Mir ist klar, dass wir mit solch einem Antrag, wenn er zum Beschluss wird, nicht unmittelbar auf die entsprechenden sozialen Strukturen unserer wirtschaftlichen Partnerländer Einfl uss nehmen können, denn darum geht es. Aber ich meine, es ist wert, dass wir alle Möglichkeiten, die wir trotzdem haben, nutzen, auch im Beschaffungswesen unseres Freistaates und unserer öffentlichen Einrichtungen und Kommunen, alles zu tun und zu nutzen, um die Kinderarbeit als moderne Sklaverei zu unterbinden.
Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Antrag, über den wir textlich monatelang gestritten haben, heute so, wie er in fünf Ausschüssen einstimmig
und in einem Ausschuss mit drei Enthaltungen beschlossen wurde, in diesem Haus eine entsprechende Würdigung erfahren könnte. Das wäre ein Signal nach draußen, nicht nur in Bayern, sondern innerhalb Deutschlands.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Landtagsfraktion ist sehr froh, dass dieser Antrag heute gemeinsam verabschiedet wird, ich hoffe, auch mit einer großen Mehrheit, damit wir deutlich machen können: Entwicklungszusammenarbeit geht uns eigentlich alle an.
Wir können nicht so tun, als wäre das nur eine Angelegenheit des Bundes. Ich denke, auf allen Ebenen haben wir das, was wir tun können, dazu beizutragen.
Es gab in den vergangenen Jahren zwar, wenn man sich die Unterlagen anschaut, eine ganze Reihe von Versuchen, solche Anträge gegen die ausbeuterische Kinderarbeit zu initiieren. Leider sind sie bis zu diesem Antrag an der Mehrheit gescheitert. Umso dankbarer sind wir alle, glaube ich, dass es diesmal zu klappen scheint.
Besonders möchte ich dem Eine-Welt-Netzwerk Bayern danken, dessen Vertreter den Antrag initiiert und letztlich auch sehr exakt ausgearbeitet haben. Zu verdanken ist dies der Hartnäckigkeit, aber auch der Überzeugungskraft der Argumente, die von den Menschen gekommen sind, die ehrenamtlich in diesem Bereich arbeiten. Ich fi nde es großartig, dass wir uns alle haben überzeugen lassen. Wer wie ich seit Jahren ein kleines Entwicklungshilfeprojekt betreut, weiß auch, wovon er spricht. Umso notwendiger ist es.
Es war die Diskussion, ob wir auch den Bund oder nur den Bund verpfl ichten sollten zu handeln. Ich denke, mit dem Antrag, den wir jetzt gemeinsam haben, mit dem wir alle Ebenen, uns selber, aber auch die Staatsregierung, einbinden und sagen: Wir müssen alles das, was wir tun können, auch tun, haben wir wirklich den Durchbruch geschafft. Ich denke, es wäre nicht so toll gewesen, wenn wir die Kommunen aufgefordert hätten, die Öffentlichkeit, die Unternehmer und den Bund, aber selber nicht das tun würden, was wir tun können.
Deshalb geben wir unsere volle Zustimmung. Ich hoffe, dass wir die Kollegen in der CSU-Fraktion, die noch nicht davon überzeugt sein können – das soll es ja auch geben, das ist auch nicht schlimm –, im Laufe der Zeit überzeugen können. Es wird wichtig sein, dass wir die sechs Punkte, die wir heute beschließen, mit Leben erfüllen. Denn wenn sie nur auf dem Papier stehen,
werden sie den betroffenen Kindern wenig nützen. Wir werden alle, jeder an seiner Stelle, schauen müssen, dass wir das, was wir beschließen, auch in die Tat umsetzen. Wenn uns das gelingt und wenn wir nach einem oder zwei Jahren die ersten positiven Berichte haben, dann hoffe ich, dass wir uns alle in diesem Antrag wiederfi nden können.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut. Viereinhalb Jahre mit Anträgen, Lockungen und Drohungen haben gefruchtet. Wir sind froh und glücklich darüber, dass dieser fraktionsübergreifende Antrag zustande gekommen ist, sodass in Konsequenz eines
solchen Beschlusses Bayern als erstes Land Produkte, in welche ausbeuterische Kinderarbeit eingefl ossen ist, bei der Beschaffung durch seine Behörden ausschließen muss. Die meisten von Ihnen wissen, dass die Kernarbeitsnormen der ILO wie Recht auf Koalitionsfreiheit, Verbot von Kinderarbeit und Verbot von Sklavenarbeit sowie Verbot von Diskriminierung für alle Staaten Pfl icht sind. Sie sind selbst für die Staaten Pfl icht, die die ILOKonvention nicht ratifi ziert haben.
In der Praxis sieht es aber anders aus. Solche Normen müssen berücksichtigt werden und solche Normen gilt es selbstverständlich auch zu leben. Die Kollegen haben auf die Problematik hingewiesen, welche dem Antragsbegehren zugrunde liegt. Klar ist auch, dass es bereits heute praktikable Wege gibt, um auf diesem Gebiet für Verbesserungen zu sorgen.
Unser Anliegen war es, dass sich der Landtag nicht aus der Verantwortung stiehlt, dass er nicht nur auf die Zuständigkeiten des Bundes hinweist, sondern dass er im Bewusstsein und mit der Zielsetzung entscheidet, dass der Freistaat selber handeln kann und handeln muss. Das wissen wir spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom letzten Jahr zur Berliner Tariftreueregelung. Der Kollege Unterländer hat gegenüber der Presse am 14. Juni 2007 Folgendes erklärt, soweit man das für bare Münze nehmen kann; Herr Unterländer, ich darf zitieren, was Sie gesagt haben sollen: Den Landtagsfraktionen sei natürlich klar, dass das vorläufi g nur einem Appell, aber doch einem wichtigen Signal gleichkomme.
Nein, Herr Unterländer, es ist nicht nur ein Signal, sondern es ist eine Verpfl ichtung für die Staatsregierung. Wir alle wollen fraktionsübergreifend ein Muss für die Ministerien und für die diesen nachgeordneten Behörden sowie auch für staatliche Unternehmungen und Beteiligungen. So steht es auch ganz klar im Antrag. Es ist also nicht nur ein Signal, sondern schon eine Verpfl ichtung.
Mit dem Antrag und mit der heutigen Beschlussfassung ist ein ganz wichtiger Schritt getan worden. Wir danken allen Beteiligten, vor allem danken wir den Mitgliedern in der CSU-Fraktion, die ein hartes Stück Arbeit in ihrer Fraktion leisten mussten. Der Freistaat Bayern übernimmt mit dem heutigen Beschluss eine segensreiche Vorreiterrolle weit über die Grenzen des Freistaates hinaus. Wir bitten um breite Zustimmung.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Es sind noch keine 15 Minuten seit Ankündigung der namentlichen Abstimmung vorüber. Ich rufe deshalb den nächsten Tagesordnungspunkt auf, und wir stimmen im Anschluss daran über diesen Antrag ab.
Antrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Integrierte Stadtentwicklung – Interministerielle Zusammenarbeit Soziale Stadt 3 (Drs. 15/7893)
Ich eröffne die Aussprache. Fünf Minuten pro Fraktion sind vereinbart. Als Erstes darf ich Frau Kollegin Kamm ums Wort bitten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen Sie mit diesem Antrag auffordern, die Programme im Rahmen des Bund-Länder-Programms zur Förderung von Stadtteilen „mit besonderem Entwicklungsbedarf – die Soziale Stadt“ durch alle Ministerien besser zu unterstützen und eine bessere interministerielle Zusammenarbeit zu pfl egen.
Die Aktivitäten im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ werden von der Obersten Baubehörde sehr vorbildlich und mit sehr großem Engagement vorangetrieben. Sie erfreuen sich in den Kommunen sehr großer Beliebtheit. Die Kommunen wissen auch, dass es nicht reicht, wenn in den betroffenen Stadtteilen nur die bauliche Situation verbessert wird. Mindestens ebenso wichtig sind natürlich auch die Aktivitäten der anderen Bereiche wie zum Beispiel Bildung, Soziales oder Wirtschaft mit geeigneten Programmen. Vor Ort wird durch die Kommunen mit Unterstützung des Bauministeriums intensive Arbeit geleistet, und es werden gute Erfolge erzielt. Vonseiten des Bildungsministeriums gibt es aber keine Unterstützung. Zum Beispiel gibt es keine Sprachlernklassen, auch wenn es erforderlich wäre. Es gibt auch keine Integrationsmaßnahmen durch das Sozialministerium oder auch keine Förderprogramme für Kleingewerbebetriebe durch das Wirtschaftsministerium.
Das Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik hat in seiner Zwischenevaluation dieses Bund-Länder-Programms eine stärkere Hinwendung zu einem integrierten Handlungsansatz gefordert, damit dieses Programm effektiver umgesetzt werden kann. Ich möchte Sie an dieser Stelle daran erinnern, dass Ministerpräsident Stoiber in seinen Reden bei Veranstaltungen sowohl des Bayerischen Städtetages als auch des Deutschen Städtetages nicht müde wird, auf die schwierigen Situationen in bestimmten Gemeinden oder Stadtteilen hinzuweisen. Vor diesem Hintergrund erwarte ich, dass auf der Basis dieser Erkenntnisse Handlungsprogramme aufgelegt werden und dass es Ihrerseits nicht damit abgetan ist, dass nur die bauliche Situation verbessert wird. In der Tat müssen diese Aktivitäten im Rahmen der Sozialen Stadt durch die Wirtschaftsförderung, die Gewerbeförderung, die Arbeitsbeschaffung, durch Bildung und berufl iche Bildung und Integration mit geeigneten zusätzlichen Angeboten und Programmen unterstützt werden.
Das Leider bezieht sich auf das Nur. Die anderen Ministerien, die auch ihren Beitrag dazu leisten sollten, sind hier leider nicht vertreten. Das bedauere ich. Dennoch hoffe ich, mit diesem Antrag einen Anstoß geben zu können, damit in Zukunft mehr getan wird, um die Aktivitäten intensiver und fruchtbarer zu gestalten.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag ist aus unserer Sicht – das haben wir in den Ausschussberatungen auch schon dargestellt – überfl üssig wie ein Kropf. Er ist deshalb überfl üssig, weil die interministerielle Zusammenarbeit längst funktioniert. Das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“, das wir ausdrücklich begrüßen, ist in der Praxis eben nicht auf städtebauliche Maßnahmen begrenzt, sondern es schließt auch gerade die soziale Infrastruktur mit ein. Die Maßnahmen zur sozialen Integration werden über die Projekte der sozialen Stadt bereits jetzt unterstützt. Auf der konzeptionellen Seite gibt es eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen der Obersten Baubehörde und den anderen Häusern. Ich habe es selbst erlebt, weil dieses Projekt im Münchner Norden in zwei Stadtvierteln realisiert worden ist. Dort wurden Maßnahmen ausdrücklich über die städtebaulichen Ansätze hinaus im Sinne eines integrativen Ansatzes durchgeführt, bei denen durch die Oberste Baubehörde und die politische Spitze des Innenministeriums auch die anderen Häuser fachlich eingebunden wurden.
Man muss noch ein Zweites bedenken: Die Initiativen entwickeln sich vor Ort. Das ist kein Prozess, der von oben vorgegeben wird, sondern der sich aus den Stadtvierteln selbst entwickelt. Deshalb bringen sich die Kommunen selbst intensiv ein und setzen maßgeschneiderte Konzepte um. Bei der Sozialen Stadt handelt es sich um einen Agenda-Prozess, wie es ihn bei kaum einem anderen Programm gibt.
Ich bin ein großer Befürworter dieses Programms, weil es einen interdisziplinären Ansatz hat und weil es damit gelungen ist, soziale Strukturen zu verbessern. Ich bin auch der Meinung, dass wir über eine Weiterentwicklung nachdenken müssen. Der Freistaat Bayern wird sich auch in Zukunft an diesem Programm Soziale Stadt beteiligen. Die Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Bundesländern ist bereits abgeschlossen worden. Das alles sind Argumente und Gründe dafür, dieses Konzept weiterhin umzusetzen. Ich denke, dass es hier keinen zusätzlichen ergänzenden Bedarf gibt.
Deshalb bitte ich Sie, wie die zwei größeren Fraktionen – die CSU-Fraktion und die kleinere große SPD-Fraktion – im federführenden Ausschuss diesen Antrag der GRÜNEN abzulehnen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es kurz machen. Herr Kollege Unterländer, wir sind vielleicht zahlenmäßig weniger, aber sonst nehmen wir es leicht mit euch auf.
Kolleginnen und Kollegen, ich möchte auf Folgendes hinweisen: Natürlich müssen wir dieses Modell weiterentwickeln; denn das Bessere kann immer noch verbessert werden. Die Erfahrungen – zum Beispiel mit dem Hasenbergl in München – zeigen jedoch, dass die Programme dort, wo es nicht um einen reinen Sanierungsbedarf geht, gut gelaufen sind. Man muss allerdings aufpassen, dass diese Programme nicht sofort zusammenbrechen, wenn sich die Menschen, die diese Programme umgesetzt haben, zurückziehen. Hier müssen wir aufpassen.
Insgesamt gesehen ist die Soziale Stadt ein Erfolgsprojekt für alle Beteiligten, nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Stadt, die Stadtentwicklung und für die Gesellschaft. Deshalb möchte ich lobend erwähnen, dass die Zusammenarbeit sowohl mit den Städten und dem Land als auch mit dem Bund gut funktioniert. Ich wollte, wir hätten mehr solcher Projekte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Programme vor Ort laufen natürlich gut. Sie könnten aber noch besser laufen, wenn sie durch entsprechende Aktivitäten aus anderen Ministerien unterstützt würden. Ich war vor Ort. Teilweise war es nicht möglich, Sprachlernklassen zu bilden oder Integrationsmaßnahmen durch das Sozialministerium zu unterstützen, obwohl sich das der Bürgermeister und die Beteiligten gewünscht hätten. Auch eine Unterstützung der Gewerbeförderung durch das Wirtschaftsministerium war nicht möglich. Vor Ort bemühen sich die Beteiligten, von den Ministerien werden sie jedoch nicht unterstützt.