Protokoll der Sitzung vom 28.05.2008

Darum haben wir auch in Anbetracht des aktuellen Verfahrens zur Südwest-Kuppelleitung gefordert, eine unabhängige Studie in Auftrag zu geben. Die betroffenen Kommunen haben diese inzwischen zusammen mit den Bürgerinitiativen, mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern fi nanziert. Sie haben diese unabhängige Studie hier im Hohen Hause abgelehnt. Sie führen wiederum das Kostenargument ins Feld. Ich habe Sie damals schon bei der Beratung im Umweltausschuss gefragt; heute bringen Sie die gleichen Zahlen wieder. Sagen Sie mir doch bitte, wo die Quelle für diese Zahlen ist. Wir haben in unserem Antrag auf Drucksache 15/7692 gefordert, die Alternativen in dieser unabhängigen Studie zu prüfen, und zwar sowohl technisch wie auch fi nanziell; denn wir sehen diese Kostensteigerung nicht, wie sie von Ihrer Seite wieder angeführt worden ist. Wir sehen das nicht.

Es geht darum: Wir könnten diese Forderungen nach Erdverkabelung längst umgesetzt haben, wenn nicht die Union auf Bundesebene blockieren würde. Sie wissen, dass die Union im Zuge der Beratungen über das sogenannte Infrastrukturbeschleunigungsgesetz, das von Bundesumweltminister Gabriel mehrfach vorgeschlagen wurde, immer wieder blockiert hat. Bei den Mehrkosten müsste eigentlich das Verursacherprinzip greifen: Eigentlich müssten all diejenigen, die es abgelehnt haben, durch eine entsprechende Erdverkabelung Mensch, Natur und Umwelt zu schonen, die Zeche bezahlen, nicht die Verbraucherinnen und Verbraucher. Also auch die CSU!

Abschließend sage ich: Sie haben heute im Rahmen der Beratung dieses Gesetzentwurfs die Chance, diesen Irrtum und die falschen Zahlen, die Sie immer wieder ins Feld führen, zurechtzurücken und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, speziell derjenigen, die in Oberfranken, in der Stadt und im Landkreis Coburg massiv

giepreise die Kosten für die Verbraucher noch weiter erhöhen.

Im Übrigen hätten Erdkabel erhebliche technische Nachteile. Es käme bei Erdkabeln zu einem erheblichen Übertragungsverlust gegenüber den Freileitungen. Darüber hinaus stellen sie einen starken Eingriff in die Umwelt dar. Die zusätzliche Erwärmung der Erde führt zur Austrocknung der Gebiete rundherum. Der Bodenverbrauch ist erheblich größer. Die Kosten würden in keinem Verhältnis zum Vorteil stehen. Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf in den Ausschüssen sicherlich ablehnen.

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Biedefeld.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn wir jetzt erst die Erste Lesung haben, sage ich, dass die SPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen wird. Auch wenn ich einen kleinen Einwand anführen möchte. Darüber werden wir aber in den Ausschüssen beraten. Ich verstehe nicht die Aussage in Artikel 1 Absatz 3, welche lautet:

Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt und höher sind ferner unterirdisch zu verlegen, wenn gegenüber der Errichtung und dem Betrieb einer Hochspannungsfreileitung keine unzumutbar höheren Kosten zu erwarten sind.

Dieser Begriff „unzumutbar“ ist sehr interpretierfähig. Darüber sollten wir uns noch einmal unterhalten. Vielleicht könnten wir diese Bestimmung bei den Beratungen noch besser konkretisieren. Wir würden gerne zu einer konkreteren Formulierung beitragen. Darüber werden wir aber in den Ausschüssen sprechen.

Das Thema ist auch nicht ganz neu, weil wir die Diskussion darüber schon seit Längerem auf Bundesebene führen. Sowohl von Seiten der SPD-Bundestagsfraktion als auch von dem der SPD angehörenden Bundesumweltminister Gabriel wird ganz aktuell, aber auch schon seit Längerem die unterirdische Verlegung von Hochspannungsleitungen gefordert. Natürlich muss erst – und auch bei der Südwestkuppelleitung von Thüringen nach Bayern – der Nachweis erbracht werden, dass der Ausbau bzw. Neubau der Stromleitung wirklich notwendig ist. Wenn das der Fall ist, muss aber auch die Erdverkabelung durchgeführt werden. Das ist unsere Forderung und auch die klare Forderung, die auf Bundesebene von Bundesumweltminister Gabriel erhoben wird. Kollege Lerchenfeld, sogar die Kanzlerin hat bei dieser Forderung eingelenkt. Ich zitiere aus der „Süddeutschen Zeitung“ vom 27. Mai, also von gestern:

Zugleich äußerte sie Sympathien für die Verlegung unterirdischer Stromkabel. Merkel schloss auch Pilotprojekte für die Erdverkabelung nicht aus.

Ich darf in der Tagesordnung fortfahren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 c auf:

Gesetzentwurf der Abg. Franz Maget, Helga SchmittBussinger, Rainer Volkmann u. a. u. Frakt. (SPD) zur Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (Drs. 15/10606) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Herr Kollege Volkmann steht schon bereit. – Bitte schön, Herr Kollege.

(Abgeordneter Rainer Volkmann (SPD) kommt ohne Sakko zum Redepult)

Wenn mein Kollege Prof. Dr. Gantzer hier wäre, Herr Kollege Volkmann, was würde er zu Ihnen sagen? – Kleiderordnung!

Ich weiß es schon, Frau Präsidentin. Aber ich war gerade bei einer Besuchergruppe und habe dort versehentlich mein Sakko hängen lassen. Vor lauter Eile habe ich – – Das muss jetzt aber nicht ins Protokoll.

(Allgemeine Heiterkeit)

Es ist mir wirklich unangenehm.

Seien Sie froh, dass ich hier nicht so streng bin.

Ich bin schon ein Sakko suchen gegangen, aber ich bin nicht fündig geworden. Keiner tritt sein Sakko ab. Ich gelobe für das nächste Mal wirklich Besserung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin! Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, dem bestimmt von allen Seiten des Hauses mit großer Freude zugestimmt werden wird, weil er ausgesprochen sinnvoll, zielführend und zweckmäßig ist. Es geht schlicht und einfach um Folgendes: Die Mehrheit dieses Hauses hat vor zwei Jahren in der Plenarsitzung vom 19. Juli 2006 das Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz in Artikel 46 geändert. Es war ein sehr umfangreiches Gesetz zur Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes. Aber diese eine Vorschrift, der Artikel 46, ist mehr als problematisch, wie sich bei der jetzigen Kommunalwahl herausgestellt hat. Ich fi nde, das sollten wir korrigieren.

Worum geht es? – Bei der Neufassung vor zwei Jahren wurde unter anderem folgende Regelung eingeführt: Wenn bei einer Bürgermeisterwahl eine Stichwahl erforderlich ist und einer der beiden Kandidatinnen oder Kandidaten, die in die Stichwahl gekommen sind, auf

betroffen sind, tätig zu werden. Geld kann hier nicht das alleinige Thema sein, denn die Verbraucherinnen und Verbraucher haben kein Verständnis dafür, dass nicht nur immer höhere Umsätze, sondern immer höhere Gewinne eingefahren werden, die an die Aktionäre ausbezahlt werden. Und trotzdem werden die Stromkosten immer mehr in die Höhe getrieben. Das Geld darf also beim Thema Erdverkabelung kein Thema sein.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Frau Kollegin Gote, ich frage Sie der Ordnung halber, ob Sie im Rahmen der Aussprache noch einmal das Wort wünschen. Ich gehe davon aus, dass Sie im Rahmen der Aussprache nicht mehr sprechen wollen. – Gut, sie ist in ein Gespräch vertieft. – Vielen Dank. Kolleginnen und Kollegen, damit ist die Aussprache geschlossen.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bevor ich in der Tagesordnung fortfahre, ist es mir eine Ehre, unsere Ehrengäste auf der Besuchertribüne begrüßen zu können. Wir haben Ehrengäste aus der Islamischen Republik Mauretanien. Hier darf ich ganz besonders die Vorsitzende des Finanzausschusses der mauretanischen Nationalversammlung, Frau Mentata Mint Khlil Ould Heddeid, und ihre Delegation ganz, ganz herzlich willkommen heißen. Herzlich willkommen, Frau Vorsitzende.

(Allgemeiner Beifall)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Delegation ist auf Einladung der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Deutschland unterwegs. Das Programm umfasste eine Reihe von Gesprächen in Berlin und, wie wir heute sehen können, auch in München. Es wird vor allen Dingen auf der Arbeitsebene gesprochen; es geht um Informations- und Erfahrungsaustausch.

Den Kolleginnen und Kollegen darf ich ferner mitteilen, dass der Delegation auch unsere ehemalige Landtagskollegin Frau Emma Kellner angehört. Sie betreut die Delegation und begleitet sie. Herzlich willkommen, liebe Frau Kellner!

(Allgemeiner Beifall)

Ihnen allen wünsche ich noch einen angenehmen, nicht nur arbeitsreichen, sondern auch erlebnisreichen Aufenthalt in München.

mehr oder weniger begeistert zustimmen werden. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Die Redezeit beträgt wiederum fünf Minuten pro Fraktion. Ich darf Herrn Kollegen Dr. Weiß das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Volkmann hat richtig geschildert, dass wir mit der Gesetzesänderung nicht den Erfolg erreicht haben, den wir uns erhofft haben.

(Rainer Volkmann (SPD): Das kann passieren!)

Die Hoffnung war damals, wenn man die Möglichkeit einräumt, vor der Stichwahl zurückzutreten, dass sich dann diese Stichwahl erledigt. In Wirklichkeit ist es anders gekommen, nämlich so, dass das Ganze manchmal zum politischen Kampfi nstrument geworden ist, dass jemand, der in die Stichwahl kommt, vor der Stichwahl zurücktritt und dass dann ganz neu gewählt wird. Theoretisch könnte dann wieder jemand in die Stichwahl kommen und zurücktreten, sodass es auf die Dauer Schwierigkeiten gibt. Ich stimme mit Ihnen überein, dass wir dieses Problem lösen müssen.

Ich glaube aber auch, wenn wir den ursprünglichen Zustand wiederherstellen würden, wie Sie es jetzt anstreben, dann würde das bedeuten, dass das, was wir an sich lösen wollten, wieder nicht gelöst ist. Da würde dann jemand in die Stichwahl gezwungen und möglicherweise nach der Stichwahl zurücktreten. Es gibt beispielsweise den Fall, dass jemand nicht mehr will.

Ich habe mir auch überlegt, was für Möglichkeiten es gibt. Wir könnten sagen, wenn jemand vor der Stichwahl zurücktritt, dass dann die zwei weiteren Bewerber – wenn es zwei weitere gibt – die Stichwahl miteinander ausmachen. Oder: Wenn nur noch ein Bewerber da ist, könnte der möglicherweise schon gewählt sein. Ich könnte mir auch vorstellen, dass dann, wenn eine Wiederholungswahl stattfi ndet, die Regelung, die wir jetzt haben, dass neue Vorschläge gemacht werden können, nicht gilt, wobei dann natürlich eine Partei bei der Wahl ausgeschlossen wäre. Kurzum: Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie wir dieses Problem lösen könnten, wobei ich glaube, wenn wir den Zustand von vor zwei Jahren wiederherstellen, wie es die SPD anstrebt, dann kommen wir auch nicht weiter.

Ich bin der Meinung, die Sache ist zu ernst, um ein parteipolitisches Scharmützel zu veranstalten. Wir haben bisher immer die Übung gehabt, dass dann, wenn die Kommunalwahlen vorbei sind, das Innenministerium auswertet: Wo gab es Probleme, welche Regeln haben

die Stichwahl verzichtet, muss – das ist die absurde Regelung – die gesamte Wahl wiederholt werden, und zwar innerhalb von drei Monaten. Das ist jetzt mehrfach in Bayern geschehen, zum Beispiel in Burgkirchen an der Alz im Landkreis Altötting, einer Gemeinde mit 11 000 Einwohnern. Burgkirchen hat zumindest jetzt mal für sechs Wochen keinen Ersten Bürgermeister, weil erst am 8. Juni neu gewählt werden kann, denn die gesamte Wahl muss wiederholt werden. Der Kandidat an zweiter Stelle hat gesagt: Ich kandidiere jetzt nicht mehr. Aus welchen Gründen er das getan hat, ist jetzt völlig uninteressant. Die ganze Wahl muss daher wiederholt werden.

Ich darf Sie darauf hinweisen – ich mache das natürlich wahnsinnig ungern, aber ich tue es trotzdem –, dass meine Fraktionskollegin Helga Schmitt-Bussinger schon in der Ersten Lesung der Beratung zum Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz im Jahr 2006 darauf hingewiesen hat, dass die Regelung, nämlich die Pfl icht zur Wahlwiederholung, falls einer der Stichwahlkandidaten auf die Wahl verzichtet, völlig unsinnig ist. Sie hat übrigens auch bei der Beratung im Kommunalausschuss darauf hingewiesen. In beiden Fällen wurde dieses Argument vonseiten der CSU überhaupt nicht beantwortet. Sie, Herr Kollege Weiß, waren damals im Kommunalausschuss der Berichterstatter. In der Zweiten Lesung hat meine Kollegin Helga Schmitt-Bussinger erneut darauf hingewiesen, und der damalige Innenminister und nunmehrige Ministerpräsident hat das etwas lässig zur Kenntnis genommen und gesagt: „Ich möchte nicht übermäßig polemisieren, aber manche Leute sind bereits froh, wenn sie in eine Stichwahl kommen. Für diese Leute ist das der Erfolg ihres Lebens. Wir dagegen meinen, dass es nicht sinnvoll ist, so jemanden in die Stichwahl zu zwingen, wenn er dann die Wahl nicht annehmen will.“ – Ich frage Sie schlicht und einfach: Glauben Sie denn allen Ernstes, dass jemand, der für den Posten des Bürgermeisters kandidiert, egal, ob in einer kleinen oder in einer großen Gemeinde, hinterher die Wahl nicht annimmt? – Diese Annahme ist schlicht und einfach weltfremd, meine Damen und Herren. Wir machen Ihnen daraus gar keinen besonderen Vorwurf; wir tun das auch nicht lange. Wenn wir Ihnen einen Vorwurf daraus machen, dann nur noch bis Ende September, und dann nicht mehr. Ich denke aber, wir sollten das regulieren und ausbessern. Wir sollten das jetzt tun.

Ich weiß, dass die nächste Kommunalwahl erst 2014 ist. Aber wir haben eine Reihe von Fällen in Bayern, in denen jetzt auch Bürgermeister gewählt werden. Wenn Sie es bei der jetzigen Regelung belassen würden, würde das bedeuten, dass wieder solche Fälle auftreten können, in denen nach einer Stichwahl völlig unsinnigerweise die ganze Wahl wiederholt werden muss, weil einer der beiden Kandidaten sagt: „Jetzt mog i nimmer“. Das ist nur eine Kleinigkeit. Wir sollten daher den Zustand, wie er bis 2006 bestanden hat, wiederherstellen. Ich bitte um Ihre Zustimmung. Ich bin ungewöhnlich optimistisch, dass die Bayerische Staatsregierung und die Mehrheit dieses Hohen Hauses dem vorliegenden Antrag

Wir wollen, dass die bestehende Regelung abgeschafft wird. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger nur wählen müssen zwischen Kandidatinnen und Kandidaten, von denen sie sicher sein können, dass sie im Fall einer Wahl oder im Fall dessen, dass sie in die Stichwahl kommen, tatsächlich die Wahl annehmen und ihre Kandidatur zu Ende führen. Deswegen begrüßen wir eine Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur Aussprache noch einmal Herr Kollege Volkmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Weiß, ich fi nde es wirklich originell, wie Sie das wieder gemacht haben. Sie haben wörtlich gesagt, ich gebe Ihnen recht, und dann kommt unausgesprochen: Aber wir stimmen Ihnen natürlich nicht zu. Wir sind es schon gewohnt, dass Sie unseren Anträgen nicht zustimmen und ihnen dann zu einem späteren Zeitpunkt doch zustimmen, indem Sie den Antrag selbst einbringen. Diesmal kündigen Sie das sogar ausdrücklich an.

(Unruhe bei der CSU)