In einem gemeinsamen Europa muss höchstmögliche Sicherheit der Menschen ohne Rücksicht auf Grenzen gewährleistet sein. Da Temelin derzeit nicht sicher ist, ist sein Betrieb nicht verantwortbar.
Globalisierung und Internationalisierung schreiten weiter voran. Sie verändern das Bewusstsein der Menschen. Die Benutzung von E-Mail und Internet, der weltweite Kontakt und der Austausch von Informationen sind heute Alltag. Grenzen von Zeit, von Entfernung, Sprache und Kultur, die in der Vergangenheit das Leben des Einzelnen beschränkt und Menschen und Nationen voneinander getrennt haben, werden wie selbstverständlich überwunden. Wir müssen die Weichen richtig stellen: Die Menschen wolle keine Globalisierungsnomaden werden. Sie wollen wissen, wo sie hingehören, auf wen sie vertrauen können, wer sie regiert. Nationale Identität ist und bleibt unverzichtbar. Die Philosophie des „Alles ist möglich“ macht orientierungs- und heimatlos. Werte wie Solidarität, Rücksichtnahme und Miteinander zählen auch in Zukunft. Der Mensch braucht Heimat und Verwurzelung. Kulturelle Identität ist unverzichtbar.
Bayern ist ein christlich geprägtes Land. Die christliche Gemeinschaftsschule ist durch Volksentscheid in der Verfassung verankert. Deshalb gehören auch das Kreuz in die Klassenzimmer und der Religionsunterricht als Pflichtfach in die Schulen.
Unsere christliche Toleranz schließt selbstverständlich Angebote für Unterricht in Islam ein. Wer aber wie die GRÜNEN die Nation aufkündigt oder negiert, macht die Menschen heimatlos. Wer wie die GRÜNEN die Kreuze und den Religionsunterricht aus den Schulen herausnehmen möchte, macht die Menschen orientierungslos.
Eine der größte Herausforderungen, vor denen Europa, aber in besonderem Maße Deutschland und natürlich auch Bayern stehen, ist die demographische Entwicklung. Seit etwa 30 Jahren werden in Deutschland 30% weniger Kinder geboren, als zur langfristigen Erhaltung einer ausgewogenen Bevölkerungsstruktur notwendig wären. Gleichzeitig nimmt die Lebenserwartung erfreulicherweise zu. Von 1965 bis 1999 hat sich die Zahl unserer Rentnerinnen und Rentner verdoppelt. Die Zahl der Beitragszahler ist dagegen im gleichen Zeitraum nur um 25% angestiegen. Nach Untersuchungen des Bevölkerungswissenschaftlers Prof. Birg werden im Jahre 2035 bis zu 97 Rentner auf 100 Erwerbstätige kommen. 1999 waren es noch rund 55. Für die Rentenversicherung prognostiziert Prof. Birg einen Beitragssatz von rund 27% für das Jahr 2030, wenn sich nichts ändert. Die Beiträge zur Krankenversicherung könnten nach Prognosen des DIW bis zum Jahr 2040 auf bis zu 23% steigen, die Zahl der Pflegebedürftigen um 50%. Das wurde alles lange tabuisiert, weil Bevölkerungspolitik, die alle Länder in einer gewissen Weise betreiben, wegen unserer Geschichte belastet war, belastet ist und auch als Unwort galt. Jetzt müssen wir allerdings der Wahrheit ins Auge sehen.
Wenn wir den sozialen und den wirtschaftlichen Standard in Deutschland halten wollen, dann müssen wir auf diese Entwicklung reagieren, und zwar richtig und schnell. Ich habe gerade wieder den Einwand „Zuwanderung“ gehört. Das ist eines Ihrer Gegenmodelle. Das rot-grüne Konzept, auch vom Bundesinnenminister vorgetragen und begründet, heißt Zuwanderung. Das ist aber eine Milchmädchenrechnung. Mit Zuwanderung lösen Sie das Problem der Überalterung mit Sicherheit nicht.
Nach Berechnungen der Vereinten Nationen müssten jährlich 3,4 Millionen Personen zuwandern, um allein den gegenwärtigen Status, die gegenwärtige gesellschaftliche Altersbalance in Deutschland zu erhalten, also wenn die Relation von Alt und Jung in Deutschland gleich bleiben soll. Das ist absurd. Das würde die Integrationskraft Deutschlands völlig überfordern. Wir wollen in Deutschland mit Sicherheit keine Parallelgesellschaften mit gesellschaftlichen und sozialen Konflikten wie in Großbritannien.
Mit Zuwanderung verschärft man die Probleme am Arbeitsmarkt: Wir haben heute über 4 Millionen registrierte Arbeitslose. Sie wissen, dass insgesamt etwa 6 Millionen Menschen arbeitslos sind, weil zirka 1,9 Millionen Menschen überhaupt nicht mehr auf den Arbeitsmarkt gehen, weil sie glauben, dort keine Chance zu haben. Dennoch wehrt sich Rot-Grün gegen eine Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung.
(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Werner- Muggendorfer (SPD): Wer wehrt sich denn dagegen? – Mehrlich (SPD): Das sind Unwahrheiten!)
Nach Prognosen wird die hohe Arbeitslosigkeit auch in den kommenden zehn Jahren das Hauptproblem in Deutschland sein. Also kann Zuwanderung oft nur in die sozialen Sicherungssysteme erfolgen, wie es in den letzten Jahrzehnten sogar bei guter Konjunkturlage geschehen ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie können sich aufregen, so viel Sie wollen: An den Fakten werden Sie nicht vorbeikommen. Sie werden dafür auch die Quittung bekommen.
Weder heute noch in absehbarer Zukunft haben wir Bedarf an ungesteuerter Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt. Wir brauchen stattdessen eine gezielte Öffnung für hoch qualifizierte Fachkräfte, Unternehmer und Wissenschaftler. Eine solche Politik ist in den meisten Industriestaaten der Welt längst Standard.
Mehr denn je ist daher Gestaltung und Führung durch aktive und innovative Politik erforderlich. Die Bürgerinnen und Bürger müssen erkennen können, in welche Richtung sich ihr Land entwickeln wird. Wir haben eine klare Vorstellung von der Zukunft Bayerns. Wir wollen den Menschen Orientierung und Sicherheit geben, Innovationen vorantreiben, Heimat bewahren und die aktive Bürgergesellschaft stärken. Prioritäten für die Zukunft sehen wir vor allem im Ausbau der Familienpolitik, in der Verbesserung der Bildung und Ausbildung, in der Schaffung von Arbeitsplätzen, im Schutz der Verbraucher, in der Sorge für gesunde Lebensmittel und in der Sicherheit vor Verbrechen.
Meine Damen, meine Herren, Herzstück unserer Politik war und ist Politik für die Familien; denn die Familien sind das Fundament unserer Gesellschaft. Dies ist in den letzten Jahren häufig in diesem Hohen Haus dargelegt worden. Ohne Familien mit Kindern geht die Regenerationsfähigkeit unserer Gesellschaft verloren. Familien sind für eine zukunftsfähige Gesellschaft unverzichtbar.
In der Familie finden die Menschen, was sie zum Leben brauchen: Liebe, Geborgenheit, Solidarität und Lebenssinn. Familie ist Heimat, gibt Orientierung und Sicherheit. In den Familien vollzieht sich der Brückenschlag der Generationen. In den Familien wachsen junge Menschen zu Persönlichkeiten heran. Damit steigen auch ihre Lebenschancen. Gerade deshalb wünscht sich die überwältigende Mehrheit der Menschen nach wie vor Partnerschaft, Kinder und eine Familie – den Verkündern des Single-Zeitalters zum Trotz.
Für die Staatsregierung war und ist Familienpolitik nie „Gedöns“ gewesen, wie das der Bundeskanzler 1998 formuliert hat.
(Frau Radermacher (SPD): Das ist der erste Bundeskanzler, der überhaupt eine Regierungserklärung zu diesem Thema abgegeben hat!)
Gestern hat er vollmundig 1 Milliarde e pro Jahr für Kinderbetreuung und Ganztagsschulen angekündigt. Für die Kinderbetreuung kann sicherlich nicht genug getan werden.
Ich finde es aber schon dreist, wenn der Bundeskanzler Ländern und Kommunen mit großer Geste in Spendierhosen Geld anbietet – einen Bruchteil des Betrages, den er ihnen in den letzten Jahren mit der Steuerreform und der Gewerbesteuerumlage weggenommen hat.
Sie haben die Gewerbesteuerumlage gegen unseren Widerstand von zirka 20% auf 28% im Jahr 2004 erhöht. Meine Damen und Herren, damit nehmen Sie den Kommunen in diesem Jahr zirka 1,4 Milliarden e weg. Das ist die Realität.
Es ist schon dreist, wenn der Bundeskanzler Geld für Kinderbetreuung ankündigt und Rot-Grün den Familien gleichzeitig mit der Ökosteuer und der angekündigten Neuregelung des Ehegattensplittings das Geld wieder aus der Tasche zieht.
Ich frage mich schon: Warum hat der Bundeskanzler eigentlich dort kein Geld, wo er wirklich zuständig ist – beim Sozialen Wohnungsbau, bei der Eigenheimförderung für Familien oder bei der Hinterbliebenenrente, wo es massive Einschnitte gegeben hat?
(Beifall bei der CSU – Prof. Dr. Gantzer (SPD): Wir müssen schließlich noch die Waigel-Schulden abzahlen!)
Die Staatsregierung hat auch in der Familienpolitik stets auf Veränderungen und neue Anforderungen reagiert. Die Arbeitswelt hat sich heute ebenso verändert wie das Bewusstsein der Frauen und ihre Einstellung zu Beruf und Familie. Natürlich ist die persönliche Betreuung und Erziehung der Kinder zu Hause durch Mutter und Vater von unschätzbarem Wert. Viele Mütter können oder wollen heute aber nicht mehr auf Erwerbstätigkeit verzichten. Über 70% der Frauen mit kleinen Kindern wollen erwerbstätig sein.
(Prof. Dr. Gantzer (SPD): Habt ihr das auch schon gemerkt? – Frau Radermacher (SPD): Das hat aber lange gedauert, bis Sie das gemerkt haben!)
Das darf aber kein Zwang sein. Mütter und Väter sollen in eigener Freiheit und eigener Verantwortung entscheiden können, ob sie Familie und Beruf vereinbaren wollen oder ob sich ein Elternteil ausschließlich der Kindererziehung widmet. Dabei muss man sich am Wohl des Kindes orientieren.
Das bedeutet: nicht Zwang zur Betreuung außerhalb der Familie, sondern ein Angebot von Betreuungsmöglichkeiten. Wir wollen – das ist der große Unterschied – die Wahlfreiheit.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein bisschen mehr Souveränität, die in etwas mehr Ruhe zum Ausdruck kommt, würde gut tun.
Sie regen sich immer auf. Beruhigen Sie sich doch und sparen Sie Ihre Erregung für den Sonntagabend auf.
Dem Ziel der Wahlfreiheit dient unser Betreuungskonzept. Diesem Ziel dient auch die Einführung eines monatlichen Familiengeldes, die wir auf Bundesebene verfolgen. Wir werden damit im Jahre 2004 beginnen. Jetzt wird polemisiert, dass Deutschland sich dieses Geld für Familien nicht leisten könne. Der finanzielle Rahmen ist doch nicht durch uns so eng.