Herr Kollege Kobler, das war damals eine ausgesprochen schwierige Situation; denn die Bescheide der AOK
Bayern sind verschickt worden, und eine Satzungsänderung beim Oberversicherungsamt Südbayern war nicht einmal beantragt worden. Das hat dann auch flächendeckend den Aufruhr in Bayern verursacht.
Deswegen hatte ich ja auch unverzüglich mit der AOK Bayern Kontakt aufgenommen und gebeten, dieses zu regeln. Die Satzungsänderung ist mittlerweile sozusagen auf Eis gelegt worden. Sie ist im Grunde nicht zurückgezogen, aber eben auf Eis gelegt worden. Die Bescheide, die von der AOK Bayern mit der Kürzungsänderung und der Pauschale verschickt worden sind, werden in dieser Form zurückgenommen.
Frau Staatsministerin, ist Ihnen bekannt, dass in der von Ihnen bereits zitierten Sitzung des Bayerischen Landtags in einem SPD-Antrag gefordert wurde, diese Mutter-Kind-Kuren als Regelleistung in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen, und ist Ihnen ferner bekannt, dass die CSU im Landtag diesen Antrag in namentlicher Abstimmung abgelehnt hat?
Dazu möchte ich sagen, Herr Kollege Wahnschaffe, dass wir selbst gesagt haben, wir wollen uns – das ist auch der Inhalt meines Schreibens an die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt gewesen – für eine Sicherstellung der Leistungen der Krankenkassen einsetzen, und der sicherste Weg wäre – das habe ich auch dem Kollegen Schösser, dem Verwaltungsratsvorsitzenden der AOK Bayern, zugesagt –, dass wir uns für die Aufnahme in die Satzung als Regelleistung einsetzen.
Frau Staatsministerin, ist Ihnen bekannt, dass sowohl die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt wie auch die Regierungskoalition einen Gesetzentwurf vorbereiten, der genau das, was auch Sie jetzt nachträglich fordern, zum Ziel hat?
Also, zum Einen fordere ich es nicht nachträglich – das möchte ich ganz klar sagen –, denn ich habe sofort an die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ein Schreiben verfasst, und Frau Ulla Schmidt hat dann im Gegenzug gehandelt.
Frau Staatsministerin, nachdem kürzlich der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern ausführte, dass in Deutschland jährlich rund 160000 Lehrlinge die Ausbildung vorzeitig abbrechen würden, frage ich die Bayerische Staatsregierung, wie hoch in Bayern die Zahl derer ist, die die Lehre abbrechen, welcher Prozentanteil aller Auszubildenden dies ist und welche Branchen die Höchstzahl aufweisen.
Frau Kollegin Kronawitter, im Jahr 2000 betrug nach dem Berufsbildungsbericht der Bundesregierung die Zahl der vorzeitigen Lösungen von Ausbildungsverträgen bundesweit 156408, das sind 11863 oder 8% mehr als im Vorjahr. Das entspricht einer bundesweiten Rate von 23,7%.
In Bayern wurden im Jahr 2000 insgesamt 20373 Ausbildungsverträge gelöst, das sind 1856 oder – in Prozentzahlen ausgedrückt – 10% mehr als im Vorjahr. Die Rate lag in Bayern also bei 19,8% und ist damit die bundesweit günstigste Rate.
Nach Berufsbereichen verteilen sich die Vertragslösungen im Jahre 2000 bundesweit wie folgt: Industrie und Handel 20,1%, Handwerk 29,6%, öffentlicher Dienst 7,5%, Landwirtschaft 23,2%, freie Berufe 25,7%, Hauswirtschaft/Seeschifffahrt 27,1%; alle Bereiche 23,7%. Für Bayern liegen die entsprechenden Daten für das Jahr 2000 noch nicht vor. Allerdings wurden im Jahr 1999 auch bei uns die meisten Ausbildungsabbrüche im Handwerksbereich registriert.
Wenn Sie sich die Länder im Vergleich anschauen, liegt Nordrhein-Westfalen bei 26,1%, Rheinland-Pfalz bei 24,9%, Schleswig-Holstein bei 28,6% und Bayern, wie gesagt, bei 19,8%.
Selbst wenn Bayern im bundesweiten Durchschnitt günstig dasteht, frage ich trotzdem noch einmal nach: 20%, das ist ein sehr hoher Anteil – wie erklären Sie sich das?
Es ist richtig, das ist ein sehr hoher Anteil. Dabei muss man allerdings die Aufteilung auf die einzelnen Ausbildungsjahre betrachten. Nach dem Berufsbildungsbericht der Bundesregierung sind im ersten Ausbildungsjahr 48% der Verträge gelöst worden, im zweiten 32%, im
dritten Ausbildungsjahr sinkt es naturgemäß auf 18% und im vierten Ausbildungsjahr auf lediglich 2%.
Hier möchte ich hinzufügen, dass wir, Frau Kollegin, stets von Vertragslösungen sprechen. Dieser Begriff ist auch zutreffender als „Ausbildungsabbruch“; denn zum großen Teil handelt es sich um eine Umorientierung. Das sehen Sie an der hohen Prozentzahl von 48% im ersten Ausbildungsjahr. Da geht es oft um eine Umorientierung innerhalb der sechsmonatigen Probezeit. Hier wird also häufig die Art des Ausbildungsberufes gewechselt oder der Ausbildungsbetrieb im gleichen Ausbildungsberuf.
Haben Sie Informationen darüber, wie hoch der Anteil ausländischstämmiger Jugendlicher ist, weil Sie, bezogen auf das Handwerk, die Ausführung machten, dass auch in Bayern beim Handwerk ein sehr großer Abbrecheranteil zu verzeichnen ist. Wenn Sie Informationen haben, wie bewerten Sie diese?
Ich kann Ihnen im Moment nicht exakt sagen, wie hoch der Anteil der Ausländer an den Vertragslösungen ist. Aber das kann ich Ihnen schriftlich nachreichen. Ich glaube, das wäre dann das Beste.
Es ist eigentlich nur eine Konkretisierung: Wenn Sie mir die Zahlen schriftlich geben, können Sie dann auch eine Bewertung vornehmen?
Da können wir dann auch eine Bewertung vornehmen, wobei ich auch sagen muss, es ist ganz, ganz wichtig, dass wir in diesem Bereich, sobald die Ausbildungsverträge geschlossen sind, präventive Maßnahmen seitens der Ausbilder ergreifen. Da sind die Schulungen „Ausbildung der Ausbilder“ durch die Kammern notwendig. Besonders wichtig ist die präventive Einbindung der Eltern in das Ausbildungsgeschehen; denn 30% der Jugendlichen haben angegeben, dass die Eltern den Ausbildungsabbruch hätten verhindern können.
Der nächstwichtige Ansprechpartner sind die Berufsschullehrer. Die Berufsschullehrer können dann gerade auch in den Betrieben beratend und unterstützend zur Seite stehen.
Sie werden von den Jugendlichen oft und gerne als erste Ansprechpartner bevorzugt und angesprochen. Wir werden in diesen Bereichen auch präventiv tätig.
Frau Staatsministerin, sind die bisher vom Arbeitsamt Augsburg im Rahmen eines Modellversuches in der Stadt Augsburg, dem Landkreis Augsburg und dem Landkreis Aichach-Friedberg finanzierten Stellen zur sozialpädagogischen Betreuung nach Auslaufen dieses Modellversuchs im August dieses Jahres gesichert, indem diese Stellen in das vom Ministerrat beschlossene bayernweite Förderprogramm zur Jugendsozialarbeit an Schulen aufgenommen werden?
Frau Kollegin Köhler, durch die Arbeitsverwaltung wurden insbesondere im Raum Augsburg, also Stadt Augsburg, Landkreis Augsburg und Landkreis Aichach-Friedberg, im Zuge der 1998 neu aufgelegten Sonderprogramme wie dem Jugendsofortprogramm „Jump“ und im Rahmen der so genannten freien Förderung den Schulen Projekte der so genannten berufsbegleitenden Schulsozialarbeit angeboten. Durch den Rückzug der Arbeitsverwaltung wird jetzt ein enorm hoher Finanzdruck auf die Kommunalpolitik zum einen und auf die Landespolitik zum anderen ausgeübt, alle Projekte finanziell abzusichern. Das ist umso bedauerlicher, als die politisch Verantwortlichen und Verwaltungseinheiten in den Kommunen bei der Installierung der Projekte weitgehend unbeteiligt und auch ungefragt blieben.
Viele der Projekte der so genannten Schulsozialarbeit setzen ihren Schwerpunkt deutlich im präventiven arbeitsmarktpolitischen Bereich. Den jungen Menschen wurde Hilfestellung bei der Berufsorientierung gegeben, Bewerbungstrainings wurden durchgeführt, betriebliche Praktika vermittelt und Initiativen für Job-Börsen ergriffen. Deshalb ist es mir ein ganz großes Anliegen, dass auch die Arbeitsverwaltung zumindest befristet weiter im Boot bleibt – ich sage deswegen bewusst „zumindest befristet“, da wir andere Übergangszeiten brauchen. Ich habe mich deswegen auch in einem persönlichen Gespräch mit dem neuen Vorstandsvorsitzenden, Florian Gerster, am 2. Mai dieses Jahres dafür eingesetzt, dass seitens der Arbeitsverwaltung Übergangslösungen angeboten und unterstützt werden. Herr Florian Gerster hat mir zugesagt, dass für bewährte Projekte ein gleitender Übergang in andere Förderformen angestrebt wird. Als erstes ist aber das Landesarbeitsamt am Zug. Ich hoffe und bin auch ganz zuversichtlich, dass baldmöglichst auch vom Landesarbeitsamt Bayern Lösungen angeboten werden.
Unbeschadet der Finanzierungsprobleme der Arbeitsförderung steht mein Haus gemeinsam mit dem Kultusministerium in engem Kontakt mit den betroffenen Kommunen, um weitere fachlich sinnvolle und pragmatische Lösungen zu entwickeln. Erforderlich ist jedoch zunächst, dass die Jugend- und Schulämter gemeinsam die konkreten Bedarfe vor Ort abklären.
Je nach Bedarf und Schwerpunktsetzung eines Projektes kommen für die künftige Finanzierung weitere unterschiedliche Möglichkeiten in Betracht, zum Beispiel Angebote der Tagesbetreuung für Schüler, Ganztagesbetreuung oder Hort, wenn die verlässliche Betreuung im Vordergrund steht, verstärkte Zusammenarbeit von Jugendarbeit und Schule, oder auch Angebote der arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit, sofern die berufliche und soziale Integration junger Menschen im Vordergrund steht. Hierfür hat das Sozialministerium auch Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds in Aussicht gestellt.
Darüber hinaus klopfen wir jetzt auch ab, ob einzelne Projekte danach in unser Förderprogramm Jugendsozialarbeit an Schulen aufgenommen werden können. Das setzt schon voraus, dass die Konzepte auch den fachlichen Anforderungen unseres Förderprogramms Jugendsozialarbeit an Schulen entsprechen.
Frau Staatsministerin, ich erinnere mich, dass ich bereits letztes Jahr an Ihr Haus einen Brief geschrieben habe, den mir Herr Staatssekretär Schmid beantwortet hat. In diesem Brief habe ich darauf hingewiesen, dass diese Projekte, die vom Arbeitsamt gefördert werden, im August dieses Jahres auslaufen. Meine Frage ist, warum die Dinge, die Sie jetzt beschreiben, nicht frühzeitiger in die Wege geleitet wurden, da die betroffenen Kommunen auch zu dem Zeitpunkt, zu dem ich den Brief geschrieben habe, aktiv geworden sind. Die Frage ist also: Warum sind Sie nicht frühzeitiger initiativ geworden? Reicht die Zeit überhaupt noch aus, um all das, was Sie beschrieben haben, zu machen, wenn diese Stellen im August auslaufen?
Frau Kollegin Köhler, vor Ort ist auch von Mitarbeitern meines Hauses mit dem Arbeitsamt Augsburg verhandelt worden – das ist gar keine Frage. Der Prozess, den ich jetzt geschildert habe, läuft bereits. Ich habe jetzt nur die Gelegenheit genutzt, unser Anliegen direkt beim Vorstandsvorsitzenden der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, zur Geltung zu bringen und zu bitten, vermittelnd einzugreifen, weil uns vom Arbeitsamt Augsburg und vom Landesarbeitsamt signalisiert worden ist, dass keine zusätzlichen Mittel mehr zur Verfügung stehen. Deswegen habe ich die Chance genutzt, damit uns Übergangsmodelle, Übergangslösungen angeboten werden. Das Abgleichen und Abklopfen, wo es bei uns hineinpasst, in Jugendsozialarbeit an Schulen, was das Kultusministerium machen kann, in die Tagesbetreuung, läuft schon.
Frau Staatsministerin, kann man denn davon ausgehen, dass all die Dinge, die Sie jetzt beschrieben haben, rechtzeitig zum Schuljahresbeginn im Herbst erledigt sein werden, sodass die Schulsozialarbeit in dieser Region im bisherigen Umfang weitergeführt werden kann?
Frau Kollegin Köhler, ob sie im bisherigen Umfang weitergeführt werden kann, kann ich Ihnen nicht sagen, da es durchaus Projekte in der berufsbegleitenden Schulsozialarbeit gibt, die vom Arbeitsamt gefördert werden und die wohl auslaufen werden. Für die sinnvollen Projekte möchten wir aber auf jeden Fall Übergangslösungen erreichen.