Protokoll der Sitzung vom 18.07.2007

Schaffen Sie die Studiengebühren wieder ab. Bauen Sie den Hochschulstandort nachhaltig aus, und sorgen Sie dafür, dass in Bayern mehr junge Menschen eine gute Hochschulbildung erhalten können. Das ist die beste Investition in unsere Zukunft und in die Zukunft dieses Landes.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Nächste Wortmeldung: Staatsminister Dr. Goppel.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielen herzlichen Dank, dass wir Gelegenheit haben, die Thematik hier noch einmal aufzubereiten. Das geschieht zu einem Zeitpunkt, der günstig für die weitere Entwicklung der Studienbeitragserhebung und die Ver

wendung der Einnahmen an den Hochschulen in Bayern ist. Wir sind am Ende des ersten Semesters, in dem Studienbeiträge erhoben worden sind. Das ist ein Zeitpunkt, an dem die Hochschulen noch nicht absehen können, wie sich die eingenommenen Gelder insgesamt auf die Veränderung der Hochschullandschaft auswirken. Sie verlangen von mir etwas, was selbst Harry Potter nicht möglich ist. Er muss seinen Versuch erst machen, bevor er sagen kann, ob er gelungen ist oder nicht. Man kann durchaus eine Zeitlang Zauberlehrling sein. Meine herzliche Bitte ist: Lassen Sie uns einfach bis zum nächsten Jahr warten. Ich bin sicher, dass wir dann ganz konkrete Daten haben werden, anhand derer wir sagen können, ob sich etwas ausgezahlt hat oder nicht.

Alle Studierenden und die Hochschullehrer sind ausdrücklich aufgefordert, uns zu berichten, wofür die Mittel verwendet werden. Selbstverständlich versuchen die Verwaltungsmitarbeiter an den Hochschulen, manches mitzufi nanzieren, was sie sonst lange Zeit nicht fi nanzieren könnten, weil nicht alles von heute auf morgen machbar ist. Aber wenn Studierende oder die Mitarbeiter der Hochschulen berichten, dass wir etwas ändern sollen, ändern wir es sofort. Es wird auch dann Einhalt geboten, wenn Investitionen getätigt werden, die nicht mit Studienbeiträgen zu tätigen sind.

Lassen Sie mich der CSU-Fraktion ausdrücklich für die Einbringung dieses Gesetzentwurfs danken. Sie wissen selbst, dass etwas am schnellsten dann erledigt werden kann, wenn wir aufgrund einer Fraktionsinitiative einen kurzen Gesetzentwurf vorlegen. Wir haben in einem Gesetz festgeschrieben, wie der Sicherungsfonds auszusehen hat, damit die Studierenden sich auf den Sicherungsfonds verlassen können. Einige andere haben den Verwaltungsweg gewählt. Für uns bedeutet das eine längere Beratungszeit. Für uns im Ministerium bedeutet das, dass wir überlegen, ob wir wegen des einen Punktes das Gesetz nach wenigen Monaten wieder verändern, oder ob wir uns etwas Zeit lassen, um zu sehen, wie sich der Sicherungsfonds überhaupt auswirkt. Wir wollten zunächst darauf warten. Ich bin aber froh, dass wir gemeinsam eine Öffnung beschlossen haben. Jetzt können wir das fl exibel handhaben, was sinnvoll ist.

Nach dem ersten Semester ist es sicherlich noch nicht sinnvoll, zumal es sich um ein Sommersemester handelt. Wir müssen ganz realistisch sehen, dass wir ganz wenige Neueinschreibungen haben. Die Studierenden im achten, neunten oder zehnten Semester überlegen gar nicht mehr lange und nehmen kein Darlehen auf. Das wird in den nächsten Semestern anders sein. Damit wird sich die Zahl derer, die den Sicherungsfonds in Anspruch nehmen, erhöhen, und es wird sich zeigen, ob es bei der Zahl von 1,5 % oder 2 % bleibt. Ich hätte gern noch ein halbes Jahr gewartet, um dann auf der Grundlage seriöser Zahlen handeln zu können. Ich will nicht vor Ihnen als jemand stehen, der nicht weiß, was er will. Wenn ich abwarte, dann sagen Sie, ich sei zögerlich, wenn ich aber entscheide, dann bin ich zu schnell. Ich kann im Prinzip

machen, was ich will, aber ich werde immer Ihre Kritik ernten.

(Christine Stahl (GRÜNE): Machen Sie es einfach richtig!)

Ich mache es richtig. Davon bin ich fest überzeugt. Aber Sie fi nden nicht das richtig, was ich für richtig halte. Das spricht dafür, dass Sie eine Ideologin sind, Frau Kollegin.

(Zuruf von den GRÜNEN: Oder Sie!)

Nein. „Oder“ passt nicht, weil die Argumentation der Verwaltung eine größere Bandbreite als die nur einer Fraktion im Bayerischen Landtag aufweist.

Lassen Sie mich drei Bemerkungen anfügen. Ich sage ausdrücklich, dass ich den Gesetzentwurf, wie er beschlossen wird, begrüße. Ich bitte Sie, ihm zuzustimmen und uns die Möglichkeit zu geben, fl exibel zugunsten der Studenten zu reagieren. Damit bin ich eigentlich am Ende.

Drei Bemerkungen will ich trotzdem anfügen.

Erstens. Das Wort Erfolgsmodell wurde sicherlich zu früh verwendet. Kollege Spaenle sieht aber, dass nicht alle Ihre Befürchtungen eingetreten sind. Sie haben gesagt, es gehe drunter und drüber und werde schwierig und problematisch. Gemessen an diesen Ihren Befürchtungen ist es ein Erfolgsmodell. Gemessen an der Tatsache, dass es eine Menge Studierender gibt, die sich deswegen einmal mehr überlegen, ob sie studieren sollen und anderes mehr, werden wir uns in den nächsten Jahren überlegen müssen, wie wir diesen Vorstellungen noch gerechter werden können, und zwar gerechter im Sinne derer, die sich schwer tun, ein Studium aufzunehmen. Das will ich Ihnen ausdrücklich konzedieren.

Wir haben es allerdings ein bisschen einfacher als andere Länder. Denn an unseren Hochschulen sind immerhin sehr viele Studierende junge Leute, die aus dem Beruf kommen. Sie kommen aus anderen Ausbildungsgängen und sind entsprechend eingestiegen und daher treffen auf sie diese Benachteiligungen gar nicht zu. Darunter sind auch viele junge Leute, die bereits einen Meisterbrief erworben haben. Die mussten damals noch gut 10 000 DM hinblättern, um ihn überhaupt zu bekommen, und es hat niemand gefragt, wie das fi nanziert werden soll. Jetzt können sie im Studium für die Hälfte der Summe, wenn wir 1 zu 1 umrechnen, immerhin zehn Semester lang, also fünf Jahre, studieren. Hier wird also niemand benachteiligt, gemessen an dem, was wir anderen jungen Menschen, die heute Erwachsene sind, früher zugemutet haben. Seien Sie ein bisschen gerechter mit den Menschen in der Gesellschaft, die nicht studieren und nicht studieren wollen. Das ist meine herzliche Bitte an Sie.

Zweitens. Wir haben angekündigt zu berichten, weil Sie das gewünscht haben. Ich habe Ihnen ausdrücklich in der Diskussion gesagt und auch in der Öffentlichkeit, dass man nach drei Monaten Laufzeit nicht so berichten kann,

wie Sie das gerne möchten, da man da noch keine seriösen Daten hat. Und jetzt beklagen Sie die „nicht seriösen“ Daten, nachdem Sie gefordert hatten, dass ich sie auf jeden Fall vortragen müsse. Das ist auch eine Möglichkeit der Diskussion, aber seriös ist es nicht.

Sie haben ausdrücklich gemeinsam mit mir die Vorgabe formuliert, diesen Bericht auf der Grundlage der erhobenen Fakten zu geben. Die Fakten, die wir erhoben haben, sind allerdings zum Teil noch nicht präzise genug, und insoweit können Sie beliebig daran herumdoktern.

Wir haben auch vereinbart, dass ich zur Sitzung des Ausschusses kommen werde, wenn Sie das einfordern. Das habe ich in aller Öffentlichkeit erklärt und dazu stehe ich auch. Wenn nun aber die Sitzung ausgerechnet auf einen Zeitpunkt gelegt wird, zu dem ich schon vor einem halben Jahr den Behinderten in Würzburg für ihre große Behinderten-Olympiade mit 2500 Teilnehmern zugesichert habe, als Schirmherr vorbeizukommen, und es keine Möglichkeit gibt, die Sitzung zumindest solange nicht zu schließen, dass ich noch um 12 Uhr mittags reden kann, dann ist das nicht in Ordnung. Ein früherer Zeitpunkt war nicht möglich, weil ich mit dem Zug fuhr. Zwei Stunden brauche ich hin und auch wieder zurück. Ich bin morgens um 7 Uhr weggefahren, war um 9 Uhr dort und bin um 10 Uhr wieder in den Zug nach München gestiegen und war um 12 Uhr zurück. Da waren Sie dann nicht mehr in der Sitzung. Da das anders nicht zu machen war, hatte ich darum gebeten, mit dem Abteilungsleiter vorlieb zu nehmen. Ich habe Ihnen das zwei Tage vorher angekündigt. Deshalb sind alle Aufregungen unverschämt und sonst nichts.

(Beifall bei der CSU)

Sie wollten in der Öffentlichkeit nur Unruhe erzeugen, und das ist unfreundlich.

Es ist gut, wenn wir in diesem Sommer Wind erzeugen, um fi t zu sein. Das ist eine ganz vernünftige Sache, da man auf diese Weise die Temperaturen besser erträgt. Aber ich will Ihnen ausdrücklich sagen, dass ich das mit Ihren Mitteln nicht mitmache; es ist unfair. Es ist unfair, wenn Sie in der Öffentlichkeit verschweigen, dass es um diese Alternative ging. Ich sollte über etwas berichten, von dem ich weiß, dass es nach drei Monaten noch nicht zu Ende gedacht sein kann; ich hatte zugesagt, den Behinderten in Würzburg Dank dafür zu sagen, dass Sie sich in der Form integrieren, was letztlich auch zu deren Gesundheit und dazu beiträgt, dass wir in Zukunft ein ganzes Stück mehr Vorsorge betreiben. Das werde ich auch in Zukunft so halten, zumal wenn ich mich rechtzeitig bei Ihnen entschuldige.

(Beifall bei der CSU)

Ihre Rüge sollten Sie bitte nach Würzburg melden und den Behinderten vortragen. Deren Termin stand auch schon seit Januar fest. Ihr Termin war 14 Tage vorher beschlossen worden. Hätten Sie die Sitzung um einen Tag verlegt, hätte ich jederzeit dabei sein können. Sie

wissen das, und Sie wissen auch, dass ich noch nicht ein einziges Mal eine Sitzung im Landtag geschwänzt habe, wenn Sie mich gebraucht haben. Ich habe nicht ein einziges Mal hier im Hohen Hause gefehlt, wenn meine Anwesenheit notwendig war. Ich würde gerne mal sehen, wie die Verweildauer der Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament oder im Ausschuss aussieht, wenn sie meine eigene dagegenrechnen. Ich möchte ausdrücklich noch einmal betonen: Ich bin da, wenn es notwendig ist.

(Zurufe von der SPD)

Aber ich lasse mich in diesem einen Fall nicht in der Form in die Öffentlichkeit zerren, wie Sie das getan haben. Dagegen wehre ich mich.

(Beifall bei der CSU)

Und nun lassen Sie mich etwas zum Verfahren und zur Verfassungssicherheit sagen. Das ist meine letzte Bemerkung in dieser Debatte heute. Sie beide, Frau Gote und Frau Rupp, haben die Meinung vertreten, dass die Studienbeiträge so nicht haltbar seien. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass insbesondere auch der Sicherungsfonds Gegenstand einer Klage beim Verwaltungsgericht Minden gewesen ist und dass dieses Gericht mit kurzen Bemerkungen die vielseitigen Bemerkungen von Herrn Kronthaler zurückgewiesen und für unsachgemäß erklärt hat. Sie hätten nichts mit der Sache zu tun. Die Vorgaben, die wir da haben, sind also schon auf einem sicheren Punkt angesiedelt.

Nun noch eine zusätzliche Anmerkung; ich bitte um Nachsicht, ich habe es gerade vergessen, aber ich möchte es ausdrücklich sagen. Von allen deutschen Systemen zu den Studienbeiträgen legt nur das bayerische fest, dass man dann, wenn auch Geschwister studieren, Befreiungsmöglichkeiten hat; Sie haben kein anderes, in dem zinslos gestundet werden kann, wenn man nicht das nötige Geld im Anschluss an das Studium verdient; es ist ausdrücklich geregelt, dass dann, wenn man keine Anstellung fi ndet, der Sicherungsfonds die Kostensicherung übernimmt.

Das verschweigen Sie gegenüber den Studierenden immer. Und es ist interessant, dass die Studierenden im Anschluss an ein Treffen mit Ihnen demonstrieren mit dem schönen Nonsens-Satz „Bildung für alle, aber umsonst!“ Das ist ein wunderbarer Nonsens-Satz. Er ist ein Zeichen dafür, dass mit der Bildung etwas nicht stimmt. Es müsste zumindest „gratis“ heißen. „Bildung umsonst“ heißt, dass da jemand was tut, ohne dass es etwas bringt.

(Zurufe von der SPD)

Dass Sie das besonders unterstützen, verwundert mich. Denn dann muss man sich nicht mit Deutschland beschäftigen. Ich fi nde es aber notwendig, dass Sie dies gelegentlich tun. Es ist nicht richtig, dass man die Studierenden allein lässt, wenn es darum geht, ihnen darzulegen, welche Konditionen es in Bayern gibt. Wenn ich nach solchen Demonstrationen mit den Studenten

diskutiere, habe ich zwar immer so um die 20, die Nein sagen, aber am Ende fi ndet sich eine ganze Anzahl, die sagen: Herr Goppel, wenn wir gewusst hätten, wie Sie das machen, hätten wir eine Demonstration nicht für notwendig gehalten.

Niemand zahlt gern. Das weiß ich auch. Es wäre Humbug, das zu glauben. Aber die Studenten wissen, dass sie auf diese Weise etwas Vernünftiges bekommen. Deshalb bin ich dankbar, dass die Fraktion der CSU in diesem Punkt meinen Vorstellungen gefolgt ist.

Im Übrigen möchte ich auch Folgendes feststellen. Ich bin den Wind, den die Opposition in diesen NonsensFällen erzeugt, längst gewohnt, ja sogar den Wind aus den eigenen Reihen. Insofern müssen Sie nicht glauben, dass ich mich darüber noch aufrege.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Kollegin Rupp.

Herr Minister Goppel, zunächst ein Wort zu dem Bericht. Sie haben tatsächlich nicht die Anmutung eines Zauberlehrlings. Dem stimme ich voll zu. Auffällig war an diesem Bericht nur, dass ausgerechnet die Universität Passau fehlt, in der die Studierenden die allergrößten Probleme hatten, die Mitwirkung durchzusetzen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): So ein Zufall!)

Dort war der erste Gedanke tatsächlich, eine Tiefgarage mit diesem Geld zu bauen. Ja, mit den Studiengebühren sollte zunächst in Passau eine Tiefgarage gebaut werden. Und ausgerechnet diese Hochschule, die uns die größten Probleme gemacht hat, fehlt im Bericht.

Darüber hinaus wurden von allen Fachhochschulen, die wir hier im Lande haben, nur vier genannt. Das ist mir zu wenig. Ich sehe ein, dass das Zahlenmaterial im Moment noch etwas begrenzt ist. Ich fi nde es in Ordnung, sich zunächst einmal einen Überblick zu verschaffen, aber an der einen oder anderen Stelle hätte der Bericht wenigstens weniger oberfl ächlich sein können. Was nicht in Ordnung ist, ist die Tatsache, dass einige Hochschulen einfach ausgespart werden, und zwar insbesondere diejenigen, bei denen es bei der Mitwirkung der Studierenden besonders kompliziert war.

(Beifall bei der SPD)

In Ihren Ausführungen berufen Sie sich auf das Verwaltungsgericht Münster.

(Staatsminister Dr. Thomas Goppel: Minden!)

Gut, auf das Verwaltungsgericht Minden. Ich bin froh, dass es bei uns den Instanzenweg gibt, und ich weiß auch, wie viele Urteile beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Bundesverwaltungsgericht gewonnen werden,

weil die erste Instanz vielleicht den einen oder anderen Aspekt nicht berücksichtigt hat. Würden wir uns auf ein erstinstanzliches Urteil berufen, würden auch Sie sich darüber lustig machen.

(Simone Tolle (GRÜNE): Ja, genau! – Beifall bei der SPD)

Das müssen Sie also umgekehrt genauso in Kauf nehmen.