Protokoll der Sitzung vom 14.11.2001

Sie sind der Meinung, dass sich nach einem Jahr etwas getan haben müsste. Herr Kollege Kaiser, Sie wissen, dass sehr sehr viel geschehen ist. Es ist aber wie bei der deutschen Einheit, die man auch nicht an einem Tag vollziehen kann. Mit einem Orden, der 300 Millionen DM und mehr Schulden hat, kann es nicht schnell vorangehen. Die Schritte habe ich aufgezählt. Gerne kann ich sie wiederholen, obwohl ich das eigentlich leid bin. Schon in der Schule wollte ich keine Klasse wiederholen und habe das auch nicht getan. Ich wiederhole das aber für Sie.

Das war zunächst die Abhilfe bei der Zahlungsunfähigkeit.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine zweite Zwischenfrage?

Nein, ich möchte zunächst die Wiederholung bringen, Frau Präsidentin, sonst fragt er sie noch einmal ab.

Es war die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit, also Geldbeschaffung, die Auswechslung des Priors, die Auswechslung des Geschäftsführers, die Einsetzung eines Sanierers durch die Banken, die Einsetzung von Visitatoren vom Vatikan, die die Arbeit aufnahmen, es wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben – dazu wurden mehrere Gutachter angefragt und ausgewählt; man hat sich für KPMG entschieden. Die Banken wollten wissen,

wo sie beteiligt sind und welches Gutachten für sie gut oder schlecht aussieht. Das Gutachten-Ergebnis war ganz in unserem Sinne, es sollen nämlich Krankenhäuser ausgegliedert werden. Danach kam die Klage der Franziskanerinnen zwecks Veräußerungsverbot. Über all diese Schritte muss nun verhandelt werden.

Herr Kollege Kaiser, ich kann nur eines anführen. Der Landrat und der Oberbürgermeister, der Ihrer Partei angehört, haben mit mir vor einigen Wochen das Krankenhaus Dillingen besucht. Wir konnten mit den Betroffenen sprechen. Die Frage war, ob jegliche Lösung akzeptiert werden solle oder ob anderes wichtiger wäre. Dazu sollten sich die Betroffenen äußern.

(Strasser (SPD): Das ist doch falsch!)

Herr Kollege Strasser, Sie waren nicht dabei. Die Antwort ist nicht falsch. Ich zitiere nur. Dies kann der Oberbürgermeister bestätigen.

Die Antwort war, die Angelegenheit möglichst gut zu lösen, wobei einige Wochen hin oder her keine Rolle spielten. Vielmehr müsse die Lösung richtig sein. Dies ist geäußert worden und kann bestätigt werden. Von jemand, der nicht anwesend war, muss ich mir nicht sagen lassen, dass dies falsch wäre.

(Strasser (SPD): Selbstverständlich darf ich das sagen, denn das ist eine falsche Taktik gewesen!)

Herr Kollege Winter, ich finde es respektvoll, dass Sie sich den Fragen stellen. Ich habe eine abschließende Frage.

Herr Kollege Winter, wie können Sie es als Abgeordneter des Bayerischen Landtags damit vereinbaren, Ihren Kreisverband in der Presse öffentlich zu unterstützen, der die Rückgabe des Krankenhauses Dillingen gefordert hat, vom Vatikan die Auflösung des Deutschen Ordens verlangen und im Bayerischen Landtag den Antrag der GRÜNEN, nämlich Nichtigkeitserklärung der Körperschaftseigenschaft, ablehnen. Wie können Sie das miteinander vereinbaren?

Herr Kollege Kaiser, ich stehe voll hinter der Resolution des CSU-Kreisverbands. Ich bin für die Rückgabe der Häuser. Aus meiner Sicht – –

(Dr. Kaiser (SPD): Die Auflösung!)

Immer der Reihe nach. Eines nach dem anderen.

Ich bin für die Rückgabe. Die kommunale Ebene hat jetzt erstmals die Chance, die Häuser in ihre Verantwortung zu bekommen. Um der Legendenbildung vorzubeugen muss man sagen, dass diese Chance bisher nicht bestanden hat. 1997 haben die Franziskanerinnen weder den Landrat noch den Oberbürgermeister gefragt, ob diese Interesse hätten. Sie haben sie auch nicht informiert, sondern sie haben ihre Häuser an eine GmbH in Frankfurt abgegeben. Deswegen sehe ich im Landkreis Dillingen erstmals die Chance, in dem drei Krankenhäu

ser die Versorgungsaufgaben wahrnehmen, eine einheitliche Trägerschaft zu bekommen.

In der Resolution haben wir zu Recht beklagt, dass die Vorgänge und Zustände im Deutschen Orden nicht okay seien und der Vatikan gefordert sei einzugreifen. Manche von Ihnen haben gemeint, dass dies Abwälzung der Verantwortung sei. Das Einsetzen der Visitatoren bestätigt, dass der Vatikan für die Ordensgemeinschaften zuständig ist. Erst seitdem diese ernannt sind, kann gehandelt werden. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Strasser.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst muss ich einige Äußerungen schärfstens zurückweisen, Frau Ministerin. Sie haben von diesem Rednerpult aus gesagt, dass wir Unruhe stiften wollten und es nicht in unserem Interesse liege, das Krankenhaus zu halten. Damit liegen Sie falsch, und das ist eine ganz unverschämte Äußerung, Frau Ministerin.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss Ihnen sagen: Die Bayerische Staatsregierung hat noch geruht und geschlafen, als die SPD-Fraktion sie am 11. August darauf aufmerksam gemacht hat. In der Folgezeit hat die Bayerische Staatsregierung noch nichts getan. Uns geht es, und uns ging es immer um den Erhalt der Krankenhäuser, um die Arbeitsplätze und eine ordentliche medizinische Versorgung in der Region Buchloe und Dillingen.

Ich möchte Ihnen noch ein Zweites sagen. Sie stehen hier und sagen, man könne rechtlich nichts machen, es sei äußerst schwierig und Sie seien nicht zuständig. Als Mitglied des LWS-Untersuchungsausschusses kenne ich dies. Sie sind nirgends zuständig. Ministerpräsident Stoiber ist nie zuständig, bei der LWS war er nicht zuständig, bei den Dorfhelferinnen war er nicht zuständig, und beim Deutschen Orden ist er nicht zuständig. Das ist Ihre Methode, aber die werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

Ein Drittes möchte ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen. Frau Ministerin, Sie kennen doch die Zusammenhänge. Es wird ein Pflegesatz bezahlt. Sie wissen doch, wie oft Träger zu Ihnen kommen und wie schwierig es ist, Pflegesatzverhandlungen zu führen. Im Pflegesatz sind die Personalkosten eingerechnet. Es sind auch die Weihnachtsgelder eingerechnet. Überlegen Sie sich einmal, was hier geschehen ist. Die Pflegesätze, in denen das Weihnachtsgeld eingerechnet ist, sind gezahlt worden, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Handwerksbetriebe haben das bezahlt. Jetzt geschieht etwas, was Sie sofort zur Tätigkeit zwingen müsste. Obwohl das alles gezahlt worden ist, bekommen die Betroffenen, denen das Weihnachtsgeld zusteht, nichts.

(Dr. Zimmermann (CSU): Das wird nachträglich gezahlt!)

Da haben Sie wenig Ahnung, muss ich sagen, Herr Dr. Zimmermann.

Die Frau Ministerin hat es bestätigt. Und wenn so etwas geschieht, dann müssten Sie sofort handeln, denn es handelt sich im Grunde genommen um Betrug. Wenn Weihnachtsgeld gezahlt worden ist, aber die Beschäftigten es nicht erhalten, dann ist das Betrug, weil etwas fehlgeleitet worden ist. Wenn Sie das nicht wissen, dann sage ich Ihnen, wie das gelaufen ist.

Lieber Kollege Georg Winter, es ist doch klar, wie sich die Beschäftigten entscheiden, wenn sie vor die Alternative gestellt werden, auf das Weihnachtsgeld zu verzichten oder ganz ohne Arbeit zu sein, weil das Krankenhaus dicht gemacht wird. Das ist doch der falsche Ansatz. Man muss doch sehen, dass hier eine Betrugshandlung vorliegt. Weil betrogen worden ist, müssen Sie sofort tätig werden, und das Ministerium muss dem Deutschen Orden die Trägerschaft entziehen.

Frau Hohlmeier wird nachher erklären, dass alles richtig gemacht worden und die Körperschaft des öffentlichen Rechts genau überprüft worden sei. Wir stehen nach wie vor zu unserer Aussage, dass nicht gründlich überprüft worden ist. Es war der größte Fehler, dem Deutschen Orden in der Euphorie damals die Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen. Das hätte man nicht machen dürfen. Auf dieser Basis ist alles andere entstanden.

Herr Kollege Winter, Sie haben die Banken angesprochen. Genau da liegt das Problem. Bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sind die Banken großzügig. Wenn die Angelegenheit gründlich überprüft worden wäre, dann hätte man das nicht machen dürfen.

Ich sage Ihnen auch, warum das gemacht worden ist. Der Ministerpräsident war in einer unwahrscheinlichen Euphorie. Am liebsten hätte er dem Deutschen Orden in Augsburg noch eine private Universität zugeschlagen. Die Verantwortung für diese Entwicklung haben der Ministerpräsident und die Bayerische Staatsregierung.

Was hätte man getan, wenn dies bei einer anderen Organisation geschehen wäre? – Ich habe schon einmal hier das Beispiel eines großen Turnverbandes genannt, wo Ähnliches geschehen ist. In dem Fall hat man sofort die Gemeinnützigkeit entzogen.

Hier aber haben wir die Situation, dass das Weihnachtsgeld in den Pflegesätzen enthalten ist. Wenn die Beschäftigten das Weihnachtsgeld erst im Februar erhalten, dann ist das Betrug, und dann müssen Sie sofort tätig werden. Das tun Sie nicht, und deshalb sind Sie mit verantwortlich.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Zimmer- mann (CSU))

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Staatsministerin Hohlmeier.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf auf einige Argumente eingehen, die hier ausgesprochen worden sind und die nach meinem Dafürhalten richtig gestellt werden müssen, weil sie entweder rechtliche Fehlbehauptungen darstellen oder insgesamt Propaganda enthalten, die schlicht und einfach mit den Tatsachen nichts zu tun hat.

Als Erstes stelle ich fest, Herr Landtagsabgeordneter Dr. Kaiser, dass der Deutsche Orden bei der Antragstellung nicht 18 Mitglieder gehabt hat, wie Sie, Herr Dr. Kaiser, behauptet haben, sondern 27 Mitglieder. Es liegt uns eine Liste mit 27 vor, und Sie haben offenkundig von den 27 die lebenslangen Oblaten abgezogen.

(Dr. Kaiser (SPD): Die gibt es nicht mehr!)

Diejenigen, die lebenslange Oblaten sind, dürfen es bleiben, Herr Dr. Kaiser, nur neue gibt es nicht mehr. Das wurde beschlossen. Aber die anderen existieren noch, sie leben noch, und sie gehören dazu. Ich kann sie nicht einfach streichen, weil sie Ihnen nicht in den Kontext passen.

(Dr. Kaiser (SPD): Das Kapitel hat das aufgehoben. Sie sind schlecht informiert!)

Aber es hat die Menschen nicht aufgehoben. Das muss man einfach feststellen. Dass man das in der Zukunft nicht mehr tun will, ist eine andere Frage. Was in der Vergangenheit bereits beschlossen worden ist, gibt es schlicht und einfach, ob es Ihnen gefällt oder nicht.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Sie haben auch Novizen und ähnliches nicht mitgezählt. Das bedeutet, dass die Zahl von 27 Mitgliedern ordnungsgemäß vorgelegt wurde. Ob es 18 oder 27 Mitglieder sind, hatte auch nichts mit der Entscheidungsgrundlage zu tun. Wir haben auf die Mündliche Anfrage von Ihnen und den GRÜNEN umfassend geantwortet und dargelegt, welche Rechtsgrundlagen – zum Beispiel Angaben des Deutschen Ordens – dazu geführt haben. Die Entscheidungsgrundlage, auf der die Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen worden ist, beruhte nicht auf der Frage, ob es 18 oder 27 Mitglieder sind. Darum ist dies eine Diskussion um Kaisers Bart.

(Dr. Kaiser (SPD): Ich habe doch gar keinen!)

Sie haben behauptet, dass verschiedene Argumente des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung zur Konkursfähigkeit von Kirchen auf den Deutschen Orden nicht passen. Das ist richtig. Natürlich passen einige Argumente dieses Urteils nicht, weil sich das Urteil insgesamt auch mit anderen Fragestellungen auseinander gesetzt hat. Aber, Herr Dr. Kaiser, Sie hätten etwas lesen müssen, was so deutlich drin steht, dass es für keinen überlesbar ist. Das Bundesverfassungsgericht

hat ausdrücklich in seinen Leitsätzen festgestellt, dass Kirchen und ihre Organisationen, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, von Verfassungs wegen konkursunfähig sind. Dies gilt schlicht und einfach und ist nicht über den Haufen zu werfen, selbst wenn manche andere Dinge, die in der Urteilsbegründung und anderen Bereichen stehen, sich mit anderen Fragestellungen als der, mit der wir es zu tun haben, auseinander setzen. Dieses Urteil ist so eindeutig, dass es eindeutiger nicht mehr geht. Es muss angewendet werden und hat für uns Gültigkeit.

Die GRÜNEN haben die Nichtigkeitserklärung in Bezug auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts verlangt. Ich stelle hiermit nochmals fest, dass die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale für die Nichtigkeitserklärung nicht erfüllt sind. Ich bin keine Juristin, habe mir aber mittlerweile, nachdem das Ganze monatelang verhandelt wird, erklären lassen, was zum Beispiel das Wort „offenkundig“ im Bereich der Juristerei bedeutet.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Dr. Kaiser?

Ich werde das erst einmal erklären, anschließend können Sie gerne Ihre Frage stellen.