Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Leider!)

wenn sie sagt:

Die Verantwortung … zur Wiedereinführung des Buß- und Bettages darf nicht auf einem „Verschiebebahnhof der Zuständigkeiten“ blockiert werden.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Was Sie inszenieren, ist aber genau das.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie beabsichtigen mit Ihrem Dringlichkeitsantrag, die Verantwortung auf irgendwelche anderen Stellen abzuschieben. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag wegen mehrfach erwiesener Scheinheiligkeit ab.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Nun zum Inhalt des Antrags der SPD: Der Buß- und Bettag ist in Bayern ein sogenannter geschützter oder auch stiller Feiertag. Im bayerischen Feiertagsgesetz – ich nenne es einmal verkürzt so – ist hierzu festgelegt, dass alle bekenntniszugehörigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf einen unbezahlten Urlaubstag haben. Die Schulen sind geschlossen.

Die Landessynode der Evangelischen Kirche – darauf wurde mehrfach hingewiesen – beschreibt nicht nur die religiösen, sondern auch die kulturellen und sozialen Werte eines Feiertags, insbesondere des Buß- und Bettages. Ich brauche das an dieser Stelle nicht zu wiederholen. Fest steht allerdings, dass eine Regelung, die allen Schülerinnen und Schülern freigibt, den Eltern aber nicht, nicht sonderlich praktikabel ist. Fest steht auch, dass der „stille“ Feiertag kein wirklich stiller Feiertag sein kann,

wenn rundherum Wirtschaft und Arbeit wie immer pulsieren.

Fest steht schließlich auch, dass es ein gewisses Ungleichgewicht zwischen den Feiertagsregelungen für die katholische Kirche einerseits und für die evangelische Kirche in Bayern andererseits gibt.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Genau, stimmt!)

Die Katholiken stellen in Bayern mit etwa 50 % Bevölkerungsanteil zwar die Mehrheit, aber immerhin ist etwa jeder Vierte Protestant. In Teilen Frankens stellen bekanntlich die Protestanten sogar die Mehrheit.

Deshalb ist der Antrag der SPD nicht nur politisch geeignet, das Lavieren und Taktieren der CSU zu entlarven, sondern es macht auch materiell Sinn, den Buß- und Bettag wieder einzuführen. Einschränkend bemerke ich: Wir müssen uns dann in der Diskussion aber überlegen, ob wir ihn insgesamt im ganzen Land einführen oder speziell in den Gebieten mit überwiegend evangelischer Bevölkerung, korrespondierend etwa mit Mariä Himmelfahrt in katholischen Gebieten. In diesem Zusammenhang können wir dann diskutieren, welche Ausgleichsmöglichkeiten wir praktizieren, aber wir sollten die Ausgleichsmöglichkeiten nicht als Ausrede für das Nichtstun nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer (SPD))

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch auf einen weiteren, für uns sehr wichtigen Aspekt der bayerischen Feiertagsregelung zu sprechen kommen. Ich denke, ich habe hinreichend ausgeführt, dass geschützte Feiertage zumindest dort keine vernünftige Lösung darstellen, wo eine Mehrheit der regional dort lebenden Bevölkerung betroffen ist. Sie machen allerdings dort Sinn, wo Minderheiten ihre religiösen Bräuche pfl egen wollen. Ich nenne als Beispiel die israelitischen Feiertage – jüdischen Glaubens ist ungefähr 0,1 % der Bevölkerung in Bayern –, für die es eine entsprechende Regelung im bayerischen Gesetz gibt. Ich nenne aber ausdrücklich, und zwar nicht nur, weil das eine sehr viel größere Minderheit ist, die beiden herausragenden Feste im islamischen Kalender, die bisher keiner Feiertagsregelung unterliegen. Das ist das Opferfest, das zum Höhepunkt der Hadsch von den Muslimen gefeiert wird, und das Zuckerfest, das Fest des Fastenbrechens, am Ende des Ramadan.

(Thomas Kreuzer (CSU): Beantragen Sie das heute?)

Die Muslime bilden die mit Abstand größte Bevölkerungsgruppe in Bayern, die nicht Anhänger einer christlichen Religion sind. Deshalb ist es überfällig, dass die CSU endlich damit beginnt, die Bedürfnisse der bei uns lebenden Muslime,

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN – Engel- bert Kupka (CSU): Aber jetzt sind wir beim Thema!)

Ihre eigenen Integrationsbereitschaftsversprechungen und Ihre eigenen Aussagen vom Respekt vor der Religion anderer ernst zu nehmen. Deshalb wären Sie gut beraten, endlich den GRÜNEN zu folgen, im Bayerischen Gesetz über den Schutz der Sonn- und Feiertage auch geschützte Feiertage für die bayerischen Muslime zu schaffen.

Herr Kollege Kreuzer, Sie haben gerade gesagt: Beantragen Sie das doch. Wenn Sie erlauben, dann werde ich über meinen Schatten springen und Ihnen ein Koppelgeschäft anbieten: Wir stimmen heute Ihrem Antrag zu, wenn Sie den Passus aufnehmen: Die Bayerische Staatsregierung schafft für die islamische Minderheit in diesem Land geschützte Feiertage. Dann bin ich bereit, Ihren Vorschlag sofort aufzunehmen,

(Thomas Kreuzer (CSU): Bringen Sie doch einen Antrag ein!)

denn der Handlungsdruck ist da, Kollege Kreuzer.

(Beifall bei den GRÜNEN – Engelbert Kupka (CSU): Aber dann stimmt Ihre Argumentation von vorhin überhaupt nicht mehr!)

Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Herrmann ums Wort gebeten.

(Engelbert Kupka (CSU): Jetzt, Herrmann, bieg wieder um, was schiefl äuft!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorgestern beim Parlamentarischen Abend auf Einladung des Landtagspräsidenten waren einige Kollegen, auch solche von der Landtagspresse, auf der Suche nach dem traditionellen Weihnachtskrach, aber man ist den ganzen Abend über nicht fündig geworden.

Nun war ich der festen Überzeugung, dass sich dieses Thema mit Sicherheit auch nicht dafür eignet. Aber bei den letzten Worten des Kollegen Hallitzky war ich mir nicht mehr ganz so sicher.

(Beifall der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Fest steht jedenfalls: Wir reden heute über den Buß- und Bettag und nicht über den Schutz islamischer Feiertage in Bayern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU)

Kollege Maget hat vorhin ebenso wie der Kollege Welnhofer die Entwicklungsgeschichte der Pfl egeversicherung seit 1994 referiert. Ich denke, es gibt überhaupt keinen Anlass, dass wir uns heute gegenseitig Unredlichkeit vorwerfen. Wenn wir heute gemeinsam feststellen, dass die Konstruktion, die wir damals gefunden haben

und die auf Bundesebene gefunden worden ist nach dem Motto: entweder wird für die Einführung der Pfl egeversicherung ein bundesweiter Feiertag abgeschafft oder die Arbeitnehmer zahlen 0,5 Prozentpunkte mehr für die Pfl egeversicherung, falsch war, dass man das hätte anders machen sollen und wir uns heute dafür einsetzen wollen, es wieder zu korrigieren und anders zu machen, dann ist das weder vonseiten der Staatsregierung, so sehe ich das jedenfalls, noch der CSU- oder SPD-Fraktion unredlich. Das ist in Ordnung, wenn wir das heute einräumen.

Ich meine ganz persönlich, dass es in der Tat ein Fehler war, dass wir das heute wahrscheinlich auch nicht mehr so beschließen würden. Wie es auf Bundesebene heute aussähe, weiß ich nicht, aber genau darum wird es gehen, nämlich um die Frage, ob es uns gemeinsam gelingt, auf Bundesebene etwas zu ändern; denn gesetzliche Realität ist nun eben, dass dieser Automatismus im Gesetz steht.

Deshalb ist das, was Sie, Herr Kollege Hallitzky, gesagt haben, grober Unfug. In dem Moment, in dem wir den Buß- und Bettag in Bayern wieder einführen, greift sofort das Bundesgesetz. Das würde automatisch dazu führen, dass die Arbeitnehmer einen höheren Beitrag zahlen müssten. Da haben wir im Landesparlament keinen Gestaltungsspielraum.

Ich will aber klar sagen, dass ich auch den Kollegen der SPD nicht unterstelle, dass Sie das im Sinne haben.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Herr Welnhofer hat es gesagt!)

Dafür gibt es überhaupt keinen Anhaltspunkt.

(Franz Maget (SPD): Fragen Sie ihn das!)

Aber das ist das Dilemma an dieser Konstruktion, daran müssen wir gemeinsam arbeiten.

Ich will aber den Kollegen der SPD-Fraktion schon sagen: Ich freue mich, Herr Kollege Maget, wenn wir uns in dieser Zielsetzung einig sind. Aber jetzt wird es darum gehen, Bündnispartner in Berlin und in den anderen Ländern zu fi nden. Die fachliche Zuständigkeit in den Ministerien in Berlin liegt bei der Kollegin Ulla Schmidt und beim Kollegen Olaf Scholz, im Bundesgesundheitsministerium und im Bundesarbeitsministerium.

(Zuruf der Abgeordneten Christa Steiger (SPD))

Darum freue ich mich natürlich über Ihre volle Sympathie und Unterstützung für die Anliegen unseres Ministerpräsidenten Günther Beckstein, die Sie in Ihrem Antrag zum Ausdruck gebracht haben, und darüber, dass die SPD mithilft, das Bundessozialministerium und das Bundesgesundheitsministerium davon zu überzeugen, dass wir im Sozialgesetzbuch eine Änderung brauchen.

(Franz Maget (SPD): Jawohl!)

Wir müssen diesen 0,5-Prozent-Automatismus herauskriegen. Nur dann haben wir eine Möglichkeit, in Bayern von unserer landespolitischen Gesetzgebungskompetenz einen neuen Feiertag, den Buß- und Bettag, wieder einzuführen, Gebrauch zu machen.

(Franz Maget (SPD): Jawohl! Richtig!)

Lassen Sie mich noch eines hinzufügen, liebe Kolleginnen und Kollegen: An diesem Thema und daran, wie wir in den letzten Jahren damit umgegangen sind, wird deutlich, wie entscheidend es ist, nicht nur bei einer solchen Gelegenheit über die kulturelle Bedeutung von Feiertagen in Bayern zu sprechen, sondern auch, wie wir sie in unserem Alltag leben. Deshalb sollten wir auch gerade aus der Diskussion um den Buß- und Bettag Lehren ziehen und aktiv für den Schutz der Sonn- und Feiertage in unserem Lande eintreten.

Ich war dankbar, dass unser Landtagspräsident vorgestern beim Parlamentarischen Abend ausdrücklich gesagt hat, wie wichtig es ist, dass die Adventssonntage auch Adventssonntage bleiben und nicht vorrangig dem Einkauf und dem Kommerz dienen, und dass es richtig ist, dass in Bayern die Adventssonntage nicht als verkaufsoffene Sonntage freigegeben werden.

(Beifall bei der CSU – Joachim Wahnschaffe (SPD): Auf Initiative der CSU?)

Unter diesem Aspekt ist die Entwicklung in Berlin eine Fehlentwicklung. Deshalb habe ich vor sechs Wochen auch sehr deutlich davon gesprochen, dass ich nicht bereit bin zu akzeptieren, dass sukzessive der Schutz des Allerheiligentages ausgehöhlt wird. Da der Allerheiligentag wie auch andere, beispielsweise der Karfreitag, den besonderen Schutz eines stillen Feiertages genießt, halte ich es nicht für in Ordnung, wenn in München mir nichts, dir nichts große MTV-Partys genehmigt werden oder wenn in Nürnberg in der Nacht vom Reformationstag auf den Allerheiligentag stundenlang HalloweenPartys veranstaltet werden.