Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

(Thomas Kreuzer (CSU): Die Sache zu verhindern!)

zu wissen, was los ist. – Nein! Wenn die Ökobilanz so, wie Sie es behaupten, ausfällt, kann man die Sache doch gar nicht verhindern, dann wird doch bestätigt, dass sie gut ist. Aber offensichtlich können Sie dem Antrag deshalb nicht zustimmen, weil Sie Angst haben, dass die Ökobilanz schiefgeht, was stark zu vermuten ist.

Ich will Ihnen sagen, warum das so ist. Die Ökobilanz für den Transrapid kann gar nicht sauber gerechnet werden. Selbst mit Rechenkünsten wird das nicht gelingen. Nehmen wir nur einmal die Ökobilanz für die Fahrstraße, und denken wir an den Verbrauch von Beton, Kupfer, Stahl und sonstigem. Dazu gehört auch der Transport der Stützen und weiteren Materials.

(Zuruf des Abgeordneten Henning Kaul (CSU))

Dazu komme ich gleich, Herr Diplomingenieur. Auch dazu kann ich Ihnen etwas sagen.

Zum Heben und Schweben des Transrapid braucht man in jedem Fall genauso viel Energie wie ein ICE, wenn er 120 Kilometer in der Stunde fährt. Und da behaupten Sie, die Ökobilanz gehe auf! Herr Diplomingenieur, da müssen Sie sich eines Besseren belehren lassen. Physikalisch ist die Rechnung übrigens leicht nachzuvollziehen. Auch

wenn man nicht viel von Physik versteht, weiß man, dass ein Schwebefahrzeug mehr Energie braucht als ein RadSchiene-Fahrzeug. Dafür gibt es eine gewisse Logik. Man wird Ihnen das aber wahrscheinlich noch vorrechnen müssen.

Ich nenne ein zweites Beispiel. Man braucht Hochleistungsakkumulatoren für den Fall, dass der Strom ausfällt. Deren Austausch verschlechtert die Ökobilanz in unglaublichem Maße.

Ich sage ein Drittes. Niemand kann sagen, was es bedeutet, wenn der Transrapid in München in 40 Metern Tiefe fährt – dazu wollen wir heute etwas wissen –, welchen Einfl uss das auf die Grundwasserströme hat, die übrigens Trinkwasserströme für Freising und benachbarte Gemeinden sind. Ich denke, auf diese Gemeinden ist Rücksicht zu nehmen.

Nach unserer Meinung muss sich das Parlament um die Ökobilanz kümmern. Sie ist nicht Aufgabe des Planfeststellungsverfahrens. Wenn man anderer Meinung ist, beschneidet man die eigenen parlamentarischen Rechte. Die CSU kann sich natürlich so verhalten, wenn sie vor einem Ergebnis Angst hat. Dann wird sie aber später von der Entwicklung eingeholt. Ich sage Ihnen: Dann müssen Sie bzw. das Ministerium es aushalten, dass wir zu sämtlichen Punkten Schriftliche Anfragen einreichen. Wenn Sie das wollen, können Sie es haben; denn es muss sichergestellt werden, dass das ans Tageslicht kommt, was wir heute mit dem Dringlichkeitsantrag in nobler Art und Weise angesprochen haben und was das Parlament erledigen könnte. Ich bedaure wirklich, dass sich Parlamentarier ihre eigenen Rechte beschneiden lassen und auf Behördenverfahren warten.

Wir sollten es anders machen. Wir sollten unseren parlamentarischen Stil und unsere parlamentarischen Instrumente dazu benutzen, sicherzustellen, dass Parlamentarier, die darüber entscheiden sollen, was richtig oder falsch ist, ergebnisoffen sind. Wir müssen die Informationen bekommen, die wir haben wollen.

(Henning Kaul (CSU): Sind Sie beim Transrapid ergebnisoffen?)

Natürlich! Wir haben doch kein Problem bei der Ergebnisoffenheit bezüglich der Ökobilanz des Transrapid. Aber bei Ihnen ist es anders. Wir sind bei der Ökobilanz natürlich ergebnisoffen. Sie sind das nicht. Sonst würden Sie dem Antrag zustimmen. Sie sind zutiefst verunsichert. Die Ergebnisse kennen Sie natürlich. Sie wissen, dass Sie die Ökobilanz nicht schönrechnen können, sondern dass sie beweisen wird, was Sie mit Bayerns Naturlandschaft und Ressourcen betreiben. Hier geht es nicht nur um die Finanzressourcen, sondern auch um die natürlichen Ressourcen.

Ich fi nde es schade, dass Sie nicht den Mut haben, diesem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen, um sicherzustellen, dass wir alle gemeinsam denselben Wissens- und Kenntnisstand haben und auf dieser Basis darüber diskutieren können, worum es geht. Wir dürfen nicht warten, bis das

Planfeststellungsverfahren läuft. Dieses Verfahren wird im Übrigen zu den von mir skizzierten Fragestellungen keine Antworten geben; denn das ist gar nicht Aufgabe des Planfeststellungsverfahrens.

Was im Umweltausschuss hierzu geredet worden ist, waren mehr oder weniger Versuche, Nebelkerzen zu werfen, weil man die Bilanz nicht haben will, weil diese nicht in Ihre politische Landschaft passt. Das ist das Entscheidende.

Ich sage noch einmal: Nach unserer Meinung ist die Ökobilanz für ein Rad-Schiene-System erheblich besser. Von den Kosten rede ich gar nicht. Ich rede nur davon, was an Schäden an der Natur und an den Ressourcen angerichtet wird. Wir sind der Meinung, dass die Ökobilanz dringend notwendig ist. Stimmen Sie also dem Dringlichkeitsantrag zu, es sei denn, Sie wollen die Bilanz nicht haben, weil sie nicht zu Ihren Gunsten ist, weil sie nicht in Ihre Ideologie passt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Hintersberger.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Ich sage vorweg, Herr Kollege Wörner: Wir wollen die Ökobilanz sehr wohl haben, aber auf einer Grundlage, die sinnvoll, zielführend, effi zient und redlich ist. Diese Bedingung wird von Ihrem Antrag in allen Teilen nicht erfüllt.

Sie fordern heute eine Ökobilanz seitens der Staatsregierung, die insbesondere Herstellung und Transport der Stützen und Fahrtrassen und die Eingriffe ins Grundwasser innerhalb der Tunneltrasse aufl istet. Herr Kollege Wörner, ich habe Ihnen dies auch im Umweltausschuss sehr genau dargelegt. Das ist nach wie vor ganz klar unsere Haltung. Sie wissen, dass das Planfeststellungsverfahren öffentlich ausgelegt war. Sie wissen, dass das Anhörungsverfahren von Februar bis Juli dieses Jahres sehr intensiv geführt wurde.

Sie wissen, dass die Dinge selbstverständlich offengelegt worden sind und dass darüber offen diskutiert worden ist. Trotzdem wird immer wieder suggeriert, es werde etwas in der geheimen Schublade gehalten und nicht alles der Öffentlichkeit vorgestellt. Das ist nicht redlich, und das ist falsch. Die Dinge sind auf dem Tisch. Wir wollen aber auch, dass dieses Verfahren – das gehört selbstverständlich in dieses Verfahren hinein – unter Berücksichtigung der aktuellen Daten- und Faktenlage abgeschlossen wird. Auf der Grundlage einer Gesamtschau, bei der nicht nur einzelne Aspekte in Bezug auf die Ökobilanz herausgegriffen werden, wird daraus dann ein Stiefel. Erst aus der Gesamtschau heraus wird eine echte, zielführende Ökobilanz zu erstellen sein. Genau das ist die Position meiner Fraktion.

Derzeit übergibt die Regierung von Oberbayern als Trägerin des Planfeststellungsverfahrens – ich denke, Sie wissen das; ich sage es Ihnen noch einmal – die letzten

Berichte zu den einzelnen Planfeststellungsabschnitten an das Eisenbahnbundesamt. Wir gehen davon aus, dass diese Stellungnahmen und die Gesamtschau im ersten Quartal 2008 vorliegen werden. Dann können wir den gesamten Rahmen für diese Ökobilanz abstecken.

Ich habe aber den Eindruck, Herr Kollege Wörner, Sie sind für solche Argumente gar nicht mehr zugänglich. Sie wissen sehr wohl, dass aufgrund des Verkehrsgutachtens, welches aktuell auf dem Tisch liegt, bis zum Jahr 2020 per annum rund 3000 Fahrgäste umsteigen und den Transrapid anstelle von Pkws, mit denen sie Autobahnen befahren würden, nutzen werden. Das sind weit mehr – 40 Prozent, 45 Prozent mehr –, als dies für die sogenannte Express-S-Bahn prognostiziert wird. Das bedeutet: Wenn man das umrechnet, werden CO2Emmissionen im Umfang von rund 20 000 Tonnen per anno – um einen wichtigen Punkt aus der Ökobilanz herauszugreifen – reduziert.

Ich habe den Eindruck, dass Ihr Vorturner, der Münchner Oberbürgermeister, die Losung ausgegeben hat: absolutes Nein aus populistischen Gründen mit Blick auf die Wahlen. Dementsprechend sind heute sachliche Argumente nicht mehr gefragt. Dann, Herr Kollege Wörner, wäre es ein Gebot der Ehrlichkeit, dies auch in diesem Hohen Haus klar darzulegen und zu sagen: Wir wollen diesen Transrapid nicht, oder: Wir dürfen ihn nicht wollen. Ich erspare es mir hier, die Aussagen Ihres Fraktionsvorsitzenden aus dem Plenarprotokoll vom 13. Februar 2003 zu zitieren. Sie kennen das hinreichend.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das kann man nachlesen! Wenn man es nachliest, wird man feststellen, dass er die Vor- und Nachteile aufgezeigt hat!)

Wir haben sehr wohl den Eindruck: Sie dürfen nicht mehr wollen, was Sie vor drei Jahren hier intensiv befürwortet haben. Von daher: Sagen Sie das ehrlich. Wir wollen den Transrapid, er macht Sinn, und die Ökobilanz werden wir dann entsprechend angehen, wenn die gesamten Daten und Fakten auf dem Tisch liegen. Den jetzigen Antrag lehnen wir ab.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, bleiben Sie bitte am Pult, es gibt eine Zwischenbemerkung des Kollegen Wörner.

Herr Kollege Hintersberger, zum Ersten verwahre ich mich gegen den Begriff „Vorturner“. Ein Oberbürgermeister ist kein Vorturner, sondern eine politisch gewählte Persönlichkeit mit einem Ergebnis, das Sie sich nur wünschen könnten.

(Beifall bei der SPD)

Zum Zweiten: Ich brauche keinen, der mir einsagt, was ich sagen soll. Gott sei Dank habe ich den nie gebraucht und sitze trotzdem hier. Ich nehme für mich in Anspruch,

einer der ersten gewesen zu sein, die sich damals zur Planung des Transrapid geäußert haben. Ich zeige mich nach wie vor fasziniert von der Technik am richtigen Ort. Dort, wo der Transrapid zur Straßenbahn degradiert wird, ist er am falschen Ort. Das brauchen wir uns von Ihnen nicht sagen zu lassen.

Dann darf ich Sie noch inhaltlich auf einige Dinge hinweisen: Das Planfeststellungsverfahren beinhaltet in keiner Weise die aufgeworfenen Fragen der Ökobilanz. Wenn Sie sich hier hinstellen und das behaupten, sind Sie entweder jemand, der die Wahrheit nicht sagt, oder Sie wissen es nicht. Sie können es sich selber aussuchen, was Ihnen lieber ist. Ich behaupte, Sie wollen es nicht wissen, weil Ihnen diese Bilanz nicht in den Kram passt. Deswegen lehnen Sie diesen Antrag ab.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, wollen Sie dazu Stellung nehmen? Ansonsten ist es erledigt.

Herr Kollege Wörner, wenn Sie mir zugehört hätten, dann hätte sich diese Nachfrage erübrigt. Ich habe ganz klar gesagt – Sie können das nachlesen –, dass in den Planfeststellungsunterlagen zum Beispiel auch bezüglich des in Ihrem Antrag angeführten Transportes der Stützen ein sehr umfangreiches Baulogistikkonzept enthalten ist. Es wird von niemandem bestritten, dass erst aus der Gesamtschau der Daten eine Ökobilanz erarbeitet werden kann. Man muss aber diese einzelnen Daten und Fakten erst einmal ordentlich erheben und auf den Tisch bekommen, bevor man eine Ökobilanz – wenn ich den Begriff der Ökobilanz ehrlich und sachlich fundiert betrachte – durch eine Gesamtschau der perspektivischen Überlegungen und Daten erarbeiten kann. Alles andere – so waren meine Aussagen –, Herr Kollege Wörner, ist nicht zielführend. Es ist unredlich, nur einzelne Punkte herauszugreifen, die mir irgendwo in den politischen Kram passen. Das ist nicht unsere Position, und deswegen lehnen wir den Antrag ab.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Runge.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich unterstützen wir von Herzen den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion. Über die Verrenkungen der CSU-Fraktion zu diesem Thema können wir uns nur wundern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt ein großes Bündel von Argumenten gegen dieses Vorhaben, die Verbindung des Flughafens mit dem Hauptbahnhof durch eine Magnetschnellbahn herzustellen. Sie kennen die Argumente, und deswegen nur in Stichworten: Einmal ist es verkehrspolitisch, verkehrswirtschaftlich ohne großen Nutzen. Zum Zweiten ist es industrie- und beschäftigungspolitisch unsinnig. Es ist kein Leucht

turmprojekt, sondern ein Armleuchterprojekt. Herr Hintersberger, 72 Destinationen wurden vertieft untersucht – überall Fehlanzeige. Zum Dritten ist das Projekt haushalts- und fi nanzpolitisch völlig unverantwortlich.

(Beifall bei den GRÜNEN – Engelbert Kupka (CSU): Ihr habt die Kompetenz, von Armleuchterprojekten zu sprechen!)

Zum Vierten – ich bin bei dem Thema, das angeschnitten worden ist –: die Umweltbilanz. Auch da gibt es ganz große Fragezeichen und große Ausrufezeichen. Herr Kupka brüllt mir zwar entgegen, wir hätten keine Ahnung, aber sein Vorredner hat gerade kundgetan: Die CSU hat null Ahnung vom Thema.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Hintersberger, ich gebe Ihnen gerne einmal die Planfeststellungsunterlagen. Das sind 40 Ordner, die passen aber auf eine DVD. Sie werden darin – ich war viele Tage in Unterschleißheim auf der Erörterung – nichts fi nden über beispielsweise den Energiebedarf oder für die Herstellung der Betonbalken. Das ist etwas ganz anderes. Sie müssen da sauber unterscheiden. Jetzt gehen wir einmal zur Umweltgeschichte: Ich habe gesagt, wir haben Fragezeichen und Ausrufezeichen.

(Zuruf des Abgeordneten Engelbert Kupka (CSU))

Vielleicht sollten wir einen Dialog führen, ohne dass Sie immer unqualifi ziert dazwischenreden.

Wir haben Fragezeichen und Ausrufezeichen. Das eine ist: Wir haben wertvolle Naturräume, nämlich die Isarauen. Wir haben wertvolle Naherholungsgebiete, beispielsweise die Neufahrner Mühlseen und den Unterschleißheimer See, die beeinträchtigt werden.