Protokoll der Sitzung vom 18.07.2007

Wir kommen zur namentlichen Abstimmung über die Anträge, zunächst zu dem Antrag Biedefeld, Steiger, Hoderlein u. a. (SPD) „Unabhängige Studie zur geplanten 380kV-Hochspannungsleitung/Südwestkuppelleitung Halle – Schweinfurt – Altenfeld – Redwitz“, Drucksache 15/7692. Die Abstimmungszeit beginnt. Können wir uns auf drei Minuten verständigen?

(Namentliche Abstimmung von 17.39 bis 17.42 Uhr)

Die Abstimmung ist geschlossen. Die Stimmen werden draußen ausgezählt.

Die Urnen für die neue Abstimmung sind aufgestellt. Wir kommen damit unmittelbar zur Abstimmung über den Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Druck

sache 15/7772. Damit ist die namentliche Abstimmung eröffnet. Es stehen wieder drei Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 17.43 bis 17.46 Uhr)

Die drei Minuten sind abgelaufen. Die Abstimmung ist geschlossen.

Ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg und anderer und Fraktion betreffend „Keine Autobahn durchs Fichtelgebirge – Planungen für B 303 neu sofort beenden“, Drucksache 15/8093, bekannt. Mit Ja haben 44, mit Nein 89 Abgeordnete gestimmt. Es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 5)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 24 auf:

Antrag der Abg. Herbert Müller, Ludwig Wörner, Susann Biedefeld u. a. (SPD) Keine Förderung biogener Energieträger ohne Mindeststandards zum Schutz von Umwelt, Natur, Landschaft und bäuerlicher Landwirtschaft (Drs. 15/8097)

Ich eröffne die Aussprache. Nach der Vereinbarung im Ältestenrat beträgt die Redezeit fünf Minuten je Fraktion. Der erste Beitrag kommt vom Kollegen Wörner. – Herr Kollege Wörner ist nicht anwesend. Dann kommt als nächster Redner Herr Kollege Hintersberger. – Er scheint überrascht zu sein.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Ich bin in der Tat überrascht, aber nicht, weil Kollege Wörner nicht anwesend ist, sondern weil dieser Antrag heute auf der Tagesordnung steht. Ich bin deshalb überrascht und verwundert, weil am 24. Mai im Umweltausschuss dieser Antrag sehr intensiv besprochen wurde und insbesondere durch einen eingehenden Sachvortrag des Vertreters des Landwirtschaftsministeriums klar, kompetent und mit Zahlen und Daten widerlegt und zurückgewiesen worden ist. Deshalb bin ich überrascht.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Klar zurückgewiesen worden ist, ist die entscheidende Feststellung!)

Wenn hier neue, zusätzliche Aspekte zum Antrag aufgenommen sind, dann wäre es gut, wenn der Kollege Wörner vielleicht doch noch vorher spräche. Ansonsten kann ich mich ausschließlich auf diesen Antrag beziehen, in dem Sie auf die Mindestanforderungen bei einer Förderung biogener nachwachsender Rohstoffe eingehen.

Aber dies ist, wie ich schon gesagt habe, schlichtweg falsch. Sie unterstellen, dass es hier letztlich keine Mindestanforderungen gebe und die Erzeugung nachwach

sender Rohstoffe und die Erzeugung von Nahrungsmitteln unterschiedlich geregelt sei.

Sie verfallen sogar auf einen absolut unpassenden Ausdruck – ich weiß nicht, ob Sie es waren, Kollege Wörner, oder der Kollege Müller – und sprechen von sogenannten „Schutz- und Schmutzfl ächen“. Das ist absoluter Unsinn. Ich möchte kurz darauf eingehen und dazu einige Aspekte nennen.

Es gibt einschlägige Bestimmungen insbesondere in der Düngemittelverordnung, im Düngemittelgesetz, im Pfl anzenschutzgesetz, in der Pfl anzenschutzanwendungsverordnung, im Bodenschutzgesetz und im Naturschutzgesetz, die eindeutig und klar regeln, dass die Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen genauso an das Fachrecht gebunden ist wie die Erzeugung von Rohstoffen für Nahrungsmittel und die Erzeugung von Nahrungsmitteln selbst. Ich denke, das ist der entscheidende Punkt. Daher können Sie in keiner Weise so tun, als ob im Bereich der biogenen Energieerzeugung keine verpfl ichtenden Standards vorlägen. Dies zeugt entweder von Unkenntnis, von Scheinheiligkeit oder von Unredlichkeit. Daher entbehrt dieser Antrag jeglicher Grundlage.

Wenn Sie heute – das ist oberster Grundsatz – auf unseren Äckern etwas anbauen, dann muss das jederzeit auch für Nahrungszwecke einsetzbar sein. Dies gilt für Weizen, den die Ethanolfabrik nutzt, der aber auch zum Backen verwendbar sein muss, genauso wie für Mais, der in den Silos einer großen Biogasanlage lagert und jederzeit als Rinderfutter einsetzbar sein muss. Das Gleiche gilt auch für Raps, der zu Biodiesel verarbeitet wird, der aber in Bezug auf Qualität und Standards für die Herstellung von Margarine ebenfalls verwendbar sein muss.

Es ist dabei auch eigenartig, um es gelinde auszudrücken, dass die Kollegen der SPD einen Antrag am 30.10.2006 eingebracht haben, um die Förderung biogener Rohstoffe und Anreize zur Markteinführung biogener nachwachsender Rohstoffe zu unterstützen und zusätzlich 2 Millionen Euro fordern. Ein halbes Jahr vorher haben die GRÜNEN einen ähnlichen Antrag gestellt. Heute wollen Sie mit dem Antrag die Förderung zurückweisen. Dies passt nicht zusammen. Der Antrag geht ins Leere. Er ist unbegründet, und daher wird er von unserer Seite zurückgewiesen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Wörner, streng formal betrachtet ist Ihre Wortmeldung verfallen. Aber der SPD stehen fünf Minuten Redezeit zu. Also, so glaube ich, ist insgesamt nichts gewonnen, wenn man Ihnen die Rede verweigern würde. Das Wort hat Herr Kollege Wörner.

Herr Präsident! Ich bedanke mich. Ich habe ein menschliches Bedürfnis verspürt.

(Dr. Manfred Weiß (CSU): Hoffentlich nicht jetzt!)

Nein, darum war ich vorher. –

Herr Kollege Hintersberger, warum wir einen Antrag noch einmal stellen, müssen Sie uns überlassen. Das ist Punkt 1. Punkt 2: Wenn wir auf der einen Seite die Förderung biogener Pfl anzen befürworten, auf der anderen Seite aber sicherstellen wollen, dass dieser Anbau nicht den Kreislauf der Natur stört, dann widerspricht sich das überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil: Es ist unsere Pfl icht, das zu tun. Wer führt denn das Wort „Nachhaltigkeit“ ständig im Mund? Ihr Minister. Er hieß sogar eine Zeitlang einmal so, glaube ich. Darf ich Sie daran erinnern, dass auch das, was wir tun, nachhaltig ist? Wenn Sie sagen, alles, was in der Natur gepfl anzt werden kann, muss sowohl als Lebensmittel als auch als biogener Rohstoff genutzt werden können, dann frage ich Sie, warum denn Ihr Minister Seehofer den Anbau der gentechnisch veränderten Kartoffel erlauben will, die nicht für den menschlichen Verzehr geeignet ist, weil sie Penicillinresistenzen hervorruft. Erklären Sie mir doch einmal diesen Widerspruch. Wie wollen Sie das, was Sie gerade erzählt haben, auf die Reihe kriegen? Wir stellen zu Recht diesen Antrag noch einmal angesichts gentechnisch veränderter Pfl anzen, die beileibe nicht für den menschlichen Verzehr geeignet sind. Selbst die Engländer, die in solchen Fragen weniger zurückhaltend als wir sind, wollen nicht, dass diese Kartoffel in den Kreislauf der Natur gerät.

Was wollen wir denn? Schauen Sie sich den Antrag genau an. Wir wollen sicherstellen, dass keine standortfremden Pfl anzen in die bayerische Landschaft kommen. Ist das ehrenrührig? Wir wollen keinen Anbau gentechnisch veränderter Pfl anzen. Es gibt auch in Ihrem Lager inzwischen verschiedene Meinungen. Offensichtlich sind Sie sich nicht mehr so ganz einig. Wir wissen, was wir wollen, nämlich diesbezüglich nichts. Denn wir lieben unsere Heimat und wollen die Vielfalt der Arten erhalten. Das geht hin bis zum Bier. Es ist wichtig, dass es möglichst viele Gerstensorten gibt und nicht irgendwann nur noch eine Sorte.

Was Dünger aus Mineralöl und die Verwendung von Fungiziden und Herbiziden betrifft, so gibt es schon einen Unterschied zwischen gentechnisch veränderten Pfl anzen und anderen. Da sollten Sie sich, wenn Sie es nicht genau wissen, kundig machen. Wenn Sie das tun würden, müssten Sie unserem Antrag zustimmen.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Was wollen wir in Wirklichkeit? Wir wollen, dass sichergestellt wird, dass es keine unselige Konkurrenz gibt und dass die Biodiversität, also die Vielfalt, erhalten bleibt. Das wird durch unseren Antrag gewährleistet. Wir wollen nicht verhindern, dass Pfl anzen sowohl industriell als auch für die Erzeugung von Nahrungsmitteln genutzt werden.

Deshalb bedarf es dieses Schutzes, den wir fordern. Wir wollen eines nicht, nämlich dass kontrovers diskutiert wird, ob es wichtiger ist, Pfl anzen zur Erzeugung von Nahrungsmitteln oder für die Energiegewinnung anzubauen. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass der größte Teil der bayerischen Landwirte – ich meine jetzt nicht die großen Farmer – und die kleinen bayerischen Erzeuger in erster Linie vernünftige Lebensmittel herstellen wollen.

Eines darf uns nicht passieren, nämlich dass wir, solange es auf dieser Welt Hunger gibt, Dinge verbrennen, die andere zum Leben brauchen. Was eine solche Haltung mit dem C in Ihrer Partei zu tun hat, müssten Sie dann näher erklären.

(Henning Kaul (CSU): Jetzt gehen Sie aber zu weit!)

Das würde etwas schwierig.

(Henning Kaul (CSU): Wenn man Ihr S in Frage stellt, wird es peinlich für Sie!)

Ich weiß, jetzt rühre ich an einen wunden Punkt. – Ich darf Sie schon daran erinnern, dass man mit dem Äquivalent von 1150 Litern Diesel aus Weizen 28 Menschen ernähren könnte. Man darf diese Rechnung hier wohl aufmachen. Es stellt sich die Frage der Abwägung. Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass keine Konkurrenzsituation entsteht. Wir wollen auch sicherstellen, dass alles, was gepfl anzt wird, sowohl für den Verzehr durch den Menschen als auch für die Erzeugung von Energie geeignet ist. Das können Sie nicht mehr gewährleisten, wenn Sie die gentechnisch veränderte Kartoffel anbauen.

(Beifall bei der SPD – Henning Kaul (CSU): Wir haben schon erläutert, dass das gewährleistet ist!)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Paulig.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir GRÜNE stimmen diesem Antrag zu, weil er in der Tendenz auf eine Entwicklung aufmerksam macht, die wir sehr kritisch begleiten müssen. Wir alle hier sind der Meinung, dass wir mit Biomasse als einer Form der erneuerbaren Energien CO2-Bilanzen verbessern und CO2-Emissionen mindern können. Somit befürworten wir den Einsatz der Biomasse im Energiesektor als Maßnahme zum Klimaschutz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen allerdings ganz genau hinschauen. Es darf keine blinde Euphorie geben, sondern wir müssen Rahmenbedingungen setzen. Wir müssen die Gesetze, die den Biomasseanbau fördern, und die Subventionen, die ihn stärken, kritisch betrachten. Wir müssen sowohl die Nachhaltigkeit des Anbaus bei uns als auch den regionalen Anbau sichern.

Denn in der Tat ist die Problematik nicht ohne. Sie werden inzwischen auch einige Zahlen kennen. Wenn ich Palmöle zum Beispiel für einen Einsatz in einem Blockheizkraftwerk, in der Kraft-Wärme-Koppelung, gewinne oder Palmöl als Biosprit einsetzen will, dann hat das unter Umständen gravierende negative Auswirkungen auf die Klimabilanz, dann nämlich, wenn in Südostasien dafür Tropenwald gerodet wird. In diesem Fall wird das Acht- bis über Zwanzigfache an CO2-Emissionen freigesetzt, als wenn ich ganz normal einen Liter fossilen Erdöls verbrennen würde. Das müssen wir wissen und hier ist gegenzusteuern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie wissen selbst, dass nach der von den GRÜNEN umgesetzten Befreiung von der Steuer die jetzige Besteuerung von Biosprit zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen der bayerischen Betriebe führt und auch weitere Probleme bringt, wie beispielsweise die Auswirkungen des Imports von Biomasse, Biosprit oder Pfl anzenöl. All dies ist ein fataler Zyklus.

(Zurufe von der CSU)

Daraus resultiert unsere Forderung: Keine Förderung biogener Energieträger ohne Mindeststandards. Das betrifft sowohl den Biosprit als auch die Verbrennung im Blockheizkraftwerk oder wo auch immer. Das bedeutet: Wir müssen die Subventionen in der Landwirtschaft so ausrichten, dass keine nachteiligen Effekte des Biomasseeinsatzes in den unterschiedlichen Bereichen auftreten.

In der Tat war auch ich erstaunt, Herr Hintersberger, wie offen sich der Vertreter der Staatsregierung im Ausschuss geäußert hat, dass die Gentechnik im Energiepfl anzenanbau in Bayern nichts verloren hat. Das war erfreulich und das begrüßen wir.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Wort noch zu der eben angesprochenen Zulassung der Kartoffel mit ihrem besonderen Stärkemuster. Das ist zwar fatal, hat aber mit Energieerzeugung, bzw. mit Biomasse zur Energieerzeugung, nichts zu tun. In der Tat wird jetzt letztendlich ein Kartoffelanbau für die Industrie zugelassen, der Antibiotikaresistenzen bewirken kann. In diesem Fall ist es Kanamycin, das beispielsweise bei der Tuberkulosebekämpfung eingesetzt wird. Dies kann über Austräge in die Umwelt zu negativen zusätzlichen Resistenzeffekten bei Menschen führen.

Wenn Sie den Klimaschutz ernst nehmen und den Biomasseeinsatz befürworten, müssen Sie konsequenterweise auch die Anbaumethoden in Bayern kritisch beleuchten. Wir wissen durch die Untersuchungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, dass der ÖkoAnbau nur die Hälfte des Energieeinsatzes benötigt, den man für die konventionelle Landwirtschaft braucht. Das heißt, der Öko-Anbau ist per se deutlich günstiger als der Anbau von Energiepfl anzen im konventionellen Landbau. Wenn wir also die Bilanzen wirklich verbessern wollen,