Protokoll der Sitzung vom 10.10.2007

(Wortmeldung des Abgeordneten Rainer Volk- mann (SPD))

Ich wollte eigentlich dem Kollegen Kupka das Wort erteilen.

(Zuruf des Abgeordneten Rainer Volkmann (SPD))

Bitte, Herr Abgeordneter Kupka!

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! In diesen Tagen konnte man in der Presse über ein ehrgeiziges Ziel der SPD nachlesen. Sie haben sich vorgenommen, bei der Landtagswahl 2008 25 % plus X zu erreichen. Ich sage das nicht mit einem

Unterton von Zynismus oder gar in Geringschätzung Ihrer politischen Anstrengungen, aber dafür, Herr Kollege Maget, dass Sie bisher in Bayern alle Ihre Wahlziele verfehlt haben, gibt es einen wichtigen Grund, den Sie hartnäckig beiseite schieben. Sie suchen immer wieder Prestigegewinn aus negativem Erfolg.

(Zuruf von der CSU: Sehr richtig!)

Es gab und gibt kein richtungweisendes Innovationsprojekt in diesem Lande, bei dem Sie sich nicht mit Behindern, Anklagen und dem Schüren von Ängsten zu profi lieren versucht haben.

(Beifall bei der CSU – Franz Maget (SPD): Und die Münchner Messe?)

Zu jeder neuen Initiative, zu jedem neuen Zukunftsprojekt haben Sie immer das passende Problem.

(Zuruf des Abgeordneten Franz Maget (SPD)

Sie haben in den Bereichen Forschung und Technologie nie die Zeichen der Zeit erkannt. Sie haben sich dem Neuen immer wieder verweigert und wundern sich anschließend, dass sich anscheinend überwältigender Protest gegen bestimmte Vorhaben nicht in Wählerstimmen niederschlägt. Ich will Ihnen gerne ein aktuelles Beispiel aus den heutigen Pressemitteilungen bringen. Nach einer Sternumfrage sind 84 % der Deutschen für Becks Vorschlag zur Verlängerung des Arbeitslosengeldes. Gleichzeitig entnimmt man der Umfrage, dass die SPD weiter abrutscht. Nach der gleichzeitig durchgeführten Emnid-Umfrage glauben aber 66 %, dass der Vorschlag von Beck aus wahltaktischen Gründen erfolgt ist.

(Zurufe von der SPD)

Das ist gerade Ihr Problem. Die Menschen durchschauen das. Sie können sehr wohl zwischen vordergründiger Polemik und notwendigen Zukunftsinvestitionen unterscheiden.

(Beifall bei der CSU)

Das haben Sie immer übersehen. Sie haben es übersehen beim Flughafen, beim Forschungsreaktor, bei der Messe, bei der Bio- und Gentechnologie, bei den Tunnelbauten in München. Überall waren Sie nur beim ersten Spatenstich dabei, aber nicht, wenn es darum ging, das Projekt durchzuführen.

(Prof. Dr. Jürgen Vocke (CSU): Bei der Einweihung waren Sie dann auch noch da!)

Nach wie vor ist es bei uns Tradition, dass innovative Ideen viel zu selten zu marktreifen Produkten werden. Es muss uns klar sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass dies eine ernste Frage ist.

(Zuruf von der SPD: Doch, in Shanghai!)

Es gibt kein anderes Bundesland außer Bayern, in dem dieses Leuchtturmprojekt Transrapid noch durchgesetzt werden kann.

(Ludwig Wörner (SPD): Warum?)

Wir haben deshalb eine große Verantwortung für dieses Projekt übernommen.

(Ludwig Wörner (SPD): Erklären Sie uns einmal, warum das kein anderes Land will!)

Hören Sie mir einmal zu. Sie reden doch viel öfter als ich.

Wer seine Projekte nicht selbst verwirklicht, darf nicht erwarten, dass die Welt bei ihm als Käufer auftritt. Wer kauft schon bei einem Bäcker ein, dem sein eigenes Brot nicht schmeckt? Das gibt es doch nirgendwo. Wir wissen doch, dass in den USA, in Ägypten oder in Saudi-Arabien Projekte dieser Art geplant werden.

(Ludwig Wörner (SPD): Wo? – Rainer Volkmann (SPD): Seit acht Jahren!)

Wir lesen heute, dass sich China aufgrund der Entscheidung über die Finanzierung überlegt, die Transrapidstrecke weiterzubauen. Weltweit geht ein Schub in Richtung Transrapid, und Sie wollen diesen Schub stoppen.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): So viel Schub gab es noch niemals!)

Der Transrapid ist sicherlich nicht billig, aber es wäre viel zu teuer, auf den Transrapid zu verzichten.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Würde es Ihnen gelingen, den Transrapid zu verhindern, würden wir morgen nicht nur die Patente, sondern das gesamte Ingenieurwissen in diesem Bereich an China verlieren. Nicht nur das Wissen, sondern die Investitionen in Milliardenhöhe, die bisher in dieses Projekt gefl ossen sind, würden wir verlieren. Jobs, die wir auf diese Weise verlieren, kehren nie mehr zurück. Es würde die absurde Situation eintreten, dass wir Arbeitsplätze und Know-how exportieren, um bei uns entwickelte Technologien später wieder zu importieren. Das kann doch kein vernünftiger Mensch wollen.

Über die gesamte Bauzeit werden 5500 Arbeitsplätze geschaffen. Hinzu kommen 850 Dauerarbeitsplätze für den Betrieb. Von den Steuerrückfl üssen hat noch gar keiner geredet. Wenn sich diese circa zwei Milliarden vervielfachen, wird ein Großteil dieser Summe dem Staat als Steuerrückfl üsse wieder zur Verfügung stehen. Das nennt man Reinvestition durch Innovation. Wir geben die Mittel nicht für konsumtive Zwecke aus. Davon werden ganz Bayern und auch Deutschland profi tieren. Es hilft nichts, wenn der Oberbürgermeister jetzt seine Kriegsscharen um sich sammelt. Damit wird er beim Bürger

nicht punkten können. Die Menschen werden Ihren Pessimismusstrategien auf Dauer nicht folgen, Herr Maget.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das wird sich herausstellen!)

Sie werden das nicht tun.

Die Chinesen, die bei diesem Projekt sehr stark involviert sind, haben ein schönes Sprichwort: „Wenn der Wind sich ändert, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“

(Franz Maget (SPD): Die haben auch den Transrapid!)

Sie verstecken sich permanent hinter diesen Mauern. Darum werden Sie von den Menschen auch nicht wahrgenommen. Sie können beim ersten Spatenstich noch so fl eißig mitschaufeln. Es hilft nichts. Sie sind bei diesen Projekten nicht dabei. Wir wollen eine optimale Lösung. Der Transrapid ist eine hervorragende Visitenkarte für Deutschland und Bayern. Wir wollen Zeichen für die Zukunft setzen. Wir werden alles dafür tun, dass die Magnetbahn sehr bald zum Schweben kommen.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt hat Herr Kollege Volkmann das Wort.

(Eduard Nöth (CSU): Haben Sie schon Ihre Blutdrucktabletten genommen?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vorab möchte ich die CSU-Fraktion ganz schlicht und einfach auf einen wesentlichen Gesichtspunkt hinweisen, der in der Debatte leider etwas zu kurz kommt. Ich kann sehr gut verstehen, dass Sie mit dieser Vehemenz für den Transrapid kämpfen, weil Sie ganz genau wissen, dass Sie bei der Planung des Flughafens in geradezu dilettantischer Art und Weise die Anbindung an die Schiene vergessen haben. Völlig unverständlich ist, dass die Leute Sie immer noch loben, obwohl sie das nachvollziehen können. Es gibt keinen anderen Flughafen, der so weit vom Stadtzentrum entfernt und so schlecht angebunden ist. Er ist nur mit zwei S-Bahnlinien erschlossen. Sie wollen diesen dramatischen Fehler von damals, der sich erst jetzt herausstellt, beheben und deshalb kämpfen Sie mit Nachdruck für den Transrapid. Das ist aber ein völliger Irrtum.

Herr Kupka, Sie haben mit wunderbaren Worten geschildert, auf was wir verzichten würden. So ein Schmarrn, kann ich Ihnen nur sagen! Ich nenne Ihnen zwei Gründe dafür, dass der Transrapid leider überhaupt nicht verkäufl ich sein wird. Jedenfalls wird er nicht in nennenswertem Umfang verkäufl ich sein.

Ich habe Ihnen wiederholt gesagt – dem haben Sie auch nicht widersprochen –, dass die Herstellung des Trans

rapids doppelt so teuer ist wie der Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke für den ICE. Gleichzeitig hat der Transrapid den Nachteil, dass er nur Personen und keine Güter befördern kann. Auf der ICE-Strecke fahren auch Güterzüge. Deshalb lohnt sich diese Strecke auch so. Das ist doch der Grund dafür, dass Sie seit acht Jahren über diese Strecke reden und uns immer wieder sagen, dass der Transrapid auch in Arabien, in England und wo auch sonst noch fahren soll. In Wirklichkeit gibt es aber kein einziges Projekt zum Nachbau des Transrapids, weil es diese beiden Hindernisse gibt, Herr Kollege Kupka.

(Engelbert Kupka (CSU): Stimmt doch nicht!)

Belegen Sie es doch einmal. Ich habe es Ihnen wiederholt gesagt. Sie haben diesen beiden Argumenten nie widersprochen.

Jetzt komme ich noch zu unserem lieben Herrn Wirtschaftsminister Huber. Ich hoffe, dass er nicht Finanzminister wird, weil er uns in der Sitzung am 26. Juni den Nachweis erbracht hat, dass er im Umgang mit Zahlen erhebliche Schwierigkeiten hat. Herr Huber, ich bin immer sehr freundlich, und deshalb habe ich Ihnen auch damals in aller Freundlichkeit eine Frage gestellt. Sie haben gesagt, wir bräuchten den Transrapid, weil so unheimlich viele Menschen befördert werden müssten. Der Transrapid fasst maximal 345 Fahrgäste. Die S-Bahn fasst 1500 bis 1600 Fahrgäste, also drei- bis viermal so viel. Die S-Bahn kann auch wesentlich öfter fahren als der Transrapid. Aus technischen Gründen kann er eigentlich nur alle zehn Minuten fahren. Deshalb sagen Sie auch: „Zehn Minuten, alle zehn Minuten!“. Auf meinen Zwischenruf, dass meine Frage nicht beantwortet sei und dass ich gesagt habe, dass die Kapazität der S-Bahn natürlich wesentlich höher sei, haben Sie wörtlich gesagt – ich zitiere aus dem Protokoll von damals:

Es ist richtig, dass bei der S-Bahn mit einem einzelnen Zug mehr Leute befördert werden können. In der Zwischenzeit fährt jedoch der Transrapid dreimal zwischen dem Flughafen und dem Hauptbahnhof hin und her.

Das ist doch völlig abwegig. Es geht um die Anzahl der beförderten Personen. Ob die in zehn Minuten, in 30 oder in 40 Minuten befördert werden, ist nicht entscheidend. Das war ein Trugschluss. Das sollten Sie sich noch einmal gründlich überlegen. Wenn es um die Anzahl der beförderten Personen geht, ist die S-Bahn zweifellos dem Transrapid haushoch überlegen. Das ist ein Faktum.

Ich als Münchner will nicht, dass Sie das hervorragende Nahverkehrssystem der Stadt München dadurch beschädigen, dass Sie ein völlig systemfremdes Fahrzeug einsetzen, das mit nichts kompatibel ist und das in Deutschland nirgendwo mehr nachgebaut wird, wie Herr Huber schon einmal gesagt hat. Herr Kupka, deshalb ist auch Ihr Hinweis auf das Wiedereinkaufen dieser Technologie aus dem Ausland völlig abwegig. Damit liegen Sie absolut neben der Sache.