Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

che 14/8290 wird in den Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik verwiesen.

Der Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Kobler, Dr. Zimmermann u.a. und Fraktion (CSU) betreffend „Stabilisierung der Beitragssätze in der Gesetzlichen Krankenversicherung“ auf Drucksache 14/8254 wird in den Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik verwiesen.

Ich möchte eine Bitte des Stenografischen Dienstes weitergeben. Die Niederschriften der heutigen Sitzung sind nicht mehr bis zum Sitzungsende fertig zu stellen. Deshalb können sie auch den Rednern im Plenarsaal nicht mehr zugestellt werden. Aus diesem Grunde bitten die Stenografen, von den am Rednerpult aufliegenden gelben Formularen Gebrauch zu machen, falls Sie die Niederschrift an eine Adresse außerhalb des Hauses zur Korrektur übermittelt haben wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir noch einige Worte. An Weihnachten im Jahr 1961, also vor 40 Jahren, sprach Konrad Adenauer folgende bedenkenswerte Worte:

Wir leben in einer Epoche des Übergangs. Zeiten des Übergangs brauchen nicht Zeiten des Niedergangs zu sein. Damit das nicht der Fall ist, muss man sich darüber klar werden, was das Wesentliche unserer Epoche ist, was die Zeit von uns verlangt.

Der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland bezog sich seinerzeit vor allem auf die gespannte politische Situation im geteilten Deutschland rund drei Monate nach dem Mauerbau.

Heute stehen wir zwar vor ganz anderen Problemen, die es aber ebenfalls erforderlich machen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich nenne nur die veränderten Wettbewerbsbedingungen auf dem globalen Markt, die Sicherung unserer Sozialsysteme, die Reduzierung der Arbeitslosigkeit oder den Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Diesen und anderen Herausforderungen zu begegnen: dem muss unser ganzer Einsatz gelten, damit im Sinne Konrad Adenauers die Phase des Übergangs nicht in eine Phase des Niedergangs mündet.

Im Bayerischen Landtag haben wir uns in diesem Jahr ebenfalls besonderen Herausforderungen gestellt. Aus der breiten Palette parlamentarischer Themen möchte ich nur wenige Schwerpunkte herausgreifen: das Thema BSE, Gesundheit und Verbraucherschutz, die Errichtung eines neuen Staatsministeriums, die Bildungspolitik, die Verabschiedung der Stimmkreisreform sowie Beratung und Beschluss des Nachtragshaushalts 2002, der vor allem in den Bereichen Kinderbetreuung, Schulen sowie Förderung der ostbayerischen Grenzregionen im Rahmen der EU-Osterweiterung Akzente setzt.

Einen weiteren Schwerpunkt in den parlamentarischen Beratungen nahm das Thema innere Sicherheit ein. Die terroristischen Anschläge vom 11. September haben bei uns allen eine große Nachdenklichkeit erzeugt. Sie

machten uns einmal mehr bewusst, dass die Welt seit dem Ende des Kalten Krieges eher noch unberechenbarer geworden ist. Die Grenzen zwischen äußerer und innerer Sicherheit haben sich verwischt. „Es wird immer Menschen geben, die hassen und töten, selbst wenn alle Ungerechtigkeiten beseitigt sind.“

Diese Worte des UN-Generalsekretärs und diesjährigen Friedensnobelpreisträgers Kofi Annan haben sich auch heute wieder bestätigt. Wie man im Internet nachlesen kann, hat auf das Parlament in Neu Delhi ein Terrorangriff stattgefunden, bei dem zehn oder gar zwölf Menschen tödlich verletzt worden sind.

Die Verhältnisse fordern uns zu mehr Wachsamkeit, zu mehr Gemeinsamkeit und mehr Verantwortung auf, um dem Bösen den Nährboden zu entziehen. Ferner rufen die Ereignisse vom 11. September in Erinnerung, was vielleicht schon zu selbstverständlich geworden ist, nämlich dass unser Überleben von funktionierenden staatlichen Einrichtungen abhängig ist. Das gilt für die unmittelbare Bewältigung von Katastrophenfällen ebenso wie für Schutzmaßnahmen gegenüber Anschlägen. Ich möchte die Gelegenheit heute nutzen und den Sicherheitsorganen, der Polizei, dem Katastrophenschutz, den Hilfsorganisationen und unseren Soldaten den Dank des Hohen Hauses dafür aussprechen, dass sie Leib und Leben schützen, ein spannungsfreies Zusammenleben ermöglichen und die Voraussetzungen für den inneren und äußeren Frieden gewährleisten.

(Allgemeiner Beifall)

Daran anschließend möchte ich noch einige weitere Worte des Dankes sagen. Ich danke zunächst allen Mitgliedern des Hohen Hauses für Ihre Arbeit und Ihren Einsatz in den Arbeitskreisen, den Ausschüssen, den Enquete-Kommissionen, im Plenum sowie in den Stimm- und Wahlkreisen.

Mein Dank richtet sich ebenso an den Herrn Ministerpräsidenten und die Mitglieder seines Kabinetts für die gute Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament.

Bedanken möchte ich mich bei Frau Vizepräsidentin Riess und bei Herrn Vizepräsidenten Dr. Ritzer für ihre gewissenhafte Amtsführung und ebenso bei den Damen und Herren des Präsidiums für die vertrauensvolle und kollegiale Zusammenarbeit in diesem Jahr.

Dank sage ich den Mitgliedern des Ältestenrates, den Vorständen der Fraktionen, den Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Ausschüsse und Enquete-Kommissionen sowie den Berichterstattern und Mitberichterstattern.

Besonders danken möchte ich auch den Bediensteten des Landtagsamtes,

(Allgemeiner Beifall)

den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen sowie den Landtagsbeauftragten der Ressorts.

Im Namen des Hohen Hauses und auch persönlich danke ich den Damen und Herren von Presse, Rundfunk und Fernsehen für die Berichterstattung und Kommentierung aus dem Bayerischen Landtag.

Den Beamten der Polizei gilt mein Dank für die zuverlässige Ausübung ihrer Pflichten und ihre stete Präsenz. Künftig werden noch mehr Belastungen auf sie zukommen. Besonders die verschärften Sicherheitskontrollen stellen für sie – wie auch für unsere Pförtner und Offizianten – eine zusätzliche Arbeit dar, die viel Einfühlungsvermögen und Verantwortung erfordert. Auf die Sicherheitskontrollen kann man aber nicht verzichten, wie der Vorfall aus Indien wieder gezeigt hat.

Jetzt bitte ich Herrn Kollegen Güller um sein Wort.

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich dem Dank des Herrn Präsidenten anschließen und den Offizianten, dem Direktor, den Referatsleiterinnen und -leitern, den Sekretärinnen und Sekretären, dem Stenografischen Dienst, den Garderobenfrauen, den Pförtnern, der Polizei, den Reinemachefrauen, ob im Hause beschäftigt oder bei Fremdfirmen – wobei ich hoffe, dass dies zu anständigen sozialen Konditionen geschieht –, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gastronomie, der Poststelle, den Fraktionsmitarbeitern, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abgeordnetenbüros, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ministerien und natürlich auch der Presse, die unsere Arbeit auch 2001 kritisch und fair begleitet hat, recht herzlich danken.

(Allgemeiner Beifall)

Ich danke also all jenen, die dazu beigetragen haben, dass wir Abgeordnete, ob wir zur Regierungsfraktion oder zur Opposition gehören, unsere Arbeit im Hause wie gewohnt – ich betone: wie gewohnt – machen konnten.

Aber wenn wir heute auf das abgelaufene Parlamentsjahr zurückblicken, müssen wir, so glaube ich, auch selbstkritisch erkennen, dass es uns nicht immer gelungen ist, das umzusetzen, was schon in den Weihnachtswünschen der vergangenen Jahre ein Thema war. Ich nenne als Stichwort: Selbstbewusstsein, Selbstbewusstsein dieses Parlaments gegenüber dem Bund, gegenüber Europa, gegenüber dem Bundestag und dem Europäischen Parlament.

Wir sind das Parlament des Freistaates Bayern für die Bürgerinnen und Bürger des Freistaates Bayern. Ich meine, dass wir hier zu oft Schlachten schlagen, die bereits im Bundestag und in anderen Parlamenten geschlagen wurden, Schlachten, die in allen Presseorganen bereits breit diskutiert wurden. Ich glaube, wir tun uns, unserer Arbeit und auch unserem Bild in der Öffentlichkeit damit keinen Gefallen.

Bezüglich der Abgrenzung unserer Arbeit, die sich teilweise hier in München im Landtag – im Plenum, den Ausschüssen und den Arbeitskreisen – abspielt, aber

selbstverständlich auch in unseren Stimm- und Wahlkreisen, haben wir gegenüber den Menschen zu wenig Selbstbewusstsein gezeigt, auch einmal Nein zu sagen und deutlich zu machen, dass die Arbeit hier in München vielleicht wichtiger ist, als das dritte Grußwort zu sprechen.

Wir müssen klarmachen, dass unsere Arbeit zum einen darin besteht, Meinungen vor Ort aufzunehmen, aber auch unsere Positionen den Menschen nahe zu bringen, dass aber unser Hauptarbeitsplatz München ist.

(Allgemeiner Beifall)

Es ist oft nicht möglich, während der Sitzungen quer durch das Land zu reisen und Termine wahrzunehmen. Ich glaube, wenn wir das eine oder andere Mal gemeinsam sagen, dass wir wichtige Termine im Plenum oder in den Ausschüssen in München haben, dann steigt unsere Achtung in der Bevölkerung mehr, als wenn wir sagen, wir könnten alles ermöglichen und zu jedem Fest und Termin kommen.

(Allgemeiner Beifall)

Ein weiteres Stichwort zum Selbstbewusstsein. Ich glaube nach wie vor, dass wir viel zu selbstverständlich akzeptieren, dass die Mitglieder der Staatsregierung nicht komplett bei Plenarsitzungen anwesend sind.

Wenn ich mir diese Punkte vor Augen führe, dann schließt sich für mich der Kreis zu einer Diskussion, die wir in diesem Jahr auch geführt haben, nämlich zu der Diskussion über den neuen Plenarsaal. Viele architektonisch anspruchsvolle Pläne wurden mit hochtrabenden Begründungen versehen. Es wurde diskutiert über die „Transparenz des Parlaments durch Glas“, über den „Plenarsaal als Krone der Demokratie“, die man diesem Gebäude aufsetzen sollte, und über die Frage, ob der Plenarsaal zentral situiert sein muss oder ob er von der Mittelachse des Hauses leicht nach links oder rechts versetzt werden darf.

Ich glaube, wir haben dabei zu wenig Aufmerksamkeit auf das Thema „Arbeitsbedingungen“ verwendet. Dieses Thema ist für mich trotz aller wichtigen architektonischen Fragen das zentrale.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen einen neuen Plenarsaal nicht als Krone, sondern um endlich einen Arbeitsplatz zu haben, an dem die Lichtverhältnisse stimmen, wo man sitzen kann, ohne fünfmal aufzustehen, weil ein anderer Kollege aufstehen möchte, wo es frei stehende Stühle gibt und wo man das eine oder andere am Platz per E-Mail und Computer erledigen kann. Dies sind für mich Aspekte, die auch zu diskutieren sind. Für die architektonische Fragen haben wir Fachgremien eingesetzt, auf deren Sachverstand wir zurückgreifen können. Eine Verbesserung unserer Arbeitsbedingungen können wir aber nur dann glaubwürdig fordern, wenn wir eine hohe Präsenz während der Sitzungen in diesem Hause zeigen. Mit geringer Präsenz kann man einen teuren Umbau nicht begründen.

Wenn Sie mir zustimmen, dass noch vieles aus den vergangenen Jahren offen ist, dann lassen Sie mich versuchen, den Wunschzettel für das kommende Parlamentsjahr zusammenzustellen. Wir sollten uns ein Parlament mit Plenar- und Ausschusssitzungen wünschen, die landespolitische Themen zum absoluten Schwerpunkt haben. Wir sollten uns ein Parlamentsjahr wünschen, in dem die Ausschüsse und das Plenum auch immer gut mit Abgeordneten besetzt sind, ein Parlament, demgegenüber auch die Staatsregierung durch rechtzeitige und umfassende Information insbesondere zu Themen des Bundesrates und der Europäischen Union seine Wertschätzung zum Ausdruck bringt, ein Parlament, das die so erhaltenen Informationen selbstbewusst zu einer zeitnahen eigenen Positionsbestimmung nutzt und diese der Staatsregierung mit auf ihren Weg in Richtung Bundesrat und Europäische Union gibt. Auf dem Wunschzettel steht ein Parlament, dem die Staatsregierung und insbesondere der Ministerpräsident durch ihre geschätzte Anwesenheit das inhaltliche Interesse an der Arbeit entgegenbringen, das dem Parlament zusteht.

(Beifall bei der SPD)

Wir wünschen uns eine Staatsregierung, die vorrangig die berechtigten Belange aller bayerischen Bürgerinnen und Bürger vertritt, sich um sie kümmert und die nicht zunehmend versucht, eine Nebenbundesregierung in Deutschland darzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele dieser Wünsche können Realität werden, ob man nun an das Christkind glaubt oder nicht, denn wir können diese Dinge selbst ändern. In diesem Sinne wünsche ich uns allen und denjenigen, die unsere Arbeit begleiten und unterstützen, unseren Angehörigen und Familien, erholsame Tage. Uns wünsche ich zudem etwas mehr Zeit für Familie und Freunde und etwas mehr Zeit, um auszuspannen und Kräfte zu sammeln. Insgesamt wünsche ich uns ein friedlicheres Jahr 2002 als das ablaufende Jahr mit seinem schrecklichen Ereignissen. Ihnen allen wünsche ich für 2002 viel Glück und Gesundheit.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Güller, ich danke Ihnen für Ihre Worte und die guten Wünsche. Sie haben ein großes Paket geschnürt. Wir werden wieder mit vielen guten Vorsätzen in das neue Jahr gehen. Ich hoffe, dass sich nicht bewahrheitet, was einmal einer geschrieben hat: Gute Vorsätze sind oft wie ein Startschuss, auf den kein Rennen folgt. – Nun bitte ich den Herrn Ministerpräsidenten um sein Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gute Tradition, kurz vor der Weihnachtspause nach heftigen Diskussionen im ablaufenden Jahr – auch an diesem Tag – vonseiten der Staatsregierung einige Worte an das Hohe Haus zu richten. Ich glaube, dass die Demokratie sich dadurch auszeichnet, dass man differenzieren kann zwi

schen der harten sachlichen Auseinandersetzung in diesem Hause und außerhalb dieses Hauses und der Verbundenheit in dem Bestreben, im Rahmen unserer Wertordnung und Verfassung die besten Lösungen zu finden; denn bei aller Auseinandersetzung verbindet uns eine ganze Menge.

Ich will kurz darstellen, was uns verbindet, und meine Rede nicht zur Replik nutzen. Wir haben in der parlamentarischen Auseinandersetzung alle versucht, flexibel und mit Weitblick auf die Wandlungsprozesse unserer Zeit zu reagieren und aktiv und präventiv vorzugehen. Natürlich präferieren Regierung und Opposition nicht selten unterschiedliche Lösungswege. Das ist das Wesen der Demokratie. Doch uns eint die Verantwortung und das Streben, dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande zu dienen. Wir handeln im Auftrag der Menschen in Bayern. Ihre Anliegen und ihre Sorgen sind unsere Aufgaben.

Ob wir das immer ausreichend verständlich machen können, bezweifle ich. Ich habe sehr nachdenklich auf die Interviews reagiert, die ich nach der Debatte vorgestern im Bayerischen Landtag über die Auswirkungen der Pisa-Studie im Fernsehen gesehen habe. Das Fernsehen hat berichtet. Auf der Zuschauertribüne saßen Schülerinnen und Schüler der Oberstufe eines Gymnasiums. Die Bewertungen dieser jungen Menschen, die mit großem Interesse die Debatte verfolgt hatten, waren sehr kritisch und betrafen uns alle miteinander. Es wurde zum Beispiel gesagt, es wird immer über Disziplin und Anstand geredet, aber in der Debatte bekommt man einen ganz anderen Eindruck. Ich glaube, dass man versuchen muss, den Menschen die Auseinandersetzung einerseits und die Gemeinsamkeiten andererseits zu präsentieren, um die Stabilität des Fundaments der Demokratie zu sichern.