Protokoll der Sitzung vom 09.10.2002

Wir hatten beim Ausbau verschiedene Stufen erlebt. Deshalb geht Ihr Antrag jetzt an der Wirklichkeit vorbei. Der Ausbau war erst am bestehenden Standort geplant. Damals hat es geheißen, mit 15 Millionen e vom Frei

staat kann man das machen. Dann hat man die Kosten überprüft, wobei sich herausgestellt hat, die Berechnung stimmt nicht. Dann wurden eine klare Investitionsplanung und eine klare Kostenplanung durchgeführt. Danach hat es geheißen, wenn der Freistaat 25 Millionen e zahlt, kann das Vorhaben durchgeführt werden. Wir haben aus dem Standortprogramm Ostbayern weitere 10 Millionen e vorgesehen, sodass wir jetzt bei 25 Millionen e Staatszuschuss sind. 19 Millionen e sollten die Träger aufbringen, und eine Summe zwischen 4 und 5 Millionen e war noch offen.

Das war Stand der abgestimmten Finanzplanung im Februar des Jahres 2002, geprüft und bestätigt im Auftrag der Träger und von den Trägern des Projekts. Vier Monate später schreiben dann die Träger, das geht nicht. Angeblich können die Träger nicht mehr 19 Millionen, sondern nur noch 10 Millionen e aufbringen. Der offene Betrag muss voll vom Freistaat übernommen werden, ebenso das Defizit bis 2006. Ein Defizit bei einem Regionalflugplatz hat der Freistaat noch nie übernommen. Es hat geheißen, der Staat soll 9 plus 5 plus 4 weitere Millionen e – also insgesamt 18 Millionen e –übernehmen, sonst ist Schluss.

Man tut gerade so, als ob wir vom Staat den Flughafen bauen wollten. Tatsächlich wollen ihn aber die Träger bauen. Davon gehe ich jedenfalls bislang aus. So leicht geht es aber mit der Bezuschussung nicht. Bei dieser o. g. Forderung wäre man bei den bezuschussungsfähigen Kosten über 100% gekommen. Das ist sowieso nicht möglich. Dass man dann nachfragt, warum sich innerhalb von ein paar Monaten die gesamte Finanzierungsgrundlage geändert haben soll, ist logisch. Die Antwort lautete, es gibt zwei Gründe: Erstens seien die Kommunen pleite. Der Spielraum in Hof war in den letzten Jahren aber ohnehin nie groß; das weiß man. Die Situation vor dem Februar 2002 war nicht anders als nach dem Februar 2002. Wenn man schon die Pleite beklagt, muss man sich an den Bund wenden und sich dort Geld holen.

(Zurufe)

Jawohl, siehe Veränderung der Gewerbesteuerumlage. Sie kennen ja die Dinge.

Zweitens ist gesagt worden, die Lage bezüglich des späteren Flugbetriebs ist erheblich unsicherer geworden. Was heißt das konkret? – Auch das muss man hinterfragen. Ist man sich nicht sicher, dass die Charterflieger nach Fertigstellung des Flughafens auch kommen? – Darüber braucht man Klarheit, weil die längere Bahn nach den jetzigen Gegebenheiten praktisch ausschließlich für den Charterflug erforderlich ist. Wenn die Charterflieger nicht mehr kommen, dann baut man einen neuen Flugplatz mit einer Startbahn, die keiner von denen, die sie nutzen sollen, nutzt. Das kann nicht sein. Darum muss man Klarheit haben. Man kann aber nicht sagen, die Perspektiven sind unsicher, darum soll der Staat die Kosten übernehmen. Dadurch werden die Perspektiven auch nicht sicherer.

Meine Damen und Herren, die Staatsregierung hat sich immer hinter das Projekt gestellt. Gerade deshalb muss

man hinterfragen, was los ist. Diese Gespräche werden stattfinden.

Ich sage noch einmal: Wir unterstützen das Projekt, aber wir brauchen natürlich auch Klarheit, was hier läuft.

Jetzt zu Ihrem Antrag: Erstens: Sie sagen, 90 Prozent Zuschuss = 31 Millionen e, also von 24 Millionen e um rund sieben Millionen e erhöhen. Sie sollten dann zu Ihrem Antrag dazuschreiben, wo man das hernehmen soll. Dafür wäre ich dankbar. Zweitens: Damit ist das Thema nicht gelaufen. Denn der letzte Brief von den Trägern – sprich Stadt, Landkreis – hat gelautet: 90 Prozent Zuschuss plus 22 Millionen e Bürgschaft, von der man weiß, dass sie sehr wohl und sehr weit in Anspruch genommen würde.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sicherlich. Da beziehe ich mich auf das erste Schreiben. Wenn man das erste Schreiben mit den hohen Forderungen genau liest, dann weiß man, dass das keine Bürgschaftsabsicherung eines Restrisikos ist, sondern zur Abdeckung eines relativen Hauptrisikos dient. Ob das Ganze zulässig ist, da muss ich gleich ein Fragezeichen dahinter setzen. Wenn man dies mit einer Rückbürgschaft verbindet, wie es bei der gewerblichen Förderung immer gemacht wird, dann müsste sich die Stadt Hof wiederum gegenüber dem Freistaat verbürgen. Dann liefe die Katze auf den gleichen Füßen. Auf diese Weise kommt man nicht weiter. Außerdem gibt es bisher keine Bürgschaft des Staates gegenüber den Kommunen. Das wäre etwas Neues.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Gote ?

Staatsminister Wiesheu (Wirtschaftsministerium) : Nein. – Darf ich einmal die Sachlage darlegen: Oberbürgermeister Döhla teilt mir mit: Wenn es, wie zugesagt, 90 Prozent Zuschuss plus 22 Millionen e Bürgschaft nicht gibt, dann würde man das ganze Projekt insgesamt einstellen. Da kann ich nur sagen: Freunde, auf diese Weise geht es nicht. Erstens: Wer will den Flughafen? – Den will die Region. Zweitens: Der Freistaat fördert ja weitgehend. Drittens: Man kann dann nicht die Verhältnisse umdrehen und so tun, als ob der Freistaat allein das Projekt wolle. Dann wäre man vielleicht bereit, sich mit einem Restbetrag zu beteiligen und die Verfahren weiter zu betreiben. Bisher ist das eine etwas falsche Relation. Darum glaube ich, dass der ganze Stil in den Verhandlungen nicht passt.

Ich verstehe, dass man vor der Bundestagswahl noch Druck ausüben wollte, weil man da die Zuschüsse quasi nur noch einsammeln muss. Aber so leicht geht das nicht, weil einige Fragen im Interesse des Verfahrens abgeklärt werden müssen. Man braucht am Ende eine Planrechtfertigung, man braucht auch bei der Planfeststellung eine Rechtfertigung. Man braucht eine klare Begründetheit für ein derartiges Projekt. Deswegen muss es stimmig sein. Deshalb will ich die Fragen geklärt haben – ich sage das ausdrücklich dazu –, nicht um hinter das Projekt ein Fragezeichen zu setzen, son

dern weil wir ansonsten im luftleeren Raum agieren und der erste Kläger dafür sorgen würde, dass das Projekt aufgehoben würde. Darum brauchen wir eine substantiierte Aussage, und das ist das Thema.

Der nächste Punkt, den ich hier anschneiden will: Ich frage mich bei dieser Gelegenheit – alle bei der SPD sind sehr tüchtig darin zu sagen, der Freistaat solle zahlen, zahlen, zahlen –: Wo bleibt denn der Bund?

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Warum ist denn von euch noch keinem eingefallen: Wenn der Bund den Gemeinden schon die Gewerbesteuer abzieht, warum kann er sich dann nicht etwas beteiligen, wenn die Stadt Hof sagt, sie sei pleite.

(Beifall bei der CSU)

Dort sitzen ihre Kameraden in der Verantwortung. Die brauchen sich doch gar nicht so weit zu beteiligen wie der Freistaat.

(Kaul (CSU): Genossen sind das!)

Bei denen, ja. Nicht bei uns.

Sie sollten sich nur zu einem geringen Teil beteiligen. Herr Verheugen zieht immer herum und sagt, er bringe das Geld aus Brüssel; zumindest kündigt er es an. Wo bleibt er denn, der Kamerad? Auch dafür sollten Sie sorgen. Es geht doch sonst so leicht bei Ihnen, weil Sie behaupten, Sie hätten in Berlin und Brüssel Einfluss. Wo bleibt denn jetzt Ihr Einfluss in Berlin und Brüssel? – Dann bringen Sie doch einmal Geld bei. Das wäre das, was eigentlich notwendig und richtig wäre.

Herr Kollege Hoderlein, es hat keiner verlangt, dass Herr Döhla bereits Grundstücke kauft. Empfehlenswert wäre aber, dass er verhandelt und Vorverträge macht, soweit er kann, und dass er damit Klarheit schafft.

(Wolfrum (SPD): Die muss er doch auch bezahlen, die Vorverträge!)

Sonst erleben wir nämlich, dass man jetzt redet und sich eventuell wieder Zuschüsse einigt, und in einem Jahr kommt er daher und sagt: „Es tut mir leid, jetzt kostet der Grund viel mehr. Jetzt brauche ich wieder einen Zuschuss.“ Bisher haben wir das doch dauernd erlebt. Erste Aussage war 15 Millionen e, dann 10 Millionen e mehr. Jetzt kommen Sie und sagen: „90 Prozent Zuschuss.“ Dann kommt Herr Döhla und sagt: „Noch 22 Millionen e Staatsbürgschaft.“ Dann kommt er wahrscheinlich bei der nächsten Situation wieder und sagt: „Es ist teurer geworden, Staat, du musst das Risiko tragen.“

(Wolfrum (SPD): Wir haben schon Vorverträge gemacht! Das hat uns einen Haufen Geld gekostet!)

Man braucht Klarheit, und es wäre viel mehr Klarheit geschaffen, wenn heute klar wäre, was die Grundstücke kosten. Man braucht noch keines kaufen, man muss nur Vorverhandlungen führen und Vorverträge machen. Das

wäre möglich, wenn man seinen Hintern aus dem Rathaus herausbewegt und mit den Bauern redet.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schläger?

Nein, auch nicht.

(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Solche Ausdrücke möchte ich bitte nicht hören.

Ich beantworte die Frage dann, wenn vonseiten der SPD die Zusagen vom Bund und von Brüssel überbracht werden, dann können wir wieder weiterreden.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Bisher ist das ein sehr einseitiges Geschäft. Der Oberbürgermeister tut sich leicht, wenn er in die Zeitung schreibt: „Ich brauche eine Zusage für die nächsten sieben Millionen und 22 Millionen Bürgschaft, und wenn wir das alles haben, dann machen wir weiter.“ Die Staatsregierung soll dann schauen, dass das Geld herkommt. Da muss man schon sagen, Kameraden: Das ist nicht der richtige Ton, nicht der richtige Umgang. Man muss erst einmal fragen, was rechtlich und faktisch möglich ist und was nicht.

Zu den Grünen: Herr Runge, Sie tun immer so, als ob Sie an der Bundesregierung überhaupt nicht beteiligt wären. Es gibt ein Flughafenkonzept der rot-grünen Bundesregierung. Also, wenn Sie es nicht gemerkt haben: Wir waren die letzten vier Jahre nicht an der Bundesregierung beteiligt.

(Frau Radermacher (SPD): Sechzehn Jahre lang waren Sie an der Regierung! – Weitere Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht kann ich Ihnen das mitteilen.

Es gibt ein Flughafenkonzept der rot-grünen Bundesregierung, in dem steht, dass man die Kapazität in Deutschland verdoppeln will und – ich sage das wertneutral – dass man auch den Passagierzuwachs verdoppeln will, um das damit verbundene Beschäftigungs- und Arbeitskräftepotenzial für Deutschland zu gewinnen. Man will dafür sorgen, dass die neu hinzugewonnenen Passagiere nicht in Amsterdam, Zürich, Wien oder sonst wo wegfliegen. Dafür habe ich logischerweise Verständnis. Aber da sollen die GRÜNEN nicht so tun, als ob sie nicht in der Regierung wären. Kollege Clement, der jetzt Superminister wird, war derjenige, der in NordrheinWestfalen ohne Rücksicht auf Verluste die Flughäfen ausgebaut hat.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es geht um Subventionen!)

Schauen Sie sich Köln-Bonn an.

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er ist kein GRÜNER!)

Er wird jetzt Ihr Partner in der Koalition in Berlin sein, und er führt eine rot-grüne Koalition in NRW, Frau Kellner.

Herr Clement war im Übrigen derjenige, der Ihrem Herrn Trittin die Novellierung des Fluglärmgesetzes vermasselt hat, weil er gesagt hat: „Bei mir im Land müssen die Flugzeuge rund um die Uhr fliegen.“ Deswegen hat er die Packerlflieger nach Bonn gebracht. Das war der Hintergrund. Er wird es auch in Zukunft so betreiben. Ich bin gespannt, inwieweit Sie dann noch Ihre großen Töne spucken werden.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, das wird noch interessant werden. In NordrheinWestfalen hat von den GRÜNEN keiner die Thesen zum Flugbetrieb so vertreten, wie Sie es regelmäßig in Ihrer pharisäerhaften Haltung in Bayern machen.

(Beifall bei der CSU)

Deswegen werden wir sehen, was jetzt in Berlin passiert.