Protokoll der Sitzung vom 16.07.2002

(Beifall bei der SPD)

Jetzt schlagen Sie eine Steuerpolitik vor, die unfinanzierbar ist, die uns in den finanziellen Ruin treiben wird. Allein das Dreimal-vierzig-Programm kostet 170 Milliarden e. Wie wollen Sie dies finanzieren? – In Ihrem Antrag haben Sie dazu keinerlei Vorschläge vorgelegt.

Sechstes Beispiel: die Arbeitsmarktpolitik. Der designierte Superminister Lothar Späth hat die Vorschläge der Hartz-Kommission begrüßt, er hat sie für richtig gehalten. Der Kanzlerkandidat hat sie abgelehnt. Schaffen Sie einmal Ordnung bei sich selbst, bevor Sie innovative, zielgerichtete Vorschläge der Bundesregierung ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Siebtes Beispiel: die Unternehmensinsolvenzen, die Kollege Maget schon angesprochen hat. Laden Sie das Problem der Insolvenzen nicht auf die Bundesregierung ab. Die bayerischen Insolvenzen, insbesondere die Großinsolvenzen, sind hausgemacht, zum Beispiel Kirch. Der Medienstandort München hat durch diese Insolvenz einen schweren Rückschlag erlitten. Sie haben sie mit der maßlosen Kreditpolitik, die betrieben worden ist, mit verursacht.

(Beifall bei der SPD)

Neben Fairchild Dornier und Maxhütte gibt es noch weitere Beispiele, die man anführen könnte.

Wir werden Ihrem umfangreichen Antrag, den Sie vorgelegt haben, nicht zustimmen – das können Sie wohl nicht erwarten, meine Damen und Herren.

(Widerspruch bei der CSU – Abg. Kobler (CSU): Das trifft uns hart!)

Sie haben sechzehn Jahre lang Zeit zum Abarbeiten gehabt, haben aber versagt.

(Beifall bei der SPD)

Ein letzter Satz, Herr Präsident: Wenn Sie wirklich etwas für Deutschland, für den Wirtschaftsstandort, für den Arbeitsmarkt tun wollen, sollten die Staatsregierung und der Kandidat seine Hausaufgaben in Bayern machen. Das ist der beste Dienst, den er für Deutschland leisten kann.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat Frau Staatsministerin Stewens das Wort.

Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der festen Überzeugung, Herr Kollege Maget, Herr Kollege Kaiser und Frau Kollegin Stahl, dass die Staatsregierung ausgesprochen gute Arbeit geleistet hat.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD)

Zusammen mit Baden-Württemberg liegen wir mit 0,9% an der Spitze des Wirtschaftswachstums. Der Bund kann von solchen Zahlen nur träumen. Die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse sind in Bayern um 1,5% gestiegen. Damit liegen wir an der Spitze der westlichen Länder. In Baden-Württemberg beträgt die Zahl 1,3%.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Also eine gute Wirtschaftspolitik im Bund!)

Nach Baden-Württemberg hat Bayern die niedrigste Arbeitslosenquote – im Juni 2002 betrug sie 5,5%, während sie in Deutschland bei 9,5% lag. Im Jahresdurchschnitt 2001 betrug sie in Bayern 5,3%. Wir haben nach Baden-Württemberg auch die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit bei Jugendlichen im Alter bis zu 25 Jahren.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich meine schon, Sie sollten dies einmal zur Kenntnis nehmen – und das trotz einer hohen Einwanderungsquote in Bayern, Herr Kollege Maget; dies ist zu sehen gerade vor dem Hintergrund der Zuwanderungsdiskussion. Im Jahr 2001 hatten wir nämlich einen Zuwachs von 95000 Menschen. Dabei handelt es sich um innerdeutsche Zuwanderungs- und Einwanderungsbewegungen. Die Steigerung beträgt insgesamt 18,7%. Wissen Sie, warum diese Menschen so gerne nach Bayern kommen? – Daran werden die wirtschaftlichen Unterschiede

zwischen Bayern und den anderen Ländern deutlich. Deswegen ist die Offensive Ost so notwendig, wie sie vom bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber vorgeschlagen worden ist.

(Zuruf von der SPD: So heißt er!)

Übrigens sind wir bei der Zuwanderung mit 95000 Menschen absolut und relativ an der Spitze. Die bayerischen Zahlen sind die höchsten, auch im Vergleich mit BadenWürttemberg. Dort sind lediglich 23000 Menschen zugewandert. Sie sollten sich auch einmal fragen, warum die Menschen denn alle so gern nach Bayern kommen.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie meine Zahlen zur Zuwanderung nicht gehört?)

Ich habe Ihre Zahlen sehr genau gehört. Ich frage angesichts Ihrer Zahlen des Öfteren nach Ihrer Logik. Diese vermisse ich leider Gottes.

Lassen Sie mich auch noch auf den Beschäftigungspakt eingehen, der in Bayern seit 1996 existiert.

(Frau Biedefeld (SPD): Existiert hat!)

Im Beschäftigungspakt Bayern haben wir zirka 265000 Arbeitsplätze gesichert und 93000 Arbeitsplätze geschaffen.

(Zuruf des Abg. Wahnschaffe (SPD))

Über den Arbeitsmarkt-Fonds sind Mittel in Höhe von 64 Millionen e in 255 Projekte geflossen. Es ist uns gelungen, 5000 schwer vermittelbare Arbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren – gemeinnützige Arbeitnehmerüberlassung lautet hier das Stichwort.

(Zuruf des Abg. Wahnschaffe (SPD))

Ich glaube schon, dass Sie diese Zahlen zum Beschäftigungspakt ungern hören. Herr Kollege Wahnschaffe, Sie haben zuerst auf die Halbierung der Arbeitslosenzahlen hingewiesen. Dieses ist ein Ziel, das sich die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer, die Gewerkschaften in Bayern im Beschäftigungspakt gemeinsam gegeben haben.

(Maget (SPD): Das ist falsch! Das wissen Sie!)

Sie haben es sich gemeinsam gegeben.

Bis zu diesem Ziel haben wir schon eine gute Wegstrecke zurückgelegt – das ist gar keine Frage. Wir müssen aber auch sehen: Auch wenn für viele Menschen, wie gerade die innerdeutsche Wanderung zeigt, Bayern offensichtlich ein bisschen als das gelobte Land gilt, leben wir doch in Bayern nicht auf einer Insel der Seligen. Wir können uns den Rahmenbedingungen, die uns der Bund setzt, leider Gottes nicht entziehen, und wir leiden natürlich auch in Bayern unter den krassen Fehlentscheidungen in Berlin.

Ich nenne stichwortartig: Rote Laterne beim Wirtschaftswachstum in Europa. Unter Rot-Grün sind wir beim Wirtschaftswachstum auf den letzten Platz zurückgefallen. Hierzu vielleicht ein schönes Zitat des ehemaligen SPDBundeskanzlers Helmut Schmidt: Die Arbeitslosigkeit hat nichts mit der Globalisierung zu tun – das ist immer die Ausrede von Bundeskanzler Schröder –, sie ist vollständig hausgemacht; so nachzulesen in der „FAZ“ vom 9. Juni dieses Jahres.

(Zuruf von der SPD)

Auch in diesem Jahr ist ein Wirtschaftswachstum von deutlich unter 1% zu erwarten. Wir wissen, dass zusätzliche Arbeitsplätze erst ab einem Wirtschaftswachstum von 2,5% entstehen werden. Auch bei den Insolvenzen ist ein Rekordniveau zu erwarten.

(Frau Biedefeld (SPD): In Bayern!)

Die Lage am Arbeitsmarkt ist so schlecht wie seit Jahren nicht mehr. Wir haben derzeit die höchste saisonbereinigte Arbeitslosenzahl seit Dezember 1999 mit insgesamt fast 6 Millionen Menschen.

(Frau Biedefeld (SPD): Den höchsten Zuwachs in Bayern!)

Das heißt: In Deutschland fehlen 6 Millionen wettbewerbsfähige Arbeitsplätze. Im Juni 2002 hatten wir den höchsten Juni-Wert seit 1998. Das heißt: Bundeskanzler Schröder hat in den vier Jahren eigentlich gar nichts erreicht – außer großen Sprüchen ist nichts gewesen.

(Beifall bei der CSU)

Der Stopp des Abwärtstrends ist ihm keineswegs gelungen. Verantwortung für die desaströse Lage am Arbeitsmarkt trägt die rot-grüne Bundesregierung mit ihrer in den letzten vier Jahren verfehlten Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik. Am Arbeitsmarkt ist es nicht gelungen, überhaupt nur ansatzweise positive Impulse für Beschäftigung zu geben. Ich denke daran, dass moderate Reformen der Vorgängerregierung zurückgedreht worden sind. Ich denke zum Beispiel an die Wahnsinnsbürokratie bei den geringfügig Beschäftigten, bei den 325-Euro-Beschäftigungsverhältnissen. Unterhalten Sie sich einmal mit Vertretern der Wirtschaft. Ich denke an den Rechtsanspruch auf Teilzeit, an das Gesetz hinsichtlich der Scheinselbstständigkeit und an die Belastungen durch die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes, die auf die kleinen Handwerksbetriebe und den Mittelstand zugekommen sind. Dies war eine Serie von verheerenden Fehlentscheidungen,

(Beifall bei der CSU)

die den Arbeitsmarkt für Arbeitsuchende letztendlich weiter verschlechtert haben. Die bürokratischen Überreglementierungen und die Einstellungshemmnisse haben den Arbeitsmarkt verriegelt.

Jetzt komme ich zu den von Ihnen hochgepriesenen Hartz-Vorschlägen.

Zugegebenermaßen – ich habe das immer gesagt –, gibt es einige gute Vorschläge. Ich frage mich aber, warum die bislang von der rot-grünen Bundesratsmehrheit abgelehnt worden sind.

(Beifall bei der CSU)

Hartz ist nach meiner Auffassung der 15. SPD-Nothelfer. Das liest sich aber wie das große Sündenregister von Rot-Grün. Ich nenne einige Vorschläge der Hartz-Kommission:

Jobcenter als Anlaufstelle für alle Erwerbstätigen: Das haben wir im Bundesrat eingebracht und wurde von RotGrün am 26. April 2002 im Bundesrat abgelehnt.