Protokoll der Sitzung vom 10.10.2001

In weiteren Bereichen – und darüber haben Sie hier überhaupt nicht gesprochen – läuft man in die falsche Richtung, zudem mit einem rechtlich mangelhaften Instrumentarium, was zu den vorgelegten Übergangsregelungen für die Erhebung von Zweitstudiengebühren führt. Allein, der falsche Kurs wird dadurch nicht korrigiert.

Insofern ist in unseren Augen die heutige Gesetzesvorlage ein Eingeständnis vorhandener Defizite, leider ohne allzu große Chance auf eine nachhaltige Defizitbehebung.

Es ist bei dieser Ersten Lesung noch nicht der Ort einer definitiven Positionierung und nicht die Zeit für eine detaillierte Auseinandersetzung mit den vorliegenden

Vorschlägen. Ich kündige deshalb für meine Fraktion noch kein abschließendes Votum an, erwarten wir doch eine intensive und differenzierte Auseinandersetzung in der Ausschussberatung.

Gestatten Sie mir aber, meine Kolleginnen und Kollegen, einige zielführende Fragen aufzuwerfen, die sich nach der Lektüre des Gesetzentwurfs geradezu aufdrängen. Ich beginne mit der Weiterbildungsproblematik. Ist man beim intensiven Durchforsten des kürzlich vorgelegten Hochschulentwicklungsplans schon erstaunt, dass der Weiterbildung als wichtige Hochschulaufgabe neben Lehre, Studium und Forschung gerade 3 von 240 Textseiten zugebilligt werden, dann verwundert es noch mehr, dass der klaren Aufgabenbeschreibung im Entwicklungsplan jetzt ein allzu dürftiger Ansatz zur Problemlösung gegenübergestellt wird.

Erstens die weitgehende Reduzierung einer hauptamtlich zu leistenden universitären Verpflichtung auf ein vergütetes Nebenamt und zweitens der eingeschränkte Blick allein auf die Finanzautonomie der Hochschulen durch die Möglichkeit der Einnahmeerhöhung.

Nirgendwo, Herr Dr. Wilhelm, wird die Frage gestellt, inwieweit die universitäre Infrastruktur und Personalausstattung die Hochschulen überhaupt in die Lage versetzen, nachfrageadäquat und marktkonform Weiterbildung anzubieten. Weiterhin: Indem die Ausnahme von der Regel, nämlich die nebenamtlich geleistete Weiterbildung im Mittelpunkt steht, verschwindet die hauptamtlich zu leistende Verpflichtung aus dem Blickwinkel des Parlaments, ganz zu schweigen, dass die Fokussierung auf das finanzielle Interesse an der Weiterbildung die gesellschaftliche Aufgabe universitärer Qualifizierung vorrangig monetären Überlegungen unterordnet.

Wir fragen uns, ob Ihnen beim Verfassen dieses Gesetzentwurfs angesichts der Erfordernisse lebenslangen Lernens, angesichts von Individualisierung und Internationalisierung von Studienbiografien bei der Weiterbildung nicht mehr einfällt als die betriebswirtschaftliche Gewinnorientierung. Um richtig verstanden zu werden: Wir gönnen den Hochschulen diese Einnahmequelle, aber wir fragen uns, ob es genügt, wenn man sich viel zu wenig um die Marktzugangschancen der Universitäten kümmert, wenn man es verabsäumt, in einem diskursiven Verfahren über die Weiterbildungsziele die Gefahr einer Unterordnung von demokratisch-emanzipatorischer Bildung unter ein allzu enges Marktgeflecht zu thematisieren. Die SPD wird eigene Initiativen mit dem Ziel vorbereiten, strukturell und auch regional hilfreiche Ansätze zu entwickeln, die umfassender als all diese Vorlagen sind.

Ich komme noch ganz kurz zum zweiten Bereich, zum Hochschulzugang über Eignungsfeststellung. Nach den Verlautbarungen der CSU befürchten wir, Herr Dr. Wilhelm, dass einem Paradigmenwechsel das Wort geredet wird, nämlich dass das Abitur seine Bedeutung als verlässliche Hochschulreife verlieren soll. Dies verschleiert in unseren Augen die wahren Gründe für Mängel im Studium und im Studienerfolg, nämlich die Arbeits- und Betreuungssituation an den Hochschulen. Der CSU-Entwurf zielt lediglich darauf ab, die beklagenswerte Mängelverwaltung bei hoch frequentierten Studienfächern

neu zu sortieren. Dadurch wird nichts besser, und was schlecht ist, bleibt. Wo sind überprüfbare Kriterien für die Auswahl, die besser sind als zwei Jahre Kollegstufe? Was sagen Sie zu Befürchtungen, die sich in den Stichworten kommerzielle Paukstudios für Studienanwärter, Bürokratieaufwand bei bestehendem Personalmangel und Bewerbungstourismus widerspiegeln? Wie steht es um die verfassungsmäßige Garantie von Berufs- und Ausbildungsfreiheit und um die Ideen von Gerechtigkeit und Chancengleichheit für die Studierenden? All das sind Fragen, die wir ausführlich erörtern müssen.

Wir wollen von der Staatsregierung weiter Informationen über die Situation mit der bis jetzt vorhandenen Experimentierklausel haben. Ich will damit schließen. Über die Studiengebühren – Sie kennen unsere Position – können wir noch intensiv miteinander reden. Ich denke, der Beratungsstoff wird uns nicht ausgehen.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat Frau Kollegin Münzel das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Im Gesetzentwurf der CSU werden Veränderungen vorgeschlagen, die sich auf die Weiterbildung, die Kooperation mit der Wirtschaft, die Eignungsfeststellung von Studierenden und die Zweitstudiengebühren beziehen.

Zum ersten. Weiterbildung ist für uns GRÜNE ein sehr wichtiges Thema. Wir sind der festen Überzeugung, dass Bildung eine Grundvoraussetzung für demokratische Teilhabe ist und dass die Weiterbildung zur vierten Säule im Bildungssystem gemacht werden muss. Die im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Maßnahmen können unserer Einschätzung nach die Bemühungen um eine Stärkung der Weiterbildung unterstützen. Was den Vorschlag zur Erleichterung von Nebentätigkeiten für Teilzeitprofessoren und Teilzeitprofessorinnen anbelangt, so entspricht dieser unserer Forderung, die Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft zu verbessern und außeruniversitäre Finanzierungsmöglichkeiten für Professoren und Professorinnen zu fördern.

Die Modellversuche zur Eignungsfeststellung für Studierende werden im Gesetzentwurf damit begründet, dass die Hochschulen beklagen, Studienbewerber und Studienbewerberinnen hätten falsche Vorstellungen von den Anforderungen des gewünschten Studienfachs, und sie hätten nicht die für das Studium des betreffenden Faches notwendigen Fähigkeiten. Das sind zwei ganz unterschiedliche Ursachen für das Abbrechen von Studien, die nicht durch die gleiche Maßnahme behoben werden können. Dem ersten Problem, den falschen Vorstellungen, muss ganz anders begegnet werden als dem zweiten Problem der notwendigen Fähigkeiten. Falschen Vorstellungen muss man zum Beispiel durch eine gute Beratung entgegenwirken, und zwar schon in den Gymnasien. Diese können nicht mit einer Eignungsfeststellung korrigiert werden.

Zum zweiten, zu den Studiengebühren. Wir haben uns wiederholt prinzipiell gegen Zweitstudiengebühren ausgesprochen. Wir haben bereits vor der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass keine ausreichende Übergangsregelung vorgelegen hat, in einem Dringlichkeitsantrag vom Januar 1999 auf diese Problematik hingewiesen. Bereits damals forderten wir, dass Studierende, die bereits im Wintersemester 1998/1999 eingeschrieben waren, von den Gebühren für das Zweitstudium ausgenommen werden. Ein weiteres Beispiel für die Weitsicht der GRÜNEN.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies gilt natürlich insbesondere für die Weitsicht des Kollegen Dürr.

(Dr. Wilhelm (CSU): Unbestritten!)

Hast Du gehört, „unbestritten“ hat Herr Dr. Wilhelm gesagt.

Insgesamt ist von unserer Seite aus zu sagen, dass der Gesetzentwurf ein Sammelsurium von Vorschlägen enthält. Manchen Vorschlägen können wir uneingeschränkt zustimmen, andere dagegen sehen wir problematisch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster hat Herr Kollege Dr. Spaenle das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Bayerischen Hochschulgesetzes setzt in zwei Bereichen nachhaltige Akzente, die unser Hochschulwesen für die Herausforderungen der kommenden Jahre stärken und weiterentwickeln sollen. Ich darf zunächst den Punkt der Gebühren für Zweitstudien aufgreifen. Die Effizienz dieses Vorschlages hat die Richtigkeit erwiesen. Es geht um eine entsprechende Nachbesserung. Ich glaube, wir sind gut beraten, dies auf den Weg zu bringen.

Die Frage der Weiterbildung stellt für die Hochschulen eine enorme Herausforderung dar. In weiten Bereichen wird außeruniversitär zum Teil mit dem selben Personal und zum Teil mit erheblichem Aufwand Weiterbildung betrieben. Wir wollen diese Chancen und Möglichkeiten an die Hochschulen binden, in die Hochschulen hineinbringen, um hier – deshalb ist die Zuspitzung auf die materielle Seite eine viel zu kurz gegriffene Sichtweise – die wirtschaftlichen Ressourcen, die in diesem Bereich zur Verfügung stehen, mit den enormen Möglichkeiten, die die Hochschulen in diesem Bereich entfalten können, zu verbinden, um die Ressourcen zu verbessern und das Potential unserer Hochschulen auszuschöpfen und an der Hochschule selbst zur Geltung zu bringen.

Die Frage der Eignungsfeststellung ist nach unserem Dafürhalten eine zentrale Frage der Fortentwicklung unserer Hochschulen. Wir haben Studienabbrecherzahlen – die Kollegin hat sie genannt –, die unter anderem damit zu tun haben, dass die Studierenden oft zu spät

merken, dass sie einen Studiengang gewählt haben, der für sie nicht der letztlich geeignete und für einen erfolgreichen Berufsweg ausgerichtete Studiengang ist. Wir wollen nicht mit irgendwelchen diffusen Tests oder Auswahlkriterien und sozialen Verhinderungsgründen, sondern mit einem ausdifferenzierten Bewertungskatalog, in dem das Abitur ein Übergewicht haben soll, die Studienchancen unserer Studierenden verbessern. Wir sind der Meinung, dass wir mit diesem Angebot, das eine entsprechende Begrenzung und eine entsprechende Experimentierphase beinhaltet, den Hochschulen ein Instrument an die Hand geben, das letztlich zu einer besseren Qualifizierung unserer Studierenden führen wird.

Ich bin guter Hoffnung, insbesondere nach dem, was Herr Kollege Vogel angemerkt hat, dass wir im intensiven Dialog im entsprechenden Fachausschuss über weite Teile des vorgelegten Gesetzentwurfes zu übereinstimmenden Meinungen kommen können.

(Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist damit geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 3 g

Gesetzentwurf der Staatsregierung

über den Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik in der öffentlichen Verwaltung (IuK-Ge- setz – IuKG) (Drucksache 14/7483)

Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird von Seiten der Staatsregierung nicht begründet. Zur Aussprache hat sich auch niemand gemeldet. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist dann so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 3 h

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Bayerischen Immissionsschutzgesetzes (Drucksache 14/7484)

Erste Lesung –

Dieser Gesetzentwurf wird nicht begründet. Auf eine Aussprache wird ebenfalls verzichtet. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen.

Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Es ist so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 3 i

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Bayerischen Mediengesetzes (Drucksache 14/7485)

Erste Lesung –

Dieser Gesetzentwurf wird von der Staatsregierung begründet. Ich erteile Herrn Staatsminister Huber das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bayern hat eine sehr bunte, kreative und gute Rundfunklandschaft. Neben den öffentlich-rechtlichen und den nationalen Fernsehanbietern gibt es eine sehr breite lokale Anbieterschar. Wir haben mehr als 50 lokale Hörfunkanbieter und etwa 20 lokale Fernsehanbieter, die ihr Programm zum Teil im RTL-Fenster darstellen. Der Spitzenreiter, „TV Augsburg aktuell“, hat einen Marktanteil von 26,9%. Beim Kabel ist „TV Oberfranken“ mit 20,1% Marktanteil Spitzenreiter.