Protokoll der Sitzung vom 12.12.2001

Bei den Wasser- und Abwasseranlagen konnten, wie das Umweltministerium mitteilte, die Wartezeiten so weit verkürzt werden, dass es bereits in diesem Jahr möglich war, alle baureif anstehenden Vorhaben in den neuen Förderprogrammen 2001 zu berücksichtigen. Eine zeitnahe Förderung ist damit gesichert. Auch beim Hochbau haben wir praktisch eine bauzeitkongruente Finanzierung erreicht. Sie sollten einmal ins Land hinausfahren und mit den Kämmerern sprechen, nicht nur mit den Parteifreunden. Ich bitte Sie herzlich darum, dann endlich einmal zu versuchen, die angeblichen Milliarden-Lücken zwischen Bewilligung und Auszahlung zu finden und Ihre immer wieder behauptete Zahl von 3 Milliarden Euro endlich zu belegen. Solange Sie Ihre Behauptung nicht belegen, sage ich, Sie sagen nicht die Wahrheit.

(Beifall bei der CSU)

Bei den Beratungen zum Nachtragshaushalt 2002 haben wir vonseiten der CSU-Fraktion gezielt verschiedene politische Akzente gesetzt. Trotz der äußerst schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen war es möglich, durch Umschichtung vorhandener Haushaltsansätze gezielte Schwerpunkte zu realisieren. Exemplarisch möchte ich auf folgende Bereiche hinweisen:

Erstens. In den nächsten beiden Jahren werden je 5 Millionen Euro staatliche Mittel zusätzlich in den Bau priva

ter Förderschulen fließen. Angesichts der Haushaltsansätze für den Privatschulbau, die sich seit Mitte der Neunzigerjahre mehr als verdoppelt haben, stehen damit in 2002 41,7 Millionen Euro für Baumaßnahmen an privaten Förderschulen zur Verfügung. Wir erbringen damit kurzfristig einen beachtlichen Beitrag zur Verbesserung der Finanzierung in diesem Bereich. Das ist ein deutliches Zeichen der Solidarität des Staates gegenüber kirchlichen und caritativen Trägern von Förderschulen.

Zweitens. Die Titelgruppe mit den Ansätzen für die Jugendarbeit, die bereits im Entwurf der Staatsregierung um rund 405000 Euro aufgestockt wurde, konnte vonseiten der Fraktion um zusätzliche rund 360000 Euro erhöht werden, Herr Kollege Sibler. Auch dies ist angesichts der schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen ein deutliches Zeichen für den Stellenwert, den die Jugendarbeit und damit die junge Generation für uns haben. Frau Kellner, ich kenne Ihr Argument, das Sie bei der ersten Rede gebracht haben und wiederholen werden. Ihr Argument wird aber durch das ständige Wiederholen nicht besser. Fakt ist, dass wir damit diese notwendigen zusätzlichen Mittel zumindest in gleicher Höhe ausgeglichen haben, sodass sie finanziell nicht schlechter gestellt sind.

Drittens. Herr Kollege Dinglreiter, zur Stärkung des für Bayern eminent wichtigen Fremdenverkehrs haben wir zwei spürbare Verbesserungen vorgenommen. Zum einen wurde die Flexibilität im Rahmen der einschlägigen Haushaltsansätze durch einen gegenseitigen Deckungsvermerk erhöht. Zum anderen konnten die Ansätze zur Förderung des Fremdenverkehrs um 2,5 Millionen Euro auf knapp 9,8 Millionen Euro aufgestockt werden. Herr Präsident Traublinger, damit unterstützen wir unseren heimischen Tourismusbereich und insgesamt den Mittelstand.

(Beifall bei der CSU)

Viertens. Der Ansatz zur Förderung der Landvolkshochschulen konnte um rund 100000 auf 1,3 Millionen Euro angehoben werden. Damit wird die wichtige Arbeit, die Landvolkshochschulen als nichtstaatliche Aus- und Weiterbildungseinrichtungen leisten, gewürdigt und stärker gefördert.

Fünftens. Um im Rahmen der Gesundheitsinitiative Bayern das Konzept eines ernährungsmedizinischen Netzwerks realisieren zu können, wurden die einschlägigen Ansätze um eine Million Euro erhöht. Aufbauend auf die Gesichtspunkte der Prävention wird damit als Ziel eine weitere Steigerung der Lebensqualität in Bayern verfolgt.

Sechstens. Gerade in einem Flächenstaat wie Bayern müssen die infrastrukturellen Voraussetzungen für Mobilität und Flexibilität, wie sie auch die Wirtschaft benötigt, erhalten und ausgebaut werden. Deshalb haben wir die aus den Privatisierungserlösen für den bayernweiten Staatsstraßenbau vorgesehenen Mittel von 30 Millionen Euro nicht für die drei Jahre von 2002 bis 2004, wie von der Staatsregierung vorgeschlagen, sondern bereits für die Jahre 2002 und 2003 veranschlagt. Dadurch kom

men gerade bei der derzeitigen konjunkturellen Lage und der Situation auf dem Arbeitsmarkt die Mittel schneller zum Einsatz.

Herr Kollege Dr. Wilhelm, ich möchte siebtens auf die Verbesserungen bei den bayerischen Hochschulen und im Bereich des Entschädigungsfonds, bei letzterem auf die Verbesserung hinweisen, dass wir im Haushalt 2002 den Ansatz gemeinsam mit den Kommunen um über 2,5 Millionen Euro aufstocken. Damit lösen wir ein Investitionsvolumen in neun- bis zehnfacher Höhe aus. Dies ist in der jetzigen Zeit der richtige Weg in die richtige Richtung.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass unsere Prioritätensetzungen ausnahmslos gegenfinanziert sind und dass wir mit diesem Nachtragshaushalt den richtigen Kurs halten. Wir lassen uns durch Ihre Einwendungen, durch die Irrlichter und Leucht- oder besser Strohfeuer der Opposition nicht von unserem Weg abbringen. Hohe Investitionen und der Einsatz neuer Mittel in den politischen Schlüsselfeldern sind der Maßstab. Dabei werden wir unser Ziel der haushaltspolitischen Konsolidierung nicht aus den Augen verlieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich mit einem Dank schließen. Ich bedanke mich bei dem Staatsminister der Finanzen und seinen Mitarbeitern in der Haushaltsabteilung für die gute und zuverlässige Arbeit bei der gewiss nicht leichten Haushaltsaufstellung. Mein Dank gilt in besonderer Weise den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen im Haushaltsausschuss. Dank der konzentrierten und sachorientierten Zusammenarbeit war es möglich, den Nachtragshaushalt intensiv und trotzdem zügig zu beraten. Auch wenn in der politischen Wertung große Unterschiede bestehen, fanden auch diese Haushaltsberatungen in einer konstruktiven und guten Atmosphäre statt. Die CSUFraktion wird dem vorliegenden Entwurf zum Nachtragshaushalt, dem Haushaltsgesetz und dem geänderten Finanzausgleichsgesetz zustimmen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ach. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir bei der Schlussabstimmung über die beiden Gesetze namentlich abstimmen werden, wie dies die Geschäftsordnung vorsieht. Die CSU-Fraktion hat das angeregt.

Wir fahren in der Aussprache fort. Als nächster hat Kollege Strasser das Wort. – Ich weise noch einmal darauf hin: 30 Minuten je Fraktion sind vereinbart.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich finde es schon mutig, lieber Kollege Manfred Ach, sich an dieses Rednerpult zu stellen, uns zu belehren, uns zu sagen, was wir anders machen sollen, uns vorzuwerfen, dass wir ins Volle gehen. Ich bitte Sie, in Zukunft darauf zu verzichten.

(Zuruf von der CSU)

Ich finde das deshalb mutig, weil Sie es waren – die CSU war es, der CSU-Landesvorsitzende war es, der jetzige CSU-Finanzminister und damalige Staatssekretär war es –, die uns auf Bundesebene eine Erblast von 1,5 Billionen DM Schulden hinterlassen haben. Deshalb steht es Ihnen nicht zu, uns zu belehren.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie stellen sich heute hierher und reden über Arbeitslosigkeit. Meine Güte! Was haben Sie denn gemacht? Sie haben doch über Jahre hinweg zugesehen, wie über 5 Millionen Menschen in dieser Republik keine Arbeit hatten, und haben nichts getan.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ach (CSU): Was haben Sie denn gemacht, Herr Kollege?)

Lieber Herr Kollege Ach und lieber Herr Finanzminister, auch Sie waren es, die ein Konzept für eine Steuerreform vorgelegt haben. Darum ist es Humbug, wenn Sie uns nun über Schulden belehren. Sie waren es doch, die im Januar 2000 eine Steuerreform vorgelegt haben, die im Freistaat Bayern zu etwa 2,4 Milliarden DM mehr Schulden geführt hätte. Das müssen Sie den Bürgerinnen und Bürgern sagen, anstatt uns zu belehren. Darauf können wir verzichten!

(Beifall bei der SPD)

Sie sprechen von dem, was alles gemacht worden ist. Lieber Herr Kollege Ach, ich werde, wenn ich auf die Finanzierung zu sprechen komme, näher hierauf eingehen. Wir erleben es Tag für Tag: Draußen bei Einweihungen und in Grußworten sind es Ihre Kollegen von der CSU, die, ohne einen Scheck mitzubringen, von der Bundesregierung fordern, dass für die Bundesstraßen noch zwei Milliarden mehr zur Verfügung gestellt werden müssen. Das sind doch Sie und nicht wir, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Ach (CSU): Das fordern Sie doch gemeinsam mit uns!)

Wenn wir von Familienpolitik reden, ist es das Gleiche. Auch der Ministerpräsident geht hinaus, zeigt auf, was man für die Familien tun solle, und fordert, die Bundesregierung müsse noch mehr Milliarden zur Verfügung stellen, ohne dass er sagt, woher das Geld genommen werden soll. Das ist ein Faktum. Seien Sie deshalb ein bisschen vorsichtiger, meine Damen und Herren.

(Beifall der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD))

Die CSU-Fraktion und die Bayerische Staatsregierung haben mit diesem Nachtragshaushalt weder die Bildungsmisere noch die Probleme der inneren Sicherheit und – ich sage es ganz bewusst so – schon gar nicht die K-Frage in Bayern, nämlich die Frage der Kommunalfinanzen, gelöst. Denn die Kommunalfinanzen – K wie „kommunal“ – sind in Bayern nach wie vor desolat und problematisch. Was diese Kommunalfinanzen anbetrifft,

trägt die Bayerische Staatsregierung gemeinsam mit der CSU die Verantwortung und nicht die Bundesregierung. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Ein Nachtragshaushalt dient dazu, notwendige politische Korrekturen am laufenden Doppelhaushalt vorzunehmen und damit Fehlentwicklungen zu korrigieren und neue Schwerpunkte zu setzen. Genau das haben CSU und Bayerische Staatsregierung in der Bildungspolitik, in der Kommunalpolitik und in der Sicherheitspolitik nicht getan. Sie beschränken sich auf vielversprechende Überschriften und fügen gelegentlich eine Fußnote hinzu. Sie haben im Grunde genommen eine unglaubliche Fähigkeit, als Verpackungskünstler aufzutreten, aber in Wirklichkeit die Probleme nicht anzupacken und zu lösen.

Beispiel Bildungspolitik. Es gibt auch in Bayern Probleme in der Bildungspolitik. Wir haben sie gestern hier erörtert. Unsere stellvertretende Fraktionsvorsitzende Radermacher hat ausführlich hierzu Stellung genommen. Die CSU bietet keine richtigen Korrekturen an. Im Gegenteil. Sie wälzt die Aufgaben nur auf die Kommunen ab, sei es bei Ganztagsbetreuung, der EDV-Systembetreuung oder der Schulsozialarbeit. Interessanterweise fordern die Politiker der CSU draußen vom Freistaat Bayern immer wieder eine stärkere Beteiligung, was die Schulsozialarbeit anbetrifft, während sie hier im Landtag ganz anders stimmen.

Ein weiteres Beispiel ist die Kommunalpolitik. Wir vertreten die Auffassung, dass das Konnexitätsprinzip endlich eingehalten werden muss: Wer anschafft, muss auch zahlen. Das ist der Grundsatz. Wenn die Bayerische Staatsregierung im Hinblick auf die Systembetreuer, auf die Schulsozialarbeit und auf die Ganztagsbetreuung anschafft, dann hat die Bayerische Staatsregierung dies auch zu bezahlen.

(Beifall bei der SPD)

Aber das Stoiber-Kabinett verfährt anders. Sie geben immer wieder tolle Lokalrunden aus, lassen sich feiern, und anschließend schicken sie den Bürgermeistern die Rechnung. Das ist Abzockerei. Das ist nicht in Ordnung. Das ist auch kein ordentliches Verhältnis zu den Kommunen.

Beispiel Nummer 3: innere Sicherheit. Die CSU bietet zwar in ihrer Rhetorik unwahrscheinlich viel an, hat aber in Wirklichkeit kein tragfähiges politisches Konzept. Sie wollen im nächsten Jahr sage und schreibe 100 Planstellen für Polizisten schaffen. Bei 71 Landkreisen kann man sich vorstellen, was auf den einzelnen Landkreis entfällt. 20 Polizisten haben Sie Herrn Schill versprochen und verhelfen ihm so zu einem politischen Erfolg. Damit – das sollte ernst genommen werden – päppeln Sie einen Rechtspopulisten auf und ärgern, wie auch in der K-Frage, Ihre Schwesterpartei, die CDU. Sie schaden damit der politischen Kultur im Lande und vor allem der inneren Sicherheit in Bayern.

(Beifall der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD))

Wir, federführend Thomas Jung und Peter Paul Gantzer, haben unsere Vorstellungen über Jahre hinweg kund getan, unsere Anträge eingebracht und aufgezeigt, was man im Bereich der inneren Sicherheit tun muss: mehr Planstellen, bessere Beförderungsmöglichkeiten, Änderung der Sollstärkenberechnung. Alle diese Anträge haben Sie abgelehnt. Für die Defizite bei der inneren Sicherheit ist also nicht die SPD verantwortlich, dafür tragen vielmehr alleine die Bayerische Staatsregierung und die CSU die Verantwortung, weil sie unsere Initiativen stets abgelehnt haben.

(Beifall bei der SPD)

Wer mehr innere Sicherheit in Bayern haben will, braucht auch mehr Polizisten. Und wer morgen mehr Polizisten in Bayern haben will, muss heute mehr Polizisten ausbilden. Das ist ein einfacher Grundsatz. Sie wollen im nächsten Jahr zunächst 30 zusätzliche Anwärter einstellen und im September weitere 70 zusätzliche Anwärter. Wir halten dies für viel zu wenig.

Meine Damen und Herren, in Ihren Pakten, auf denen „Sicherheitskonzept“ steht, ist noch lange keine Sicherheit enthalten. Die Partei, die wirklich an der inneren Sicherheit gearbeitet hat, die Partei, die für Gesetz und Ordnung steht, ist nicht die CSU, sondern die SPD.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Für die innere Sicherheit – das sollten Sie endlich auch zur Kenntnis nehmen – steht zuerst unser Bundesinnenminister Otto Schily und nicht Günther Beckstein.

(Beifall bei der SPD – Ach (CSU): Seit wann?)

Wenn Sie über Finanzierung reden – Herr Kollege Ach, dazu ist einiges gesagt worden –, dann sollten Sie auch einmal sagen, w i e Sie finanzieren – ich gehe nachher vielleicht noch näher darauf ein –: Jemand stellt sich hierher und sagt: Wir machen einen Kraftakt. Staatssekretär Freller hat vorhin wieder von einem Kraftakt gesprochen. Wir haben es im Frühjahr erlebt: Kraftakt: 600 Millionen DM für unsere Bauern.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Papier!)

Sie gebrauchen immer das Wort „Kraftakt“, aber hinter diesem Wort steht nicht viel. Bei unseren Bauern ist nichts von diesem „Kraftakt“ angekommen. Wie haben Sie den Kraftakt finanziert? Sie finanzieren jetzt den Kraftakt für die Polizeistellen, indem Sie dem Verbraucherministerium wieder etwas weg nehmen. So kann es nicht sein. Sie flattern im Grunde wie ein Schmetterling von einer Blüte zur anderen. Überall nehmen Sie ein bisschen Nektar mit, saugen ein bisschen heraus. So kann man zwar Honig produzieren, aber bestimmt keine innere Sicherheit, meine sehr geehrte Damen und Herren.

Nun zur Bildungspolitik: Beispiel Nummer zwei. Die Chance, hier wirklich eine Weichenstellung vorzunehmen, ist vertan worden. Auch die Universitäten, die Geld angespart haben, weil sie ganzheitlich und längerfristig planen wollen, müssen – wie meine Kollegin Frau Dr. Dorle Baumann gesagt hat – jetzt trotzdem auf Geld verzichten.