Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

(Beifall bei der CSU)

Herr Vocke, bleiben Sie gleich da, denn ich erteile Frau Rütting zu einer Zwischenbemerkung das Wort.

Herr Professor Vocke, Sie sagen auch immer das gleiche, Sie sagen immer, wir würden den Tierschutz teilen, das stimmt doch nicht. Ich habe ausdrücklich auf die Paragrafen verwiesen, nach denen Tierhalter belangt werden können, wenn sie falsch handeln. Ich sage doch nicht, dass das Reh erst gerissen werden muss, damit der Hund erschossen werden darf. Sie lesen unseren Entwurf nicht richtig durch. Sie haben nicht gesagt, warum Sie gegen eine Meldepfl icht sind. Wenn so wenige Tiere erschossen werden, kann man sie doch melden und es den Besitzern kundtun.

Außerdem werden in den Mägen von Katzen zu 80% Mäuse gefunden. Sie stellen es immer so dar, als würden wir uns nur um die Haustiere kümmern. Ich will auch nicht, dass mein Hund ein Reh reißt. Ich bitte wirklich, das zur Kenntnis zu nehmen.

Erst einmal zur Meldepfl icht: Wenn einer seinen Hund oder seine Katze streunen lässt und das Tier nicht mehr auftaucht, soll er sich bitte erst einmal melden. Die Katzen sind nicht einmal gekennzeichnet. Ich weiß nicht, wem eine streunende Katze gehört. Wie ist denn die Praxis? In den relativ kleinen Revieren kennt fast jeder den Tierhalter. Er weiß doch genau, wo die Katze hingehört. Er schießt die Katze doch gar nicht.

(Barbara Rütting (GRÜNE): Das wird aber gemacht!)

Sie reden von hunderttausenden von Katzen. Keine dieser Zahlen ist von Ihnen bisher verifi ziert worden. Sie stellen die Zahlen nur in den Raum. Soll ich von Haus zu Haus laufen und fragen, wem die Katze gehört? Der Katzenhalter muss sich selbst drum kümmern. Er soll erst einmal zu den Straßenmeistereien gehen. Dort liegen die

der Tierschutz tatsächlich auch für die frei lebende Tierwelt gelten muss. Dass kommt vor allem beim Antrag in Bezug auf die Hunde zum tragen. Ich weiß nicht, ob Sie es einmal draußen in der Praxis erlebt haben, wenn gerade in dieser Jahreszeit den Rehgeißen der Fötus herausgerissen wird. Sie müssen einmal diese entsetzlichen Todesschreie hören. Ich höre von Ihnen den ganzen Tag nur schöne Worte. Die helfen den Rehen aber nicht. Sie müssen auch an die Mitverantwortung der Hundehalter appellieren. Sie müssen einmal erleben, welche Dramen sich draußen abspielen, wenn Tiere zu Tode gebissen werden. So schön und so lustig ist das nicht. Deshalb sollten Sie auch an die frei lebende Tierwelt denken.

Ich erinnere an zwei Zeitungsnachrichten. Am 26. Mai berichtete der „Münchner Merkur“ darüber, dass ein Schäferhund einen Pudel anfi el, den Pudel halb tot biss und gleichzeitig über die Hundehalterin herfi el. Sie musste ins Krankenhaus. Am 16. Mai wurde darüber berichtet, dass ein wildernder Hund in Pfaffenhofen einem trächtigen Reh den Fötus herausgerissen hat. Er hat die ganze Bauchdecke aufgebissen. Ich höre dazu von Ihnen nichts. Wir sind nur gesprächsbereit, wenn Sie den Tierschutz tatsächlich ernst nehmen. Der Tierschutz ist nicht teilbar.

(Barbara Rütting (GRÜNE): Für uns auch nicht!)

Die Haustiere müssen denselben Schutz genießen wie die Wildtiere. Alles andere wären nur Lippenbekenntnisse. So lange das nicht gesagt wird, sehe ich keine Möglichkeit zu Gesprächen.

Im Übrigen haben wir die Jagdgesetze in den letzten Jahren drastisch verschärft. Das ist in Ordnung so. Dem haben wir auch zugestimmt. Vorher durfte der Jagdschutz bereits ausgeübt werden, wenn der Hund nur ohne Aufsicht draußen war. Dass geht heute nicht mehr. Der Jagdschutz darf heute nur mehr ausgeübt werden, wenn von dem Hund tatsächlich eine unmittelbare Gefahr ausgeht. Sie sagen in Ihrem Entwurf, der Jagdschutz sollte erst dann ausgeübt werden, wenn der Hund schon am Wild ist. Das ist doch geradezu grotesk. Da wäre die Rehgeiß schon mausetot. Hier müssen wir die Kirche im Dorf lassen.

Als nächstes fordern Sie, den Hund zum Tierheim zu fahren. Fast alle Jäger haben auch Hunde. Wer einen Hund und nicht nur so ein kleines Plüschtierchen zu Hause hat, weiß, dass der Hund sein Territorium verteidigt. Fangen Sie einmal einen Schäferhund ein und geben Sie diesen wildfremden Schäferhund zu einem Deutsch-Drahthaar ins Auto. Da kommt Freude auf. Aus diesem Auto steigt keiner mehr heil aus. Das muss man auch berücksichtigen. Ihr Antrag enthält nur Theorien.

(Susann Biedefeld (SPD): Ein Anruf beim Tierschutzverein reicht völlig aus!)

Dann ist das von Ihrer Seite, was die Gesprächsbereitschaft betrifft, ein reines Lippenbekenntnis.

Man muss auch Folgendes sehen: Ich bin mit nicht ganz sicher, ob Sie als Präsident wirklich die Position der Jägerinnen und Jäger vertreten. Ich war beim Landesjägertag in Bamberg; ich habe mit mehreren Ihrer Kolleginnen und Kollegen gesprochen. Ich habe auch in Bamberg viel Zuspruch bekommen. An die Adresse der Kollegen von der CSU - Christlich Soziale Union - sage ich: Es war dort auch Monsignore Dr. Kühn aus dem Vatikan in Rom, der diesen Punkt ebenfalls begrüßt hat, der sich bei mir bedankt hat, weil ich auf die Tiere als Mitgeschöpfe hingewiesen habe, auf Hunde und Katzen, die in der Familie leben, zu denen man teilweise ein sehr enges Verhältnis hat wie zu einem Familienmitglied, sodass das für diese Menschen wirklich sehr schwer ist, wenn sie nicht wissen, wo diese Tiere abgeblieben sind. Auf einmal ist die Katze weg, auf einmal ist der Hund weg, der zur Familie gehört. Man sucht das Tier, und zwar nicht nur über Wochen. Es gibt viel Kummer, Sorgen und Tränen in diesen Familien. Warum kann man hier nicht einmal eine Meldepfl icht einführen?

(Beifall der Abgeordneten Barbara Rütting (GRÜNE))

Da gab es bei Ihren Jägerinnen und Jägern nicht von vornherein Ablehnung, sondern da gab es sehr wohl Zustimmung. Diejenigen, die rechtsbewusst handeln und verantwortungsbewusste Jäger sind, sagen, das tut uns nicht weh, wenn wir die Meldepfl icht einführen. Wir sind verantwortungsbewusst, wir gehören nicht zu denjenigen, die sofort die Büchse anlegen und auf Hund und Katze schießen. Diesen Leuten tut die Meldepfl icht nicht weh. Verantwortungsbewussten Jägerinnen und Jägern - und das ist der Großteil - tut diese Meldepfl icht nicht weh.

Wir wollen vielmehr an die schwarzen Schafe heran. Das gilt sowohl für die Wildtiere als auch für die Haustiere. Sie kennen das Problem sehr wohl. Sie sitzen auch im Ausschuss, wo wir Petitionen behandeln, in denen es darum geht, dass Tiere nicht artgerecht gehalten werden, auch Hunde und Katzen. Zig Petitionen haben wir gemeinsam behandelt. Sie wissen, dass wir ganz klar dazu stehen, wenn keine artgerechte Haltung erfolgt, müssen die Sanktionen so weit gehen, dass man ein Hundehalteverbot bzw. Tierhalteverbot ausspricht; dass man denen, die nicht artgerecht halten und nicht auf der Grundlage des Tierschutzgesetzes handeln, sagt: Ihr dürft keine Tiere halten.

Wir sind auch bemüht, unsere schwarzen Schafe aus dem Tierschutzverein auszuschließen. Wir schließen diese Leute aus, und wir können Ihnen ganz konkrete Beispiele nennen. Das tut der Bayerische Jagdverband nicht. Es muss aber doch in Ihrem Interesse sein, diese schwarzen Schafe aus dem Verband zu werfen. Sie sagen, die klagen sich vielleicht wieder ein. - Na gut, aber erst einmal müssen die Akzeptanz der Jägerinnen

meisten Katzen, nachdem sie überfahren worden sind und weil sich die Leute darum nicht kümmern. Bitte appellieren Sie endlich auch einmal an die Mitverantwortung der Tierhalter.

(Barbara Rütting (GRÜNE): Das tun wir doch!)

Reden Sie nicht immer nur nett, sondern setzen Sie das, was Sie sagen, auch um.

(Beifall bei der CSU)

Ich gebe bekannt, dass die CSU-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt hat. Die Zeit läuft. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Biedefeld.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion tritt schon seit längerem für eine grundsätzliche Novellierung des Bayerischen Jagdgesetzes ein. Diese Novellierung ist längst überfällig, weil das Jagdgesetz viele alte Zöpfe enthält. Das hängt damit zusammen, dass das Jagdgesetz aus dem Jahr 1935 stammt und unter dem Einfl uss von Hermann Göring zustande gekommen ist. Es ist noch ein Reichsjagdgesetz.

Der Gesetzentwurf des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN nimmt nur einen kleinen Mosaikstein aus dem bayerischen Jagdgesetz heraus. Es handelt sich aber um einen nach unserer Meinung wichtigen Mosaikstein, nämlich um den Jagdschutzparagrafen. Ich begrüße es, dass sich Kollege Dr. Vocke heute zumindest in seiner Ausdrucksweise etwas gemäßigt hat. Ich war bei den Beratungen im Umweltausschuss darüber entsetzt – den Protokollen ist es leider so nicht zu entnehmen -, wie Sie dort reagiert haben. Sie haben dort von einem populistischen Schaufensterantrag gesprochen. Das ist dem Protokoll nicht zu entnehmen. Im Umweltausschuss haben Sie es aber so zum Ausdruck gebracht. Erst sagen Sie, Sie seien gesprächsbereit. Das war unsere Fraktion auch. Als Vizepräsidentin des Bayerischen Tierschutzbundes kann ich nur sagen, dass auch wir von Seiten des Tierschutzbundes gesprächsbereit waren.

Aber dann zu sagen, ohne das Ergebnis der Gespräche abzuwarten, wir lehnen das defi nitiv ab, das ist nur ein Schaufensterantrag, das ist nur eine populistische Forderung und überhaupt nicht realistisch und lässt sich nicht vollziehen und umsetzen, das zu sagen, bevor überhaupt Ergebnisse von Gesprächen vorhanden sind, hat uns bzw. mich dazu bewogen, zu erklären, wenn wir diese Gespräche nicht führen können, weil Sie dem vorgreifen, dann stimmen wir dem Antrag zu; denn in der Intention stimmen wir vollkommen überein. Sowohl vonseiten der SPD als auch vonseiten des Bayerischen Tierschutzbundes ist das unsere Intention, aber wenn Sie mit den Gesprächen so umgehen, dann ist das von Ihrer Seite ein Lippenbekenntnis. Da nehme ich Ihr Wort wieder auf:

selbstverständlich bewusst, wie viel - Frau Rütting, da liegen wir beieinander - manchen Menschen ein Haustier bedeutet. Andererseits können Hunde dann, wenn sie von ihrem Besitzer nicht ausreichend beaufsichtigt werden, Wildtiere hetzen und reißen. Ich habe es schon oft mitverfolgt, dass Leute im Wald den Hund laufen lassen und sagen, mein Hund wildert nicht, aber wenn er eine Fährte aufgenommen hat, vergisst er alles. Wenn Sie dann erst warten müssen, bis er irgendwo ein Tier reißt, dann ist das sehr gefährlich.

Wildernde Katzen sind ein Gefahrenpotenzial, insbesondere für Niederwildarten wie Fasane, Hasen, Kaninchen, Rebhühner und Singvögel.

In der damals geführten Diskussion wurde zwar der Entwurf des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN als unpraktikabel abgelehnt, aber im Laufe der Zeit kam es auch durch Eingaben zu einem Handlungsbedarf. Auch das gewandelte Tierschutzverständnis gegenüber Haustieren sprach für eine Aktualisierung der Jagdvorschriften. Nach Abwägung aller Gesichtspunkte beschloss der Bayerische Landtag 1996 mehrheitlich eine Anpassung des Jagdschutzes. Seit dem 1. Juli 1996 sind Jagdschutzmaßnahmen gegenüber Hunden und Katzen nur noch unter verschärften Bedingungen zulässig.

Nach der ursprünglichen Rechtslage war es für Jagdschutzmaßnahmen gegenüber Hunden ausreichend, wenn der Hund für das Wild eine abstrakte Gefahr darstellte, also wenn er da war. Heute, seit 1996, sind Jagdschutzmaßnahmen auf eine konkrete, das heißt, auf eine unmittelbar bevorstehende Gefährdung des Wildes durch erkennbar ihm nachstellende Hunde beschränkt. Wenn der Hund also nur herumläuft, darf man ihn nicht schießen, sondern er muss auf der Fährte dem Wild nachhetzen. Der Hund muss die Fährte eines konkreten Stückes Wild aufgenommen haben und dieses zielgerichtet verfolgen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es hier große Unterschiede gibt, nach dem, was hier diskutiert wurde.

Auch bei Katzen wurden 1996 Verschärfungen im Jagdgesetz vorgenommen. Nach der gegenwärtigen Regelung dürfen Katzen erst außerhalb einer 300-Meter-Zone um das nächste bewohnte Gebäude getötet werden. Ursprünglich bestand die Befugnis für Jagdschutzmaßnahmen auch im 300-Meter-Umkreis, wenn die Katze tatsächlich beim Wildern angetroffen wurde.

Nun zum Genehmigungsverfahren und zur Meldepfl icht. Wie bereits 1996 wird diese abgelehnt. Ich bitte um Verständnis, dass in Zeiten der Deregulierung die Staatsregierung eine Meldepfl icht von sich aus nicht aufgreifen möchte, zumal der Vorschlag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN mit unverhältnismäßig viel Verwaltungsaufwand verbunden wäre.

Bei den Beratungen wurde darauf hingewiesen, dass bei Gesprächen zwischen dem Landesjagdverband und dem

und Jäger in der Gesellschaft und das Image des Bayerischen Jagdverbandes in Ihrem Interesse sein. Wenn ich von einer Meldepfl icht spreche, dann ist das nur ein erster kleiner Schritt in Sachen Jagdschutz. Wie gesagt, hinsichtlich des Bayerischen Jagdgesetzes wären weitere Novellierungen nötig. Unsere Maximalforderung lautet, der Haustierabschuss muss ganz aus dem Gesetz raus. Wir vonseiten der SPD-Fraktion stimmen auch aufgrund Ihrer Reaktion und Ihres Verhaltens und der Reaktion des Jagdverbandes dem Antrag zu. Insgesamt bitten wir um Zustimmung zum Gesetzentwurf des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Eine Minute Re dezeit für Frau Rütting!)

- Für eine Zwischenbemerkung?

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Nein, Rede!)

- Ja, Sie haben noch 51 Sekunden. Es hat sich aber Herr Staatsminister zu Wort gemeldet. Herr Staatsminister? - Auf der Rednerliste steht als Nächster Herr Staatsminister Miller, und dann rufe ich noch einmal Frau Rütting auf.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf zielt auf eine Änderung des Jagdschutzes im Bayerischen Jagdgesetz ab. Ich möchte darauf hinweisen, das Gesetz stammt zwar aus der Zeit Görings, ist aber x-mal reformiert worden.

(Susann Biedefeld (SPD): Aber nicht in den Kernpunkten!)

Nach der gegenwärtigen Rechtslage ist es im Rahmen des Jagdschutzes erlaubt, wildernde Hunde und Katzen zum Schutz des Wildes auch zu töten. Ziel Ihres Gesetzentwurfes ist es, dass gegenüber wildernden Katzen überhaupt keine Jagdschutzmaßnahmen mehr möglich sein sollen, bei Hunden nur noch, wenn sie unmittelbar beim Reißen des Tieres angetroffen werden. Weiterhin wird die Einführung einer Meldepfl icht gefordert. Ein solcher Antrag wurde vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schon einmal gestellt, und zwar 1995. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass nunmehr eine völlige Streichung der Katzen aus dem Jagdgesetz verlangt wird. Damals ist ein Abstand von 1000 Metern gefordert worden.

Bei der intensiven Beratung 1995/1996 wurde der Belang des Haustierschutzes mit dem öffentlichen Interesse am Schutz wildlebender Tiere abgewogen. Einerseits ist uns

Es geht uns genauso um die Wildtiere.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen nicht, dass unsere Hunde Rehe jagen. Das ist aber in den entsprechenden Paragraphen alles geregelt, das muss ich hier noch einmal wiederholen.

Nun möchte ich mich aber ausdrücklich bedanken. Es ist für mich wirklich eine Sternstunde, wenn ich heute, nach den vier oder fünf Jahren der Diskussion im Ausschuss, erlebe, hier bewegt sich etwas. So möchte ich mich bei Frau Kollegin Biedefeld und bei den Kollegen von der SPD bedanken, die unserem Gesetzentwurf zustimmen. Vielen, vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)