Protokoll der Sitzung vom 24.10.2002

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber es gibt in der CSU Leute, die im Auftrag des Ministerpräsidenten unverschämt werden, indem sie eine prinzipielle Diskussion darüber fordern, ob die öffentlichrechtlichen Anstalten ihrem Auftrag gerecht werden.

(Zuruf von der CSU: Verfassungsauftrag!)

Ich zitiere: „Immerhin werden sie über die Rundfunkgebühren finanziert. Aber für das, was im Wahlkampf gesendet wurde, braucht es nicht das Geld der Zuschauer.“ Solche Aussagen sind ein Skandal.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kein Wunder, dass da die linken Schmierer von der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ nicht mehr

mitkommen. Sie staunen, dem ZDF sei schon vieles vorgeworfen worden, aber selten, ein linker Sender zu sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CSU)

Aber der von Stoiber entsandte Politkommissar droht unbeirrt wieder mit der Gebührenschraube. Die Devise lautet: kuschen, sonst kein Geld. Er fragt öffentlich: Gebühren zahlen für etwas, bei dem man sich nicht repräsentiert fühlt? Wer nun glaubt, das sei die Einzelmeinung eines durchgeknallten Westentaschen-Machiavelli, der täuscht sich. Auch die Staatsregierung sagt ganz dreist: „Wer zahlt, schafft an.“ Da haben sich die Proportionen schon ziemlich deutlich verschoben. CSU und Staatsregierung glauben tatsächlich, dass ZDF und ARD mit ihrem Geld finanziert werden. Sie fordern für fremdes Geld Gehorsam ein.

Staatsminister Erwin Huber macht das geschickter. Auch er kritisiert die Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen, stellt aber den Zusammenhang zum Geld nicht direkt her. Er spricht im ersten Satz über die Berichterstattung, erst im zweiten Satz vom Geld. Erst im zweiten Satz fordert er die Intendanten von ARD und ZDF auf, wegen der Rundfunkgebühr oft nach Bayern zu reisen, denn „es schadet nie, wenn jemand Wallfahrten nach Bayern unternimmt“. Man beachte auch hier die Verschiebung: Wallfahrten unternimmt man zum Allerheiligsten. Hat euer Chef jetzt schon einen Heiligenschein?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der CSU ist die absolute Mehrheit in Bayern zu Kopfe gestiegen. Sie führt sich auf wie die letzte Staatspartei in Europa. Wenn jetzt der Ministerpräsident immer das bayerische Modell anpreist, wird die Freude im Rest der Republik groß sein. Die haben ja schon einmal das Modell Stoiber nicht haben wollen.

Weil der Bayerische Schwarzfunk als Modell für Deutschland ebenso wenig taugt wie das Modell CSUBayern, fordern wir eine Änderung des ZDF-Staatsvertrags. Schon im Juni haben die Ministerpräsidenten der Länder beschlossen, die Reformvorschläge von Simonis und Clement zu prüfen. Da muss auch Staatsminister Huber dabei gewesen sein. Wir haben diese Vorschläge schon geprüft und können sie weiter-empfehlen. Auch Bayern hat einen unabhängigen Rundfunk verdient.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber damit für beide Seiten – den Bayerischen Rundfunk und die CSU – die Entwöhnung nicht zu heftig wird, schlagen wir Ihnen, Kolleginnen und Kollegen, eine Entziehungskur in kleinen Schritten vor. Stimmen Sie unserem Antrag zu, Bayern wird es Ihnen danken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster hat Herr Kollege Freiherr von Redwitz das Wort. Auch er hat einen Redebeitrag von zehn Minuten.

Herr Präsident, Hohes Haus! Herr Kollege Dr. Dürr, auch Ihre einleitenden dürren Worte zum Bayerischen Rundfunk können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie mit diesem Antrag und vor allem mit der Presseerklärung, mit der Sie gestern die Aktuelle Stunde eingeläutet haben, den Bayerischen Rundfunk als Ganzes auf unseriöse Weise verunglimpft haben.

(Beifall bei der CSU – Zurufe des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Dr. Dürr, allein Ihre Aussage – schreien Sie doch nicht immer dazwischen, das machen Sie auch anderswo –, wir bräuchten keinen öffentlich-rechtlichen Bayernkurier für ganz Deutschland, ist eine Beleidigung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks; denn der Bayerische Rundfunk ist und bleibt kein Parteiorgan.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordenten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Da Sie anschließend noch von einem Staatsfunk in Europa sprechen, muss ich Ihnen sagen: Sie kränken die journalistische Ehre eines jeden Journalisten im Bayerischen Rundfunk. Keiner dieser Journalisten wird sich von Ihnen vorwerfen lassen, dass er am Eingang von Freimann seine Eigenständigkeit, seine Eigenwilligkeit, seinen Charakter und seine Selbstständigkeit aufgebe. Sie, Herr Dr. Dürr, titulieren: Schwarzfunk – ein Modell für Bayern, für Deutschland. Ich sage Ihnen: Ja, der Bayerische Rundfunk ist ein Modell für ganz Deutschland und für die anderen ARD-Anstalten, und viele holen sich dort manches, weil er vorbildlich arbeitet. Nicht nur die Qualität seiner politischen Information ist allgemein bekannt. Sigmund Gottlieb ist als einer der ganz großen Fachleute auf seinem Gebiet hoch anerkannt, auch wenn Sie seine persönliche Einstellung nicht teilen mögen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Maget, dass das hohe Niveau der Kultursendungen des Bayerischen Rundfunks – –

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich verstehe nicht, dass Frauen immer dazwischenkreischen müssen, wenn sie anderer Meinung sind – und seiner Magazine allgemein anerkannt sind, sehen wir schon darin bestätigt, dass der Bayerische Rundfunk außerhalb Bayerns fast genauso viel Akzeptanz findet wie innerhalb Bayerns.

Ein Letztes: Die Breite Streuung des Programms, die Versorgung der bayerischen Regionen und der unterschiedlichen Volksstämme etc. soll einmal ein anderer Sender nachmachen.

(Maget (SPD): Denken Sie halt einmal, bevor Sie reden!)

Der Bayerische Rundfunk ist ein Modell für ganz Deutschland. – Schön, wenn Sie sich ärgern, Herr Maget; das freut mich immer; da werden Sie so schön rot.

(Maget (SPD): Pöbelhaft!)

Meine Damen und Herren, Aufhänger für diese Aktuelle Stunde ist wohl die Diskussion in der ARD über die beiden Portraits zur Kanzlerwahl.

(Maget (SPD): Ein Rüpel! Unmöglich! Entschuldigen Sie sich wenigstens!)

Diese zwei Portraitsendungen haben auch Herrn Dürr beschäftigt. Meine Damen und Herren, bei diesen Portraits ist Gleiches ungleich behandelt worden. Dies ist ein objektiver journalistischer Fehler. Vergleichende Darstellung – beide Sendungen sind Kanzlerportrait genannt worden – verlangt einheitliche Grundlagen. Diese sind bewusst nicht gegeben gewesen. Das ist eine politische Manipulation der ARD.

(Beifall bei der CSU)

In diesem Zusammenhang beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk bzw. bei der ARD darauf hinzuweisen, dass die Gebühren zahlenden Zuschauer Anspruch auf saubere journalistische Arbeit haben, liegt, meine ich, im Aufgabenbereich der Aufsichtsgremien des Bayerischen Rundfunks und anderer, die die Allgemeinheit in entsprechenden Gremien vertreten. Es ist wirklich nicht die Meinung der CSU oder einiger Leute, die Sie vorhin aufgezählt haben, dass eine Ungleichbehandlung stattgefunden oder ein journalistischer Fehler vorgelegen hat, sondern „Die Welt“ spricht von einer arrangierten Hinrichtung des Kandidaten Stoiber; die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt, Stoiber ist bei dieser Sendung wirklich nicht gut weggekommen. Dies ist also kein subjektiver Eindruck, den wir haben.

(Frau Radermacher (SPD): Es ist schon hart, eine Wahl zu verlieren!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum zweiten Teil Ihrer Ankündigung in der Pressemitteilung kommen, nämlich die Vertretung der politischen Parteien in den Rundfunkgremien und den Einfluss der Parteien darin. Der Rundfunkrat nimmt auf das Programm keinen Einfluss. Wir haben – das ist nicht auf Ihrem Mist gewachsen – uns mehrheitlich klar geeinigt, dass nicht gesendetes Material gar nicht angeschaut wird, und kontrolliert wird sowieso nur im Nachhinein. Ich gebe gerne zu, dass mancher manchen Wunsch für eine Sendung hätte, sich aber damit nicht durchsetzen kann – beweisen Sie einmal etwas anderes.

Den Einfluss bei Personalbesetzungen, der immer wieder angesprochen wird, schneide ich nur an, frage aber: Wer wirft den ersten Stein? Die Gewerkschaften, die Evangelische Kirche, die SPD oder irgendwelche anderen Vertreter in den Gremien? Ich glaube, hier sollte man mit Vorwürfen vorsichtig sein. Sie haben vor eineinhalb Jahren ein großes Theater bei einer Personalbesetzung im Bayerischen Rundfunk gemacht, wollten jemanden in

Sippenhaft nehmen und hatten kein anderes Argument gegen die betreffende Person. Ich erinnere Sie daran, dass in der Zwischenzeit eine Vielzahl von ganz wichtigen Besetzungen im Bayerischen Rundfunk erfolgt ist, bei denen überhaupt kein Anlass zu einem Vorwurf einer parteilichen Einflussnahme gegeben war. Wenn Sie sich mit diesem Thema ein bisschen genauer beschäftigen wollen, empfehle ich Ihnen, die Rede des Professors Badura bei den Medientagen in der letzten Woche nachzulesen, der sehr grundsätzliche Ausführungen gemacht und unter anderem klar formuliert hat,

(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sachwalter der Interessen der Allgemeinheit sind die Rundfunkräte, nicht Sprachrohr politischer Kräfte. Ich habe den Eindruck, dass Sie sich und einige Ihnen Nahestehende im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks nicht immer an diese Spielregel halten.

(Beifall bei der CSU)

Sie müssen sich damit abfinden: Auch im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks spiegeln sich die gesellschaftlichen Kräfte dieses Landes wider. Solange es der SPD nicht gelingt, den 30%-Deckel zu heben, spiegelt sich dies eben auch im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks wider. Dies führt deswegen aber nicht zu einer unobjektiven Behandlung, meine Damen und Herren.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also nach parteipolitischem Proporz besetzen!)

Ich kann mich sehr gut erinnern, dass Herr Kronawitter häufig versucht hat und in Einzelfällen gemeint hat,

(Maget (SPD): Niemals!)

konkret den Vorwurf machen zu können, dass einseitig parteipolitisch berichtet wurde, dass die SPD zu kurz gekommen sei etc.

(Zuruf von der SPD: Scheinheilig!)

Ich sage Ihnen – das können Sie in den Protokollen des Fernsehausschusses und des Rundfunkrates nachlesen –: Es hat keinen einzigen Fall gegeben, in dem nicht der Fernsehdirektor, vor allem Dr. Fuchs minutiös darstellen konnte, dass die Vorwürfe nicht berechtigt waren, dass die Informationslage an diesem Tag so gewesen ist.

(Frau Radermacher (SPD): Das glauben Sie doch selber nicht!)

Sie lachen darüber – wenn Sie es genau wissen wollen und sich nicht nur darüber lächerlich machen wollen, dann lesen Sie es nach. Es gibt keinen einzigen Fall, in dem der BR nachweislich seiner Objektivität nicht nachgekommen wäre.