Protokoll der Sitzung vom 12.07.2001

Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wörner?

Nein. Ich würde es für richtig halten, dass die Verantwortlichkeiten an der richtigen Stelle gesucht werden. Das halte ich im Interesse einer gemeinsamen Verantwortung für die Werke des Deutschen Ordens in Bayern,

(Widerspruch des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

gerade vor dem Hintergrund der Zukunftsabsicherung der Krankenhäuser für wichtig. Das ist etwas, wofür wir uns, das bayerische Sozialministerium, aber auch die gesamte Staatsregierung, mit aller Kraft einsetzen. Dafür wäre es wichtig, dass Sie in diesem Bereich etwas mehr Verantwortungsgefühl zeigen.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie viele Minister will Stoiber noch verheizen?)

Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Kellner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Staatsministerin Stewens, Sie haben hier heute zum zweiten Mal wieder

holt, bislang sei keine Mark des Freistaates Bayern geflossen, und vonseiten der Staatsregierung könne mit keiner finanziellen Hilfe gerechnet werden. Das hört sich gut an; insofern stimmt es auch, da aus Haushaltstiteln keine direkten Hilfen geleistet werden. Wofür halten Sie sich denn die Staatsbanken, zum Beispiel die Förderbank LfA? Da sieht es ganz anders aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sagen Sie hier nicht: Die LfA kann in ihrem Verantwortungsbereich tun, was sie will.

(Ach (CSU): Im Rahmen des Gesetzes, selbstverständlich!)

Sie kann das im Rahmen des Gesetzes tun. Im Dezember des letzten Jahres galt noch das alte Gesetz. Herr Kollege Ach, in § 6 Absatz 2 des LfA-Gesetzes steht: „Das Staatsministerium der Finanzen kann der Anstalt die Durchführung besonderer Finanzgeschäfte zuweisen“.

Ich habe mir gedacht, ich frage einmal den Herrn Finanzminister, ob er der LfA nach § 6 Absatz 2 des LfA-Gesetzes ein besonderes Finanzgeschäft zugewiesen hat. Ich habe ihn gefragt: „Nachdem die LfA im Dezember des vergangenen Jahres neben den Gläubiger-Banken und der katholischen Kirche an der finanziellen Hilfe für den Deutschen Orden beteiligt wurde, frage ich Sie, ob diese Hilfe der LfA als besonderes Finanzgeschäft nach § 6 Absatz 2 behandelt wurde.“ Darauf antwortet der Herr Finanzminister: „Die Finanzhilfe erfolgte auf der Grundlage des § 6 Absatz 2 des LfA-Gesetzes nach einer Zuweisung als besonderes Finanzgeschäft durch das Finanzministerium.“

(Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist die Wahrheit scheibchenweise!)

So ist das. Dazu müssen Sie auch stehen. Ich freue mich, dass Sie, Herr Kollege Dr. Bernhard, mir beigesprungen sind. In Zukunft müssen diese Anweisungen in jedem Fall schriftlich erfolgen. Jetzt haben wir es schwarz auf Weiß.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Staatsministerin Stewens, der Freistaat Bayern hat durch seine hundertprozentige Tochter LfA Finanzhilfen gewährt. Soweit ich weiß, stehen hier 10 Millionen DM an Finanzhilfen im Raum. Sie sollten darauf drängen, dass der Haushaltsausschuss in nichtöffentlicher Sitzung darüber informiert wird, was in diesem Sanierungsgutachten steht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte keine Pleite erleben, weil das Geld nicht zurückgezahlt wird, weil der Deutsche Orden nicht sanierungsfähig ist. Das ist zu den Finanzhilfen des Freistaates Bayern zu sagen.

Herr Kollege Pschierer, Sie haben mir heute gefallen. Sie haben im Brustton der Überzeugung die Staatsregierung verteidigt. War das die Wiedergutmachung für Ihre sehr kritischen Worte, die am 19. Juni 2001 in der „Augsburger Allgemeinen“ zu lesen waren? Ich habe mir gedacht: Nicht schlecht, Herr Pschierer.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ausnahmsweise!)

Darin steht: „Der Mindelheimer Landtagsabgeordnete Franz Pschierer bittet in einem Brief Sozialministerin Stewens, nicht für die Sanierung des finanziell angeschlagenen Sozialkonzernes einzutreten.“

(Beifall des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Pschierer, Sie müssten eigentlich heute unserem Antrag zustimmen.

(Pschierer (CSU): Das mache ich auch!)

„Stattdessen müssen für die vom Deutschen Orden betriebenen Krankenhäuser in Buchloe und in Dillingen schnell neue Träger gefunden werden.“

Richtig, Herr Pschierer. Frau Sozialministerin Stewens, ich lasse mich hier nicht damit abspeisen, dass Sie sagen: Das geht nicht so einfach. Ich bin immer davon ausgegangen, dass im Freistaat Bayern Krankenhausträger nur Organisationen mit hervorragendem Leumund sein dürfen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Jetzt haben wir hier mit dem Deutschen Orden einen Träger, der wirklich einen schlechten Ruf hat.

(Ach (CSU): Das ist sehr kleinäugig, Frau Kollegin!)

Sie sagen: Dem Deutschen Orden kann man die Trägerschaft nicht entziehen. Das kann doch wohl nicht sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Jedem Gastwirt, jedem Kneipenbesitzer wird die Konzession für die Kneipe entzogen, wenn sein Ruf schlecht ist.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Nein, so ist es. Sie können uns nicht weismachen, dass ein Träger, der in dem Ruf steht, dass er seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann und dass die Dräger-Werke oder entsprechende Unternehmen kein Narkosegas mehr liefern, weil Rechnungen nicht bezahlt werden, gefördert wird. So einem Krankenhaus muss die Trägerschaft entzogen werden, und zwar sofort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das gebietet die Fürsorge gegenüber den Patienten. Selbstverständlich muss auch sichergestellt werden,

dass die Krankenhäuser nahtlos weiter betrieben werden können. Die Erfüllung des Sicherstellungsauftrages muss gewährleistet sein.

Herr Staatsminister Huber, Sie passen heute genau auf, dass Ihrem Herrn in der Staatskanzlei nichts passiert. Er ist heute schon wieder blass. Die Luft da drüben in der Staatskanzlei scheint ihm nicht gut zu bekommen.

(Herrmann (CSU): Mehr Farbe als Sie hat er allemal!)

Herr Huber, gelegentlich sagen Sie Sprüche auf, die ich gerne auf die Mitglieder der Staatsregierung übertrage. Herr Huber sagte letztes Jahr auf einer Verbandsversammlung: Politiker dürfen sich nicht hinter ihrer Verwaltung verstecken.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Herr Staatsminister, das gilt natürlich auch in besonderem Maße für den Herrn Ministerpräsidenten, der für diese Taten, für die er selbst verantwortlich ist, im Landtag einstehen muss.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Er darf sich nicht über Monate hinweg davor drücken, hier zum Deutschen Orden Stellung zu nehmen. Er hat diese Sache dem Freistaat Bayern eingebrockt, und er muss hier Rede und Antwort stehen. Er kann nicht ständig Mitglieder seines Kabinetts vorschicken, die sich dieser Erbschaft, die sie zum Teil übernehmen mussten, nicht mehr erwehren können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Strasser.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Staatsministerin hat heute von uns schon sehr viel Widerspruch erfahren. Frau Staatsministerin, bei einer Passage muss ich Ihnen allerdings Recht geben. Sie haben heute vor diesem Hohen Haus erklärt: Die Bayerische Staatsregierung wird sich in das Sanierungskonzept nicht einmischen; insofern haben Sie Recht. Aber Sie sind zu spät dran. Als Mitglied des Bayerischen Landtags hätten Sie Ihrem obersten Boss viel früher sagen müssen, sich nicht einzumischen; dies ist das Entscheidende. Mit dem Brief vom 19. 01. 1998 hat sich der Ministerpräsident in Verwaltungsvorgänge eingemischt, weswegen er auch die Verantwortung hierfür trägt. Er schrieb damals: „Ich möchte Dich, lieber Hans“ – gemeint ist Zehetmair – „deshalb vor diesem Hintergrund bitten“ – dass es dem Deutschen Orden sehr gut geht –, „den Antrag des Deutschen Ordens, der in den nächsten Wochen Deinem Haus vorgelegt wird, positiv zu beurteilen.“ Der Ministerpräsident hat sich eingemischt und trägt deshalb mit der Staatsregierung die volle Verantwortung.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kollegen von der CSU, Ihre Ausführungen zur Verantwortung finde ich rührend. Herr Pschierer fordert hier sogar, wir, die Sozialdemokraten und die Opposition, sollten zurückhaltend sein. Die CSU, die Staatsregierung und die Minister tragen für diese Situation die Verantwortung. Herr Kollege Pschierer, ich habe hier einmal gesagt: Am 11. August 2000 hat die SPD-Landtagsfraktion die Bayerische Staatsregierung, den Ministerpräsidenten persönlich und Frau Staatsministerin Stamm auf das Geschäftsgebaren des Deutschen Ordens aufmerksam gemacht. Staatssekretär Georg Schmid hat damals draußen in Dillingen erklärt, es sei unmöglich, wie sich hier der Deutsche Orden gebare und was er mache. Er hat dies angeprangert, aber in Wirklichkeit ist nichts getan worden. Es kann nicht so sein, dass die Kollegen der CSU hierher kommen und uns mahnen, zurückhaltend zu sein, und draußen vor Ort sammelt die CSUKreistagsfraktion in Dillingen Unterschriften gegen den Deutschen Orden. So geht es nicht. Was Sie anprangern, machen Sie seit Wochen und Monaten. Die CSU macht vor Ort Kampagnen gegen den Deutschen Orden, und die Junge Union sammelt Unterschriften. Dann kommen Sie hierher und mahnen die Opposition, zurückhaltend zu sein. Das ist frech. Machen Sie das, was Sie draußen fordern, nämlich die Trägerschaft zu wechseln, dann tun Sie wirklich etwas.