Unter diesem Aspekt ist die Entwicklung in Berlin eine Fehlentwicklung. Deshalb habe ich vor sechs Wochen auch sehr deutlich davon gesprochen, dass ich nicht bereit bin zu akzeptieren, dass sukzessive der Schutz des Allerheiligentages ausgehöhlt wird. Da der Allerheiligentag wie auch andere, beispielsweise der Karfreitag, den besonderen Schutz eines stillen Feiertages genießt, halte ich es nicht für in Ordnung, wenn in München mir nichts, dir nichts große MTV-Partys genehmigt werden oder wenn in Nürnberg in der Nacht vom Reformationstag auf den Allerheiligentag stundenlang HalloweenPartys veranstaltet werden.
Das steht in ganz klarem Widerspruch zur Gesetzeslage. Nur wenn die Menschen in unserem Lande spüren, dass wir den Schutz der Feiertage tatsächlich ernst nehmen und die Feiertage auch so leben, ist es sinnvoll, sich für diese Feiertage, die in der Tat zur kulturellen Identität unseres Landes gehören, einzusetzen. Aus diesem Grunde bitte ich Sie, in diesem Punkte zusammenzustehen und den Schutz der Feiertage in unserem Land in der christlichen Tradition unseres Freistaates Bayern ernst zu nehmen.
In dem konkreten Fall des Buß- und Bettages sollten wir uns gemeinsam in Berlin mit den anderen Ländern einsetzen, die Voraussetzungen zu schaffen, um den Automatismus aus dem Sozialgesetzbuch herauszubringen,
damit die Arbeitnehmer nicht mit 0,5 % zusätzlichem Beitrag belastet werden. Damit hätten wir dann die Möglichkeit, diesen Feiertag in Bayern wieder einzuführen.
Herr Minister, Ihnen ist aber bekannt, dass in der Regel die CSU dafür ist, wenn es Anträge gibt, Sonntagsöffnungen vor Ort in den größeren Kommunen – siehe Erlangen – zu gestatten,
und es ist Ihnen sicherlich auch bekannt, dass die Zuständigkeit für die Öffnung der Autowaschstraßen an Sonn- und Feiertagen von der CSU auf die kommunale Ebene verlagert wurde.
Unter diesem Aspekt fi nde ich Ihr Auftreten hier schon sehr, sehr bemerkenswert, auch wenn wir uns in dem Anliegen weitgehend einig sind und es sich bei Ihnen nur um einen gespielten Dissens handelt, den Sie jetzt aufwerfen. Ausgerechnet diejenigen, die den Sonntagsschutz weitgehend infrage stellen, stellen sich hier nun als die Retter der evangelischen Kirche und des Buß- und Bettages dar.
Frau Kollegin Stahl, zu Ihren Ausführungen kann ich nur auf die geltende Rechtslage hinweisen, nach der die Kommunen in Bayern maximal viermal im Jahr den Sonntag zum Einkaufen freigeben können. Es handelt sich also maximal um vier Sonntage. Ob sie davon Gebrauch machen, entscheiden die Kommunen selbst.
Ich habe nicht den Eindruck, dass es im Moment irgendjemanden gibt, der diese Regelung ausweiten wollte. Und die Rechtslage in Bayern sagt ausdrücklich, dass die Adventssonntage in Bayern dafür nicht verwendet werden dürfen. Das ist die Rechtslage, und dazu stehe
ich. Ich halte das für richtig. Eine Ausweitung der verkaufsoffenen Sonntage halte ich persönlich jedenfalls nicht für richtig und sehe im Moment auch niemanden, der daran etwas ändern will.
Auch diese Regelung gestattet lediglich, dass Kommunen außerhalb der typischen Gottesdienstzeiten die Möglichkeit haben, die Öffnung der Waschanlagen zu genehmigen. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich persönlich sehr froh darüber bin, dass bis heute nur sehr wenige Kommunen in Bayern von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Da gab es damals Sonderinteressen im Bereich der österreichischen Grenze und Ähnliches mehr.
Die ganz große Mehrheit der Kommunen macht davon keinen Gebrauch, und ich sage Ihnen ganz persönlich: Das ist gut so.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Kürze nur folgende Feststellungen: Die Debatte geht jetzt über den eigentlichen Buß- und Bettag ein wenig hinaus. Aber das muss auch nicht verkehrt sein.
Erstens ist der Aspekt angesprochen worden, ob wir wirklich zuschauen wollen, wie alle Lebensbereiche zunehmend ökonomisiert und unter das Diktat des Konsums und der Wirtschaftlichkeit gestellt werden. Wenn man diese Frage kritisch stellt – ich fi nde, man muss sie stellen –, dann bekommt natürlich die Debatte um den Ladenschluss, um die Öffnung von Waschstraßen am Sonntag oder um Marktsonntage eine andere Dimension und Bedeutung. Es geht hier nicht um einzelne Entscheidungen, sondern es geht um eine grundsätzliche Linie und Auffassung dieses Parlamentes.
Da möchte ich schon festhalten, Herr Kollege Herrmann, dass es hier im Hohen Hause die Oppositionsparteien sind, die sich in wesentlich stärkerem Maße in allen Einzelpunkten, die hier genannt wurden, für eine eher restriktivere Linie einsetzen als Sie.
In allen Punkten! Eine einheitliche Ladenschlussregelung haben Sie schon gar nicht zustande gebracht. Wir haben dazu eine klare Position. Wir sagen: Die Zeit, die
heute zum Einkaufen zur Verfügung steht, reicht aus. Wir könnten uns sofort darauf verständigen, wenn Sie es wollten.
Ich kann mich noch gut an Ihre Abstimmung in der Fraktion erinnern. Allen Ernstes: Wenn wir da einer Meinung wären, wäre ich froh, und wir könnten sofort eine gemeinsame Linie fi nden.
Zweitens geht die Debatte auch an der Stelle über den Buß- und Bettag hinaus, wo wir sagen, die paritätische Finanzierung der Sozialversicherung ist doch der bessere Weg.
So habe ich den Kollegen Welnhofer auch verstanden, als er sagte, wir haben damals einen Fehler gemacht.
Ich sage nicht, dass es Ihr Fehler war, den Buß- und Bettag abzuschaffen, ich sage nur, dass es Ihr Fehler war, in Berlin die Kompensation zu erzwingen, unter der wir jetzt in Bayern zu leiden haben. Das war der Fehler, und wenn Sie dies schon einräumen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und jetzt hier von Umkehr sprechen, dann lassen Sie uns das doch auch tun.
Eine Umkehr gelingt nicht, wenn man hier nichtssagende nachgezogene Dringlichkeitsanträge zu Papier bringt, sondern es gibt nur einen geeigneten Weg, wenn Bayern eine bundesgesetzliche Regelung verändern will, nämlich die Initiative im Bundesrat.
Das haben Sie an anderer Stelle doch schon x-mal gemacht. Das ist doch der Weg, den die CSU immer geht und gegangen ist, wenn sie Bundesrecht verändern wollte. Warum auch nicht? Die Frage stellt sich doch jetzt, warum Sie bei diesem Thema diesen Weg nicht beschreiten wollen. Nachdem Sie ihn jetzt sogar fast ausgeschlossen haben, ist Ihr Antrag doch gar nichts mehr wert und auch nicht mehr zustimmungsfähig. Das ist gar nichts, was Sie hier vorschlagen.
Das Einzige, was Sie tun: Sie unterstellen uns, dass wir den Arbeitnehmern die kompletten Beitragszahlungen aufdrücken wollen. Das wollen wir aber nicht!
Wir sagen, wir wollen zur Parität zurück. Lassen Sie uns doch diesen Geburtsfehler korrigieren, wie Sie ihn selbst so bezeichnen; dann sind Sie schon einen Schritt weiter. Das wäre die einzig richtige Konsequenz aus dem, was hier vollmundig dargelegt wird mit Verweisen auf Briefe und vielleicht sogar auf Bibelstellen. Das hilft aber wenig. Hier hilft nur der konkrete Weg, den Sie schon x-mal, zum Teil für ganz abwegige Dinge, verfolgt haben. Warum beschreiten Sie diesen Weg nicht dann, wenn er tatsächlich vernünftig ist? – Deshalb meine herzliche Bitte, dem nachzukommen.
Stimmen Sie unserem Antrag zu, dann bringen wir gemeinsam mit Ihnen die Bundesratsinitiative auf den Weg. Dann muss man sich mit dem Anliegen förmlich auseinandersetzen, und dann bleibt es nicht bei Gesprächen mit zuständigen oder nicht zuständigen Ministern, Herr Kollege Herrmann, sondern dann gibt es ein förmliches Gesetzgebungsverfahren. Das halte ich für richtig.