Herr Kollege Volkmann, ist Ihnen bekannt, dass die Landeshauptstadt München Ihr Misstrauen hinsichtlich der Befristung des Gesetzes nicht teilt?
Herr Kollege Rotter, Sie dürfen davon ausgehen, dass mir die Haltung der Landeshauptstadt München bekannt ist. Sie beziehen sich auf eine Aussage des Herrn Siedler im Amt für Wohnungswesen der Stadt München, eines Beamten, der auf eine Frage des Journalisten Kastner gesagt hat, man könnte damit leben. Ich kenne die Vorlagen der Stadt München. München will diese Befristung nicht haben.
Warum befristet man ein solches Gesetz, das sich – es sage es noch einmal – 35 Jahre lang bestens bewährt hat? Meine Damen und Herren, Sie setzen sich dem Verdacht aus, dass Sie dieses Gesetz in fünf Jahren auslaufen lassen wollen, um eine bestimmte Klientel zu bedienen, wenn Sie diese Befristung in das Gesetz schreiben. Diese Befristung ist – jedenfalls in diesem Jahr – einmalig. Ich fordere Sie auf, diesen einen Satz, „Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des 30. Juni 2013 außer Kraft“, zu streichen. Dann hätten wir keine Schwierigkeiten, diesem Gesetz zuzustimmen. Verstehen Sie bitte, dass wir dem Gesetz mit dieser Befristung nicht zustimmen können. Wenn es bei dieser Befristung bleiben sollte, würde ich Sie bitten, das Gesetz abzulehnen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor uns liegt ein Gesetzentwurf, der vorgibt, etwas Begrüßenswertes erreichen zu wollen, nämlich eine Erhöhung des Gestaltungsspielraums der Kommunen in dieser Frage. Das Problem der Wohnraumnot ist in Bayern sehr unterschiedlich verteilt. In München ist das ein sehr großes Problem, in anderen Kommunen ist es kein Problem. Deswegen ist es erforderlich, gesetzliche Handhaben gegen die Umwandlung von Wohnraum in Gewerbeflächen oder gegen den Abriss von Wohnraum in den Gebieten, die von der Wohnraumnot besonders betroffen sind, zu schaffen.
Wo liegt das Problem? Dieses Gesetz gibt lediglich vor, eine Regelung zu kommunalisieren. Tatsächlich läuft das Gesetz auf die Abschaffung des Zweckentfremdungsrechts hinaus; denn dieses Gesetz ist – so wie es formuliert ist – nicht praktikabel. Wir haben nicht viele befristete Gesetze. In diesem Fall haben wir jedoch eine Doppelbefristung. Die Kommunen können, wenn dieses Gesetz in Kraft tritt, nur für fünf Jahre ein entsprechendes Zweckentfremdungsrecht erlassen. Zudem beschließt der Bayerische Landtag in fünf Jahren, ob er dieses Gesetz so weiterführen möchte. In fünf Jahren wird eine Kommune, die dieses Gesetz aufgrund der bestehenden Wohnraumnot weiterführen möchte, nicht wissen, ob der Landtag ihr dazu die Möglichkeiten gibt.
Nach meiner Auffassung würde es ausreichen, den Kommunen aufzuerlegen, alle fünf Jahre die Gültigkeit der Satzung selbst zu verlängern. Es besteht kein Erfordernis, dass der Bayerische Landtag nach fünf Jahren ebenfalls noch einmal prüft, ob dieses Zweckentfremdungsrecht fortgeführt werden sollte. Ich würde mir bei vielen Gesetzen, die Sie hier beschließen, wünschen, dass dafür eine Fünf-Jahres-Geltungs-Frist eingeführt würde. Die zweite zusätzliche Fünf-Jahres-Frist in diesem Gesetzentwurf halten wir für falsch, weil sie zu großen bürokratischen Schwierigkeiten führt, die völlig unnötig sind.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! Bayern will mit diesem neuen Landesgesetz zur Regelung der Zweckentfremdung von Wohnraum eine weitere durch die Föderalismusreform gewonnene Kompetenz für die Wohnungspolitik nutzen, um insbesondere auf Mangelsituationen bei der Wohnraumversorgung in Ballungsräumen flexibel reagieren zu können. Die bisherige bundesrechtliche Regelung, die zunächst einmal als Not- und Übergangsrecht konzipiert war, wird damit abgelöst. Diese Regelung hat zwar prinzipiell bis zuletzt ihren Zweck erfüllt, ist aber in der Zwischenzeit stark auslegungsbedürftig geworden und hat eine Reihe von Zweifelsfragen und Unsicherheiten aufgeworfen. Nach dem neuen Landesgesetz sollen nunmehr die Gemeinden mit einem Wohnungsmangel unter bestimmten Voraussetzungen die Befugnis erhalten, nach eigenem Ermessen für ihr Gebiet eine Genehmigungspflicht und damit ein grundsätzliches Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum festzulegen.
Ohne weitere rechtliche Verpflichtung können sie bei Wohnungsmangel nach eigenen wohnungspolitischen Vorstellungen tätig werden und dabei die Bedürfnisse und regionalen Unterschiede der Wohnungsmärkte in Bayern berücksichtigen. Ob nun im Gemeindegebiet ein Wohnraummangel besteht und was man dagegen tun kann, können nach unserer Meinung die Verantwortlichen vor Ort am besten beurteilen. Herr Kollege Volkmann, hier sind wir einer Meinung.
Hier gehört es dazu, die Eingriffsmöglichkeiten vor Ort zu stärken und den Kommunen eigenständige Entscheidungsspielräume in größerem Umfang zu geben. Neben dem Gesetz werden weitere staatliche Regelwerke kaum noch benötigt. Eine entsprechend amtlich festgelegte Gebietskulisse kann künftig ebenso entfallen wie der bisherige umfangreiche Handreichungskatalog in Form von detaillierten Vollzugshinweisen. Die staatliche Mitwirkung kann sich auf den Erlass eines dafür unbedingt notwendigen rechtlichen Instrumentariums beschränken. Das Gesetz leistet auf diese Weise einerseits einen sachgerechten Beitrag zur Deregulierung, andererseits auch einen Beitrag zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Damit dürften wir alle einverstanden sein.
Eindrucksvoll gestaltete sich die Debatte um die Klausel, nach der der Erlass einer Zweckentfremdungssatzung kein primäres, sondern nur ein nachrangiges Mittel zur Beseitigung des Wohnraummangels sein soll. Dass die betreffenden Gemeinden zunächst versuchen sollen, einer Wohnraumknappheit mit anderen, wirtschaftlich und zeitlich vertretbaren Maßnahmen zu begegnen und nicht in erster Linie mit Hilfe eines Eingriffsrechts auf Vorrat ihre Bürger an die Spitze der Problembewältigung stellen sollten, sollte für uns alle eine Selbstverständlichkeit sein.
Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verlangt diese Rangfolge, weil die Beobachtung und die Nachsteuerung der Wohnraumbilanz beispielsweise durch Ausweisung von Wohngebieten durch Bebauungspläne, durch die Wohnraumförderung oder durch die Entwicklung von einheimischen Modellen zu den vornehmsten Aufgaben einer Kommune gehört.
Lassen Sie mich noch einige Sätze zu dem eben wieder diskutierten Thema „Befristung des Gesetzes“ sagen: Ich kann nur wiederholen, worauf während der Ausschussberatung immer wieder hingewiesen worden ist. Es ist nicht beabsichtigt, die Rechtsfigur „Zweckentfremdung von Wohnraum“ nach Fristablauf heimlich und geräuschlos aus dem bayerischen Rechtskodex verschwinden zu lassen.
Herr Kollege Volkmann, Sie müssen sich einmal mit Ihrem Oberbürgermeister unterhalten. Unser Ziel ist es – das fordert auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund –, schon jetzt festzulegen, nach welchem Zeitraum eine Rückschau der Gesetzesfolgenabschätzung vorzunehmen ist. Das Gesetz bringt für die Kommunen eine Menge neuer Aufgaben und Verantwortungsbereiche. Wir trauen den Gemeinden zu, dies alles selbst zu bewältigen, gehen aber eine Selbstverpflichtung ein, die Regelung nach angemessener Zeit hinsichtlich ihrer Handhabbarkeit und Effizienz auf den Prüfstand zu stellen. Falls erforderlich, werden wir noch nachsteuern.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, dass es sich bei dem, worauf Sie beim Deutschen Städte- und Gemeindetag eben Bezug genommen haben, um einen Forderungskatalog handelt, der mehrere Jahre alt ist und der – wie mir am Telefon vom Deutschen Städte- und Gemeindetag ausdrücklich versichert wurde – innerhalb des Verbandes durchaus umstritten ist? Eine weitere Frage: Wenn es so ist und dieser Forderungskatalog mehrere Jahre alt ist, warum hat dann der Freistaat Bayern bzw. die Mehrheit dieses Hauses bei keinem der 23 Gesetze von Januar bis September außer einem Erprobungsgesetz eine Befristung vorgenommen und tut das nun ausgerechnet bei einem Gesetz, das sich 35 Jahre lang bestens bewährt hat?
Herr Kollege Volkmann, können wir uns vielleicht darauf einigen, dass auch ein Gesetz, das 35 Jahre alt ist, durchaus einmal überprüft werden kann und dass es nach 40 Jahren auch wieder überprüft werden kann? Seien Sie doch nicht so ängstlich. Im Gegenteil: Das ist eine Aufforderung an Ihre Kommune, sich dafür einzusetzen, dass dieses Gesetz in Zukunft nicht mehr notwendig ist. Bevor wir wieder eine Aufhebung des Gesetzes brauchen, werden wir nach einer Evaluation die notwendigen Schritte einleiten. Ich hoffe, dass Sie dann selbst an der Spitze der Bewegung stehen und sagen, wir wollen dieses Gesetz abschaffen, weil in München endlich genügend Wohnraum vorhanden ist.
Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, dass wir mit dem nunmehr zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf ein hinreichend schlankes, gut lesbares und in sich schlüssiges Regelwerk geschaffen haben, mit dem die angesprochenen Gemeinden gut zurechtkommen müssten. Ich bitte deshalb das Hohe Haus um seine Zustimmung.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/8369, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/8890 und
15/9043 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit auf Drucksache 15/9286 zugrunde.
Ich lasse zunächst über den vom endberatenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsantrag auf Drucksache 15/9043 abstimmen. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSUFraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.
Zum Gesetzentwurf Drucksache 15/8369 empfiehlt der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit Zustimmung mit der Maßgabe, dass in Artikel 6 die Worte „Artikel 7“ durch die Worte „Artikel 6“ ersetzt werden. Wer dem Gesetzentwurf mit dieser Änderung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen?
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Das sind die Fraktion der SPD und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“.
Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben beschlossenen Fassung hat der Änderungsantrag auf Drucksache 15/8890 seine Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.
Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspiel- staatsvertrag – GlüStV) (Drs. 15/8486) – Zweite Lesung –
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (AGGlüStV) (Drs. 15/8601) – Zweite Lesung –
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von 20 Minuten pro Fraktion vereinbart. Als Erstem darf ich Herrn Kollegen Dr. Weiß das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, ich enttäusche Sie angesichts der eher untergeordneten Mitwirkungsmöglichkeiten, die der Landtag bei einem Staatsvertrag hat, nicht allzu sehr, wenn ich die mir dargebotenen 20 Minuten Redezeit nicht zur Gänze ausschöpfe.
Einige Anmerkungen zum Ergebnis der Beratungen – immerhin haben fünf Ausschüsse beraten bzw. mitberaten – seien mir dennoch gestattet. Woher der Handlungsbedarf kommt, ist hinlänglich bekannt. Ausgangspunkt ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 zum Spannungsverhältnis zwischen dem Grundrecht auf Berufs- bzw. Gewerbefreiheit und dem staatlichen Wettmonopol. Auslöser waren damals Sportwetten. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts enthielt folgende wesentlichen Aussagen, die dem jetzt vorliegenden Staatsvertrag zugrunde liegen:
Erstens. Das Wettmonopol stellt in seiner gegenwärtigen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar und ist damit mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
Zweitens. Rein fiskalische Gesichtspunkte unseres Staates als solche scheiden zur Rechtfertigung eines Wettmonopols aus.
Drittens. Eine Rechtfertigung kann sich jedoch aus dem Gemeinwohlziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ergeben.