Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

das war der 17. November –

in Bonn mitgeteilt. So bedürften die Prüfpraxis des TÜV sowie die Zusammenarbeit von TÜV und Aufsichtsbehörde, die die Kontrolle ausübt, einer tiefergehenden Untersuchung.

Sie haben in diesem Gespräch erklärt, es wäre alles in Ordnung, und danach gibt es nach der geltenden Rechtslage für den Bund keine andere Möglichkeit, als die Genehmigung zu erteilen. Das ist richtig so. Gleichzeitig aber sind Sie zu weitergehenden Prüfungen aufgefordert worden, und zwar vor allem im Hinblick auf die Komplexität der Zusammenarbeit zwischen bayerischen Aufsichtsbehörden, TÜV und Betreibern. Diese Untersuchungen haben Sie durchzuführen. Genau da bricht leider die gute Zusammenarbeit ab. Es ist richtig, dass der Bund sowohl der Inbetriebnahme als auch der Beauftragung von Colenco zugestimmt hat. Wir Grüne in Bayern haben allerdings eine andere Meinung. Wir waren der Meinung, dass diese Prüfung nicht ausreicht. Das kann ich sehr wohl an vielen Textpassagen des Colenco-Gutachtens darstellen.

(Hofmann (CSU): Aber zuerst den Leuten Angst machen!)

Darüber haben wir uns im Ausschuss am 6. Dezember lange unterhalten, dabei sind Sie aber auf meine Fragen und meine Zitate nicht eingegangen. Bis dahin war die Zusammenarbeit gut. Wir haben es im Ausschuss auch anerkannt, dass Sie die Staatsanwaltschaft sofort eingeschaltet haben. Der Bund hat, wenn ich mich recht erinnere, leider erst zwei Tage später reagiert. Damit waren Sie um zwei Tage schneller, und das haben wir gelobt und für in Ordnung befunden.

Nicht mehr verstehen kann ich allerdings – darauf haben Sie heute aber leider keine Antwort gegeben –, warum mit der Überstellung des Fragenkatalogs die Zusam

menarbeit im Januar 2002 abbricht. Warum sind Sie den Bitten um Fachgespräche nicht nachgekommen? Diese Frage ist heute offen. Das ist für uns Anlass für unseren Antrag gewesen. Die Weisung ist vom Bund gekommen, und der Bund ist selbst Manns genug, sich die Antworten auf diese Fragen zu holen und auf die Durchführung des Fachgesprächs zu drängen. Dazu brauchen wir hier keinen Antrag.

Wir meinen jedoch, dass eine umfassende und tiefgreifende Untersuchung des Sicherheitsstandards des AKW Isar I erfolgen muss. Dieses AKW ist ein Schrottreaktor. Wir hatten dort Leckagen. Die Überprüfung der Schweißnähte ist noch nicht abgeschlossen. Das können Sie auch im Colenco-Gutachten nachlesen. Wir halten eine tiefergehende Sicherheitsüberprüfung durch einen unabhängigen Gutachter für notwendig.

(Hofmann (CSU): Von jemand, der nichts davon versteht!)

Ach lieber Herr Hofmann, da kann man Wortklauberei betreiben. Ich ergänze hiermit den Antrag um den Passus: „... der nicht im Auftrag der Atomkraftwerkbetreiber gearbeitet hat“.

(Hofmann (CSU): Schreiben Sie doch gleich den Bayerischen Bauernverband hinein!)

Der Bayerische Bauernverband redet bei Ihnen immer mit. Das weiß ich schon. Das wollen wir aber auch nicht. Wir wollen auch nicht, dass die Kraftwerksbetreiber immer mitreden. Deshalb ergänze ich diesen Antrag:

Als Gutachter sollen nur Personen bzw. Institutionen ausgewählt werden, die in der Vergangenheit nicht im Auftrag von Atomkraftwerksbetreibern tätig waren.

Ist es so korrekt Herr Hofmann? Dieser Antrag steht heute zur Abstimmung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Abgestimmt wird über die leicht geänderte Fassung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/9443 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, vier Mitglieder aus der SPD-Fraktion und Herr Kollege Hartenstein. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung bei der SPD. Der Dringlichkeitsantrag ist damit abgelehnt.

(Hofmann (CSU): Wie hat der Kollege Hoderlein gestimmt?)

Er hat keine Zeit gehabt.

(Heiterkeit – Hofmann (CSU): Hoffentlich steht das im Protokoll!)

Es sieht doch jeder, dass er gerade in ein Gespräch vertieft ist.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Loscher-Frühwald, Ranner und anderer und Fraktion (CSU)

Maßnahmen zur Entlastung des Milchmarktes (Drucksache 14/9444)

(Unruhe)

Milch ist ein sehr gesundes Lebensmittel. Ich bitte Sie, sich jetzt auf die Milch zu konzentrieren.

Ich eröffne die Aussprache. Zu Wort hat sich Herr Kollege Zengerle gemeldet.

(Herrmann (CSU): Warum steht da keine Milch auf dem Rednerpult? – Hofmann (CSU): Zuerst kommt der Käse!)

Ich bedanke mich dafür, dass in diesem Hohen Hause auch das Thema Milch behandelt werden kann. Ich bedanke mich vor allem auch bei der Fraktion dafür, dass sie diesen Dringlichkeitsantrag unterstützt. Wir haben derzeit bei den Milchbauern und insgesamt in der Milchwirtschaft sehr viel Unruhe. Milch ist nicht nur ein gesundes Nahrungsmittel, sondern auch ein bedeutendes Produkt und natürlich ein Wirtschaftsfaktor in Bayern. 57000 bäuerliche Familienbetriebe erzeugen in Bayern über 7 Millionen Tonnen Milch. 57000 Bauernfamilien erzielen ihr Einkommen damit aus der Erzeugung des Rohstoffes Milch. Über das Milchgeld wird ihre Arbeit entlohnt. 121 Verarbeitungsbetriebe mit ca. 14300 Mitarbeitern und einem Umsatz von 7,2 Milliarden e zeigen, dass Milch in Bayern ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist.

2001 hatten wir den sogenannten BSE-Effekt zu bewältigen. Die Verbraucher sind vom Fleisch abgekommen und haben in sehr großem Umfang Milchprodukte, vor allem Käse, gekauft und verzehrt. Dies hat dazu geführt, dass der Verbrauch von Milchprodukten um 20% angestiegen ist. Aufgrund vieler Maßnahmen kam in Bayern das Vertrauen zum Fleisch wieder zurück, der Absatz bleibt aber bei den Mengen, die sich im Lauf des Jahres 2000 stabilisiert haben, und so wie es aussieht, wird nicht mehr verzehrt und gegessen.

Ich möchte die Preisentwicklung für die Milcherzeuger einmal in Cent darstellen. Wir haben in Bayern eine sehr verzwickte Konstellation. Es gibt den bayerischen Erzeuger-Orientierungspreis, und dieser Orientierungspreis richtet sich nach Fetteinheiten und Eiweißgehalt. Ich möchte das jetzt nicht im einzelnen schildern. Danach jedenfalls wird dieser Preis aufgebaut. Im September 2001 lag er bei 29,5 Cent. Er ist bis Aprils 2002 auf 27,2 Cent zurückgegangen. Er beträgt jetzt also um 2,4 Cent weniger. Aufgrund einer bestimmten Marktsituation hat sich nun neben dem Erzeuger-Orientierungspreis, der auf der bayerischen Butter- und Käsebörse errechnet

wird, auch der freiwillige Verwertungszuschlag der Molkereien um zwei bis drei Cent reduziert. Das heisst, den bayerischen Milchbauern fehlen derzeit 5 Cent. Vielleicht kann man mit 10 Pfennigen mehr anfangen. Das bedeutet 18 bis 20% weniger Einkommen. Daher bitte ich schon das Hohe Haus um Verständnis dafür, dass die Milchbauern um ihre Existenz fürchten und in einer Zeit, in der alle von Lohnerhöhungen in Höhe von 6,5% reden, ihre Existenzsorgen kund tun.

Nach der ersten Reaktion, als die Milchbauern bei Müller-Milch demonstriert haben, war ich überrascht über eine Pressemeldung des Kollegen Starzmann, dass diese Entwicklung mit dem Verkauf von Weihenstephan zu tun habe. Natürlich haben viele Faktoren einen maßgeblichen Anteil an der derzeitigen Entwicklung.

Im Zusammenhang mit der Agenda 2000 wurde eine Quotenerhöhung in Südeuropa beschlossen. Das heißt Mehrproduktion. Gerade die Molkereien, die stark in Italien engagiert sind, spüren das derzeit gewaltig. Dazu kommt der Euro als „Teuro“. Das heißt, der Druck des Handels und der Discounter auf die Molkereien wächst derzeit gewaltig.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist ein Widerspruch!)

Das ist kein Widerspruch. Der Handel drückt derzeit die Preise ganz gewaltig.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gleichzeitig gehen die Preise hinauf!)

Bei bestimmten Produkten. Für das Leitprodukt Milch ist derzeit eine Preissenkung ausgehandelt. Das kann ich belegen. Ich bin verantwortlich bei den AllgäuerLand-Käsereien. Unsere Händler kommen derzeit mit um 18% niedrigeren Ergebnissen beim Produkt Milch zurück.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die bekommen weniger!)

Genau das ist das Problem, Herr Dr. Dürr. Die Molkereien verdienen weniger und können dann den Milchpreis nicht mehr bezahlen. Insgesamt ist im Handel ein Umsatzrückgang um 4% zu verzeichnen.

Die Politik muss alles tun, damit die Marktinstrumente wieder genutzt werden. Ich appelliere an die Bundesregierung, vor allem an die Bundesministerin für Verbraucherschutz und Landwirtschaft, dass die Marktordnungsinstrumente wieder voll genutzt werden, beispielsweise die Exporterstattungen, innergemeinschaftliche Absatzbeihilfen und die Intervention.

Mit Sicherheit ist das momentan ein wichtiges Instrument. Ich lade Sie ein, kommen Sie einmal in eine Molkerei im Allgäu: Nicht nur bei den großen, sondern auch bei den kleinen Molkereien quellen die Lager über. Die Molkereien wissen nicht mehr, wie sie ihre Produkte loswerden sollen. Deshalb muss auf dem Absatzmarkt ein Ventil geöffnet werden. Das haben wir in unserem Antrag umfangreich formuliert. In diesem Antrag haben

wir eine große Sorge zum Ausdruck gebracht. Die Entscheidung zur Quotenaufstockung im Rahmen der Agenda 2000 sollte aufgrund dieser Situation überdacht werden.

Aufgrund der WTO-Gespräche ist es möglich, Käse in Drittländer zu exportieren. Dieses Ventil muss die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit Brüssel wieder öffnen. Aufgrund der prekären Situation gilt es, die Mittel für eine Marktentlastung voll auszunutzen. Wir brauchen aus der Sicht der bayerischen Landwirte langfristig eine Milchmengenbegrenzung durch ein geeignetes Instrument. Über die Form kann man diskutieren. Nur so – das ist das Allerwichtigste – ist flächendeckende Landwirtschaft in einem benachteiligten Gebiet wie Bayern sicherzustellen.

Ich bitte um Unterstützung für den Antrag. Mir wurde in den Vorgesprächen signalisiert, dass die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN den Antrag unterstützen mit der Maßgabe einer Änderung. Am Schluss des dritten Absatzes soll es heißen: „Darüber hinaus soll die Bundesregierung aufgefordert werden, sich für die Fortführung der EU-Milchmengenregelung über 2008 hinaus einzusetzen, um die flächendeckende Landbewirtschaftung besonders in den benachteiligten Gebieten auch in Zukunft sicherzustellen.“

Ich hoffe, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, dass Sie heute diesem Antrag nicht nur zustimmen, sondern auch bei der Bundesregierung den nötigen Druck machen, damit dieses Anliegen unterstützt wird. Ich bedanke mich und bitte um Ihre Unterstützung für diesen Antrag.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat Frau Kollegin Lück.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Zengerle, ich glaube, der Appell, nicht nur zuzustimmen, sondern auch zu handeln, den brauchen Sie an uns nicht zu richten. Wir sind weder geneigt, Schaufensteranträge zu stellen, noch sind wir diejenigen, die nicht tun, was wir sagen. Natürlich stimmen wir dem geänderten Antrag zu. Dieser Antrag ist sozusagen der Ausfluss der Demonstrationen. Sie wissen genau, der Antrag ist eher das, was Sie uns manchmal unterstellen. Natürlich muss ich Ihnen sagen: Wir haben nicht darauf gewartet, dass Sie uns sagen, was wir für unsere Landwirtschaft tun müssen. Wir haben gehandelt: Seit 2002 wurde die Exporterstattung bereits drei Mal erhöht.

(Zuruf des Abgeordneten Zengerle (CSU))

Sie wissen auch, dass die Nachfrage auf dem Weltmarkt genauso fehlt wie in Deutschland. Die Exporterstattung verpufft. Die Bundesregierung hat die Marktordnungsinstrumente genutzt. Wir haben von Januar bis April 2002 64190 Tonnen Butter in die Intervention genommen. Wir haben auch Magermilchpulver fast komplett in die Intervention genommen. Es wurde tatsächlich ausgenutzt, was auszunutzen war. Deshalb ist klar, dass wir diesen

Antrag unterstützen, obwohl er spät gestellt wird. Es wird bereits gehandelt.