Protokoll der Sitzung vom 18.07.2007

Wenn Sie den Klimaschutz ernst nehmen und den Biomasseeinsatz befürworten, müssen Sie konsequenterweise auch die Anbaumethoden in Bayern kritisch beleuchten. Wir wissen durch die Untersuchungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, dass der ÖkoAnbau nur die Hälfte des Energieeinsatzes benötigt, den man für die konventionelle Landwirtschaft braucht. Das heißt, der Öko-Anbau ist per se deutlich günstiger als der Anbau von Energiepfl anzen im konventionellen Landbau. Wenn wir also die Bilanzen wirklich verbessern wollen,

müssen wir hier fl ächendeckend auf den Öko-Anbau umstellen, so unangenehm Ihnen das ist. Aber nehmen Sie die Zahlen, nehmen Sie die Bilanzen und nehmen Sie den Klimaschutz ernst.

(Zurufe von der CSU)

Nicht zuletzt darf ich an Folgendes erinnern: Umweltminister Schnappauf hat auf der „Biofach“ genau dazu eine Ausstellung eröffnet: Energieverbrauch, Öko-Anbau, konventioneller Abbau. Ich erinnere: Es ist die Hälfte des Energieeinsatzes im Öko-Landbau zu verzeichnen im Vergleich zum konventionellen Landwirtschaftsanbau. Und das bringt Klimaschutz.

(Zurufe von der CSU)

Natürlich hat das etwas mit dem Antrag zu tun. Denn wenn ich umweltverträglich und nachhaltig Biomasse gewinnen will, dann darf ich letztendlich nicht nur einen Standard für Lebensmittel im konventionellen Anbau fordern, sondern ich muss grundsätzlich auf einen absolut nachhaltigen Öko-Anbau setzen.

Das würde im Vergleich der beiden landwirtschaftlichen Anbaumethoden bedeuten, dass ich 50 bis 60 % der CO2-Emissionen pro Hektar einspare. Das ist der Weg, den wir konsequent gehen müssen.

Ihr Denken ist noch mit erheblichen Scheuklappen versehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber irgendwann sind Sie sicherlich auch so weit zu erkennen: Diesen Weg müssen wir gehen, wenn wir tatsächlich Biomasse zum Klimaschutz bei der Energieerzeugung einsetzen wollen.

Frau Kollegin, Sie sind über der Redezeit.

Schauen Sie sich also künftig einmal die Unterlagen Ihrer Landesanstalt an und überlegen Sie, was künftig beim Anbau der Energiepfl anzen zum Wohl des Klimas und für die Erhaltung der Biodiversität verändert werden muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat der Herr Landwirtschaftsminister.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mir gewünscht, dass diejenigen, die jetzt am Rednerpult gestanden sind, die Unterlagen der Landesanstalt und der einschlägigen Hochschulinstitute genauer angeschaut hätten. Frau Kollegin Paulig, seien Sie doch so ehrlich zu sagen, dass der Ökolandbau pro Hektar zwar weniger Energie verbraucht, dass aber pro Produktionseinheit, also pro Kilo Milch oder pro Kilo

Fleisch kaum Unterschiede bestehen. Sie sollten das ehrlich vortragen.

(Zuruf der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Beim Kollegen Wörner weiß ich jetzt gar nicht, für was er eintritt.

(Zurufe von der SPD)

Ist er noch für die Erzeugung nachwachsender Rohstoffe oder lehnt er das inzwischen ab? Ich kann nur sagen, die Landwirtschaft hat bis zum Zweiten Weltkrieg immer Energie erzeugt. Wir verwenden derzeit viel zu viel Energie, die im Boden gespeichert ist, und erzeugen damit jede Menge CO2. Aber wir müssen wieder mehr das verwerten, was auf der Erde wächst. Wenn Sie sagen, man könne alles, was natürlich ist, als Nahrungsmittel zulassen, und was nicht natürlich ist, könne man als Nahrungsmittel nicht zulassen, dann nur Folgendes: Die Tollkirsche ist ganz natürlich, sie ist allerdings als Nahrungsmittel nicht zu empfehlen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Was Sie in Ihrem Antrag fordern, ist ein Katalog vieler überfl üssiger Regelungen. Wenn Sie sich mit dem Thema wirklich auseinandergesetzt hätten, wären Sie darauf gekommen, dass vieles, was Sie in Ihrem Antrag ausführen, längst geregelt ist. Ein anderer Teil ist nicht sinnvoll, weil damit absehbar notwendige Entwicklungen behindert würden.

Wenn Sie sagen, wegen des Klimawandels dürften nur einheimische Pfl anzen verwendet werden, dann hängen Sie sich doch in etwas ungeheuer hinein, was die Natur von sich selbst aus macht. Trockenresistente Bäume würden aus dem Süden Europas nach dem Norden vordringen. Aber das können sie bei uns nicht, weil der Alpenriegel dazwischensteht. Da wird der Mensch wohl zum Teil nachhelfen müssen. Und dann sprechen Sie auch die Gentechnik hier an. Wir können das Gentechnikrecht nicht ändern; denn wir sind ein Rechtsstaat. Wir machen nur das, was unter Rot-Grün in Europa beschlossen wurde. Das wird durchgesetzt. Was wir tun können, ist aufzupassen, dass die auf europäischer Ebene getroffenen Bestimmungen überall eingehalten werden und zwar sowohl im Food- als auch im Non-Food-Bereich. Ich frage mich schon, was diese Diskussion hier soll. Sie müssen sich doch selbst kritisieren, nachdem Sie das alles zugelassen haben während Ihrer rot-grünen Regierungszeit. Ich habe da nie eine Kritik von Ihnen gehört. Natürlich können die Landwirte selbst auf die Anwendung von gentechnisch veränderten Pfl anzen verzichten.

Herr Hintersberger ist schon darauf eingegangen, dass die gleichen fachlichen Vorgaben im Food-Bereich wie auch im Non-Food-Bereich zu gelten haben.

Was die Monokulturen anbelangt, so ist das im CrossCompliance-Regelwerk für alle Formen der Produktion

genau vorgeschrieben. Ansonsten erfolgen Kürzungen bei den Direktzahlungen.

Nun fordern Sie in Ihrem Antrag auch noch, industrielle Anbaumethoden zu verhindern. Grund und Boden sind in bäuerlicher Hand. Die Bauern werden alles tun, fachgerecht zu wirtschaften. Sie werden die gute fachliche Praxis einhalten müssen, weil auch dies im Cross-Compliance-Regelwerk vorgegeben ist.

Wenn Sie nun Befürchtungen haben, dass beim Import von Energiepfl anzen mehr Energie verbraucht wird, als dann die Energiegewinnung ausmacht, so müssen Sie sich entgegenhalten lassen, dass diese Produkte so energiehaltig sind, dass bei einer Ladung von 30 000 Liter Pfl anzenöl nur 1 Promille Energie verbraucht wird, um 100 Kilometer zu fahren. Da haben Sie keine Chancen.

Aber auch wir setzen uns durchaus dafür ein, dass die aus den importierten Energiepfl anzen gewonnenen Produkte nur dann verwendet werden, wenn sie ökologisch in Ordnung sind. Hierzu gibt es Initiativen zur internationalen Zertifi zierung; es müssen beispielsweise bestimmte Standards vorgelegt werden. Die Bundesregierung hat hierzu nachhaltige Zertifi zierungsgrundsätze aufgestellt.

Beim Palmöl, das Sie auch angesprochen haben, wird nach dem jetzt vorliegenden Erfahrungsbericht des Bundesumweltministeriums vorgeschlagen, es solange von der Vergütungspfl icht auszuschließen, bis ein wirksames Zertifi zierungssystem vorgelegt ist.

Es ist also sehr, sehr viel geregelt. Wir alle wollen, dass auch nachwachsende Rohstoffe ökologisch nachhaltig erzeugt werden. Wir haben viele Regelungen. Wenn wir noch welche brauchen, werden wir welche machen. Aber die, die Sie anführen, die sind dazu nicht geeignet.

(Beifall bei der CSU)

Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfi ehlt die Ablehnung des Antrags. Wer dagegen dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Die CSU-Fraktion.

(Christine Stahl (GRÜNE): Das ist Ihr kleines Weltbild!)

Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:

Antrag der Abg. Henning Kaul, Joachim Unterländer, Dr. Jakob Kreidl

u. a. (CSU), Joachim Wahnschaffe, Johanna WernerMuggendorfer u. a. (SPD), Dr. Martin Runge u. a. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens (Drs. 15/8120)

Es ist jetzt doch eine Aussprache vorgesehen, und zwar fünf Minuten pro Fraktion. Außerdem ist eine namentliche Abstimmung beantragt.

Ich darf als Erstes dem Kollegen Kaul das Wort erteilen.

(Alexander König (CSU): Sehr gut!)

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesländer leisten im Rahmen ihrer Zuständigkeit, die verfassungsmäßig ist, in Abstimmung mit der Bundesregierung ihren Beitrag zur Lösung von Nord-Süd-Problemen, aber auch Entwicklungszusammenarbeit. Die Grundsätze der bayerischen Entwicklungszusammenarbeitspolitik sind letztmalig zusammengefasst worden in der Landtagsdrucksache 14/8451 vom 5. April 2001.

Im Februar dieses Jahres hat der Landtag auf Antrag unserer Fraktion die Staatsregierung aufgefordert, einen Bericht zur Umsetzung der Beschlüsse der Ministerpräsidenten von 1998 vorzulegen. Dieser Bericht liegt seit Mai dieses Jahres vor und ist von jedem nachlesbar.

In der CSU-Fraktion arbeitet seit dem 1. November 2003 eine ständige Arbeitsgemeinschaft „Entwicklungszusammenarbeit“, die früher nur sporadisch zusammenkam. Diese Arbeitsgemeinschaft hat im Frühjahr dieses Jahres eine Initiative gestartet, um gegen den Erwerb von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit vorzugehen. Die Anregung dazu bekamen wir vom Landeskomitee der Katholiken, von der evangelischen Landeskirche und von dem Eine-Welt-Netzwerk Bayern.

In Deutschland gilt das Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit bereits seit 1839. Damals ist auch die Gewerbeaufsicht eingeführt worden, um dieses Verbot kontrollieren zu können. Das Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit war auch die Geburtsstunde der staatlichen Sozialpolitik in den deutschen Ländern.

In manchen Staaten unseres Planeten, meine werten Kolleginnen und Kollegen, gibt es aber nach wie vor ausbeuterische Kinderarbeit, und deshalb ist die Ächtung dieses Tatbestandes aufgenommen worden durch die Internationale Arbeitsorganisation – ILO –, die in einer eigenen Konvention diese Ächtung ausgesprochen hat. Die Bundesrepublik Deutschland ist dieser Ächtung im Jahr 2001 durch Ratifi zierung beigetreten.

Gestützt auf diese internationale Vereinbarung, haben auch viele Kommunen in Bayern mittlerweile Richtlinien erarbeitet, um die Beschaffung von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit zu verhindern.

In einem eigenen Antrag wollte die CSU-Fraktion nun solche Kriterien auch für das Beschaffungsprinzip unseres Freistaates aufstellen. Zur gleichen Zeit hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch einen solchen Antrag formuliert. Wir haben dann versucht, da es nun wirklich ein weltumspannendes Thema ist, das nicht parteiisch auszunützen, sondern uns zusammenzusetzen, um eine gemeinsame Formulierung zu fi nden. Diese Formulierung haben wir gefunden unter Hinzunahme des Eine-Welt-Netzwerks Bayern, und ich glaube, wir sollten diese Chance nutzen.

Die Vermeidung von ausbeuterischer Kinderarbeit, werte Kolleginnen und Kollegen, ist, wie ich meine, ein grundsätzlicher christlicher und humaner Auftrag, der weltweit gilt. Sie ist aber gleichzeitig ein wirksamer Beitrag zur Schaffung verbesserter Strukturen in den entsprechenden Ländern.

Mir ist klar, dass wir mit solch einem Antrag, wenn er zum Beschluss wird, nicht unmittelbar auf die entsprechenden sozialen Strukturen unserer wirtschaftlichen Partnerländer Einfl uss nehmen können, denn darum geht es. Aber ich meine, es ist wert, dass wir alle Möglichkeiten, die wir trotzdem haben, nutzen, auch im Beschaffungswesen unseres Freistaates und unserer öffentlichen Einrichtungen und Kommunen, alles zu tun und zu nutzen, um die Kinderarbeit als moderne Sklaverei zu unterbinden.