Zweitens. Frau Stahl, ich gebe Ihnen völlig recht: Rechtsstaatlich müssen unsere Maßnahmen sein, und sinnvoll müssen unsere Maßnahmen sein. Genau in diesem Sinne arbeiten wir auch. Ich möchte aber betonen, dass die CSU-Fraktion nicht Hilfe, Stütze und Nachhilfe für die Bundesjustizministerin leisten muss. Ich gehe davon aus, dass Frau Zypries ihre Gesetze selber machen kann und dass es unsere Aufgabe ist, darauf hinzuweisen, dass es dieser Gesetze dringend bedarf.
Was mir besonders wichtig war – und das war eigentlich der Grund dafür, dass ich mich gemeldet habe –, ist der Umgang mit dem Bundesverfassungsgericht. Ihre Interpretation, sehr geehrte Frau Abgeordnete Stahl, ist falsch. Ich habe nicht gesagt: Das Bundesverfassungsgericht hält uns auf, sondern ich habe gesagt, das Bundesverfassungsgericht urteilt hier über einen völlig anderen Sachverhalt. Das ist Äpfel und Birnen miteinander zu vergleichen, wenn es darum geht, bei einem Gesetz, das nicht einmal für eine Untersuchungs- und Überprüfungsmaßnahme einen Richtervorbehalt als Voraussetzung vorschreibt, zu sagen, dass das, was jetzt auf verfassungsrechtlicher Grundlage verlangt wird, zu vergleichen ist. Deswegen brauchen wir auch nicht darauf zu warten.
Die Zweifel, die sich aufdrängen, wird das Bundesverfassungsgericht mit Sicherheit behandeln. In der mündlichen Verhandlung ging es nicht darum, dass eine OnlineDurchsuchung verfassungsrechtlich problematisch ist, ganz im Gegenteil: Nicht einmal im Hinblick auf Artikel 13 des Grundgesetzes hat man per se gesagt, dass eine Online-Durchsuchung mit Schwierigkeiten verbunden ist.
Man kann so etwas gesetzlich regeln, aber ich gebe Ihnen recht: Es muss verfassungsrechtlich sauber geschehen und mit entsprechenden Erhebungs- und Verwertungsverboten verbunden sein. Ich glaube, da sind wir einer Meinung.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Zeit, in der sich noch viele Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus aufhalten, für eine Durchsage nutzen. Wir haben heute in der Eingangshalle West einen Informationstag zum Ehrenamt in Bayern. Diejenigen, die heute im Haus sind und ihre ehrenamtliche Tätigkeit darstellen wollen, haben sich unglaubliche Mühe gegeben in der Vorbereitung auf den heutigen Tag im Maximilianeum. Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie einmal unten vorbeischauen und sich mit den Leuten unterhalten würden, die sich mit einem Höchstmaß an Engagement für die Menschen in Bayern einsetzen. Ich darf mich ganz herzlich bedanken.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, die Zeit ist um. Damit ist die Abstimmung abgeschlossen. Das Stimmergebnis wird später bekannt gegeben.
Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, Joachim Wahnschaffe, Kathrin Sonnenholzner u. a. u. Frakt. (SPD) Bayern, aber gerechter Sofortprogramm: Bedarfsgerechten Kinderkrippenausbau in Bayern sicherstellen (Drs. 15/9065)
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir möchten mit diesem Dringlichkeitsantrag nach der Einigung auf Bundesebene erneut auf die Situation der Kinderkrippen in Bayern hinweisen, auf den dringenden Handlungsbedarf. Wir möchten endlich Abhilfe und Verbesserungen in diesem Bereich erreichen.
Lange ist hier in Bayern geschlafen worden. Jetzt müssen wir endlich handeln. Diese Vereinbarung auf Bundesebene ist eine hervorragende Chance. Die Vereinbarung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe ist abgeschlossen, und auch Bayern hat sie unterzeichnet.
Der Freistaat Bayern wird allein für Investitionen 339 Millionen Euro für den Kinderkrippenausbau und zusätzlich über die Umsatzsteuerverteilung für Betriebsabgaben ab 2009 bis 2014 390 Millionen Euro an Zuschüssen vom Bund erhalten.
Das ist eine riesige Summe Geld. Und das ist gut so. Bayern braucht dieses Geld dringend, denn es ist beim Thema Kinderkrippen gerade erst aus langem Schlaf erwacht.
Die Kinderbetreuung ist Bildung, und Bildung ist Landesaufgabe. Deswegen wäre es angebracht, dass sich der Freistaat Bayern finanziell erheblich beteiligt.
Gerade einmal 100 Millionen Euro für die Startphase „Zukunft Bayern 2020“ haben Sie angekündigt, Frau Ministerin. Das ist zu wenig. Das reicht nicht aus, um endlich auch in Bayern eine zufriedenstellende Situation zu erreichen.
Mit der Vereinbarung hat sich Bayern verpflichtet, bis 2013 für 35 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen. Damit das nicht leere Worte bleiben, müssen jetzt endlich Taten folgen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie noch einmal an die Situation in Bayern erinnern. Gerade einmal für acht Prozent der Kinder unter drei Jahren stehen in Bayern Betreuungsplätze zur Verfügung. Jetzt wollen wir 35 % in den nächsten Jahren erreichen. Das heißt, wir müssen unser Angebot vervierfachen. Das ist eine ungeheure Kraftanstrengung, und hierfür müssen die Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Um das noch einmal in Relation zu setzen: In den letzten vier Jahren, seitdem ich in diesem Parlament bin, haben wir es gerade einmal geschafft, von vier Prozent auf acht Prozent bei der Versorgung zu kommen. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, dann brauchen wir 20 Jahre, um auf die 35 % zu kommen; das kann doch nicht sein. Wir schulden es den Familien, dass jetzt endlich mehr passiert.
Ich darf aus dem Gutachten „Zukunft Bayern 2020“ zitieren. Hier steht: Zunächst muss es darum gehen, beim Ausbau der Kinderbetreuung einen großen Schritt voranzukommen. Daran möchte ich Sie erinnern. Wir müssen einen großen Schritt vorankommen, wir müssen schnellstmöglich die 35 % erreichen, um jungen Familien die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen.
Dazu kommt, der Ausbau der Kinderkrippen ist seit dem BayKiBiG zulasten der Qualität erfolgt. Das hat eindeutig die Anhörung, die wir unlängst über das BayKiBiG hatten,
ergeben. Immer wieder wurde beklagt, dass die Qualität nicht stimmt. Die Finanzierung nach dem BayKiBiG ist gerade bei den Kinderkrippen nicht ausreichend. Der Faktor 2 reicht nicht aus. Einjährige brauchen eben nicht nur doppelt so viel Zuwendung, sondern weitaus mehr Pflege und individuelle Zuneigung, als es der Faktor 2 erlaubt. Wenn die Kommunen nicht kräftig in Qualität investieren, dann ist die Qualität in den örtlichen Kinderbetreuungseinrichtungen verheerend. Zwölf kleine Kinder, zwei Erziehungskräfte. Das muss man sich vorstellen. Zwölf kleine Kinder mit zwei Erwachsenen. Das kann nicht gut gehen. Das gefährdet das Kindeswohl.
Ich finde in diesem Zusammenhang in diesem Blatt „Menschenskinder“ diese Karikaturen eine Unverschämtheit, die davon sprechen, dass man beim BayKiBiG mit der Lupe suchen muss, um Fehler zu finden. Das finde ich eine Unverschämtheit.
Die Fehler liegen leider offen auf der Hand. Die Qualität stimmt gerade bei den Kinderkrippen häufig nicht.
Wir wollen einen Kinderkrippenausbau mit vernünftiger Qualität. Alles andere gefährdet das Kindeswohl. Kinderbetreuung ist Bildung. Deswegen ist auch und in erster Linie der Freistaat Bayern in finanzieller Verantwortung.
Gute Kinderkrippen schaden dem Kind nicht. Wir waren gestern, sehr geehrte Frau Ministerin, auf der Fachtagung des Staatsinstituts für Frühpädagogik – IFP. Dessen Leiterin, Frau Becker-Stoll, hat noch einmal ausdrücklich auf die Vielzahl der Studien hingewiesen, die es mittlerweile gibt. Die meisten Studien sind aus England und den USA. Sie belegen, dass Kinder von Eltern und zusätzlichen Betreuungskräften, zum Beispiel in Kinderkrippen, betreut werden können, ohne Schaden zu nehmen. Sie können sogar davon profitieren, in Kinderkrippen betreut zu werden, wenn die Qualität stimmt. Die Qualität ist das ausschlaggebende Merkmal. Qualität muss damit im Mittelpunkt unserer Diskussion hinsichtlich des Ausbaus von Kinderbetreuungseinrichtungen stehen.
Frau Stewens, Sie waren gestern selber anwesend. Herr Prof. Fthenakis hat ausdrücklich noch einmal darauf hingewiesen, dass es unverantwortlich ist, Kinderkrippen auszubauen, ohne einen entsprechenden Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder unter drei Jahren zu haben. Immer mehr Kinder unter drei Jahren sollen fremdbetreut werden, ohne dass es hierfür Qualitätsmerkmale gibt, ohne dass wir festlegen, was in diesen ersten wichtigsten Jahren alles passieren soll, wo unsere Bildungsziele liegen, wie wir diese Kinder von Anfang an optimal fördern müssen. Wir müssen diesen BEP schnellstmöglich erweitern und die entsprechenden Mittel hierfür zur Verfügung stellen.
Wir müssen die Qualität des Fachpersonals verbessern. Es reicht nicht, nur die Leiterinnen zu qualifizieren und zu professionalisieren. Wir müssen wie andere Länder auch – Sie waren gestern anwesend –, wie zum Beispiel Hessen, die Mittel bereitstellen, dass alle Erzieherinnen professionalisiert und fortgebildet werden können. Das ist wichtig. Dafür müssen die Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Wir müssen selbstverständlich die Mindeststandards festlegen. Die Räume müssen groß genug sein. Wir legen die Größe von Hühnerkäfigen fest, aber wir nennen es Bürokratieabbau, wenn wir bei Betreuungseinrichtungen keine Vorgaben mehr haben. Das kann doch nicht sein.
Wir wollen nicht nur immer über Geld sprechen. Aber gute Betreuung, gerade von Kindern unter drei Jahren, kostet Geld. Mehr Geld kostet nur schlechte Qualität;
denn dann steigen die Reparaturkosten, und dann zahlt der Staat im schlimmsten Fall ein Leben lang für diese Kinder.
Der unlängst von der Bundesfamilienministerin vorgestellte „Familienatlas 07“ weist weite Teile Bayerns als Potenzialregion aus. Das heißt, wir haben es in den letzten Jahren versäumt, unsere Potenziale zu nutzen. Die Bedürfnisse von jungen Familien werden in weiten Teilen Bayerns vernachlässigt, weil immer noch nicht genug Betreuungsmöglichkeiten für Kinder zur Verfügung gestellt werden. Das ist auch ein weicher Standortfaktor für die Wirtschaft, und hier müssen wir endlich den Anschluss an das Ausland erreichen. Wir müssen Kinderkrippen ausbauen, und zwar in vernünftiger Qualität. Wir müssen in diesem Bereich angesichts der riesigen Defizite endlich aufholen, und hierfür muss Bayern endlich genug eigenes Geld in die Hand nehmen. Nur so kann dieser Ausbau gelingen.