Dies ist auch die feste Absicht der Herren um van Betteray und der Banken, welche dies im Rahmen der Eigenverwaltung jetzt voranzutreiben haben.
Aber die Landesbank ist gut aufgestellt. Die bankaufsichtlich geforderte Mindestausstattung mit Eigenmitteln muss 8% betragen. Bei der Bayerischen Landesbank liegt diese Quote bei 9,7%. Damit hat die Landesbank in jedem Fall auch für andere Dinge bei den Eigenmitteln ein, wie ich meine, gutes Polster. In Bayern herrschen keine Berliner Zustände; das muss ich ganz klar sagen.
Für das erste Quartal 2002 zeichnet sich für die Bank nach vorläufigen Daten ein insgesamt zufriedenstellendes Betriebsergebnis vor Risikovorsorge und Bewertungen ab. Das Betriebsergebnis vor Risikovorsorge und Bewertungen steht auch im Jahr 2002 zur notwendigen Risikovorsorge zur Verfügung. Darüber hinaus verfügt die Bayerische Landesbank über erhebliche versteuerte Reserven – das sind die Reserven nach § 340 f HGB – sowie unversteuerte Reserven, insbesondere der Finanzanlagen. Deshalb wird die Bayerische Landesbank – das ist keine Voraussage – auch Ausfälle aus ihrem Engagement bei der Kirch-Gruppe verkraften können. Ob es welche gibt und in welcher Größenordnung, weiß zum gegenwärtigen Zeitpunkt niemand. Man sollte sich davor hüten, irgendwelche vorschnellen Schlussfolgerungen zu ziehen oder Ankündigungen zu machen. Dies ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt nicht zu kalkulieren; das hängt von der Bewältigung durch die Eigenverwaltung ab.
Hören Sie doch erst zu, bevor Sie dazwischenrufen. – Die Bayerische Landesbank wird auch im Jahr 2002 in der Lage sein, die gewohnte Gewinnausschüttung von 7% auf das eingezahlte Grundkapital zu leisten. Damit können auch die bewährten Gewinnverwendungsprogramme, zum Beispiel bei der Wohnungsbauförderung, wie geplant dotiert werden.
Infolge der schwachen Weltkonjunktur und insbesondere der schwierigen wirtschaftlichen Lage in Deutschland macht das gesamte deutsche Bankengewerbe gegenwärtig schwere Zeiten durch. Dies gilt für alle drei Säulen des deutschen Bankensystems. Zudem steht der Bankensektor infolge der Globalisierung und der rasanten Veränderung seiner Märkte vor extremen Herausforderungen. Alle Pressekonferenzen der Bankenchefs in letzter Zeit dokumentierten dies nachhaltig und detailliert.
Die Landesbank hat gemeinsam mit ihren Anteilseignern deshalb bereits vor einem Jahr Weichenstellungen für ihre Neuausrichtung vorgenommen. Das Bayerische Landesbank-Modell, dessen gesetzliche Grundlagen derzeit in diesem Haus beraten werden, schafft hierfür die zwingend notwendigen Voraussetzungen; dann sind wir auch strukturell gut aufgestellt. Das Kreditgeschäft bleibt dabei für die Landesbank das Kerngeschäft. Genau dieses Geschäft ist eben von Natur aus risikobehaftet. Auch künftig wird es selbstverständlich Ausfälle geben. Das ist das Geschäft dieser Banken.
Als bayerischer Finanzminister bin ich kraft Gesetzes Vorsitzender bzw. stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates der Bayerischen Landesbank; gegenwärtig bin ich stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates. Nach der Satzung der Bank bin ich zudem Mitglied des Kreditausschusses, in dem übrigens auch eine Reihe von Sozialdemokraten mit Verantwortung trägt.
Deshalb erstaunt mich besonders ein Brief des Herrn Ude, der heute beim Ministerpräsidenten eingegangen ist, in dem Herr Ude davon spricht, dass es ein Finanzabenteuer der Bayerischen Landesbank im Zusammenhang mit dem Bezahlfernsehen und der Formel 1 gibt, und dann sagt, dass die Mitglieder der Staatsregierung im Kreditausschuss der Landesbank politisch dafür geradezustehen haben. Dazu kann ich nur sagen: Dafür stehen zum Beispiel auch der Wirtschaftsreferent der Landeshauptstadt München, Herr Wieczorek, oder der Sparkassenchef der Stadtsparkasse München gerade. Ich kann diese beiden Sozialdemokraten und weitere Sozialdemokraten in diesem Kreditausschuss durchaus beruhigen. Ich glaube, dass die Entscheidungen seinerzeit vertretbar und richtig waren. Ich stehe nach wie vor zu diesen Krediten. Ich habe eine besondere Verantwortung in dieser Landesbank, und dazu stehe ich auch heute noch.
Als nächstem Redner erteile ich Herrn Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie das Wort. Bitte schön, Herr Dr. Wiesheu.
Herr Präsident, Hohes Haus! Kollege Faltlhauser hat die Kreditengagements der Landesbank und deren Umstände, die Frage der Sicherheiten und der Bewertungen dargelegt. Ich möchte, daran anschließend, darlegen, wie es weitergehen kann, soll oder wird, wie die Perspektiven sind, welche Überlegungen zur Fortführung es gibt, welche Probleme und Chancen hier bestehen.
Zum Ersten. Es hat sich wohl herumgesprochen, dass der Kirch-Konzern drei große Bereiche umfasst. Der erste ist Kirch-Media mit einer ganzen Reihe von Gesellschaften. Darin sind der Rechtehandel enthalten, die Sportrechte, Free-TV, die Sender Pro-Sieben, Sat-1 und andere, die Produktion und die technischen Dienstleistungen. Die zweite Säule ist Kirch-Pay-TV mit dem PayTV-Rechtehandel, den zugehörigen Call-Centers und den verschiedenen Kanälen. Der dritte Bereich ist die Kirch-Beteiligungs GmbH; das setze ich als bekannt voraus. Darüber sitzt die Taurus-Holding.
Gestern hat die Kirch-Media Insolvenzantrag gestellt. Das ist der größere und bedeutendere Teil des Konzerns. Die Gründe dafür, weshalb die Kirch-Media in die Insolvenz geht, wurden schon lang und breit in den Medien dargestellt. Ich möchte sie deshalb nicht im Einzelnen wiederholen. Ich verweise darauf, was zum Beispiel gestern die Banken dazu gesagt haben. Sie haben gesagt, aus einem ehemaligen kleinen Film- und Rechtehändler sei eines der bedeutendsten Medienunternehmen Europas geworden mit stürmischem Wachstum und neuen Geschäftsfeldern. Es wurde auf die Entwicklung des internationalen Medienmarktes hingewiesen und auf die großen Volumina, die ge- und verkauft wurden. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass es zu Quersubventionen innerhalb der Kirch-Gruppe gekommen ist, dass es immer neue Engagements gab, Restrukturierungen notwendig waren und strukturelle Probleme verdeckt wurden. Es wurde darauf hingewiesen, dass es weitere Probleme gab und gibt, dass es ausführliche Verhandlungen über ein Rettungskonzept gegeben hat, und zwar auch deswegen, weil die Verflechtung zwischen den Bereichen sehr groß war.
So hat für die Sport- und Filmrechte in der Kirch-PayTV GmbH die Kirch-Media GmbH gehaftet. Wenn es beim Pay-TV Defizite gab, mussten sie von Kirch-Media ausgeglichen werden, was zwar in einem überschaubaren Rahmen geht, aber nicht auf Dauer. Deshalb ist es notwendig, diese Verflechtungen aufzulösen, entweder auf dem Verhandlungsweg, was die schönere Lösung gewesen wäre, oder über das Insolvenzverfahren. Für die Rechte insgesamt mussten die Sicherheiten für einen bestimmten Geschäftsbereich in diesem Bereich selbst liegen. Darüber sollte verhandelt werden. Es wäre gut gewesen, dafür die Investoren zu gewinnen. Darüber wurde zwar lange verhandelt, aber das ist nicht gelungen.
Es gab einen zweiten Bereich, der hier von außerordentlicher Bedeutung war, nämlich die Frage der so genannten Put-Optionen, die im Wesentlichen gegen die Holding geltend gemacht wurden und die natürlich derzeit nicht eingelöst werden konnten.
Bei den Put-Optionen war immer vorgesehen, dass sie mit dem Börsengang der Kirch-Gruppe eingelöst werden. Der Börsengang der Kirch-Gruppe war für das Jahr 2002 geplant. Wenn alles normal gelaufen wäre, wäre er auch erfolgt. Dann hat aber im Herbst letzten Jahres bzw. Anfang dieses Jahres eine größere Kampagne eingesetzt. Der Grund hierfür waren das Darlehen der Dresdner Bank, die Veröffentlichung der Put-Option von Murdoch, der Put-Option von Springer, welche regelmäßig genannt wurde, und die Verunsicherung, welche auf diesen Markt getragen worden ist. Dies hatte zur Konsequenz, dass Kirch den Börsengang zunächst verschieben wollte und ihn dann ganz aufgegeben hat. Dies hatte aber auch zur Folge, dass die Put-Optionen nicht mehr zeitgerecht erfüllt werden konnten. Sie sollten mit dem Börsengang erfüllt werden, welcher jetzt natürlich nicht mehr stattfinden kann.
Sie haben wohl Einiges über die Höhe der Put-Optionen gelesen. Mancher wird sich dabei gefragt haben, warum denn die Gesellschafter für zweieinhalb, drei oder vier Prozent so hohe Beträge bieten oder ob die Anteile so viel Wert sind. Zwar betragen die Put-Optionen mehrere Milliarden, trotzdem aber geht der Gesellschafteranteil nicht einmal über 20% hinaus. Dieser Widerspruch klärt sich aus einer Bewertung allein für Pay-TV, welche nicht von der Landesbank, der Dresdner Bank, der Commerzbank oder sonst einer Bank erstellt wurde, sondern von Lehman-Brothers. Diese Bewertung liegt noch gar nicht so lange zurück. Darin wurde festgestellt, dass Pay-TV alleine 8 Milliarden Euro Wert sei. Lehman-Brothers stellte insgesamt Vermögenswerte in Höhe von 16 Milliarden DM fest. Bei diesem Unternehmen handelt es sich im Übrigen um eine Investmentbank, deren regelmäßige Aufgabe es ist, Firmenwerte für einen Börsengang oder einen Verkauf festzustellen. Das sind doch keine Trotteln. Diese Werte sind hier festgestellt worden. Bei KirchMedia ist noch ein höherer Wert geschätzt worden. Deswegen ist es leichtfertig, heute zu sagen, bei der Wertermittlung hätte man etwas übersehen oder es sei etwas schief gelaufen.
Zur Frage, warum die Verhandlungen gescheitert sind, sagen die Bankenvertreter, dass während der Sanierungsphase ein deutlicher Finanzierungmehrbedarf entstanden wäre. Weitere Gründe dafür waren die Put-Optionen, die Vertragsverpflichtungen bei den Filmstudios, die Fußballbundesliga und die mangelnde Bereitschaft der Aktionäre, durch Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel eine Sanierung konstruktiv zu begleiten. Ich kann das bestätigen, denn die Verhandlungen auch der letzten Tage haben leider zu keinen Ergebnissen geführt. Bei diesen Verhandlungen haben sich die Positionen eher verhärtet als gelockert. Wahrscheinlich haben die Put-Optionsgeber darauf spekuliert, dass es keine Insolvenz gibt und die Banken zahlen werden. Damit haben sie sich aber verrechnet. Auf diese Art und Weise geht es nicht. Das wussten sie aber, das ist ihnen ausreichend klargemacht worden.
Wie soll es weitergehen? Auch dazu nehmen die Banken und die Personen, die in die Eigenverwaltung entsandt werden, Stellung. Herr Hartmann von der Commerzbank meint, das geregelte Insolvenzverfahren sei gerade nicht das Ende von Kirch-Media. Ganz im Gegenteil, da eine außergerichtliche Sanierung nicht mehr durchführbar war, werde das im Rahmen der Insolvenzordnung mögliche Verfahren der Eigenverwaltung für das beste Instrument gehalten, um das Kerngeschäft der Kirch-Media zu erhalten und auf Dauer profitabel zu betreiben. Das Ziel der Eigenverwaltung sei damit nicht die Verwertung der Firmengruppe sondern die Entwicklung eines tragfähigen Fortführungskonzeptes. Die börsennotierte Sender-Familie Pro Sieben-SAT.1 ist von der Insolvenz der Kirch-Media nicht unmittelbar betroffen. Hartmann meint, er sei zuversichtlich, dass es gelingen werde, den wesentlichen Teil der Arbeitsplätze bei KirchMedia im Rahmen der Eigenverwaltung zu erhalten. Dieses Ziel wird allgemein verfolgt. Deshalb ist es reine Panikmache, wenn gesagt wird, alle Arbeitsplätze bei Kirch-Media seien gefährdet. Dafür gibt es keinen Grund. Kirch-Media ist in sich weitgehend stabil. Es gibt einige Verlustbringer, und das muss korrigiert werden. Im Übrigen aber kann Kirch-Media profitabel gestaltet werden.
Die Banken haben sich auch zum Thema Sport geäußert. Sie haben klargelegt, dass die Erste und die Zweite Fußball-Bundesliga ein Schwerpunkt der Sendeaktivitäten bleiben sollen. Man will diese Sendungen bei SAT.1 behalten. Ich kann das nur begrüßen. Über die Senderechte für Pay-TV muss verhandelt werden. Die nächste Rate im Mai soll sichergestellt werden. Es besteht dann also genügend Zeit, zu verhandeln.
Es ist nicht erforderlich, dass der Staat in dieses Geschäft einsteigt. Die Vorschläge der Bundesregierung hierzu hat niemand in der Bevölkerung verstanden. Sie waren nicht notwendig, sondern völlig überflüssig. Ich glaube, dass eine angemessene Korrektur der Preise für die Übertragungsrechte durchaus zu vertreten und zu verantworten ist.
Jetzt zur Fortführung, meine Damen und Herren. Hier bekennen sich die Banken dazu, dass sie auch weiterhin die Verantwortung für eine erfolgreiche Umsetzung des Rettungsplanes übernehmen wollen. Das ist nicht immer der Fall gewesen, das weiß ich aus meinen Erfahrungen bei vielen Insolvenzverfahren.
Wir sind davon überzeugt, dass eine restrukturierte neue Kirch-Media gute Aussichten hat, auf dem Markt zu bestehen. Wir erwarten das nicht nur, sondern wir meinen, dass diese Geschäfte laufen werden. Wir werden deshalb mit dem Insolvenzverwalter und mit der neuen Geschäftsleitung eng zusammenarbeiten. Dies umfasst auch unsere Bereitschaft, notwendige Massekredite auf der Basis üblicher Sicherheiten zu gewähren. Wir wollen dazu beitragen, dass durch eine schnelle Liquiditätszufuhr Schäden für das Unternehmen vermieden werden. Dabei werden wir im Gläubigerbeirat eine konstruktive Rolle spielen. Wir sind auch bereit
als Eigenkapitalgeber aufzutreten und damit Vertrauen in eine erfolgversprechende Sanierung zu schaffen.
Ich kann die Haltung der Banken nur begrüßen, weil sie damit zum Ausdruck bringen, dass sie diesem Unternehmen eine absolut verlässliche Zukunft geben. Diese Botschaft sollten wir verkünden, nicht aber die Verunsicherung und die allgemeine Irritation.
Weiter meinen die Banken, dass es Voraussetzung einer Rettung sei, dass auch andere Beteiligte das Fortführungskonzept mit eigenen substanziellen Beiträgen ermöglichen. Sie appellieren an die Investoren und die bisherigen Aktionäre, an die US-Filmproduktionsgesellschaften, an den Sport und an alle Interessengruppen, sich in den kommenden Tagen und Wochen konstruktiv an den Gesprächen zu beteiligen. Die Banken weisen auch darauf hin, dass es sich bei Deutschland um den zweitgrößten Medienmarkt der Welt handelt. Das heisst natürlich auch, dass die Investoren an diesem Markt ein Interesse haben und dass die Majors in Los Angeles auf diesem Markt den Wettbewerb erhalten wollen. Sie haben kein Interesse daran, dass es zu weiteren größeren Zusammenschlüssen kommt. Das bedeutet auch, dass die Voraussetzungen für die Fortführung des Unternehmens positiv und gut sind.
Ich habe bisher nur die Banken zitiert. Schon ihre Haltung zeigt, dass bei Kirch-Media kein Grund für eine große Verunsicherung besteht. Kirch-Media ist ein im Kern gesundes – ich sage nicht kerngesundes – und potenziell ertragreiches Unternehmen, welches auch ordentliche Erträge abwirft.
Die Voraussetzungen für die Fortführung haben wir letzten Freitag noch abgewogen in einem Gespräch zwischen den Bankenvertretern, den Herren Kirch, Hahn, Betteray, den Kollegen Huber, Faltlhauser und mir. Wir haben die Gespräche in den letzten Wochen im Übrigen stets gemeinsam und in engster Abstimmung geführt. Für Spekulationen über irgendwelche unterschiedlichen Ansichten gibt es überhaupt keinen Boden, gar keinen! Wir haben bei diesem Gespräch abgewogen, ob wir die Probleme eher über die Fortführung oder über das Insolvenzverfahren lösen können. Dass die Vertreter der Kirch-Gruppe gesagt haben, sie könnten sich die Lösung der Probleme durch eine Fortführung des Unternehmens gut vorstellen, ist natürlich verständlich. Sie haben aber auch die Vorzüge eines geordneten Insolvenzverfahrens gesehen, welches zu einer zügigen Stabilisierung der einzelnen Bereiche führt. Das sage ich hier ausdrücklich mit Respekt, denn am Schluss waren wir der Meinung, dass der Weg der Fortführung und Sanierung des Unternehmens, der Neuverhandlung über bestimmte Rechte und der Korrektur bestimmter Bereiche über die Insolvenz der bessere sei, wenn nicht noch über das Wochenende neue Fakten entstehen; und hierzu hat es ja noch Überlegungen und Bemühungen auf Seiten der Investoren gegeben, welche sich am Samstag und Sonntag allerdings nicht ausreichend um eine Sanierung bemüht haben. Das war unsere weitgehende Übereinstimmung.
Es bestand überhaupt keine Frage, dass Kirch und Hahn lieber das Unternehmen fortgeführt hätten. Sie haben aber auch die Probleme gesehen. Die Put-Optionen hätten bei einer Fortführung durchgeschlagen. Die Haftung für die Filmrechte und die Übertragungsrechte bei Sportveranstaltungen können jetzt in der Insolvenz erheblich leichter aufgelöst werden und auf Pay-TV, soweit sie Pay-TV betreffen, übertragen werden. Die Kosten für Programme und Lizenzen können jetzt zurückgeführt werden. Die Trennung der einzelnen Bereiche wird jetzt ermöglicht, und auf diese Weise ist eine Restrukturierung des gesamten Konzerns leichter möglich.
Was beinhaltet das? – Das alles hätte es bei der Fortführung genauso gebraucht wie bei der Insolvenz. Ich füge hinzu: Der Arbeitsplatzabbau, der angekündigt ist, wäre auch bei der Fortführung fällig gewesen. Das, was Herr Kofler für Pay-TV angeführt hat, ist auch bei der Fortführung des Betriebes notwendig. Es geht um die Kostensenkung bei der Kirch-Media und ihren Tochtergesellschaften. Es geht um die Reduzierung der Programminvestitionen durch Nachverhandlungen von Lizenzverträgen. Es geht um die Abkoppelung des Programmeinkaufs für Kirch-Pay-TV, und es geht in einigen Bereichen um Desinvestitionen.
Noch einmal: Ziel ist es, die Gruppe als Ganzes zu erhalten und – das sagt auch van Betteray – den weitaus größten Teil der Arbeitsplätze zu retten. Deshalb will man eine Insolvenz in Eigenverwaltung. Dem wurde vonseiten des Gerichtes entsprochen. An dieser Zielsetzung sollte man nicht im Nachhinein zweifeln.
In diesem Zusammenhang verweise ich auf einen Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ von vor ein paar Tagen, in dem Herr Nikolaus Piper unter der Überschrift „Das Gespenst der Pleite“ über die Insolvenzen schreibt: „Es ist Zeit, mit dem Instrument der Insolvenz rational umzugehen.“ – Das sage ich auch, denn das Insolvenzrecht hat mit der Thematisierung der Eigenverwaltung die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass man Betriebe als Ganzes und auch die Arbeitsplätze erhalten kann. Darüber ist jahrelang diskutiert worden, bis das Gesetz 1999 verabschiedet worden ist. Dem Inhalt des Artikels schließe ich mich an. Deswegen sage ich, bei Kirch-Media wird es eine Lösung geben, wird es eine positive Fortführungslösung geben, und wird es eine marktwirtschaftliche Lösung geben. Wir brauchen dazu keinen Staatszuschuss und keine staatliche Bürgschaft. Das ist ein Thema des Marktes, das im Markt zu lösen ist und nicht durch „G‚schaftlhuberei“, von wem auch immer, sondern durch marktwirtschaftliche Methoden.
Ich lese heute, dass der Herr Bundeskanzler, der sich gestern recht seltsam geäußert hat – ich komme noch auf ein paar Punkte – zum Thema Kirch sagt, er bietet die Hilfe der Bundesregierung zur Rettung der Arbeitsplätze an. Dazu sagt er: Was bei Holzmann richtig war, ist auch bei Kirch richtig.
Ich kann nur sagen, dazugelernt hat er nichts, denn sonst müsste er sagen: Was bei Holzmann schon falsch war, ist auch bei Kirch falsch.
Der Einsatz von Schröder bei Holzmann hat im Ergebnis zu nichts anderem geführt, als dass ein langes Leiden eingesetzt hat und am Schluss Holzmann zerlegt wird.
Das ist zur Zeit der Fall. Es steigt doch keiner ein. Es gibt nicht einmal erfolgreiche Verhandlungen über einen Massekredit. Bei den Betriebsangehörigen von Kirch gibt es bereits ein neues Morgengebet. Es lautet: Der liebe Gott bewahre uns vor dem Sanierer Schröder.
Da bliebe nämlich am Schluss nichts mehr übrig. Genau das wollen wir nicht. Deswegen gehen wir mit den Banken, der Insolvenzverwaltung und den Eigenverwaltern einen anderen Weg. Dort, wo unsere Beratung oder Mithilfe politisch erforderlich und erwünscht ist, leisten wir sie natürlich und achten darauf, dass es vernünftig weitergeht. Soviel zu Kirch-Media. Ich sage noch einmal, die Aufregung über diesen Bereich wird sich sehr schnell legen.
Ich komme nun zu Kirch-Pay-TV. Den Marktwert, wie ihn Lehman festgestellt hat, habe ich bereits genannt. Dass Kirch-Pay-TV eine Menge an Defiziten verursacht hat, ist auch bekannt. Das hat mehrere Ursachen. Beim Einkauf der Filmrechte – das werden manche nicht mehr wissen – stand Kirch seinerzeit im Wettbewerb mit Bertelsmann. Bertelsmann hat damals Premiere in Hamburg aufgebaut und hatte die Mehrheit daran. Kirch hielt einen Minderheitsanteil; ich weiß nicht, ob es mehr oder weniger als 25% waren. Kirch wollte eine eigene Pay-TV-Station aufbauen. Beide haben in Los Angeles eingekauft – beide zu teuer, auf jeden Fall überteuert. Beim Fußball hat sich das erst später entwickelt meines Wissens durch das Angebot vor eineinhalb oder zwei Jahren von Kino-Welt. Vorher kosteten die Rechte rund 200 Millionen Euro pro Saison. Die Konkurrenz bot 350 Millionen Euro und wurde dann von Kirch überrundet. Deswegen ist der Preis über das hinaus gestiegen, was der Markt hergibt. Es war also nicht die frühere Wettbewerbssituation zur Zeit der Gründung.
Damals hat man gesagt, zwei Sender im Pay-TV werden kaum rentabel sein. Was dann gelaufen ist, sage ich Ihnen jetzt. Bertelsmann wollte, Kirch wollte Pay-TV betreiben. Bei den Übertragungsrechten hatte die Telekom Probleme damit, mit wem sie was aushandelt. Mit Kirch allein wollte Herr Sommer nicht, weil er die Kampagnen der linken Medien gefürchtet hat. Mit Bertelsmann allein wollte er auch nicht, weil er gefragt hat: Warum eigentlich? Es hat dann eine Empfehlung gegeben. Damals war Herr Clement noch Wirtschaftsminister. Man hat darüber gesprochen, ob man die beiden bei Pay-TV nicht zusammenführen kann. Die beiden sind auch zusammengegangen. Bertelsmann und Kirch haben sich beim Pay-TV zusammengeschlossen. Die Schluss
verhandlungen über die Durchleitungsrechte haben in der Zentrale der Telekom in Bonn stattgefunden. Auf der einen Seite saßen die Vertreter von Kirch und Bertelsmann, auf der anderen Seite die Vertreter der Telekom. An der vorderen Seite des Tisches saßen Herr Clement und ich. Wir haben das Gespräch moderiert. Das war die Ausgangslage. Damals hat niemand von den linken Medien etwas gegen das Pay-TV gehabt.
Anschließend musste das Geschäft kartellrechtlich genehmigt werden. Das war nicht in Berlin, sondern in Brüssel zu bewerkstelligen. Herr van Miert hatte Bedenken und wollte Auflagen machen. Über die Auflagen wurde verhandelt. Man hat sie weitgehend akzeptiert. Am Tag vor der Entscheidung ist van Miert mit einer letzten Auflage dahergekommen, die Kirch akzeptiert hat, Wössner aber nicht. Daraufhin hat die Kommission abgelehnt. Damit stand die Frage im Raum: Wer macht es weiter? Kirch hat den Anteil von Bertelsmann gekauft. Damit kam Premiere nach München, aber Kirch trug das ganze Risiko allein.