Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

Antrag unterstützen, obwohl er spät gestellt wird. Es wird bereits gehandelt.

(Beifall des Abgeordneten Schläger (SPD))

Wir haben schon bei der Agenda 2000 nicht gewollt, dass die Quoten aufgestockt werden, aber es war wegen der Rebellenstaaten Griechenland, Italien, Spanien eben nicht anders möglich.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ranner?

Nein, er kann dann im Ausschuss wieder mit mir streiten.

Ein Verzicht auf die Quotenaufstockung wäre uns lieber gewesen. Ich glaube, Sie sollten einmal ehrlich sein und sagen, nur dadurch, dass wir dieser Quotenausweitung zugestimmt haben, ist es uns überhaupt gelungen, die Quote zu erhalten. Wir werden dafür kämpfen, die jetzt ab 2003 vorgesehene Quotenausweitung nicht zu vollziehen. Wir alle wissen, was das bedeuten würde. Dafür müssen wir auf EU-Ebene Verbündete finden. Ich fordere Sie auf, in den Staaten mit befreundeten Regierungen dafür zu werben, uns zu unterstützen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Nein, den vielleicht nicht, aber ansonsten Österreich, Frankreich usw.

Ich glaube, die Mehrheiten dafür kommen langsam zu Stande. Es sind immer mehr Länder bereit, uns zu unterstützen, die Quote auch nach 2008 beizubehalten. Hier müssen wir Verbündete finden und miteinander arbeiten. Wir müssen dafür sorgen, dass das nicht wieder teuer erkauft werden muss zum Nachteil unserer Landwirte. Wir stimmen dem Antrag zu. Ich würde gerne noch etwas mehr sagen.

(Hofmann (CSU): Sie können Ihre Zeit ruhig verbrauchen!)

Lieber Herr Zengerle, Sie haben Ursache und Wirkung etwas durcheinander gebracht. Aber ich denke, im Ausschuss können wir uns noch ausführlich darüber unterhalten, wieso unsere Bauern in der Situation sind, in der sie sich heute befinden. Sie haben Ihr gerüttelt Maß daran,

(Zuruf des Abgeordneten Loscher-Frühwald (CSU))

dass Bauern nur solche Höfe bewirtschaften, die zukunftsfähig sind. Das heißt, wachsen oder weichen, weil sie auf Ihre Zuschusspolitik angewiesen sind.

(Hofmann (CSU): Das war doch euere Politik in der Vergangenheit!)

Ihre Zuschusspolitik hat geheißen: wachsen und dann trotzdem weichen, weil Sie sich durch Quotenkäufe total überschuldet haben.

(Hofmann (CSU): Ihr habt immer beklagt, dass die bayerischen Bauern nicht konkurrenzfähig sind!)

Herr Hofmann, auch wenn Sie schreien, Sie haben nicht Recht.

Diese Bauern haben sich so überschuldet, dass sie es schlichtweg nicht mehr schaffen. Darum wäre statt der Börsen das Lieferrecht angebracht gewesen. Das haben Sie mit verhindert. Das ist mit eine der Ursachen für diese Situation. Darüber können wir uns aber noch einmal ausführlich unterhalten.

Dem geänderten Antrag stimmen wir trotzdem zu, obwohl wir die Maßnahmen bereits in Gang gesetzt haben.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nachdem wir den Antrag hier schon verabschieden werden, werden wir zu diesem Punkt im Ausschuss nicht mehr reden können.

(Zuruf von der CSU: So ist es!)

Als nächster Redner hat Kollege Sprinkart das Wort.

(Hofmann (CSU): Jetzt bin ich aber gespannt!)

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir werden diesem Antrag zustimmen. Erlauben Sie mir trotzdem einige Anmerkungen.

Der erste Punkt des Antrags, nämlich die Marktordnungsinstrumente verstärkt zur Marktentlastung und Preisstabilisierung einzusetzen, ist überflüssig wie ein Kropf. Frau Lück hat schon gesagt, dass die Bundesregierung dies bereits mache. Der zweite Punkt, die Quotenaufstockung zu überdenken, ist wünschenswert aber utopisch. Der dritte Punkt des Antrags, nämlich die Forderung nach Fortführung der Quoten, macht Sinn, weil wir damit eindeutig Position beziehen, was andere leider nicht machen.

(Loscher-Frühwald (CSU): Überzeugt doch mal die Künast!)

Dazu sage ich noch etwas.

Zum Zweiten stelle ich fest, dass der Antrag „hingeschludert“ wurde. Genau genommen hätte die beabsichtigte Senkung des Interventionspreises in den Forderungskatalog aufgenommen werden müssen, denn diesen zu senken hat die gleichen Auswirkungen wie die Ausweitung der Quoten.

Drittens. Das Bekenntnis zur Milchquotenregelung halte ich für richtig, und wir unterstützen diese Forderung. In nahezu allen Organisationen gibt es dazu geteilte Meinungen. Bis heute liegt – auch wenn das Kollege Zengerle nicht gerne hört – vom Deutschen Bauernverband noch keine offizielle und eindeutige Stellungnahme vor.

Wenn wir denen von Bayern aus ein wenig auf die Sprünge helfen können, ist das nur gut. Sie können davon ausgehen, dass die Bundesregierung keine Position beziehen will, die gegen die Position des Berufsverbandes sein wird. So viel kann ich Ihnen sagen.

(Zurufe der Abgeordneten Hofmann, Zeller und wei- terer Abgeordneter der CSU)

Sie können sich ganz sicher darauf verlassen. Nun soll erst der Bauernverband sagen was er will, dann werden Sie sehen, was die Bundesregierung daraus macht.

Herr Sprinkart, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ranner?

Herr Kollege Sprinkart, ist Ihnen bekannt, dass der Bayerische Bauernverband schon bei der Agenda 2000 vehement für die Weiterführung der Quote eingetreten ist und zig Papiere, zig Erklärungen und Resolutionen zur Weiterführung der Quote erstellt hat? Ich weise Ihren Vorwurf mit aller Entschiedenheit zurück.

Bitte stellen Sie Ihre Frage, Herr Kollege Ranner.

Nun kommt die Frage: Was tut die Bundesregierung, um den Quotenvollzug in Europa sicherzustellen? – Man muss hören, dass in Italien mit einer Million Schwarzquote gehandelt wird. Was tut die rot-grüne Bundesregierung deswegen?

Das ist nicht Gegenstand des Antrags. Herr Kollege Ranner, Sie haben Ohren, um zu hören. Ich habe nicht vom Bayerischen Bauernverband gesprochen; ich habe gesagt, der Deutsche Bauernverband habe in dieser Sache keine klare Position. Ich habe gesagt, die Bundesregierung wird nicht gegen den Berufsverband entscheiden.

Bleiben wir bei der Quote. Die Auflösung der Quotenregelung wäre ein worst case; darüber sind wir uns einig. Aber, wir haben auf Einladung von Landwirtschaftsminister Miller einen Tag lang in Kempten Gespräche geführt. Damit dies nicht umsonst war, möchte ich einige Ergebnisse dieser Tagung bekannt geben. Die Professoren Heissenhuber und Hülsemeier haben deutlich aufgezeigt, dass der Milchpreis auch vermutlich bei der Erhaltung der Quote fallen wird, nicht nur bei Auflösung der Quote. Außerdem haben sie sehr gut aufgezeigt, dass der Milchpreis jetzt schon für viele kleine Betriebe nicht kostendeckend ist. Wir müssen also auch noch eine andere Diskussion führen. Der Erhalt der Quotenregelung ist mitnichten ein Garant für die Erhaltung der flächendeckenden Landwirtschaft, besonders in benachteiligten Gebieten. Bei Wegfall der Quote ist die Wirkung noch viel schlimmer und geht weit über die benachteiligten Gebiete hinaus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus unserer Sicht wäre es wünschenswert, die vereinbarte Erhöhung der Milchquote nicht durchzuführen. Ich schätze, das wird nicht realisierbar sein. In Italien wurde ein Teil der Milchquote bereits erhöht.

Zum Thema Wirksamkeit der Maßnahmen der Marktordnungsinstrumente: Auf Dauer werden Marktordnungsinstrumente den Milchpreis nicht hoch halten. Landwirtschaft hat etwas mit Markt zu tun. Marktordnungsinstrumente werden auf Dauer nicht die Marktmechanismen aushebeln. Der Milchpreis ging letztes Jahr sehr stark hinauf, was damit zusammenhängt, dass Milchprodukte gefragt waren oder die Briten wegen der Maul- und Klauenseuche keine Milch nach Italien liefern konnten. Davon hat die bayerische Landwirtschaft profitiert. Jetzt gibt der Markt nach. Marktordnungsmechanismen sind kurzfristig sicherlich sinnvoll, sie werden auf Dauer das Problem aber nicht lösen. Sie werden wegen WTO auf Dauer nicht haltbar sein. Auch das war ein klares Ergebnis auf der Tagung in Kempten. Man musste aber zuhören und nicht nur dasitzen.

Die Exporterstattungen wurden bereits letzten Herbst kräftig erhöht; Kollegin Lück hat dies ausgeführt. Nun stellt sich die Frage, ob wir uns wegen 20% zu viel Milch auf dem Markt den Milchpreis kaputtmachen lassen sollen. Das ist das Thema A-C-Quote. Das allerbeste Beispiel, dass Marktordnungsinstrumente nicht dauerhaft helfen können, ist der Milchpreis in den Neunzigerjahren. Ich setze voraus, dass die damalige Regierung Ihrer Partei die Marktinstrumente optimal ausgenutzt hat. Sehen wir mal, wie die Milchpreise in den Neunzigerjahren waren. – Auf gut Deutsch gesagt: vernichtend.

Kollege Zengerle rechnet uns nun wunderbar vor, dass ein Cent weniger Milchpreis 70 Millionen e in Bayern ausmachen. Ich nehme an, dass die Zahlen stimmen; ich habe sie nicht überprüft: 1983 haben Sie die Verantwortung für die Agrarpolitik in der Bundesrepublik übernommen. Damals lag der Milchpreis bei 32 Cent. 1984 haben Sie den bayerischen Milchbauern 70 Millionen e aus dem Sack genommen, 1985 waren es noch einmal 70 Millionen e, 1986 waren es 70 Millionen e, 1987 waren es 100 Millionen e. 1988 haben Sie den bayerischen Milchbauern 30 Millionen e gegeben, 1989 noch einmal 100 Millionen e. 1990 haben Sie ihnen wieder 30 Millionen e genommen, 1991 100 Millionen e, 1992 40 Millionen e, 1993 140 Millionen e, 1994 210 Millionen e,1995 250 Millionen e, 1996 270 Millionen e, 1997 250 Millionen e und 1998 140 Millionen e.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Teilen der SPD – Loscher-Frühwald (CSU): Das ist ein Schmarrn!)

Von 1983 bis 1998, also in Ihrer Regierungsverantwortung, macht das für die Milchbauern einen Einkommensverlust von 1,5 Milliarden e Milchgeld aus; uns werfen Sie vor, wir würden nicht handeln.

Zum Thema: Kollegin Lück hat vorhin gesagt, Sie kämen mit Ihrem Antrag zu spät. Ich kann Ihnen genau sagen, um wie viel Sie zu spät kommen – um zwanzig Jahre.

Sie hätten den Antrag damals stellen sollen, damals hätte er funktioniert.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Beim nächsten Punkt handelt es sich um ein Herzensanliegen von mir. Sie fordern, die Bundesregierung solle Maßnahmen ergreifen, um den Milchabsatz zu fördern. Was den Schulmilchabsatz anlangt, ist Bayern eines der Schlusslichter unter den Bundesländern. Der Schulmilchabsatz befindet sich in Bayern im freien Fall. Wir erreichen nur 4,6% aller Schüler. In unserem Lieblingsbeispielsland Nordrhein-Westfalen sind es mehr als dreimal so viel. Es ist eine Schande für das Milchland Bayern. Der Antrag der GRÜNEN vom letzten Jahr, die Schulmilchvermarktung zu fördern, ist mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt worden. Ich frage Sie: Wenn nicht bei den Kindern und Schülern, wo dann sollen wir anfangen, den Milchabsatz in unserem Lande zu erhöhen?