Dass die Investitionsquote zurückgegangen ist, ist richtig; das bedauern auch wir. Wir sagen aber auch, dass unsere Anstrengungen bei der Verwaltungsreform, den Struktur reformen und beim Personal – wir werden sehen, ob wir hier Ihre Unterstützung haben – dazu dienen sollen, umzu schichten und die Investitionsquote zu erhöhen. Weil Sie Baden-Württemberg erwähnt haben, sage ich Ihnen, das Land hat nur eine Investitionsquote von 8 % oder 9 %. Ich glaube, das ist sehr bescheiden, und ich denke, dass das für die Struktur des Landeshaushalts nicht gerade vorteil haft ist.
Frau Rupp – ich weiß nicht, ob sie noch da ist -, Sie tun ständig so, als könnte man Berlin bei der Debatte ausblen den. Das können wir aber nicht, weil Sie eine verheerende Wirtschaftspolitik und eine verheerende Reformpolitik ge macht haben. Das Ergebnis ist, dass wir letztes Jahr ein Nullwachstum hatten und dass bereits gestern wieder ge sagt worden ist, dass der Aufschwung möglicherweise am Ende des Jahres vorbei ist. Das bedeutet für den Landes haushalt leider wahrscheinlich auf Jahre hinaus, dass wir keinen Verteilungsspielraum haben, dass wir Strategien für einen ausgeglichenen Haushalt letztlich aus der Substanz finanzieren müssen und dass wir auch Zukunftsherausfor derungen wie Schule oder Hochschule aus der Substanz bestreiten müssen, weil wir keinen Zuwachs haben, weil Sie so eine verheerende Politik betreiben. Das ist die Rea lität, die Sie nicht ausblenden können.
Ich möchte noch eine Bemerkung zur Eon-Beteiligung als solcher machen. Auch hier laufen Sie uns nur nach. Das ist doch billig, Herr Kollege Dr. Kaiser. Ich sage es einmal ganz deutlich: Sie wissen doch, dass es bei uns ähnliche Überlegungen gibt, weil die Beteiligung keine politischstrategische Bedeutung mehr hat. Deshalb stellt sich ir gendwann die Frage, sie zu verkaufen.
- Sie laufen uns doch bloß nach, aber Sie werden uns nicht einholen, weil wir die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt treffen werden und auch den richtigen Beschluss fassen werden, wie wir das Geld in Zukunft verwenden.
Herr Kollege Dr. Kaiser, das Ganze ist eine ziemlich unnö tige Aktion, weil Sie uns nachlaufen und Ihre eigene zehn Jahre währende Politik konterkarieren. Das ist genau das, was Ihnen die Wähler nicht mehr abnehmen: das Chaos, das Sie ständig in politischen Fragen produzieren. Was soll denn der bayerische Bürger denken? Zehn Jahre ha ben Sie unsere Politik bekämpft, und jetzt versuchen Sie, das Gleiche zu tun wie wir. Das nimmt Ihnen niemand ab, und das wird Ihnen nicht helfen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einigen Wochen habe ich im Haushaltsausschuss die Gelegenheit gehabt, anhand des fünften Beteiligungsbe richts die Grundsätze und die wesentlichen Eckpunkte unserer Beteiligungspolitik darzulegen. Die wesentlichen Grundlagen habe ich bereits im ersten Beteiligungsbericht in der Einleitung ausführlich dargestellt. Wenn ich hinzufü gen darf, ich habe damals zurückgegriffen auf Ausführun gen, die ich bereits in meinem Buch aus dem Jahr 1975, das ich gemeinsam mit Edmund Stoiber veröffentlicht habe, dargelegt habe.
Grundsätzlich gilt: Ein Staat braucht im Prinzip keine in dustrielle Beteiligung, er braucht keine Beteiligung an ei nem Unternehmen, das im Wettbewerb mit anderen Un ternehmen steht. Die Maßnahmen der Privatisierung sind gelenkt durch den Preis und die Opportunität des Zeit punkts sowie die Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Verwendung. Das habe ich auch bei der Aussprache, Herr Kollege Kaiser, im Haushaltsausschuss wiederholt und habe gesagt: Wir müssen ganz nüchtern prüfen. Wir müs sen prüfen, ob wir bei Eon die Beteiligung von 4,96 % brauchen. Ich stimme ausdrücklich der SPD zu, wenn sie sagt, wir bräuchten die Beteiligung aus strategischen Gründen nicht. Die Ideologie, zu meinen, mit dieser Betei ligung Energiepolitik steuern zu können, ist nicht mehr gegeben. Wir haben hervorragende Beziehungen zur Füh rungsebene von Eon. Richtig ist: Die Energiepolitik wird in Düsseldorf formuliert und nicht wesentlich von einer Be teiligung von 4,96 % beeinflusst. Ich darf auch hinzufü gen: Der Sitz im Aufsichtsrat ist dabei völlig nebensäch lich; es ist gut, wenn man einen entsprechenden Vertreter hat, eine Beteiligung ist für uns aber nicht entscheidend.
Etwas anderes – ich will das ausdrücklich sagen – ist bei der Beteiligung am Flughafen München gegeben. Bei die ser Beteiligung wäre es am dümmsten, jetzt zu verkaufen. Im Augenblick würden Sie den geringsten Wert erhalten. Es ist eine andere Frage, in acht oder zehn Jahren zu ver kaufen, wenn die Entwicklung und die Dynamik des Flug hafens anhält, aber heute haben wir noch infrastrukturelle Verpflichtungen, die wir unbedingt erfüllen müssen.
Wir legen der Stadt und dem Bund nichts in den Weg, wenn diese verkaufen wollen, ich befürchte aber, sie wür den gegenwärtig einen geringen Erlös erwirtschaften. Ich habe Herrn Eichel unsere Bedingungen mitgeteilt, unter denen wir Ja sagen würden.
Als nächstes stellt sich die Frage: Wann? Das ist eine Fra ge des Kurses. Ich erinnere daran, dass wir das letzte Mal bei einem Höchstkurs von 64 Euro eine Milliarde erwirt schaftet haben. Wir hatten durch eine Vermeidung von Hektik und durch eine gelassene und präzise Beobach tung glücklicherweise – man kann auch einmal Pech ha ben – den besten Zeitpunkt abgewartet. Ein Verkauf zu einem Kurs von 64 Euro war ein Erfolg. Ich beobachte mit
Freude, dass sich nach einem erheblichen Absturz der Kurse, auch von Eon, dieser Kurs wieder positiv entwi ckelt und heute deutlich über 58 Euro liegt. Man kann die Situation beobachten. Wenn das so ist, kann man bei ei nem pragmatischen Vorgehen überlegen, wie man eine solche Beteiligung verkauft. Sämtliche M & A-Unterneh men dieser Welt waren schon beim Finanzminister, weil sie ein Geschäft machen wollen. Sie haben ihre Ideen auf den Tisch gelegt. Selbstverständlich, Herr Kaiser, habe ich auch beobachtet, was der Bund mit der KfW macht. Na türlich fragt der Finanzminister sofort seine fachkundigen Mitarbeiter: „Was machen die da? Können wir das auch machen? Ist das für uns ein geeignetes Instrument?“ Mir haben schon vor Jahren entsprechende Vermerke – wie ich jetzt nachgelesen habe – vorgelegen. Der letzte Ver merk zur LfA ist vom 24. Juli 2003. Es gibt eine Reihe von Fragen. Man muss § 13 des KWG beachten. Es gibt ver schiedene Lösungen und es ist eine Frage der Opportuni tät. Herr Kaiser, wir werden uns möglicherweise über die se Techniken noch vertieft unterhalten, wenn Sie wollen. Jedenfalls ist es eine Frage, wie man technisch – von Fachleuten gut beraten – eine Privatisierung durchführt. Es ist keine Ankündigung, sondern nur eine Beurteilung der Dinge, die Sie vorschlagen. Wir haben aber auch Un terschiede in der Beurteilung, Herr Kollege Kaiser. Der wesentliche Unterschied ist, was Sie von einer derartigen Privatisierung erwarten. Ich sage noch einmal: Ihre Erwar tung, dass dadurch ein konjunktureller Anstoß gegeben wird, sozusagen ein Kurswechsel der Wachstumspolitik stattfindet, weil wir einen bescheidenen Betrag im Ver gleich zur bundesweiten Nettoneuverschuldung des letz ten Jahres einnehmen würden und investieren könnten, teilen wir nicht.
Gestern war eine historische Sitzung des Finanzplanungs rates in Berlin. Der hundertste Finanzplanungsrat wurde von Herrn Eichel durch das Einblenden von Bildern des ersten Finanzplanungsrates mit Plüsch und Plum, Schiller und Strauß, am Tisch eingeleitet. In der damaligen Zeit, um das Jahr 1968, war man tatsächlich der Auffassung, dass man durch staatliche Investitionspolitik und Ver schuldung sowie durch Mehrausgaben gezielt Konjunktur und Wachstum beeinflussen kann. Die Grundsatzaus sprache, die gestern im großen Europasaal des Finanzmi nisteriums stattfand, hat gezeigt, dass alle politischen Vertreter des Bundes und der Länder der Auffassung sind, dass die Zeit vorbei ist, durch derartige staatliche Investi tionsausgaben bzw. durch Anregung des Investitionsmul tiplikators etwas zu machen. Wir sind uns einig, dass wir deutliche strukturelle Reformen brauchen, um den Opti mismus und die Rahmenbedingungen dieses Landes wieder auf Plus zu stellen und um wieder Wachstum zu generieren.
Wichtig ist mir auch, was die Kollegen der CSU-Fraktion schon gesagt haben. Kann ich erwarten, durch Privatisie rung gewissermaßen ein Alibigeschäft zu machen, sodass ich durch Privatisierung nicht mehr gezwungen bin, hart einzusparen? Wir haben eine dauerhafte sehr niedrige Wachstumserwartung. Die Wachstumserwartung des Bundes für das nächste Jahr beläuft sich auf real 1,5 %. Früher hatten wir bei Aufschwüngen Wachstumsraten von 3 %. Mit einer Wachstumsrate von 1,5 % und einer gleich zeitig anhaltenden Dynamik auf der Ausgabenseite durch Gehälter oder gesetzliche Vorgaben haben Sie keine
Chance, durch eine Privatisierung eine Linderung herbeizu führen. Eine Sparpolitik ist nicht nur in diesem Land, son dern auch auf Bundesebene sowie auf Länderebene und der kommunalen Ebene nach wie vor zwingend notwendig. Ohne diese langanhaltende Kurskorrektur, der Schrump fung unserer Haushalte und der Reduzierung unserer Aus gaben werden wir in wenigen Jahren an den Punkt kom men, nicht mehr handlungsfähig zu sein. Heute schon ist das Land Nordrhein-Westfalen aufgrund hoher Verschul dung und hoher Personalausgaben handlungsunfähig.
Wir wollen, dass der Freistaat Bayern handlungsfähig bleibt und neue Handlungsfähigkeit gewinnt. Deshalb: Fortsetzung des Sparkurses und einen ganz pragmati schen Einsatz der Privatisierungsmöglichkeiten, so wie ich es im Haushaltsausschuss schon angekündigt habe. Wir werden in Ruhe und Gelassenheit den Kurs beobach ten. Wir werden die Methoden des Veräußerns genau prüfen und vorbereiten. Sie können sich vorstellen, dass ich bereits sehr präzise Vorstellungen ausgearbeitet habe und wir werden sinnvolle und notwendige Verwendungen prüfen. Ich stelle fest, dass Sie in der Einschätzung einen Kurswechsel vorgenommen haben. Dies wird den kon struktiven Dialog im Plenum und im Haushaltsausschuss fördern. Vielleicht können wir gemeinsam etwas in glei cher Richtung tun.
Kolleginnen und Kollegen! Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, möchte ich am heutigen 17. Juni an den Volksaufstand in der ehemaligen DDR erinnern, der vor genau 51 Jahren stattfand.
Über Jahrzehnte hinweg hatte die DDR-Propaganda glau ben zu machen versucht, bei diesem Aufstand hätten nur einige Bauarbeiter gegen die Erhöhung ihrer Arbeitsnor men protestiert. Heute wissen wir, dass sich am 17. Juni 1953 in der ganzen DDR die Menschen gegen die Unter drückung durch die kommunistischen Machthaber erho ben und für Demokratie, Freiheit und Einheit kämpften.
Auch wenn dem Volksaufstand zunächst kein Erfolg be schieden war, so wurde doch an jenem Tag das Funda ment dafür gelegt, was sich im Herbst 1989 ereignen sollte – nämlich der gewaltlose Sturz des DDR-Unrechts regimes und im Jahr danach die Wiedervereinigung unse res Landes in Frieden und Freiheit. Für diese große Errun genschaft dürfen wir zwar dankbar sein, aber wir sollten auch immer wieder an die Menschen denken, die im Kampf für die Freiheit hohe Risiken eingingen oder sogar ihr Leben verloren. Gerade wir als gewählte Volksvertreter und –vertreterinnen, als Repräsentanten unserer freiheit lich-demokratischen Grundordnung verstehen dieses Vermächtnis als Auftrag, weiterhin an der Vollendung der inneren Einheit unseres Landes zu arbeiten.
Tagesordnungspunkt 2 a Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Auflösung des Bayerischen Obersten Landesge
richts und der Staatsanwaltschaft bei diesem Gericht (Gerichtsauflösungsgesetz – BayObLGAuflG) (Druck sache 15/1061) - Erste Lesung
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Bitte, Frau Staatsministerin Dr. Merk.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kol legen! Die Auflösung des Bayerischen Obersten Landes gerichts ist in den letzten Monaten außerordentlich heftig und emotional erörtert worden. Auch wenn der Vergleich hinken mag: Manchmal bin ich an die Zeit erinnert, als wir Auseinandersetzungen über die Zweite Kammer unseres Freistaats mit großer Tradition führten, über den Bayeri schen Senat. Solche Diskussionen sind wichtig und not wendig, und sie sind in einer Demokratie bei wichtigen politischen Entscheidungsprozessen das Salz in der Sup pe.
Die Wogen der Emotionen konnte ich nicht verstehen, und manch einseitige Argumentationen konnte ich nicht teilen. Ich habe aber – und das gerne – an vielen Gesprächen und Diskussionen teilgenommen. Der heute einzubringen de Gesetzentwurf ist unter Berücksichtigung dieser Dis kussionen und nach intensiver Beratung und sorgfältiger Abwägung des Pro und Contra in meinem Hause erarbei tet worden.
Zunächst einmal möchte ich den Gesetzentwurf in den Gesamtzusammenhang unserer bayerischen Politik stel len. Das passt jetzt auch gut zur vorausgegangenen Dis kussion. Wir sind uns alle im Grundsatz darin einig, dass die Verschuldung der öffentlichen Haushalte inzwischen einen Stand erreicht hat, der zwingend notwendig Konso lidierungsmaßnahmen erfordert. Deshalb gibt es zum Sparkurs der Bayerischen Staatsregierung keine Alterna tive. Wir können nicht auf Kosten der Kinder und Enkel so weitermachen. Wir müssen Handlungsspielräume für In vestitionen schaffen und Zukunftschancen eröffnen und sichern. Das Justizministerium hat dazu, wie alle anderen Ressorts, einen Beitrag zu leisten. Im Hinblick auf die Ver waltungsstruktur des Ministeriums ist dieser Beitrag auch um ein Vielfaches dessen, was in anderen Ressorts der Fall ist, geringer festgelegt worden.
Wir konsolidieren, wir reformieren unsere Verwaltung und unsere Gerichte, um im EU-Wettbewerb weiterhin attrak tiv für Investitionen zu bleiben, um unsere Zukunft sicher zu gestalten. Dafür brauchen wir zum einen weniger Vor schriften; wir brauchen schnellere Genehmigungen, mehr Bildung und mehr Service für unsere Bürger. Wir brauchen zum anderen mehr Rechtssicherheit, und das heißt schlanke und zügige Gerichtsverfahren. Zu viele, vor allen Dingen zu lange Prozesse sind abschreckend für Investo ren. Eine zukunftsweisende Politik für Bayern muss also so geprägt sein, dass wir sparen, reformieren, aber auch unsere Strukturen verändern, um investieren zu können.
In diesem Kontext können wir nicht in bloßen Traditionen um der Traditionen willen verharren, sondern wir müssen uns vielmehr fragen, wie wir die Rechtssicherheit, den Rechtsfrieden und die Qualität unserer Justiz – unserer dem Rechtsstaat verpflichteten Justiz – effektiver, effizi
enter und wirtschaftlicher gestalten können. Das heißt, wir müssen uns fragen, ob wir es uns leisten können, ein sehr differenziertes und sehr opulentes Rechtspflegesystem vorzuhalten, ob es angemessen ist, fünf Gerichtszweige mit zwei bis drei Instanzen und jahrelangen Verfahrens dauern beizubehalten. Wir müssen uns fragen, ob wir es uns leisten können, dass wir weiterhin aus Tradition und aus Gewohnheit weltweit den Spitzenplatz einnehmen im Hinblick auf die Dichte an Rechtsanwälten, an Richtern und Staatsanwälten bzw. im Hinblick auf die vielen anhän gigen Gerichtsverfahren.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es geht keinesfalls darum, die rechtsstaatlichen Errungen schaften, die Kernaufgaben des Staats oder die Qualität der Justiz zu beeinträchtigen oder zu beschneiden. Im Gegenteil: Unsere Gerichte und unsere Staatsanwalt schaften sind inzwischen an der Belastbarkeitsgrenze angelangt. Zusätzliches Personal ist nicht finanzierbar. Was also tun? Wir müssen mit Hilfe neuer Ideen die Ge richtsverfahren überprüfen und durch echte Reformen ändern. Wir müssen neue Formen der Konfliktbewälti gung finden. Das bedeutet auch, auf das Streit- und Pro zessverhalten unserer Bürger einzuwirken, weniger Streit und mehr Dialog- und Gesprächskultur zu erzielen, mehr zu beraten statt zu klagen, mehr zu schlichten statt zu richten. Präventive, prozessvermeidende Strategien oder außergerichtliche Verfahren wie die Mediation, die Güte- und Schlichtungsverfahren stehen ebenso zur Debatte wie die Bündelung von Gerichtszweigen, die Reduzierung von Instanzen oder andere Maßnahmen. Ich bin mir des sen bewusst, dass diese Themen außerordentlich schwie rige und ehrgeizige Fragen beinhalten, die man nur durch ein Bündel von Maßnahmen anpacken kann und – vor al len Dingen - deren Beantwortung einen längeren Zeitraum benötigt. Deswegen sollten wir uns keine allzu großen Illu sionen machen. Dieser Weg und dieses Ziel sind aber meines Erachtens unabdingbar, sind zwingend, um lang fristig einen Justizkollaps zu verhindern. Erste Schritte und Maßnahmen habe ich in meinem Haus auf den Weg gebracht. Dabei bitte ich um Ihre Unterstützung.
Meine Damen und Herren, als einzelnes Land haben wir auf diese Frage sehr wenig Einfluss. In der Justiz läuft nahezu alles über Bundesrecht. Umso mehr betrachte ich es als meine Verantwortung, die Handlungsspielräume zu nutzen, die uns in Bayern offen bleiben. Dabei müssen alle Bereiche auf den Prüfstand. Der vorliegende Gesetzent wurf ist ein erster Schritt und wird sicher nicht der letzte bleiben. Wir werden gemeinsam anpacken, zusammen mit hoch qualifizierten Beamten, Richtern, Staatsanwäl ten, Angestellten und Arbeitern, über die unsere Justiz Gott sei Dank verfügt. Es ist an der Zeit, dass sich die Justiz stärker auf ihre Kernaufgaben besinnt, damit wir in Rechtsprechung investieren können anstatt in Verwal tungsstrukturen.
Meine Damen und Herren, zur Begründung des Gesetz entwurfs darf ich zusammenfassend fünf Punkte nennen. Erstens. Es war und ist unser oberstes Ziel, dass mit der Auflösung des Bayerischen Obersten Landesgerichts kein Qualitätsverlust einhergeht. Ebenso wie am Bayerischen Obersten Landesgericht wird an allen unseren Amts-, Landes- und Oberlandesgerichten sowie in den Staatsan waltschaften hervorragende Arbeit geleistet. Bayern wur
Zweitens. Wir ermöglichen mit unserem Vorhaben eine Strukturreform. Als einziges Land in der Bundesrepublik leistet sich Bayern neben drei Oberlandesgerichten zu sätzlich ein viertes Gericht, bei dem im Wesentlichen Auf gaben der Oberlandesgerichte zentralisiert werden. Das hat uns eine angesehene Institution mit einem klangvollen Namen beschert. Das erfordert aber zugleich einen kom plett eigenständigen, zusätzlichen Verwaltungsapparat – vom Pförtner bis hin zum Präsidenten. Genau hier setzt das Konzept an.
Wir wollen die hochkarätige Rechtsprechung, die uns das Bayerische Oberste Landesgericht liefert, selbstverständ lich fortführen. Was aber hindert uns daran, vorhandene Strukturen der Oberlandesgerichte zu nutzen?
Drittens. Unser Gesetzentwurf setzt einen weiteren Ak zent, nämlich im Hinblick auf die Regionalisierung. Wir wollen auch in Bayern, im größten Flächenstaat der Bun desrepublik eine bürgernahe Justiz. Wir können nicht in jeder Ortschaft präsent sein, dafür sind unsere Aufgaben zu komplex. Bei aller Liebe zu unserer Landeshauptstadt muss aber nicht alles in München bleiben. Nicht alles muss in München entschieden werden.
Deshalb macht es Sinn, unsere drei Oberlandesgerichte in Bamberg, Nürnberg und München zu stärken. Unser Ent wurf sieht daher vor, dass für Revisionen in Strafsachen künftig alle drei Oberlandesgerichte zuständig sind. Die Bußgeldsachen sollen in Bamberg konzentriert werden. Damit setzen wir ein strukturpolitisches Zeichen für diesen Raum.
Die weiteren Beschwerden in Angelegenheiten der freiwil ligen Gerichtsbarkeit werden weiterhin in München ge bündelt bleiben. Die Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts genießt in diesen Fragen ein ganz besonderes Renommee. Durch die Konzentration können wir hierfür ein Kompetenzzentrum schaffen, an dem über besondere richterliche Erfahrung und ständige Praxis verfügt wird. Dadurch bleiben Einheitlichkeit, Kon stanz und Qualität dieser Rechtsprechung erhalten.
Viertens. Jetzt wollen Sie sicher wissen, welche Einspa rungen mit dieser Konzentration verbunden sind.
Wir verzichten auf ein ganzes Gericht, wir verzichten auf eine komplette Strafverfolgungsbehörde. An Personal kosten werden wir bereits Ende 2006 mindestens 630 000 Euro jährlich einsparen. Dieses Sparvolumen wird lang fristig auf 1,2 Millionen Euro anwachsen. Dazu kommen Kosten für Sachmittel von jährlich etwa 282 000 Euro. Das bedeutet: Wir werden jährlich Einsparungen von knapp 1,5 Millionen Euro erreichen.