millionenbeträge, die die Kommunen Jahr für Jahr aus ihren Haushalten als Ersatz, für Leistungen, die der Freistaat Bayern nicht mehr erbringt, aufbringen müssen. Das gleiche gilt auch für die Mittagsbetreuung und andere Bereiche, in denen es die Kommunen aufgrund ihrer Finanzlage nicht mehr schaffen, für den Freistaat Bayern die Kosten zu übernehmen.

Sie sind deshalb dringend aufgerufen, nicht wie auf dem Basar zu handeln und um die Kosten zu schachern nach dem Motto „I make you a good price“, was hinterher nicht eingehalten werden kann. Als diejenigen in Bayern, die für Bildung und Erziehung Verantwortung tragen, sind auch Sie aufgefordert, hier wieder für Verbesserungen zu sorgen.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Thätter.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf Vorschlag der SPD-Landtagsfraktion lautet das Thema der heutigen Aktuellen Stunde: Bayerns Schulen brauchen Hilfe – Handeln statt Ankündigen.

(Werner Hans Joachim (SPD): Das stimmt!)

Das ist ein gutes Thema für die CSU-Fraktion und die Bildungspolitiker in meiner Fraktion. Man kann manches zurechtrücken, was gerade behauptet wurde. Dieses Thema gibt uns auch Gelegenheit, auf unser Handeln in den letzten beiden Wahlperioden einzugehen. Ich werde versuchen, dieses Handeln anhand der Entwicklung der