Ich habe mir nicht alles angehört, was ich da manchmal sage. Aber an meinem 60. Geburtstag hat mir der Kollege Henning Kaul drei oder vier verschiedene Bände über Zwischenrufe usw. geschenkt. Meine vier Kinder haben das zum Anlass genommen, eine Woche später je einen Band zu nehmen. Sie sind teilweise vor Lachen und Kopfschütteln nicht mehr zu Rande gekommen.
Ich will Ihnen also nur sagen: Erledigt! Ich weiß, wie das ist, aber viele von Ihnen sagen – ich weiß nicht, ob sie es ernst meinen –, ich soll so weitermachen, weil das belebt.
Gut, also machen wir so weiter. Dem einen gefällt es, den anderen ärgert es. Mir gefällt es immer. Und aus diesem Grunde sage ich: Obwohl mich der Dürr vorhin ein bisschen provoziert hat, stimmen wir dem Antrag der GRÜNEN zu.
Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Eine komplexe Anlage, wie sie Atomkraftwerke wohl sind, innerhalb kürzester Zeit zu begutachten, wie es das Unternehmen tun musste, das vom Ministerium beauftragt worden ist, führt natürlich zu heftigen Diskussionen; denn zumindest Insider, die die Anlagen kennen, wissen, dass man so etwas in so kurzer Zeit nicht sauber leisten kann. Deswegen, Herr Umweltminister, müssen Sie sich nicht wundern, wenn Zweifel am Gutachter auftauchen und wenn diese Zweifel auch noch dadurch verstärkt werden, dass man Ungereimtheiten auf den Internetseiten der Firma entdeckt, Ungereimtheiten hinsichtlich des Entstehens dieser Firma, Ungereimtheiten hinsichtlich der finanziellen Verhältnisse dieser Firma. Wenn man dann auch noch merkt, was Ihnen offensichtlich entgangen ist, dass zumindest einer der Besitzer Tscheche ist, möglicherweise auch für Temelin gearbeitet hat, und diese Gutachten mit verfasst, dann werden natürlich diese Zweifel immer lauter.
Wenn Sie, Herr Hofmann, jetzt sagen, auch Sie wollten alles zur Herstellung von Klarheit und Transparenz tun, müssten Sie doch solche Zweifel mittragen. Man hört das ja auch ein bisschen heraus, wenn man genau zuhört. Auch Sie haben gewisse Zweifel.
Wenn man dann so locker sagt, dass bestimmte Energieerzeuger nur noch mit 1% an diesem beteiligt seien, dann weiß doch jeder aus der Erfahrung des Lebens, dass das nicht eine Frage von Prozenten der Beteiligung ist, sondern letztlich eine Frage der Beteiligung überhaupt. 1% kann manchmal schlimmer sein als 50%, wenn es richtig eingesetzt wird.
Sie, Herr Minister Schnappauf, dürften angesichts des Atomkraftwerkes Isar I, dieses Pannenreaktors, eigentlich gar nicht schlafen können. Panne über Panne. Sie selbst haben heute Vormittag gesagt, dass es in einem Jahr 900 Sicherheitsüberprüfungen gegeben habe. Das haben Sie heute Vormittag selbst gesagt. Ich weiß nicht, ob Ihnen das nur rausgerutscht ist oder ob es den Tatsachen entspricht.
Natürlich, wenn eine Überprüfungskommission eingesetzt wird und 900 Mal im Jahr tagt, muss doch etwas nicht stimmen, es sei denn, Sie haben alle Rundgänge, selbst die des Nachtwächters, noch mitgezählt und zur Sicherheit hinzugerechnet.
Peinlich wird es allerdings dann – und das ist höchst interessant – wenn Sie auf meine mündliche Anfrage hin zugeben müssen, dass Sie als Verantwortlicher für die Überwachung dieser Anlagen nicht sagen können, wie viel Sicherheitspersonal im Kraftwerk selbst in den Schichten in den letzten Jahren abgebaut bzw. aufgestockt wurde. Wenn man als überwachende Behörde so etwas nicht weiß, dann ist das in meinen Augen ein erheblicher, fast nicht zu verantwortender Mangel. Wie wollen Sie wissen, was in so einem Kraftwerk vor sich geht, wenn Sie nicht einmal über die personellen Zuständigkeiten und Verhältnisse Bescheid wissen?
Ich denke, Herr Minister, man sollte sich, wenn man Gutachten anfordert, unter diesen Gegebenheiten – 17 Schnellabschaltungen innerhalb der letzten Jahre, 62 Störmeldungen, 14 Meldungen alleine zu diesem bayerischen Pannenreaktor – und auch um dem ewigen Streit um den richtigen Gutachter aus dem Wege zu gehen, überlegen, ob man nicht ein Dreiergremium einsetzt, das aus einem Vertreter des TÜV, meinetwegen aus einem Beamten Ihres Hauses und aus jemandem besteht, den man von außen, vom Ökoinstitut beispielsweise, hinzunimmt. Dann würde dieser unselige Streit aufhören, von dem auch ich zugegebenermaßen manchmal überfordert bin – ich denke, das sind wir in solchen technischen Fragen alle –, und wir würden wirklich das praktizieren, was notwendig ist: Sicherheit für die bayerische Bevölkerung.
Wir stimmen also dem Antrag der GRÜNEN zu, geben allerdings zu Protokoll, dass wir uns vorbehalten, ein
Ach ja. Der Kollege Hofmann hat vergessen zu sagen, dass er zu dem ersten Antrag der GRÜNEN namentliche Abstimmung beantragen will. Dies sei hiermit nachgeholt.
Staatsminister Dr. Schnappauf (Umweltministerium) :Herr Präsident, Hohes Haus, werte Kolleginnen und Kollegen! Da ist sichtlich versucht worden, noch einmal starken Tobak in die Runde zu streuen und dieses Thema mit den Dringlichkeitsanträgen erneut in das Plenum zu tragen.
Lassen Sie mich, wie ich das auch schon im Umweltausschuss des Landtages und im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages getan habe, zu dem Vorgang, der in Rede steht, zunächst noch einmal einige ganz grundsätzliche Anmerkungen und dann auch einige konkrete Anmerkungen im Detail machen.
Eines hat auch schon Kollege Hofmann in den Mittelpunkt seiner Ausführungen gestellt: Gerade weil wir in Bayern grundsätzlich ja zur friedlichen Nutzung der Kernenergie sagen, geht Sicherheit über alles. In Sicherheitsfragen gibt es null Toleranz.
Ich habe in dem Bericht an den Deutschen Bundestag und auch in dem Bericht an den Landtag aufgelistet – das hat Kollege Wörner eben aufgegriffen –, dass alleine im Jahr 2000 im Kernkraftwerk Isar I circa 960 aufsichtliche Begehungen stattfanden, davon 880 durch den TÜV, 35 durch das Landesamt für Umweltschutz und 55 durch das Ministerium. Wenn dann Kollege Wörner in seinem Redebeitrag sofort aus den aufsichtlichen Begehungen „Sicherheitsüberprüfungen“ macht, merkt man, wie hier mit dem Wort unsauber, ja geradezu schludrig umgegangen wird. Aus jeder sachlichen Information wird mit sehr viel Emotion und mit sehr viel
Fähigkeit zur Veränderung des sachlichen Textes sofort ein Szenario gebaut, so wie es zu Ihrer ideologischen Brille passt.
Ich will deshalb noch einmal ganz eindeutig sagen: Auch wenn wir noch so viele Begehungen machen und gemacht haben, die Verantwortung für die Sicherheit ist und bleibt beim Betreiber, und der Betreiber haftet dafür, dass die Sicherheitsanforderungen erfüllt werden. Wir kontrollieren das, und zwar sehr engmaschig.
Lassen Sie mich nun noch einmal ganz kurz zu dem Vorgang als solchem kommen. Was ist denn passiert? Wir haben ein anonymes Schreiben erhalten, aber dies nicht einmal direkt. Ich habe das im Umweltausschuss dargelegt und will Ihnen das im Plenum gerne noch einmal en detail schildern. Das Schreiben ging an den TÜV Süddeutschland und in Kopie an das Bundesumweltministerium. Frau Paulig, das Bundesumweltministerium hat an dem Tag des Eingangs, am 8. Oktober, nicht reagiert. Wir, die wir das mittelbar vom TÜV weitergeleitet bekommen haben, haben noch am 8. Oktober, also am gleichen Tag, die Staatsanwaltschaft Landshut eingeschaltet.
Wir haben alle anderen informiert: den Bund, die Öffentlichkeit, Sie. Das Bundesumweltministerium hat nicht einmal am 9. Oktober, sondern erst am 10. Oktober, also drei Tage später, reagiert. Frau Paulig, ich habe das Gefühl, dass Sie mit Ihren Aussagen hier auch davon ablenken wollen, dass Sie der bayerischen Aufsicht nichts, aber auch gar nichts anhaben können.
Ganz im Gegenteil stelle ich fest, dass die Aufsichtsbehörde im Freistaat Bayern präzise und schnell gehandelt hat, um die Sicherheit einzufordern.
Das ist aufgrund anonymer Hinweise geschehen. Obwohl es nur anonyme Hinweise waren, haben wir selbst die Staatsanwaltschaft eingeschaltet und uns entschieden, einen Gutachter zu beauftragen, der bislang in diesem Vorgang nicht tätig war. Wir wollten keinen nationalen, sondern einen international tätigen Gutachter. Das ist geschehen, und, verehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist mit Zustimmung – und zwar mit vorheriger Zustimmung – des Bundesumweltministeriums geschehen. Jetzt kommen Sie daher und sagen: Ja, aber der Gutachter ist nicht unabhängig. Sie sagen dies, obwohl sich das Unternehmen Colenco zu 90% im Eigentum der leitenden Angestellten dieses Unternehmens befindet, obwohl eine Minderheitsbeteiligung von umgerechnet 1% von Energiewirtschaftsunternehmen besteht, ohne dass es eine Stimmrechtsbindung gibt, und obwohl das Bundesumweltministerium dem zugestimmt hat.
Wenn ich das alles auf mich wirken lasse, dann muss ich sagen: Frau Paulig, dies sind Vorwürfe, die an den Haaren herbeigezogen sind, und zwar ganz offensichtlich, weil Sie in der Sache keinen Anlass zur Kritik haben.
Ich stimme dem Kollegen Hofmann zu, dass überhaupt kein Problem besteht, Ihnen das Gutachten, das die Firma Colenco gefertigt hat, zur Einsicht zu geben. Schauen Sie es sich an. Machen Sie sich selbst ein Bild davon. Die Unterlagen sind ohnehin dem Bundesumweltministerium komplett zur Verfügung gestellt worden. Es gibt nichts zu verbergen. Diesen Kurs, dass wir absolute Offenheit und Transparenz zeigen, werde ich weiter fahren, um damit auch deutlich zu machen: In Sachen Sicherheit gab es nichts zu verstecken und wird es auch in Zukunft nichts zu verstecken geben. Denn über die Sicherheit geht in Bayern nichts.
Frau Kollegin Paulig und auch Herr Kollege Wörner, wenn Sie dann sagen, wir bräuchten eigentlich ein Sechs-Augen-Prinzip: Die Vor-Ort-Untersuchungen sind von der Firma Colenco gemacht worden, und zwar im Beisein des Vertreters der Aufsichtsbehörde und unter Überprüfung der Dinge, die der TÜV zuvor als Gutachter festgestellt hatte. Damit haben Sie dieses Prinzip der drei unterschiedlich Handelnden. Diese sind der damals eingeschaltete Gutachter TÜV Süddeutschland, der neu eingeschaltete Gutachter, nämlich die international tätige Firma Colenco, und die Aufsichtsbehörde, die sich ad personam durch den leitenden Aufsichtsbeamten überzeugt hat.
Kollege Hofmann hat zu Recht gesagt: Wir sind übereingekommen, dass wir dieses Thema im Umweltausschuss am 6. Dezember gerne en detail weiter behandeln. Ich habe auch damals dem Vorsitzenden des Umweltausschusses, dem Kollegen Henning Kaul, und den Sprechern der Fraktionen im Umweltausschuss sofort Informationen gegeben. Frau Paulig, ich habe Sie durch Übersendung des 19 Seiten umfassenden Berichts, den ich im Umweltausschuss des Bundestages gegeben habe, unverzüglich 1 : 1 in Kenntnis gesetzt. Wir werden, wie gesagt, am 6. Dezember im Umweltausschuss weiter berichten.
Es ist also umfassend überprüft, es ist umfassend berichtet, es besteht völlige Transparenz dieses Vorgangs. Wenn Sie, Frau Paulig und Herr Wörner, versuchen, das heute hochzuziehen, muss ich Ihnen schon den Vorwurf machen, dass ich den Eindruck habe, dass speziell Sie, Frau Paulig, von dem Eiertanz ablenken wollen, den die GRÜNEN im Moment in Berlin machen.