Protokoll der Sitzung vom 28.05.2008

Wir haben vier Handlungsschwerpunkte – diese sind ganz konkret –, um bis 2020 den Erhaltungszustand für mindestens 50 % der Arten auf der Roten Liste um eine Stufe zu erhöhen. Wir wollen gefährdete Arten, für die wir Verantwortung tragen, so stärken, dass sie dauerhaft überleben können. Wichtig ist auch, die Vielfalt der Lebensräume zu bewahren. Auch das Netz der Schutzgebiete und Trittsteinbiotope so zu vervollständigen, dass eine grüne Infrastruktur erreicht wird, ist wichtig. Notwendig ist auch, die ökologische Durchlässigkeit zu verbessern. Wir müssen auch fragen, wie wir den Flächenverbrauch besser in den Griff bekommen können. Ich bin auch dabei zu überlegen, welche zusätzlichen Instrumente wir entwickeln können. Wir haben in Bayern schon Vieles getan. Ich erinnere an das Bündnis in Bezug auf die Flächen. Es sind aber weitere Überlegungen notwendig, die wir zurzeit auch anstellen. Auch müssen wir Lebensräume besser miteinander verbinden – Thema: Grünbrücken.

Im Weiteren geht es ganz entscheidend darum, eine Umweltbildung herbeizuführen und die Menschen mitzunehmen, damit sie verstehen, was passiert, welche Herausforderungen vor uns liegen und was zu tun ist, weil wir dafür eine Akzeptanz in der Bevölkerung benötigen. Wir werden auch entsprechend fi nanzielle Mittel bereitstellen. Insofern stimmt es nicht, dass wir hier nichts tun würden. Wenn wir das Kulap einbeziehen, geben wir 1,5 Milliarden Euro pro Jahr aus. Wir haben Mittel für den Ankauf von Flächen zur Verfügung gestellt. Das passiert

bayerische Umweltpolitik ist auf einem guten Weg. Vielfalt ist die Würze des Lebens.

Herr Kollege Meißner verzichtet. Ich erteile deshalb für die Staatsregierung Herrn Staatsminister Dr. Bernhard das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Biodiversität wird zurzeit intensiv diskutiert. Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, dieses Thema – das für viele nicht einfach ist – in den Fokus zu rücken. Ich freue mich auch darüber, dass wir heute über dieses Thema im Rahmen einer Aktuellen Stunde diskutieren.

Bei der Konferenz in Bonn – die jetzt in ihre Endphase geht – geht es um zwei Themen. Zum einen geht es um den Verlust der Artenvielfalt weltweit. Herr Kollege Müller, ich bin Ihnen für die Feststellung dankbar, dass wir nicht nur in Deutschland einen Artenverlust verzeichnen. Das ist kein bayerisches Spezifi kum. Zum anderen geht es um einen gerechten Ausgleich zwischen den Entwicklungsländern und den Schwellenländern bei der grünen Biopiraterie oder beim Schutz der Regenwälder. Wichtig ist, dass wir den Menschen vermitteln, dass es hier nicht um eine naturmuseale Veranstaltung geht. Vielmehr kommt es darauf an,

die Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit unserer Ökosysteme und damit auf lange Sicht die Erhaltung unserer eigenen Lebensgrundlagen zu sichern. Wir haben eine eigene Strategie entwickelt, da wir bezüglich der Naturschutzpolitik eine eigene Philosophie haben. Dies bezieht sich auf die Methoden und Instrumente, weil es darum gehen muss, vor allem die Arten zu schützen, für die wir eine ganz besondere Verantwortung haben, weil sie nur noch bei uns in Bayern vorkommen.

Ich bin sehr erstaunt, mit welcher Strategie Sie von der SPD vorgehen. Der Bundesumweltminister, der Ihrer Partei angehört, hat auf einer Sonderumweltministerkonferenz erklärt, dass Bayern Vorbild ist, weil Bayern das einzige Land ist, das eine solche Strategie entwickelt hat, und er hat seinen dort anwesenden SPD-Kollegen empfohlen, das Gleiche zu tun, was bei denen zu langen Gesichtern geführt hat. Sie sollten sich einmal überlegen, ob Ihre Position die richtige ist.

Für uns war ganz wichtig, diese Strategie gemeinsam mit den Schützern und den Nutzern zu entwickeln. Das war ein ganz zentrales Anliegen, über das wir viele Stunden diskutiert haben. Am Ende ist uns gelungen – dafür bin ich außerordentlich dankbar –, ein insgesamt rundes Konzept für die Schützer und Nützer zu entwickeln. Wichtig ist, dieses Konzept gemeinsam umzusetzen. Das Konzept ist kein Konzept gegen die Landwirtschaft; das ist ein völlig falscher Ansatz. Wir können Artenschutz

lich der Zuweisungsvorschläge noch Änderungswünsche? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Beschlussfassung über die Zuweisungen. Wer mit der Überweisung an die zur Federführung vorgeschlagenen Ausschüsse einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Dann ist das so beschlossen. Der Gesetzentwurf und der Staatsvertrag werden damit diesen Ausschüssen zur federführenden Beratung überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 b auf:

Gesetzentwurf der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) über die unterirdische Verlegung von Hochspannungsleitungen (Drs. 15/10543) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Ich darf hierzu Frau Kollegin Gote das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Investitionen in die Übertragungsstromnetze wurden seitens der großen Energieerzeuger über Jahre hinweg sträfl ich vernachlässigt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das haben uns zum einen die großen Sturmereignisse gezeigt, infolge derer wir Schäden an diesen Hochspannungsleitungen feststellen mussten. Zum anderen haben wir mittlerweile bei jedem größeren Wetterereignis Angst, dass etwas Ähnliches passiert. Das Problem ist sehr gut nachvollziehbar, wenn man sich die Investitionsbilanzen dieser großen Firmen ansieht. Dann wird sehr schnell deutlich, wie wenig Mittel in die Netze gefl ossen sind. Deshalb stehen wir jetzt vor der Situation, dass in ganz Deutschland – auch in Bayern – eine Ertüchtigung des Netzes angesagt und ein weiterer Ausbau eventuell notwendig geworden ist.

Aktuell diskutieren wir in Bayern über ein sehr großes Projekt, nämlich den Neubau einer 380-kV-Leitung von der Landesgrenze Thüringens, von Altenfeld nach Redwitz an der Rodach, die sogenannte Südwestkuppelleitung. Darüber haben wir auch schon im Hause diskutiert.

Das Raumordnungsverfahren dafür ist jetzt abgeschlossen. Die Planfeststellung steht bevor. In der betroffenen Region hat sich eine sehr engagierte Debatte zwischen den Gemeinden entwickelt. Diese sind natürlich sehr darum bemüht, dass die Eingriffe in Natur und Landschaft und vor allem die eventuell zu befürchtenden gesundheitlichen Risiken möglichst gering gehalten werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

im Zusammenhang mit dem Grünen Band. Wir kaufen Flächen an.

(Susann Biedefeld (SPD): Nennen Sie mir speziell die Zahlen für das Grüne Band!)

Wir geben fast 15 % des Geldes, das wir für den Hochwasserschutz etc. einsetzen, für ökologische Zwecke aus. Das Programm ist bis 2020 angelegt. Im Zusammenhang mit der Abarbeitung des Programms werden sich immer wieder Haushaltsfragen stellen.

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zum Thema Nachhaltigkeit machen: Nachhaltigkeit umfasst Ökonomie, Ökologie und sozialen Ausgleich. Das ist Nachhaltigkeit. Die Kunst der Umweltpolitik ist es, diese drei Ziele miteinander zu verbinden und die entstehenden Zielkonfl ikte möglichst optimal zu lösen. Das ist die Kunst der Umweltpolitik, und ich glaube, dass wir das – wenn wir die Situation in Bayern betrachten – in den letzten Jahrzehnten schon sehr gut in den Griff bekommen haben. Es ist eine große Herausforderung. Wir haben große Aufgaben vor uns, und wir müssen an der Lösung arbeiten. Ich denke, dass die eingeschlagene Strategie ein Meilenstein ist. So nehme ich das im Übrigen auch bei der Naturschutzdiskussion wahr, und zwar von Leuten, die in diesen Fragen sehr kritisch sind. Nur Sie haben das leider bisher noch nicht erkannt. Ich hoffe, dass das noch kommt.

(Zuruf der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD))

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Ich bedanke mich bei Ihnen. Damit ist, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 a auf:

Erste Lesungen zum Gesetzentwurf und zum Staatsvertrag, die ohne Aussprache an den jeweils federführenden Ausschuss verwiesen werden sollen:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Sparkassengesetzes und anderer Rechtsvorschriften (Drs. 15/10604)

Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Staatsvertrag zwischen dem Freistaat Bayern und dem Saarland über die Zugehörigkeit der Mitglieder der Psychotherapeutenkammer des Saarlandes zur Bayerischen Ingenieurversorgung-Bau mit Psychotherapeutenversorgung (Drs. 15/10638)

In der Tagesordnung sind die zur Überweisung anstehenden Beratungsgegenstände mit den als federführend angesehenen Ausschüssen aufgeführt. Gibt es hinsicht

Wir bitten Sie nun um eine wohlwollende Beratung zu diesem Gesetzentwurf in den Ausschüssen. Mit dieser Initiative würde dafür Sorge getragen, dass es auf allen Ebenen zu einem vernünftigen Interessenausgleich zwischen Natur, Mensch und dem erforderlichen Ausbau der Stromnetze kommt und dass wir auch in Bayern beim Bau oder der Ertüchtigung von Übertragungsnetzen dem Stand der Technik folgen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir kommen zur Aussprache, die ich jetzt eröffnen darf. Im Ältestenrat wurden fünf Minuten vereinbart. Als erstem darf ich Herrn Kollegen von Lerchenfeld das Wort erteilen.

Liebe Frau Präsidentin, Hohes Haus! Dieser Gesetzentwurf ist auf der einen Seite sehr interessant, auf der anderen Seite aber leider Gottes verfassungswidrig. Sie sollten sich vielleicht einmal ansehen, was im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland steht. Wir haben es hier mit der konkurrierenden Gesetzgebung zu tun, und der Bund hat schon vorher im Energiewirtschaftsgesetz entsprechende Regelungen getroffen.

(Widerspruch der Abgeordneten Christine Stahl (GRÜNE))

Sie können sagen, was Sie wollen. Der Gesetzentwurf entspricht schlicht und ergreifend dem Grundgesetz nicht, und das sollte auch für Sie gelten, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das legen Sie einfach fest?!)

Im Übrigen passt dieser Gesetzentwurf natürlich gut in die Diskussion, die wir zurzeit über die Höhe der Energiepreise führen. Letztlich ist die Verlegung von Erdkabeln damit verbunden, dass die Investitionskosten sechs- bis zehnmal und die Betriebskosten zwei- bis fünfmal höher sind.

(Susann Biedefeld (SPD): Woher haben Sie die Quelle für diese Zahlen?)

Ihnen – das muss ich ganz ehrlich sagen – sind diese Kosten natürlich vollkommen egal. Sie leben nach dem Motto: Lacoste es, was es wolle, es spielt eh keine Rolex; der Verbraucher zahlt es schon.

(Susann Biedefeld (SPD): Nennen Sie doch bitte die Quelle für diese Zahlen!)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, so geht es nicht. Wir können nicht ein verfassungswidriges Gesetz für gutheißen und gleichzeitig gerade in Zeiten hoher Ener

Als Nebenbemerkung zu diesem Projekt möchte ich nur sagen, dass für uns die Notwendigkeit dieses Neubaus noch nicht bewiesen ist. Ich hoffe, dass das Planfeststellungsverfahren in dieser Frage Klarheit bringt und dass diese Frage auch tatsächlich ernsthaft geprüft wird.

Auch an anderen Stellen in Bayern gibt es diese Probleme. Auch 110-kV-Leitungen führen zum Teil direkt über Wohngebiete oder befi nden sich in sehr enger Nachbarschaft zu bestehenden Wohngebieten. Sicherlich sind das Planungsfehler der Vergangenheit, die man jetzt aber nicht so einfach stehen lassen kann.

Immer mehr Ärztinnen und Ärzte und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anderer Disziplinen warnen vor gesundheitlichen Risiken aus niederfrequenter Strahlung, zumal die Gesamtbelastung durch elektromagnetische Felder immer mehr zunimmt und für den Einzelnen nahezu nicht mehr kontrollierbar ist. Erst vor wenigen Monaten hat eine Vertreterin des Bundesamtes für Strahlenschutz im Bayerischen Landtag auf die gesundheitlichen Risiken durch niederfrequente Strahlung weit unterhalb der bestehenden Grenzwerte aufmerksam gemacht und beispielsweise auf Erkenntnisse aus epidemiologischen Untersuchungen über den Zusammenhang einer Form der Leukämie bei Kindern mit relativ erhöhter Magnetfeldexposition verwiesen. Wer diese Studien und die damit verbundenen Warnungen ernst nimmt, muss jetzt handeln. Unser Ziel muss es sein, Menschen vor möglichen gesundheitlichen Risiken zu schützen. Dies bedeutet nach dem Vorsorgeprinzip, dass die Belastungen so gering wie möglich zu halten sind. Eingriffe in Natur und Landschaft sind zu minimieren. Das schließt direkt an die Diskussion an, die wir eben geführt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diese beiden Ziele verfolgen wir mit unserem Gesetzentwurf, mit dem die unterirdische Verlegung von Hochspannungsleitungen in der Nähe von Wohngebäuden und in Naturschutzgebieten vorgeschrieben wird. Ich bitte Sie, die näheren Details dem Gesetzentwurf zu entnehmen.

Gegen die Erdverkabelung wird meistens ins Feld geführt, dass die Kosten höher seien als die Kosten für den Bau von Freileitungen. Sie werden verstehen, dass diese Argumentation angesichts der Gewinne der großen Stromversorger bei der Bevölkerung auf wenig Verständnis stößt. Auf mein Verständnis stößt sie auch nicht. Häufi g werden in dem Zusammenhang auch völlig überzogene Zahlen genannt, um die Forderung nach der Erdverkabelung gleich im Ansatz abzuwenden. Mittlerweile sind die Unterschiede in den Kosten nicht mehr so groß wie früher. Außerdem müssen auch die volkswirtschaftlichen Kosten wie etwa die Wertminderung bei Immobilien und Grundstücken sowie externe Kosten für Landschaftsverbrauch und Umweltbeeinträchtigung gegengerechnet bzw. internalisiert werden. Dann nämlich sieht die Kostenrechnung ganz anders aus.

Weiß etwa Frau Merkel nicht, was verfassungswidrig ist? Nehmen wir die Bundeskanzlerin beim Wort! Unterstützen Sie uns in unserem Anliegen, damit in Bayern ein derartiges Pilotprojekt, wie es von der Kanzlerin angekündigt ist, mit der für das Planfeststellungsverfahren anstehenden Südwestkuppelleitung von Thüringen nach Bayern, also von Altenfeld im Thüringer Wald bis nach Oberfranken, durchgeführt wird. Diese Leitung könnte ein solches Modellprojekt werden, das Frau Bundeskanzlerin Merkel angesprochen hat. Wir nehmen die Bundeskanzlerin, die von Seiten der Union gestellt wird, gerne beim Wort.

Das Thema ist auch deswegen nicht ganz neu, weil die SPD-Landtagsfraktion schon vor dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Antrag eingebracht hat. Ich verweise auf die Drucksache mit der Nummer 15/7692 vom 8. März 2007. Darin haben wir eine klare und unabhängige Studie gefordert. Es wird zwar immer auf die Dena-Studie verwiesen, die von der Bundesregierung in Auftrag gegeben worden ist. Diese Studie hat allerdings ein Konsortium erarbeitet, in dem die großen Strommonopolfi rmen vertreten waren, die diese Studie auch mit bezahlt und mit erarbeitet haben.

Darum haben wir auch in Anbetracht des aktuellen Verfahrens zur Südwest-Kuppelleitung gefordert, eine unabhängige Studie in Auftrag zu geben. Die betroffenen Kommunen haben diese inzwischen zusammen mit den Bürgerinitiativen, mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern fi nanziert. Sie haben diese unabhängige Studie hier im Hohen Hause abgelehnt. Sie führen wiederum das Kostenargument ins Feld. Ich habe Sie damals schon bei der Beratung im Umweltausschuss gefragt; heute bringen Sie die gleichen Zahlen wieder. Sagen Sie mir doch bitte, wo die Quelle für diese Zahlen ist. Wir haben in unserem Antrag auf Drucksache 15/7692 gefordert, die Alternativen in dieser unabhängigen Studie zu prüfen, und zwar sowohl technisch wie auch fi nanziell; denn wir sehen diese Kostensteigerung nicht, wie sie von Ihrer Seite wieder angeführt worden ist. Wir sehen das nicht.