Herr Kollege Unterländer, ist Ihnen bekannt, dass das von Ihnen erwähnte AOKEinheitsmodell von den Rechtsaufsichtsbehörden neun anderer Bundesländer genehmigt worden ist, nur nicht vom bayerischen Sozialministerium, und dass die von Ihnen angeführte Bestimmung sich in der Tat auf freiwillig Versicherte bezieht, es aber eine andere neu eingefügte Bestimmung gibt, wonach die Krankenkassen Bonusmodelle für bestimmtes Wohlverhalten durchaus anbieten können?
Herr Kollege Wahnschaffe, mir ist das sehr wohl bekannt. Ihnen sollte aber auch bekannt sein, dass die AOK nicht nur ein Bonusmodell, sondern auch ein Modell für den Selbstbehalt haben wollte. Für den Selbstbehalt gilt diese Regelung ausdrücklich nicht. Deswegen hat das bayerische Sozialministerium korrekt gehandelt.
Zweitens möchte ich die Gewährleistung der Versorgung von Heimbewohnern ansprechen, denen aufgrund der Kosten und des Pflegesatzes nur ein so genanntes Taschengeld verbleibt. Wenn von denen, die besonders auf medizinische Leistungen angewiesen sind, die Zuzahlung aus dem eng bemessenen Taschengeld verlangt wird, kann das ein Mensch mit gesundem Menschenverstand nur schwer nachvollziehen.
Das ist ein Ergebnis der Beratungen mit den Spitzenverbänden, der Selbstverwaltung und dem Bundesausschuss. Deshalb ist es notwendig, dass auch die Sozialhilfeträger und die Krankenkassen zu einer vernünftigen Lösung kommen können. Ich zitiere wörtlich:
Die Krankenkassen können ab sofort eine Befreiung der Versicherten ohne den Nachweis tatsächlich entstandener Zuzahlungen bei Heimbewohnern, die lediglich ein Taschengeld vom Sozialhilfeträger erhalten, ermöglichen. Die Sozialhilfeträger zahlen den entsprechenden Betrag im Juli 2004 an die Krankenkassen.
Für uns ist es sehr sehr wichtig, dass diese Regelung schnellstmöglich umgesetzt wird. Wir sind hier in der politischen Verantwortung gegenüber den Betroffenen und sollten sie auch wahrnehmen.
Drittens. Die Situation des Zahntechnikerhandwerks wird durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz in existenzbedrohender Form verschlechtert. Für die Vergütung zahntechnischer Leistungen werden wegen großer Differenzen zwischen den Beiträgen in den Ländern Neuregelungen eingeführt, nämlich die Festlegung eines Bundesdurchschnittspreises, und auf Landesebene in Vereinbarungen zwischen Kassen und Innungen Abweichungen mit der Möglichkeit von plus bis minus 5 %.
Nachdem sich in Bayern die gegenwärtige Kostensituation mit knapp 10 % über dem Durchschnittspreis darstellt, können in diesem Sektor bis zu 17 % Mehraufwendungen bzw. Kostenerstattungssenkungen für die Zahntechniker erfolgen. Das ist eine Situation, die zur Existenzgefährdung führen kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist dringend notwendig, dass man hier versucht, zu einer Regelung zu kommen, die für die Kassen kostenneutral ist, zu keinen Mehrausgaben führt und als eine Art Übergangsregelung eine Bestandssicherung ermöglicht, um für einen wichtigen Handwerkszweig eine Existenzsicherung zu gewährleisten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die von mir bereits angesprochenen Probleme bei der Umsetzung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes
sind gravierend. Damit ähnliche Probleme bei der Neugestaltung der Zahnersatzkosten ab 2005 im Interesse der Patienten, der Kassen und der Ärzte nicht auftreten – so wie wir das in den anderen Sektoren festgestellt haben, wo die Bundesregierung nicht schnell genug gehandelt hat -, fordern wir die Bundesregierung auf, diesmal rechtzeitig mit den Vorbereitungen zu beginnen.
Wenn sich bei Reformen – wie hier im Krankenversicherungs–, ja im gesamten Gesundheitsbereich – die Notwendigkeit erweist, dass bei Mängeln die Politik reagiert, müssen wir in der Gesamtheit auch den Mut aufbringen, diese Korrekturen miteinander im Interesse aller Betroffenen und Beteiligten vorzunehmen. – Ich bitte deshalb um Zustimmung zu dem Antrag.
(Beifall bei der CSU – Joachim Wahnschaffe (SPD): Das ist zwar richtig, aber keine einseitigen Schuldzuweisungen!)
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich habe ja viel Verständnis dafür, dass Sie im Moment Ablenkungsmanöver brauchen, da Ihnen aus allen Grüften so viel kalter Wind entgegen bläst. Aber der Antrag, den Sie hier stellen, ist ein bundespolitischer Schauantrag. Er ist – um ein medizinisches Bild zu wählen – so überflüssig wie ein Kropf.
Sie begrüßen hier Änderungen bei der Praxisgebühr. Wer war es denn, der die Praxisgebühr im GMG unbedingt hat verankern wollen?
Gegen den Willen der Regierungskoalition und gegen den Willen Ihres Verhandlungsführers Seehofer haben Sie die Praxisgebühr da hineingebracht. Hätten Sie es gleich gelassen, wäre es besser gewesen! An dieser Stelle werden die Brandstifter zu Feuerwehrleuten.
Das ist mir sehr wohl bekannt. Aber was Ihnen wohl nicht bekannt ist, ist, dass auch Ihre Kollegen zugestimmt haben, weil es sich eben um einen Konsens handelt.
Nur wollen Sie im Moment davon nichts mehr wissen. Das ist doch genau das Problem, das wir hier haben.
Auf Druck Ihrer Kolleginnen und Kollegen im Bundestag sind gerade die zum Teil massiven Belastungen für die sozial Schwachen zustande gekommen, als deren Anwalt Sie sich jetzt aufspielen.
Auf der anderen Seite passiert da, wo auf Landesebene in der Gesundheitspolitik Handlungsbedarf besteht, nichts. Warum haben Sie denn zum Beispiel nicht zu Beginn der Legislaturperiode die Gleichbehandlung der bayerischen Landtagsabgeordneten bei der Praxisgebühr verlangt?
Das ist inzwischen zwar korrigiert worden, aber da hätte der Landtagspräsident – Mitglied der CSU – einmal wirklich Zeichen setzen können.
Er hätte sagen können: Wir verzichten! Im Übrigen – um einer weiteren Zwischenfrage zuvorzukommen – : Ich bin freiwillig gesetzlich versichert, ich zahle zehn Euro.
Warum können sich in Bayern die Zahnärzte weigern, sich an das GMG zu halten und ihrer Fortbildungsverpflichtung nachzukommen? Warum können Kieferorthopäden und Teile der Zahnärzteschaft gesetzeswidrig aus der Behandlung mit der Chipkarte aussteigen und so bei breiten Teilen der Patienten für Verunsicherung sorgen, ohne dass rasch etwas passiert ist? – Ich weiß, Frau Stewens, inzwischen ist ein Brief ergangen, aber auch da hat man sich wirklich lange Zeit gelassen.
Es gibt genügend landespolitische Missstände in der Gesundheitspolitik und auch in anderen Feldern, derer Sie sich annehmen könnten, anstatt ständig zu versuchen, nach Berlin zu zeigen und abzulenken.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es schon sehr verwunderlich, diesen Dringlichkeitsantrag der CSU heute vorzufinden. Soweit ich weiß, liegt der Kompromiss in der Gesundheitsreform noch nicht lange zurück, und bei der Aushandlung war Ihr Gesundheitsexperte Seehofer federführend dabei.
Ich finde es sehr merkwürdig, wenn man zuerst an einem Kompromiss mitarbeitet, um sich anschließend leise wieder daraus zurückzuziehen, und sich dann plötzlich als Kritiker aufbauen will, um populistisch Zustimmung zu erheischen.
Natürlich haben große Reformen – und das wäre auch so, wenn überhaupt von Ihnen einmal eine solche initiiert würde – ihre Kinderkrankheiten. Diese Kinderkrankheiten werden im Moment beseitigt. Ich erinnere nur an die Chroniker-Regelung ebenso wie an die derzeit bereits in Bearbeitung befindliche Zuzahlungsregelung für sozial Schwache und Heimbewohner.
Doch nun zu den einzelnen Punkten! - Die Gleichbehandlung zwischen freiwillig Versicherten und Pflichtversicherten ist ein Kompromiss, der auch unter Ihrer Mitwirkung zustande gekommen ist. Ich weiß nicht, warum Sie dieses Forum hier brauchen, um sich zu beklagen, nachdem Sie vorher diesem Kompromiss zugestimmt haben.
Zu den Zahntechnikern: Ich würde Ihnen empfehlen, sich einmal mit Ihrem Bundestagsabgeordneten Zöller in Verbindung zu setzen; denn er hat da federführend mitgearbeitet und dem Kompromiss zugestimmt.
Bei der Zahlung der – ich muss das ablesen, weil der Begriff derart absurd ist – „befundbezogenen Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen
Versorgung mit Zahnersatz“ hat sich die CSU in ihrem unablässigen Treiben, die rot-grüne Bundesregierung anzuschwärzen, irgendwie im Adressaten geirrt.