Für die Länder ergeben sich – danach haben Sie konkret gefragt – nach dieser Schätzung bzw. nach dem angenommenen Stundenumfang der Sprachkurse Kosten von jährlich 60 Millionen e. Abzüglich von Teilnehmerbeiträgen, die für die Hälfte der Neuzuwanderer mit 0,77 e pro Stunde erwartet werden, rechnet der Bund für die Länder insgesamt mit einer jährlichen Belastung von 49 Millionen e. Wenn von den Neuzuwanderern 15% auf Bayern entfallen, sind schon nach dieser aus unserer Sicht als zu niedrig eingeschätzten Rechnung 7,35 Millionen e jährlich aufzubringen. Das wäre der Betrag für den Freistaat Bayern.
Anspruch auf Sprachförderung haben nach dem Gesetz im Übrigen nur die Ausländer, die erstmals eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Andere Ausländer können im Rahmen verfügbarer Kursplätze zur Teilnahme zugelassen werden. Mittel hierfür werden aber vom Bund nicht gesondert zur Verfügung gestellt.
Herr Staatssekretär, auf den letzten Satz Ihrer Ausführungen bezogen: Nachdem der Ministerpräsident in einem „SZ“-Interview – ich glaube, es war im März – darauf hingewiesen hat, dass es ihm vor allen Dingen auch um die Integration derjenigen geht, die schon lange hier in Deutschland leben, wäre meine Zusatzfrage: Welche Überlegungen gibt es bezüglich der sozusagen nachholenden Integration für diejenigen, die schon länger hier leben? Das, was Sie hier vorgetragen haben, betrifft in erster Linie diejenigen, die neu zu uns kommen.
Wir haben ja einen riesigen Nachholbedarf der Gruppe, die schon lange hier lebt. Was für Konzepte, was für Überlegungen gibt es, da etwas zu tun?
Sie wissen, dass in dem Gesetzentwurf praktisch bis zur letzten Sekunde dieses Thema geregelt war. Es war darin klar formuliert, dass der Bund dafür die Kosten übernimmt. Der Bund hat sich, aus welchen Gründen auch immer, von dieser Verpflichtung, die er im Entwurf formuliert hatte, verabschiedet.
Für die Zukunft gehe ich davon aus, dass die neue Bundesregierung nach dem 22. September hierfür eine Regelung treffen wird, nämlich dass auch für die in unserem Land befindlichen Menschen, die diese Integration brauchen, der Bund seiner Verantwortung nachkommen muss. Darüber gibt es keine Diskussion. Der Bund hat dafür die Verantwortung, und er braucht dafür auch die notwendigen Mittel.
So, wie man es jetzt gemacht hat – ich formuliere es mal ganz einfach: den Inhalt des Topfes gleich zu lassen und zu sagen, das reicht nicht für alle, wir machen es nur für diejenigen, die neu kommen –, ist es eine etwas zu einfache Lösung. Ich wundere mich auch, dass das die Zustimmung von Rot-Grün finden konnte, nachdem die
Herr Staatssekretär, gerade angesichts der Tatsache, dass wir, wie gesagt, bei den schon lange hier lebenden Migranten einen Nachholbedarf haben, frage ich Sie: Ist es denn ausreichend, dann nur zu sagen, dafür soll der Bund zuständig sein? Kann man das Problem nicht dadurch lösen, dass man das zur gemeinsamen Aufgabe erklärt? Denn gerade von diesen Migranten, die schon lange hier leben, profitieren ja auch die Länder, zum Beispiel der Freistaat Bayern.
Die Frage ist also: Wenn der Bund zum Beispiel eine Finanzierung in Aussicht stellt, inwieweit wäre dann der Freistaat Bayern bereit, sich daran zu beteiligen?
Frau Kollegin Köhler, das ist eine rein hypothetische Frage, weil der Bund ja gerade entschieden hat, sich nicht daran zu beteiligen, sondern völlig auszusteigen und dafür keine Gelder zur Verfügung zu stellen. Das halte ich für falsch, und Sie im Übrigen auch, sonst würden Sie die Frage ja nicht so formulieren und sagen: Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen integriert werden.
Wir werden unseren Beitrag insofern zu leisten haben, als wir, wie festgelegt, in den Kindertagesstätten verstärkte Integration brauchen. Ich konnte das an dieser Stelle erst vor acht Tagen noch einmal deutlich machen. Aber in der Breite, wie es aus Ihrer Sicht notwendig wäre und wofür sich der Bund eigentlich zu seiner Verantwortung bekennen müsste, kann das von den Ländern nicht übernommen werden.
Ich sage noch einmal: Ich halte es für unverantwortlich – und insoweit stimme ich Ihnen zu –, dass der Bund sagt: Ich habe nicht genügend Geld, ich mache ein Zuwanderungsgesetz – ich behaupte: mit mehr Zuwanderung –, bin aber nicht in der Lage, dafür Sorge zu tragen, dass die sprachliche Integration für Menschen, die schon im Lande sind, verbessert wird. Das halte ich politisch für nicht schlüssig.
Deshalb wäre es vernünftig gewesen, wenn der Bund sich dieser Verantwortung gestellt hätte, den Gesetzentwurf, der das alles bis zum Schluss beinhaltet hatte, nicht geändert hätte, sondern bei seiner ursprünglichen Konzeption geblieben wäre und die Integrationssprachkurse für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger, die im Lande sind, in die Förderung mit aufgenommen hätte.
Herr Staatssekretär, nachdem seit 1. Juli in Nürnberg das Bundesamt für Migration eingerichtet ist und dort die Sprachkurse konzipiert werden, ist für mich die Frage: Gibt es denn eine Zusammenarbeit zwischen dem Freistaat Bayern und diesem neuen Bundesamt, zum Beispiel in der Frage der Konzeption dieser Kurse?
Wir wissen, in welche Richtung das laufen soll. Wir brauchen den Basiskurs, wir brauchen den Aufbaukurs, und wir brauchen einen Orientierungskurs. Die Stundenzahlen und alle diese Details müssen wir noch festlegen.
Ich bin auch der Meinung, dass diese Verordnung dann, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist und vom Bundesverfassungsgericht überprüft wurde, möglichst schnell kommen muss, um die notwendigen verwaltungstechnischen Maßnahmen vorzubereiten. Nichts spricht gegen Koordination, selbstverständlich. Aber ich gehe schon davon aus, dass die Bundesregierung ihrem Auftrag, wenn das Gesetz verfassungsmäßig ist, sehr schnell nachkommt und die Verordnungen erlassen wird, um das auf dem Verwaltungsweg schnell in die Gänge zu bringen. Daran hat selbstverständlich jeder ein Interesse.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächster Fragesteller wäre Herr Dr. Köhler. Wird die Frage übernommen? – Das sehe ich nicht. Dann wird ihm die Antwort zugestellt.
Herr Staatssekretär! Kann das Projekt Schulsozialarbeit an der Gustav-WalleSchule in Würzburg ab dem 01.01.2003 aus dem Förderprogramm „Jugendsozialarbeit an Schulen“ gefördert werden, damit die erfolgreiche Arbeit fortgesetzt werden kann?
Frau Kollegin Radermacher, dem Sozialministerium liegen weder ein Konzept noch ein Antrag zur Förderung der „Jugendsozialarbeit an Schulen“ an der Gustav-Walle-Schule in Würzburg vor. Deshalb kann auch nur allgemein Position dazu bezogen werden, unter welchen Prämissen eine Aufnahme in dieses staatliche Förderprogramm grundsätzlich möglich ist. Ich darf diese drei Konditionen aus meiner Sicht kurz nennen:
Erstens. Das Jugendamt muss in Abstimmung mit dem Schulamt im Rahmen der Jugendhilfeplanung einen hohen Handlungsbedarf für ein Projekt der „Jugendsozialarbeit an Schulen“ feststellen. Dies ist anhand hoher
Zweitens. Das Konzept muss seinen Schwerpunkt in der Jugendhilfe setzen und den inhaltlichen Eckpunkten der „Jugendsozialarbeit an Schulen“ entsprechen. Das Konzept muss in Abstimmung mit dem Jugend- und Schulamt entwickelt worden sein.
Drittens. Die Gesamtfinanzierung muss gesichert sein. Hierzu bedarf es einer kommunalen Mitfinanzierung sowie gegebenenfalls der Beteiligung eines freien Trägers.
Jetzt noch ganz konkret zu Würzburg, Frau Kollegin Radermacher: Das örtlich zuständige Jugendamt der Stadt Würzburg beabsichtigt jedoch, mit dem Schuljahresbeginn 2002/2003 unter anderem an der Gustav-Walle-Schule ein Angebot der ganztägigen Betreuung und Förderung einzurichten und hierfür auch die kommunale Mitfinanzierung sicherzustellen. Eine Beschlussfassung des Jugendhilfeausschusses ist nach unseren Informationen in der kommenden Woche vorgesehen. Staatliche Fördermittel des Kultusministeriums, das dafür zuständig wäre, werden bereitgestellt.
Die Frage einer Aufnahme in die staatliche Förderung der „Jugendsozialarbeit an Schulen“ ist daher hypothetischer Natur. Die Stadt Würzburg trifft als örtlich zuständiger Träger der öffentlichen Jugendhilfe verantwortlich die Feststellung und Entscheidung, welche Angebote der Jugendhilfe geeignet und erforderlich sind.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, dass der Schulleiter ein Schreiben an die zuständigen Stellen, also auch an die Regierung von Unterfranken, gerichtet hat, in dem er eine Stelle aus dem Förderprogramm „Jugendsozialarbeit an Schulen“ beantragt, weil die Kriterien, die Sie noch einmal vorgelesen haben, auf diese Schule zutreffen? Wie wird das dann bewertet?
Ich kenne das Schreiben, das an die Regierung von Unterfranken oder wohin auch immer – weil Sie gesagt haben: an die zuständigen Stellen – gerichtet wurde, nicht. Es war ja so, dass in den vergangenen Jahren über ABM, also über das Arbeitsamt, eine Begleitung vorgesehen war und das, glaube ich, auch sehr gut funktioniert hat.
Ich darf das mit zwei Bemerkungen etwas ausführlicher darstellen. Zum einen wurden von der Arbeitsverwaltung solche Projekte immer wieder gemacht, und zwar in unterschiedlichster Art, entweder über ABM oder über SAM, also Strukturanpassungsmaßnahmen. Zum anderen hat die Arbeitsverwaltung mit den Trägern vor Ort unmittelbare Konzepte entwickelt, zum Beispiel in Augsburg. Jetzt hat sie aber beschlossen, aus dieser Konzeption – vielleicht gibt es auch noch weitere Konzeptionen – einfach auszuscheiden. Es ist nicht sehr erfreulich,
dass sich die Arbeitsverwaltung so radikal zurückzieht. Wir haben da erhebliche Probleme, weil wir wissen, dass diese Projekte der Arbeitsverwaltung gut gelaufen sind. Jetzt stellt sich die Frage: Wer springt dafür ein?
Ich kann jetzt nicht en detail dazu sprechen, was die Antragstellung in Richtung Ganztagsbetreuung angeht, weil bei uns keine Schreiben bekannt sind. Grundsätzlich darf ich aber zur Frage der Schulsozialarbeit ausführen, dass wir festgelegt haben, dass die laufenden Pilotprojekte ihre Fortsetzung finden und dass wir auch bereit sind, neue Projekte zu implementieren. Wir werden in den kommenden Jahren 350 Projekte an 500 Schulen machen. Dafür werden 10 Millionen zur Verfügung gestellt. Damit steigen wir pro Jahr praktisch mit rund 30 neuen Projekten ein.
Pro Regierungsbezirk handelt es sich um vier bis fünf Projekte. Das ist die momentane Beschlusslage.
Frau Kollegin Radermacher, wir haben festgestellt, dass wir mit diesem Programm der Schulsozialarbeit nicht all das auffangen können, was die Arbeitsverwaltung – manchmal gelungen, manchmal weniger gelungen – vorher initiiert hatte. Ich nenne Ihnen noch eine Zahl: Im Landkreis Augsburg-Aichach-Friedberg und in der Stadt Augsburg gab es ohne jegliche Abstimmung mit anderen Verwaltungen insgesamt 38 Projekte. Da es keine Abstimmungen gab, bestand für uns das große Problem, die Projekte nicht begleiten zu können. Bei aller Bündelung der Ressourcen können wir das nicht auffangen.
Herr Staatssekretär, ich gehe davon aus, dass Sie grundsätzlich die Unterschiede zwischen Schulsozialarbeit und Ganztagsbetreuung kennen und dass Ihr Haus in der Vergangenheit die Schulsozialarbeit immer sehr hoch eingeschätzt und deren Wichtigkeit unterstrichen hat. Deswegen meine Frage: Wenn die angesprochenen Finanzierungsmöglichkeiten nicht mehr ausreichen, was würden Sie dann empfehlen, um die Schulsozialarbeit an Brennpunkten wie der GustavWalle-Schule in Würzburg weiterführen zu können?
Staatssekretär Georg Schmid (Sozialministerium) : Herr Kollege Boutter, Sie haben völlig Recht. Ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu. Unser Haus war es auch, das die Modellprojekte zur Schulsozialarbeit initiiert und festgestellt hat, dass dies wichtige Projekte in besonderen Brennpunktsituationen sind. Ich bin auch der Meinung, dass Projekte, wenn sie gut funktioniert haben und gut gelaufen sind, dann fortgesetzt werden sollen, wenn an einer solchen Schule ganz konkret das Bedürfnis für die Schulsozialarbeit besteht.
Was das Arbeitsamt initiiert hat, ist in der Zielsetzung nicht mit dem identisch, was wir uns mit unserem Programm vorstellen. Ich habe mich damit deswegen sehr
en détail beschäftigt, weil wir in Augsburg über diese 38 Maßnahmen momentan eine heftige Diskussion in der Öffentlichkeit haben. Da sind Projekte initiiert worden, die unmittelbar mit der Arbeitsverwaltung, mit der Frage der Vermittlung der jungen Leute, mit der Frage der Begleitung bei Vorstellungsgesprächen etc. in Zusammenhang standen. Die Zielsetzung war hier oft eine andere.
Liebe Frau Kollegin Köhler, da waren manche erfolgreich und manche weniger erfolgreich, wie ich jetzt höre. Von den Kommunalverwaltungen soll jetzt vieles, was nicht so erfolgreich war, eingestellt werden.
Ganz konkret: Was kann ich empfehlen? – Es kommt darauf an, was man möchte. Hier besteht tatsächlich ein faktischer Unterschied, den Sie kennen, Herr Boutter, wenn Sie Ihre Frage so formulieren, zwischen sozialer Begleitung im Sinne der Konzeption unseres Hauses auf der einen Seite und dem, was das Kultusministerium mit der Ganztagsbetreuung auf der anderen Seite vorsieht. Da stellt sich die Frage, welcher Bedarf an dieser Schule ganz konkret vorhanden ist.
Bisher ist kein konkreter Antrag an unser Haus gerichtet worden. Nach unseren Informationen, die wir in der Kürze der Zeit eingeholt haben, wurde ein Antrag konkret an das Kultusministerium gerichtet. Ich will dies gar nicht hin- und herschieben. Dies hängt damit zusammen, was der Träger haben will. Danach entscheidet sich, welchen Weg man geht. Momentan ist die Situation klar und eindeutig: Ganztagsbetreuung wird gewünscht. Dies ist der konkrete Stand. Sollte sich eine andere Konzeption ergeben, muss man sehen, ob man mit den Ressourcen der neu zu schaffenden Stellen ganz konkret eine Lösung für die Schule finden kann.