Protokoll der Sitzung vom 12.12.2007

Wenn Sie sich in den Haushalten allein beim Wärme- und Stromverbrauch die Kostensteigerungen einmal anschauen, werden Sie feststellen: Es sind gewaltige Summen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich habe mir die Beträge im Doppelhaushalt 2007/2008 angeschaut und festgestellt: Wir haben beispielsweise bei den Finanzämtern eine Steigerung um 42 %, das ist wirklich das Tollste. Wenn ich die Ist-Zahlen von 2004 und die Sollzahlen von 2007 nehme – die Endabrechnung haben wir nicht vorliegen –, sind das 42 % mehr. Außerdem haben wir folgende Steigerungen: bei Gerichten und Staatsanwaltschaften 33 %, bei Ministerpräsident und Staatskanzlei 33 %, bei der Obersten Baubehörde 74 %, das ist ganz toll. Insgesamt sind die Kosten für Energie „Strom und Wärme“ im Jahr 2007 geschätzt mit 200 Millionen Euro. Um diese gigantischen Kostensteigerungen aufzufangen und um energetische Sanierungen umzusetzen, wollen Sie in den nächsten vier Jahren 150 Millionen Euro aufbringen. Das ist zu wenig, Kolleginnen und Kollegen der CSU.

Wir können auch auf den jüngsten Jahresbericht des Obersten Rechungshofs von 2007 schauen, der ganz klar anmahnt, dass der hohe Glasanteil an den Fassaden in den letzten Jahrzehnten hohe Energiekosten verursacht. Für den Sommer müssen Klimaanlagen gebaut werden, damit man in den Gebäuden überhaupt arbeiten kann. Das Nutzerverhalten ist nicht auf die Technologie abgestellt. Im Winter hat man in der Regel hohe Heizkosten.

Schauen Sie also auf den Obersten Rechnungshof, der seit 1984 Energiesparmaßnahmen in öffentlichen Bauwerken anmahnt.

Wir wissen auch aus Ausschreibungen und Wettbewerben, die immer noch durchgeführt werden, dass erste und zweite Preise vergeben werden. Dann steht zwar dabei: ein hervorragend gestaltetes Gebäude, es ist aber leider energetisch nicht brauchbar. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Daher stellen wir heute unseren Antrag, den staatlichen Hochbau am Klimaschutz auszurichten. Wir haben hierfür folgende Forderungen formuliert: Erstens, künftige staatliche Neubauten mit nennenswertem Wärmeverbrauch im Passivhausstandard zu errichten. Das spart circa 90 % der Energiekosten ein. Das brauchen wir, wenn wir mit öffentlichen Geldern verantwortlich umgehen und nicht weiter zum Fenster hinaus heizen wollen. Das ist öffentliches Geld, das hier verschleudert wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zweitens fordern wir bis 2015 eine Sanierung bei bestehenden Gebäuden mindestens im Niedrigenergiestandard. Bayern will immer an der Spitze und unter den Besten sein. Wir fordern deshalb: Sehen Sie für Sanierungen einen Qualitätsstandard vor, der unter diesem Niedrigenergiestandard liegt. Setzen Sie z. B. einen Standard, der um 25 % besser ist, als in der Energieeinsparverordnung – EnEV – vorgeschrieben. Das wäre wirklich ein Mittelstandsförderprogramm, das gerade auch dem Handwerk zugute käme. Es geht um vernünftige energetische Sanierungen. Man spart dadurch Geld, sichert Arbeitsplätze und schützt die Umwelt.

Für den Nachtragshaushalt sind entsprechende Finanzmittel einzuplanen. Wir werden sicher unsere Anträge dazu einbringen. Wie Sie wissen, haben wir hierfür bereits im Nachtragshaushalt 2007 für Kommunen und für den Freistaat insgesamt 90 Millionen Euro eingefordert. Das wäre eine sinnvolle Anlage und Investition gewesen. Stattdessen heizen wir weiter zum Fenster hinaus.

Kolleginnen und Kollegen der CSU, wenn Sie den Klima- und den Umweltschutz ernst nehmen, wenn Sie das Handwerk und den Mittelstand fördern wollen, dann übernehmen Sie endlich die Rolle, die notwendig ist. Handeln Sie als Freistaat vorbildlich und setzen Sie notwendige Standards! Sanieren Sie die bestehenden Altbauten energetisch, setzen Sie die notwendigen Standards für den Neubau und betreiben Sie Energieeinsparung, wie es derzeit beim Passivhaus möglich ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Paulig, die Redezeit ist abgelaufen.

Okay. – Ich habe jüngst ein Passivhaus besichtigt. Nehmen Sie sich ein Beispiel an der Kommune in Herrieden. Dort wurde eine Mehrzweckhalle im Passivhausstandard gebaut. Das ist möglich, und das setzt die guten, notwendigen Maßstäbe.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Nächste Wortmeldung: Kollege Rabenstein.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich habe in meiner Funktion als Gefängnisbeirat zusammen mit Frau Brendel-Fischer vor kurzer Zeit die JVA in Hof besucht, scherzeshalber auch „Hotel am Untreu-See“ genannt, weil man einen wunderschönen Ausblick auf den Untreu-See hat. Dieses Bauwerk ist ein wunderschönes Betonbauwerk aus dem letzten Jahrhundert, ich hätte fast „Barockbauwerk“ gesagt.

(Heiterkeit)

Dieses Betonbauwerk aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts sieht nicht nur wunderbar aus, sondern hat auch energetische Mängel sondersgleichen. Es wurden uns die Fenster vorgeführt, und wir haben festgestellt: Es zieht an der ganzen Fensterfront durch. Es sind kaum Isolierfenster vorhanden. Ich möchte nicht wissen, was allein die energetische Sanierung dieses einen Gebäudes kosten würde. Es wurde natürlich der Wunsch an uns herangetragen, wir sollten hier etwas machen. Ich muss dazusagen, in Hof pfeift der Wind noch anders als in München, vor allem um diese Jahreszeit. Wir haben das Justizgebäude angeschaut, ein Gebäude, das ebenfalls sehr marode ist. Dieses Gebäude wird, obwohl es unter Denkmalschutz steht, abgerissen. Dort sind die Fenster im Winter nur mit Decken zu isolieren. So versucht man zu vermeiden, dass es nicht durchzieht.

Das sind nur zwei Beispiele von sehr vielen. Ich brauche jetzt auch angesichts der Zeit die einzelnen Gründe nicht zu nennen – sie sind schon genannt worden –, warum es notwendig ist, hier etwas zu tun. Auf der einen Seite sind das natürlich Amortisierungskosten; denn bei jedem Gebäude, das innerhalb von 10 oder 15 Jahren energetisch saniert wird, amortisieren sich die Kosten. Natürlich ist hier auch die örtliche Wirtschaft eingespannt, vor allem Handwerksbetriebe bekommen in diesem Bereich sehr viel Arbeit. Aber im Mittelpunkt steht der Klimaschutz insgesamt. Ich habe den Eindruck, dass hier der private Häuslebauer, der sein Haus saniert, im Moment mehr macht, weil er sieht, das zahlt die öffentliche Hand.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

In Bayern sind etwa 9000 Gebäude in öffentlicher Hand. Davon müssen zwei Drittel energetisch saniert werden; die Zahl ist schon genannt worden.

Innerhalb von zehn Jahren wurden bisher 350 Altbauten saniert. Es wurde etwas gemacht, aber wenn wir uns ausrechnen, wie lange es dauern würde, bis alle Gebäude saniert wären: In der Zeit wäre das Erdöl wahrscheinlich gar nicht mehr vorhanden. Das würde wohl 100 Jahre dauern. Das können wir uns einfach nicht leisten.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Deshalb muss jetzt unmittelbar etwas gemacht werden, und in diese Richtung zielt unser Antrag. Er soll also Druck machen; denn wir sollten als Freistaat Bayern und als öffentliche Hand beispielhaft vorgehen. Wir sollten den Privatbesitzern zeigen, wie man solche Gebäude sanieren kann und welche Vorteile das hat.

Einen Vorteil möchte ich zum Schluss noch ansprechen. Es ist natürlich auch so, dass der Wohnkomfort entsprechend steigt, wenn ich bessere Fenster einbaue, damit einen besseren Schallschutz habe und auch ein besseres Wohnklima. Jetzt denke ich wieder an Hof zurück. Ich glaube, die 300 Gefangenen, die Tag und Nacht in den Gebäuden leben müssen, wären uns alle dankbar, wenn wir dieses Gebäude beispielhaft energetisch sanieren würden.

Packen wir es an! Stimmen Sie unserem Dringlichkeitsantrag zu.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Hintersberger.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Frau Kollegin Paulig, wir haben Ihren Dringlichkeitsantrag, der mittlerweile schon ein halbes Jahr auf dem Buckel hat, insgesamt fünfmal in den verschiedene Ausschüssen beraten. Ihr monotones Credo, das Sie immer wieder anstellen nach dem Motto: „Wir wollen mehr, egal woher“, führt allein nicht weiter.

Ich darf noch einmal auf den Antrag eingehen. Wir stimmen darin überein, dass die energetische Gebäudesanierung einen ganz wesentlichen Faktor für CO2-Einsparung zum Klimaschutz bildet.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Richtig!)

Dies ist auch nachdrücklich in der Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten vor gut einem Monat deutlich geworden.

Was Ihren Antrag anbelangt, sind wir in einem beieinander, nämlich in der Sinnhaftigkeit der Umsetzung dieser energetischen Sanierung. Da, liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, kann ich aber in Ihren ersten drei Spiegelstrichen überhaupt nichts Vernünftiges finden. – Schütteln Sie nicht den Kopf, Sie waren in den Ausschusssitzungen

dabei. Wenn Sie im ersten Spiegelstrich den Passivhausstandard für alle staatlichen Neubauten vorgeben, meine Damen und Herren, dann ist dies nicht vernünftig,

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Doch!)

dann ist das nicht sinnvoll,

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Natürlich ist das sinnvoll!)

dann ist dies nicht effizient. Und warum nicht? – Auch wenn Sie schreien, haben Sie nicht recht,

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Doch!)

weil Sie gerade kontraproduktiv bei der Vielschichtigkeit staatlicher Nutzungen, und staatlicher Funktionen der Immobilien, Gebäuden und Liegenschaften, die eben nicht nur durch die Gebäuderelevanz, sondern sehr stark auch durch die Art der Nutzung in der energetischen Ökobilanz sozusagen definiert werden, diesen Standard vorgeben, der bisher ausschließlich für den Wohnhausbau definiert wird.

Der zweite Punkt: mindestens Energieniedrigstandard. Auch dies ist ein reiner Placebobegriff, der hier, wenn wir ehrlich miteinander sind, nicht umgesetzt werden kann. Wenn ich mir die Zweite Energieeinsparverordnung anschaue, meine Damen und Herren, ist festzustellen, dass wir schon deutlich unter den Standards sind, die dieser Wischiwaschi-Begriff von Niedrigenergiestandards definiert.

Wenn Sie sagen, bei allen anderen energetischen Sanierungen sollten im wesentlichen Umfang dementsprechend erneuerbare Energien eingesetzt werden, ist festzustellen, dass dies umgesetzt wird und im Rahmen Ihres konkreten Antrags außer Schwammigkeit wenig zu bieten hat.

Ihren Antrag zum Nachtragshaushalt besprechen wir dann. Ich denke, die 150 Millionen Euro plus die 40 Millionen Euro, was die energetische Sanierung anbelangt, sprechen im Rahmen der Regierungserklärung und des 18-Punkte-Aktionsprogramms „Energetische Gebäudesanierung“ eine sehr deutliche Sprache,

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

dass wir dies seitens unserer Politik zu einem deutlichen Schwerpunkt gemacht haben und weiter machen.

Zum Antrag der Kollegen von der SPD ist Folgendes zu sagen: Meine Damen und Herren, auch hier sind wir beieinander, was die energetische Sanierung der staatlichen Gebäude als Schwerpunkt anbelangt. Ich denke allerdings, dass Ihre Forderung nach zusätzlichen Energieberatungen längst umgesetzt ist. 86 Landkreise und kreisfreie Städte haben heute Energieberatungsagenturen. Ich

verweise auf den Internetauftritt der Obersten Baubehörde beim Arbeitskreis „Energieeffizientes Bauen“. Hier, Herr Kollege Rabenstein, haben wir sehr wohl eine weit gefächerte, detaillierte Information auch für den Privatmann, wie man Gebäude sinnvoll und effizient sanieren kann.

Soweit es um ein Kompetenzzentrum geht, das Sie verlangen, muss ich sagen, meine Damen und Herren: Da haben Sie noch nichts von CARMEN in Straubing gehört. Zusammen mit dem LfU haben wir eine ausgesprochen effiziente Einrichtung gerade in dem Punkt, den Sie wollen.

Letzter Satz: Zu Ihrem Hinweis, dass der Gesetzgeber für die Mietparteien Vorgaben machen sollte, stelle ich fest: