Otmar Bernhard
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Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Maget, ich verstehe, dass Sie bedauern, dass der Ministerpräsident nicht nach Berlin gegangen ist.
Denn Sie wissen, dass der alte und neue Ministerpräsident jetzt der Gleiche ist, der Sie in drei Landtagswahlen in die Oppositionsbänke gedrückt hat, und zwar ziemlich tief hinein.
Er hat für die CSU eine Zweidrittelmehrheit errungen und hat Bayern – das können Sie nicht bestreiten – zum erfolgreichsten Bundesland in Deutschland gemacht.
Wenn Sie hier von Pleite reden, möchte ich Sie nur auf die Koalitionsverhandlungen in Berlin hinweisen. Da wird deutlich, dass die Bundesrepublik durch Sie und Ihren grünen Koalitionspartner in die Pleite geführt worden ist. Das ist das Thema.
Wir sehen ein Haushaltsloch, wie wir es nie gehabt haben, und vor dem im Grunde alle ratlos stehen und nicht mehr wissen, wie solche Löcher überhaupt zu stopfen sind. Das ist eine verantwortungslose Politik in Berlin.
Und da reden Sie jetzt von der Pleite in Bayern.
Herr Kollege Maget, wenn Sie das bedauern, dann denken Sie doch auch einmal darüber nach, dass Sie durch Ihre chaotische Parteipolitik in Berlin einen erheblichen Anteil daran haben.
So ist das!
Das ist sehr ernst. Es ist schon beachtlich, dass Sie es fertig bringen, in so einer schwierigen Situation Ihren Parteichef zu stürzen, einen Herrn Müntefering, der nicht einmal mehr in der Lage ist, seinen Generalsekretär durchzusetzen. Das ist ein trauriges Kapitel für die SPD.
Natürlich hat das damit zu tun, denn wir müssen feststellen, dass bei Ihnen offenbar einige linke Säger in der SPD mehr Einfl uss haben als diejenigen, die eine vernünftige Politik machen wollen.
Im Übrigen steht dahinter wahrscheinlich auch die Meinung dieser Linken, dass man diese Koalition eigentlich nicht besonders haben will und vor allen Dingen nicht schätzt, was sie leider tun muss.
Herr Kollege Maget, auch wenn es Ihnen gefallen würde, wir haben selbstverständlich keine Regierungskrise in Bayern, wie Sie es behaupten, sondern wir haben einen Ministerpräsidenten und ein voll arbeitsfähiges Kabinett, gesund und voller Tatkraft, tätig für Bayern.
Wir verhehlen nicht, dass wir Diskussionen darüber führen – es wäre sinnlos, das abzustreiten –, wie wir in Zukunft die Regierungsarbeit hier in Bayern organisieren und vielleicht etwas anders gestalten wollen, als wir es in der Vergangenheit hatten. Aber es ist doch eine schöne Sache, dass wir darüber diskutieren können,
wo unser bester Mann tätig ist, ob in Berlin oder in Bayern. Solche Sorgen haben Sie nicht, Herr Kollege Maget. Sie sind nämlich am Kabinettstisch in Berlin überhaupt nicht vertreten. Da brauchen Sie dann auch nicht zu diskutieren, wer dort Platz nimmt. Sie sind eine Sorge ärmer, aber das zeigt auch, dass Ihr Einfl uss in Berlin null ist, dass Sie als bayerische SPD marginalisiert sind. Das ist sehr traurig für Sie, Herr Kollege Maget.
Dieser Ministerpräsident – das will ich Ihnen klar sagen, bei allen Diskussionen, die wir gehabt haben – hat unsere volle Unterstützung und unser volles Vertrauen.
Das ist wichtig und ein Zeichen für Sie, damit Sie Bescheid wissen.
Frau Kollegin Bause, Sie reden vom Scherbenhaufen.
Sie als GRÜNE sitzen doch auf einem Trümmerhaufen. Sie sind in Berlin aus der Regierung ausgeschieden. Das rotgrüne Projekt ist beendet und Sie haben in Deutschland nicht nur einen Scherbenhaufen, sondern einen ganzen Trümmerhaufen hinterlassen.
Mit diesem Trümmerhaufen müssen wir jetzt umgehen.
Machen Sie sich aber keine Sorgen. Wir sind voll da.
Wir sind voll regierungsfähig. Wir werden den Kurs ganz klar halten. Niemand in dieser Partei, niemand in dieser CSU hat Kritik geübt an den Inhalten der Politik. Die werden wir weiter vorantreiben.
Das gilt insbesondere auch für die Haushaltspolitik, die ja gerade zeigt, wie richtig und wertvoll diese Politik ist, die wir hier in Bayern gemacht haben. Schauen Sie sich doch an, was jetzt in Berlin los ist und was auch in anderen Ländern passiert, wie traurig die Situation beispielsweise in Niedersachsen ist, wo die CDU die Regierung übernommen hat und keinerlei Spielraum mehr für vernünftige Politik zur Verfügung steht.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Kollege Dupper hat das schon angesprochen: Es gehört schon einiges an grüner Chuzpe dazu,
hier einen solchen Antrag einzubringen, nachdem Sie doch sieben Jahre Zeit hatten, das, was Sie hier fordern, in Berlin zu realisieren. Sie hätten viele Möglichkeiten gehabt, hier zu kürzen. Sie hatten ein weites Feld, um das zu tun, was Sie jetzt hier verlangen. Herr Kollege Dupper, da muss ich Sie leider in Mithaftung nehmen.
Was ist das Problem? – Das Problem ist, dass Sie in Berlin eine wirklich katastrophale Haushaltssituation hinterlassen. In unserer schlimmsten Wahlpropaganda haben wir das nicht zu behaupten gewagt, was jetzt in Berlin Wirklichkeit ist. Katastrophal ist das! 35 Milliarden Euro fehlen. Gleichzeitig droht die EU, und ich nehme diese Drohung ernst, dass wir, wenn wir 2007 nicht den Stabilitäts- und Wachstumspakt erfüllen, mit einer Strafe von 10 bis 12 Milliarden Euro belegt werden. In dieser Situation sind wir in Berlin.
Jetzt sagen Sie, auch Kollege Dupper hat das wiederholt, wir bräuchten gar keine Mehrwertsteuererhöhung. In unserem Wahlprogramm haben wir immer gesagt, und das tun wir auch jetzt: Wir wollen mit einer Mehrsteuererhöhung eine Strukturreform gestalten, sprich: den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung senken.
Sie ziehen in Ihrem Antrag den Sachverständigenrat völlig zu Unrecht heran. Der Sachverständigenrat sagt: Keine Mehrwertsteuer zur Füllung von Haushaltslöchern, aber eine Mehrwertsteuererhöhung zur Strukturierung ist in Ordnung. Genau das wollen wir.
Ich hoffe, dass noch eine Regelung zustande kommt, nach der der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung wenigstens noch um 1 % oder 1,5 % gesenkt werden kann. Auf der anderen Seite stehen wir unter diesem Druck des Haushalts. Wir müssen den Haushalt sanieren. Deshalb wird es wohl nicht vermeidbar sein, sage ich hier einmal, das Aufkommen aus der Mehrwertsteuererhöhung auch für die Sanierung des Haushalts zu verwenden.
Die Behauptung, wir nähmen keine Einsparungen vor, ist nicht richtig. Sie ist im Gegenteil völlig falsch. Sie lesen doch auch täglich die Zeitungen, in denen steht, worum es geht: um die Wohnungsbauprämie, die Pendlerpauschale, den Sparerfreibetrag usw. Das alles ist doch nicht einfach. Es handelt sich um Subventionen, deren Streichung Sie im Wahlkampf noch massiv in Abrede gestellt haben. Sie haben gesagt, das ist des Teufels. Jetzt sieht man hingegen, bei der SPD jedenfalls ist das so, dass man anders überhaupt nicht über die Runden kommt, obwohl auch massiv gespart wird.
Wir stehen in einem europaweiten Steuerwettbewerb. Deshalb gab es auch die jahrelange Diskussion über eine Senkung der Ertragssteuer, auch die Bemühung beim Jobgipfel, die Körperschaftssteuer noch ein Stück weit abzusenken. Sie wissen, welch günstige Körperschaftssteuern es um uns herum in Europa gibt. Das ist eine Wettbewerbsfrage. Wir sind hier unter Druck. Wir müssen in diese Richtung gehen, ob wir wollen oder nicht. Wir können aber nicht gleichzeitig in diesem Ertragswettbewerb stehen und die niedrigste Mehrwertsteuer in Europa haben. Die Ökonomen raten uns fast ausnahmslos dazu, von den Ertragssteuern auf die indirekten Steuern umzusteuern. Wenn wir also für das Gemeinwesen – sei das nun im Bund oder auf Landesebene; Bayern profi tiert letzten Endes auch von einer Mehrwertsteuererhöhung – genügend Einnahmen auf Dauer haben wollen, bleibt kein anderer Weg, als die Mehrwertsteuer zu erhöhen und bei den Ertragssteuern nachzugeben.
Ja, das wollen wir auch. Das habe ich doch zum Ausdruck gebracht: Ich hoffe, dass ein Teil der Mehrwertsteuererhöhung dafür verwendet werden kann.
Ich habe Ihnen doch gesagt, dass wir den Mist vorgefunden haben, den Sie uns hinterlassen haben. Dieser fi nanzpolitische Misthaufen ist viel, viel größer, als wir uns vorgestellt haben.
Wir müssen also darauf sehen, dass sich ein Gemeinwesen fi nanzieren kann, so wie das alle anderen um uns
herum auch machen. Wir müssen das fi nanzieren, was wir für notwendig halten.
Kollege Dupper sagt, wir müssen die Investitionsquote stabilisieren oder nach oben bringen, auch in Bayern. Darin sind wir uns einig. Wenn wir in Bildung investieren wollen, geht das nur, wenn der Staat auch entsprechende Einnahmen zur Verfügung hat.
Das ist einfach so; darüber brauchen Sie sich doch nicht so aufzuregen.
Der Umsatzsteuerbetrug ist heute Morgen auch schon angesprochen worden. Ob die Umsatzsteuer 2 % höher ist oder nicht, beeindruckt diese Ganoven nicht. Die betrügen, egal, ob der Satz bei 16 % oder 18 % liegt. Wir alle wissen, und da sind sich die SPD- und die CDU-/ CSU-Finanzminister einig, dass wir das Problem nur über eine Systemänderung in den Griff bekommen. Das wird erst aufhören, wenn diese Betrügereien qua System nicht mehr möglich sind. So ist die Lage.
Die katastrophale Haushaltslage wird es nicht zulassen, dass wir nicht auch einen Teil des Aufkommens aus der Mehrwertsteuererhöhung für den Haushalt verwenden. Wir werden versuchen, und das haben wir bisher schon getan, einen Teil in die Strukturänderung fl ießen zu lassen, um damit dem Petitum des Sachverständigenrates wenigstens teilweise zu folgen. Es ist völlig unverständlich – da muss ich dem Kollegen Dupper Recht geben –, dass Sie jetzt mit einem solchen Schaufensterantrag kommen, der zeigt, dass Sie in Ihrer Regierungszeit nichts getan haben, was notwendig gewesen wäre. Diesen Antrag zu stellen, hätten Sie besser unterlassen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will abschließend noch ein paar Bemerkungen aus fi nanzpolitischer Sicht machen, da die Finanzen letztlich den Rahmen bilden, innerhalb dessen wir Sozialpolitik betreiben können.
Man kann hier und dort einen anderen Akzent setzen, aber uns muss klar sein, dass wir uns in diesem Rahmen bewegen müssen. Ihr Antrag, wir sollten alle Kürzungen der jüngsten Vergangenheit rückgängig machen, besagt nichts anderes, als dass Sie die Nettoneuverschuldung in Bayern erhöhen wollen. Das müssten Sie hinzusetzen. Wir können darüber diskutieren, denn wir sind keine Leute, die Freude daran haben, Sozialleistungen, die sich bewährt haben, kürzen zu müssen. Niemand hat daran Freude. Wir müssen aber überlegen, wohin das führt.
Herr Wahnschaffe, mich wundert, dass Sie, obwohl die Koalitionsverhandlungen in Berlin begonnen haben, mit einem Antrag antreten, der nichts damit zu tun hat, was in Berlin besprochen wird.
Ihre Kollegen sagen, wir hätten einen Konsolidierungsbedarf von 15 Milliarden Euro, und unsere sagen, wir hätten einen Konsolidierungsbedarf von 22 Milliarden Euro. Zumindest sind sich die künftigen Koalitionäre in Berlin einig, dass das, was Sie bisher veranstaltet haben, nicht so weitergehen kann.
Darauf komme ich noch.
Das bedeutet, dass in Berlin sehr schnell die „Koch-Steinbrück-Liste“ vorgelegt wird. Dann werden sich Ihre Leute dazu bequemen müssen – leider, denn niemand hat daran Freude –, zu kürzen. Der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats im Bundesfi nanzministerium, den Ihr Kollege Eichel eingesetzt hat, hat dieser Tage ganz salopp gesagt, wir müssten an die Sozialkosten heran.
In Berlin wird überlegt, wie der Haushalt gekürzt werden kann, und hier in Bayern meinen Sie, das Geld einfach ausgeben zu können. Das ist nicht konsequent. Ich glaube, diese Konsequenz müssen Sie noch lernen.
Wegen des Wahlergebnisses der CSU sollten Sie sich keine allzu großen Illusionen machen. Die CSU hat 55 % der Erststimmen bekommen. 4 bis 5 % der Zweitstimmen sind an die FDP gegangen. Das sind Leute, die den
Wechsel in Berlin wollten. Diese Leute stimmen Ihren Thesen zur Sozialpolitik nicht zu.
Was ist sozial? – Darüber sollten wir uns einig werden. Wir sollten uns auch einig sein, dass wir alleine mit der Sparpolitik die Probleme nicht werden bewältigen können. Auf keinen Fall. Vielmehr muss im Vordergrund stehen, wie wir Wachstum und Arbeitsplätze schaffen können. Das wird der Prüfstein für die Koalition sein. Wenn das nicht gelingt, werden wir nicht viel gemeinsam zusammenbringen. Deshalb muss im Vordergrund stehen, wie wir das schaffen können. Außerdem müssen wir uns bei dieser Debatte fragen, was in Zeiten der Globalisierung und des daraus resultierenden Wettbewerbdrucks sozial ist für die nachfolgenden Generationen.
Es wäre nicht richtig – wie Sie das wollen – noch mehr auszugeben, weil das die nachfolgenden Generationen zahlen müssten. Wir sollten bei der Sozial- und Haushaltspolitik eines bedenken: Je schwieriger die Haushaltslage wird, je mehr Schulden wir haben und je mehr Zinsen wir zahlen müssen, desto weniger Spielraum gibt es für die Sozialpolitik. Das ist klar. Deshalb sollten wir im Interesse der Sozialpolitik gemeinsam daran arbeiten, diese Dinge in den Griff zu bekommen und so die Möglichkeit schaffen, eine vernünftige Sozialpolitik zu gestalten.
Hier wurde verschiedentlich gesagt, in Bayern würden verheerende Zustände herrschen. Wenn man Sie hört, könnte man meinen, es stünde ganz kritisch um die Sozialpolitik in Bayern. Natürlich kann man der Meinung sein, dass das Erziehungsgeld erhöht werden müsse oder das Büchergeld nicht gebraucht würde, obwohl 10 von 16 Bundesländern dies eingeführt haben usw. Das ist alles relativ. Aber sämtliche Indikatoren und auch die heutige Debatte zeigen, dass Bayern wesentlich besser abschneidet, als alle anderen Bundesländer, insbesondere besser als diejenigen, in denen Sie regieren.
Nun noch eine Bemerkung zu den Kommunen. Sie wiederholen ständig, dass die Kommunen „ausgehungert“ würden.
Ich empfehle Ihnen, sich die Zahlen zu betrachten. Der kommunale Finanzausgleich wächst überdurchschnittlich. Der Sozialhilfeausgleich an die Bezirke ist massiv erhöht worden. Das zeigt, dass wir uns in den wirtschaftlich und fi nanziell schwierigen Zeiten im hohen Maße in der Sozialpolitik engagieren. Sie sollten das zur Kenntnis nehmen, damit wir eine vernünftige wechselseitige Diskussionsgrundlage erreichen und wir nicht ständig mit Anträgen konfrontiert werden, ohne dass gesagt wird, wie das bezahlt werden soll. Das ist unseriös.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Maget, das allermeiste, was Sie hier vorgetragen haben, ist weder aktuell noch besonders originell.
Das haben wir hier im Hause schon mehrmals diskutiert. Es zeugt davon, dass Ihre politische Innovationskraft sehr gering ist und hauptsächlich aus Polemik besteht, die Sie hier zum Besten gegeben haben.
Was Sie hier auf den Tisch gelegt haben, ist ein Sammelsurium völlig unterschiedlicher Tatbestände, für die Sie die Bayerische Staatsregierung verantwortlich machen wollen, aber die sind mit nichts anderem verbunden, als dass Sie hier ein bisschen Wahlkampf machen wollen, noch dazu Wahlkampf mit Oldtimern.
Ich will auf ein paar Punkte eingehen. Die Privatisierung haben Sie angesprochen. Die Privatisierung in Bayern war sehr erfolgreich. Dem stimmen Sie zu. Wunderbar. Nur, was haben Sie gemacht? – Sie haben zunächst gegen die Privatisierung protestiert, polemisiert, von der Verscherbelung des Tafelsilbers gesprochen. In der zweiten Stufe haben wir uns darüber gestritten, wie man das Geld verwendet. Wir haben es für Zukunftsinitiativen und -offensiven eingesetzt. Was haben Sie gemacht? Sie haben gefordert, wir sollten das in den Haushalt geben, genauso, wie Sie es im Bund gemacht haben, wo das Geld verdampft ist.
Dritte Stufe. Herr Kollege Kaiser, die SPD fordert die Privatisierung von Eon-Aktien. Wunderbar, guten Morgen SPD! So weit zu Ihrer Privatisierungspolitik, die Sie hier in Bayern betrieben haben. Gewiss ist in einer dynamischen Wirtschaft nicht berechenbar, wie sich Unternehmen entwickeln und wo sie ihren Sitz haben. Es war sicher eine gewisse Illusion, dass man geglaubt hat, man könne auf
Dauer den Sitz in Bayern halten, keine Frage. Nur, was haben Sie denn gemacht? - Sie haben eine Energiepolitik gemacht, die die Eon-Aktien ganz massiv nach unten getrieben hat, weil Sie die Unternehmen und auch die Bürger mit riesigen Energiekosten belastet haben; seit 1998 23 Milliarden Euro, Herr Kollege Maget! Sie haben damit dem Energiestandort Bayern viel massiver geschadet, als es die Frage tut, ob der Sitz von Eon hier in Bayern ist oder in Düsseldorf. Das Erlebnis haben wir ja in diesen Tagen, wo die deutsche Aluminiumindustrie ankündigt, ins Ausland zu gehen. Das ist das Ergebnis der Energiepolitik und Industriepolitik, die Sie betreiben.
Jetzt nehme ich das andere Beispiel, wo Sie am Anfang auch große Schwierigkeiten gemacht haben. Wir hätten heute keinen A 380, und wir hätten keine Deutschen im Vorstand
von Airbus – so ist es natürlich –, wenn es nach Ihnen gegangen wäre,
und wir hätten keinen Flughafen da draußen, wenn nicht Franz Josef Strauß damals die wichtigen und richtigen Weichenstellungen getroffen hätte. Das sind Ihre politischen Pleiten und Pannen in der bayerischen Politik; wenn Sie ehrlich wären, würden Sie das zugeben.
Herr Kollege Maget, der Verlust von Arbeitsplätzen, die Insolvenz von Unternehmen in Bayern, das ist eine sehr ernste Angelegenheit, der man nicht mit Polemik beikommen kann, wie Sie das hier getan haben.
Wie spielt sich denn das in der Praxis ab? Ein Unternehmen – ich erinnere mich noch an die Demonstrationen in Sulzbach-Rosenberg – droht in Insolvenz zu gehen. SPD und Gewerkschaften protestieren, machen Transparente, auf denen steht: „Staatsregierung hilf!“ Dann hilft die Staatsregierung,
und dann ist es im Einzelfall natürlich so, dass nicht jede Sanierung gelingt. Hunderte gelingen lautlos, aber einige gelingen leider nicht.
Und da gehen Sie her und polemisieren und sagen, die Staatsregierung sei schuld. Das ist billig, das ist unseriös, und das ist verantwortungslos.
Ich denke, dass sich die betroffenen Arbeitnehmer die Augen reiben werden über das, was Sie hier verzapfen. Das kann ich Ihnen sagen, und das ist auch mit ein Grund, warum die SPD in Deutschland nicht mehr die Partei der Arbeitnehmer ist, wie Sie inzwischen wissen.
Was ist denn das eigentliche Problem? Warum gehen denn Arbeitsplätze hier kaputt? Warum werden denn Arbeitsplätze verlagert? – Daran sind doch im Wesentlichen Sie schuld, weil Sie Ihre Reformverweigerung in Berlin gepfl egt haben.
Natürlich ist das so. Da brauchen Sie nicht zu lachen. Das ist sehr ernst. Wir verlieren jedes Jahr in Deutschland 260 000 industrielle Arbeitsplätze. Wenn Sie das weitermachen könnten, wovor uns Gott bewahre, dann wäre die Bundesrepublik im Jahr 2030 industriefrei, mit allen Folgen. Sie wäre nicht nur industriefrei, sondern auch eine Menge Dienstleistung und Forschung wäre mit abgewandert.
Das, meine Damen und Herren, neben Managementfehlern und anderen – das will ich gar nicht in Abrede stellen –, ist der Grund, warum Industriebetriebe in Deutschland und in Bayern in die Knie gehen und abwandern. Ihre Unternehmenspolitik – Sie kritisieren unsere! – produziert im Jahr rund 40 000 Pleiten. Das sind Ihre Pleiten und Ihre Pannen und nicht die der Bayerischen Staatsregierung.
Ich will eines ganz klar sagen: Sie tun so, als säße die Bayerische Staatsregierung im Vorstand der Hypobank und im Aufsichtsrat und würde dort die Dinge regeln und steuern. Das ist doch überhaupt nicht der Fall und überhaupt nicht möglich. Das wissen Sie ganz genau.
Es ist mehr als scheinheilig und verantwortungslos, wenn Sie hier so tun, als ob Risiken übernommen würden. Meistens ist es zunächst im politischen Einverständnis, und dann schlagen Sie sich in die Büsche, schreien laut und tun so, als hätte die Bayerische Staatsregierung dafür die Verantwortung. Ich bin sicher, dass Sie auch mit dem heutigen Unternehmen der Aktuellen Stunde eine Pleite erleben werden, weil die Menschen, die betroffen sind, sehen, dass Sie hier eine ganz schäbige Parteitaktik betreiben.
Wir sind der Meinung, dass diese Politik, mit vernünftigen Sanierungskonzepten Unternehmen zu helfen, sie am Standort zu halten, richtig ist. Das wollen wir auch weiter tun, auch wenn es in Einzelfällen leider nicht erfolgreich ist. Bei einigen dieser Unternehmen, die Sie angesprochen haben, gibt es natürlich auch technologische Probleme. Aber hier ist es so, dass auch die Bayerische Staatsregierung nicht diese Technologie produziert und
auch nicht für die Markteinschätzung zuständig ist, sondern das sind die Unternehmen. Aber wir tun alles, um eine Technologiepolitik zu betreiben, die Rahmenbedingungen schafft, dass Unternehmen in Deutschland bleiben können.
Und was tun Sie, Herr Kollege Maget, gerade hier in München? Sie sind gegen die Neutronenquelle! Sie machen in Berlin ein Gentechnikgesetz, das in absehbarer Zeit dazu führen wird, dass wir in Deutschland bestimmte Bereiche der Gentechnik nicht mehr haben werden und auch keine entsprechenden Arbeitsplätze mehr haben werden. Genauso sind Sie jetzt gegen den Transrapid, der ein wichtiges industriepolitisches Projekt ist.
Das sind Ihre technologischen Pleiten, Herr Maget, die Sie produzieren und die die Zukunft des Standorts Bayern schädigen würden, nicht die der Bayerischen Staatsregierung.
Noch eine Bemerkung zu Kirch, nur ganz kurz, wir haben leider nicht viel Zeit. München ist eine Medienmetropole. Ich sage, dass hieran Herr Kirch und die Medienpolitik der Bayerischen Staatsregierung Anteil daran haben, Herr Kirch einen maßgeblichen, auch wenn er später in wirtschaftliche Probleme gekommen ist. Tausende von Münchnern und Bürgern im Umland verdanken Herrn Kirch ihren Arbeitsplatz. Ich denke, dass die kein Verständnis haben werden für Ihre permanente Polemik.
Was tun Sie denn hier am Medienstandort München? Ich habe von der SPD noch nie etwas zum Medienstandort Bayern und München gehört, weiße Karte, außer dass Herr Ude in München manchmal Verserl vorliest und Bücher für Radfahrer herausgibt. Ansonsten tun Sie für den Medienstandort München überhaupt nichts, meine Damen und Herren.
Eine letzte Bemerkung zur Hypo. Ich bin der Meinung, die Fusion war damals richtig. Es war der Versuch, eine größere Bank in Bayern zu schaffen. Die Staatsregierung ist nicht für das operative Geschäft zuständig, auch nicht für die Risiken, die es damals gegeben hat, die es im Übrigen in vielen Banken gegeben hat, nicht nur bei der Hypo-Vereinsbank. Das ist ein Problem der Struktur der Bankenlandschaft in Deutschland, über die wir seit Jahren diskutieren und die noch weitere Fusionen notwendig machen wird. Insofern gibt es überhaupt keinen Grund zur Aufregung und zur Polemik.
Meine Damen und Herren von der SPD, ich glaube, dass Ihr heutiges Unternehmen, diese Aktuelle Stunde, insgesamt wirklich eine Pleite ist, weil Sie nichts beitragen können außer Polemik in der bayerischen Politik, nichts Positives, nichts Konstruktives. Unsere Privatisierungspolitik war erfolgreich, und die Hilfestellung für in Not geratene Unternehmen ist bei vernünftigen Sanierungsperspektiven wirtschaftspolitisch sinnvoll und sozialpolitisch
notwendig, auch wenn das die SPD, die Partei der Arbeitnehmer, wofür sie sich rühmt, offenbar nicht mehr sehen will.
Die Botschaft der SPD in dieser Aktuellen Stunde an die Arbeitnehmer ist, dass sie offenbar nicht gewillt ist, in solch schwierigen Fällen, in Schiefl agen vernünftig zu helfen,
sondern dass der SPD parteipolitische Ränkespiele wichtiger sind
als eine solide und seriöse Politik. Aber auch dem, meine Damen und Herren, können die Wähler in Bayern am 18. September begegnen.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Dringlichkeitsantrag der SPD zeigt
zunächst einmal, dass Sie Ihre Abwahl wohl schon realisiert haben, sonst bräuchten Sie keinen Antrag zu stellen, dass im Bundestag bestimmte Gesetze nicht beschlossen werden.
Anscheinend richten Sie sich realistischerweise schon auf die Oppositionsrolle im Deutschen Bundestag ein.
Herr Kollege Wörner, wenn man beurteilen will, was gegenwärtig und in den kommenden Jahren, sage ich einmal, leider notwendig sein wird, dann muss man sich wenigstens kurz vergegenwärtigen, in welche Lage RotGrün die Bundesrepublik in sieben Jahren gebracht hat. Das ist der Hintergrund für das Ganze. Niemand kommt doch auf die Idee, irgendwelche Kürzungen vorzunehmen, wenn es nicht notwendig ist. Was haben Sie gemacht – Herr Kollege Wörner, das ist unsozial –: eine exorbitante Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik produziert.
Das ist viel schlimmer als die Kürzung irgendwelcher Zuschläge. Hartz IV, das Sie immer so angepriesen haben, ist heute zu einem Monster geworden, das Ihnen vollständig aus dem Ruder gelaufen ist. Wir haben eine anhaltende Wachstumsschwäche, und das ist der Kern unseres Problems. Wir werden in Zukunft unsere sozialen Fragen nicht vernünftig lösen können, wenn es nicht gelingt, endlich mehr Wachstum zu generieren. Da sind wir uns doch völlig einig. Das haben Sie in diesen sieben Jahren nicht fertig gebracht, sondern wir sind mit das wachstumsschwächste Land überhaupt geworden.
Herr Kollege, wir haben wankende Sozialversicherungen. In Deutschland ist das unsozial, was in Zukunft die Leute von ihren Sozialversicherungen, Pfl ege- und Rentenversicherungen usw. erwarten können,
weil Sie unfähig sind, vernünftig Arbeitsplätze zu schaffen.
Sie haben beim Bürokratieabbau überhaupt nichts geschafft. Sie haben null Anstrengungen unternommen, den Arbeitsmarkt zu deregulieren, obwohl Sie wissen, dass dies eines der größten Standorthindernisse in Deutschland ist.
Dies ist durch zahlreiche internationale Studien belegt.
Ich möchte jetzt keine Zwischenfrage.
Wir haben in Deutschland eine Zunahme der Armut, Herr Kollege. Es ist unsozial, dass wir in Deutschland, seit Sie die Regierung übernommen haben, eine Million mehr Arme haben.
Herr Kollege Wörner, das ist unsozial.
Ich komme jetzt zu unserem eigentlichen Thema: Sie haben ein Finanzchaos angerichtet, das wirklich beispielhaft ist. Sie sind unfähig oder vielleicht auch unwillig, in Berlin einen Nachtragshaushalt vorzulegen, weil Sie wissen, dass ein solcher Nachtragshaushalt die politische eidesstattliche Versicherung dafür ist, dass Sie nicht mehr regierungsfähig und gescheitert sind.
Nur mit der Ruhe, darauf komme ich noch. – Das ist der Hintergrund, und das ist in Deutschland unsozial. Es geht nicht in erster Linie um die Frage, ob der eine oder andere Zuschuss oder die eine oder andere Subvention gekürzt wird.
Wir haben eine Verschuldung von 1,4 Billionen Euro, die jährlich um 80 Milliarden Euro in Deutschland wächst. Man muss sich einmal fragen, wer das künftig bezahlen soll.
Sie haben in Berlin eine strukturelle Haushaltslücke von 50 Milliarden Euro, weil Sie unfähig waren, Ihre Haushaltspolitik in Ordnung zu bringen. Wir werden nächstes Jahr in Bayern keine Neuverschuldung mehr haben. Sie haben den Stabilitätspakt ausgehebelt, damit Sie auch in Zukunft Schulden machen können, wie es Ihnen passt. Aber ich denke, das wird im September zu Ende sein.
Herr Eichel, der Hans im Glück, hat kürzlich erklärt, er habe seit sieben Jahren nichts erreicht. Diese Aussage ist angesichts des fi nanzpolitischen Scherbenhaufens, den er in unserem Land angerichtet hat, noch euphemistisch.
Das sind die Zahlen. Natürlich glaube ich diese Zahlen, insbesondere die, die das Bundesfi nanzministerium veröffentlicht.
Sie produzieren inzwischen keine Haushaltslöcher mehr, sondern Haushaltsabgründe, weil Sie selber überhaupt nicht mehr wissen, wie Sie damit umgehen sollen.
Sie haben seit Jahren in Deutschland die wirtschaftliche Entwicklung immer wieder geschönt und schöngeredet. Sie haben Luftschlösser gebaut, Luftbuchungen und Tricksereien vorgenommen, die sich jetzt alle nicht mehr halten lassen. Irgendwann rächt es sich, wenn man in der Finanzpolitik so verfährt.
Sie haben in Berlin die Steuerung verloren. Das zeigen im Übrigen auch Ihre hemmungslosen Angriffe auf den Bundespräsidenten. Der Parteivorsitzende der SPD räumt selber ein, dass er leider keine Autorität mehr habe und dass Sie inzwischen auf der Suche nach einem neuen Vorsitzenden sind.
Sie haben keine Steuerung mehr, alles läuft aus dem Ruder.
Frau Kollegin, vor diesem Desaster, das Sie angerichtet haben, kritisieren Sie, dass die Kürzung unsozial ist; zu diesen Fragen komme ich im Einzelnen noch.
Ich frage Sie: Wo sind wir hier denn eigentlich angekommen?
Im Übrigen ist es völlig unverständlich, dass Sie jetzt auf die Idee kommen, diese Frage zu diskutieren, nachdem Sie wissen, dass wir – CDU und CSU – das schon vor einem Jahr beschlossen und auch so in den Deutschen Bundestag eingebracht haben.
Wenn wir heute über diese Frage, die Sie in Ihrem Dringlichkeitsantrag aufgeworfen haben, diskutieren, muss – das müssen in Deutschland die Menschen wissen, und sie wissen es inzwischen auch, weil sie zu 80 % der Meinung sind, dass die Regierung abgelöst werden muss – man dieses Thema auch vor dem Hintergrund eines steuerpolitischen Gesamtkonzepts sehen, aber das unterschlagen Sie in Ihrem Antrag vollständig.
Was ist das Ziel der Steuerreform? - Ziel dieser Steuerreform ist in erster Linie, das Steuerrecht zu vereinfachen.
Das geschieht dadurch, dass man Ausnahmen abbaut und Steuersätze senkt,
und zwar, Herr Kollege Wörner, den Spitzensteuersatz und auch den Mindeststeuersatz, der in diesem Konzept von 15 auf 12 % gesenkt wird. Nur dies zusammen ergibt Sinn und zeigt, dass unser Vorhaben sozial sehr wohl ausgewogen ist: Wir erlegen den Menschen eine geringere Steuerlast auf.
Herr Kollege Wörner, ich weiß nicht, ob Sie alle Verlautbarungen des Bundesfi nanzministeriums lesen. Wenn Sie sie gelesen hätten, hätten Sie beispielsweise gesehen: Das Bundesfi nanzministerium hat festgestellt, dass die Regelung im Endergebnis sogar eine nachhaltige Steuerentlastung auch für diejenigen vorsieht, die die Pendlerpauschale in Anspruch nehmen. Deshalb ist Ihre Polemik völlig unangebracht, sie entbehrt jeder Sachkenntnis. Sie müssten diese Dinge einmal genauer anschauen.
Dieses sollten Sie den Leuten sagen, anstatt hier zu polemisieren.
Zur Pendlerpauschale im Einzelnen: Sie tun in Ihrem Antrag so, als würde die Pauschale abgeschafft; denn Sie sprechen vom Erhalten der Pendlerpauschale. Dabei wissen Sie genau, dass es um eine Absenkung von 30 auf 25 Cent, also um 5 Cent geht.
Auch Ihr steuersystematischer Einwand geht völlig ins Leere; Sie sagen, das sei keine Subvention. Ich bin mit Ihnen d‘accord: Das ist keine Subvention, sondern die Absetzung von Werbungskosten. Aber Sie wissen, dass Werbungskosten in ihrer Höhe selbstverständlich begrenzt und nicht zum vollen Abzug zugelassen sind. Auch das, was Sie dazu sagen, glaube ich, geht völlig fehl. Im Übrigen kann man sich, nachdem wir jahrelang kritisiert wurden, darüber nur wundern. Die Pendlerpauschale ist ökologisch falsch und setzt völlig falsche Anreize, was die Verkehrsbelastung etc. anbelangt.
Die Sonn-, Feiertags- und Schichtzuschläge sind zum einen sicher eine fi nanzielle Frage, die aber auch durch Steuererleichterungen kompensiert wird. Es ist zum anderen eine ordnungspolitische Grundsatzfrage, wer bezahlen soll, wenn ein Arbeitgeber – das sind nicht nur die Krankenschwester und das Krankenhaus, sondern das ist eine generelle Regelung – an Sonn- und Feiertagen solche Dienstleistungen in Anspruch nimmt. Wir sind der Meinung, dass dies im Grundsatz der Arbeitgeber bezahlen soll, der solche Dienstleistungen in Anspruch nimmt. Wir haben eine Übergangsfrist von sechs Jahren vorgesehen, damit die Möglichkeit besteht, dieses in Tarifverträgen usw. umzusetzen. Herr Kollege Wörner, ich möchte, wenn heute eine solche Regelung neu geschaffen würde und wenn wir sagen würden, generell für alle Arbeitgeber und Industrieunternehmen zahlt diese Mehrbelastung der Steuerzahler, Ihre Rede hierzu nicht hören. Da möchte ich Sie nicht hören; Sie zitieren
immer nur die berühmte Krankenschwester. Da haben wir also eine klare, ordnungspolitisch richtige Position.
Im Übrigen hat diese Regelung jetzt in Teilbereichen der Tarifverträge zu massiven Fehlentwicklungen geführt, weil man Einkommensbestandteile bewusst in den steuerfreien Bereich verlagert hat. Auch das ist falsch und wird damit korrigiert.
Insgesamt ist das, was wir hier beabsichtigen, in keiner Weise ein Angriff auf den Geldbeutel der Arbeitnehmer. Eine ganze Reihe von Regelungen im Steuerrecht, welche die Arbeitnehmer berühren, bleiben unangetastet. Arbeitnehmerpauschbetrag, Verpfl egungsmehraufwendungen usw. bleiben erhalten.
Wir meinen, dass dieses Vorhaben angesichts unserer katastrophalen Situation mit dem Ausgleich durch die Senkung des Steuersatzes auch sozial akzeptabel ist und dass es ein Baustein zur Vereinfachung des Steuerrechts ist, ein Vorhaben, dessen Prinzip eigentlich von niemandem bestritten wird, nämlich Ausnahmen abzubauen und Steuersätze zu senken. Wir haben in Bezug auf die Schichtzulagen eine angemessene Übergangsfrist vorgesehen und sanieren uns hier nicht auf Kosten der Arbeitnehmer.
Herr Kollege Wörner, es ist ein gutes Stück Seriosität unserer Politik – und darin unterscheiden wir uns stark von Ihnen –, dass wir den Leuten sagen, was wir beabsichtigen, während Sie hier den Leuten immer noch Luftschlösser bauen wollen.
Herr Kollege Kaiser, ist es Ihnen entgangen, dass die ganze Steuerdebatte immer darum kreist – und darauf legen wir größten Wert –, dass eine solide Gegenfi nanzierung vorhanden ist, und dass, wie wir heute ausgeführt haben, eine Abschaffung von Steuersubventionen oder Steuerausnahmen immer mit Steuersatzsenkungen korrespondieren muss und dass wir immer eine genaue Gegenrechnung aufstellen, was die Maßnahme kostet und wie wir sie uns leisten können? Ist Ihnen auch bei der Diskussion über das Unternehmensteuerkonzept entgangen, dass Sie keine ausreichende Finanzierung vorgelegt haben, während wir auf eine ausreichende Gegenfi nanzierung gedrungen haben?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben vor kurzem hier im Bayerischen Landtag eine Tagung der Landtagspräsidenten gehabt. Dabei ging es darum, dass wir mehr Effi zienz bei unseren Debatten schaffen wollen, dass wir mehr Substanz bei unseren Debatten schaffen wollen etc. Sie haben einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, in dessen Überschrift unter anderem steht: Keine Blockade im Bundesrat. – Nun ist es so, dass diese Fragen morgen ganz normal im Finanzausschuss des Bundesrates behandelt werden, dass Sie aber im Deutschen Bundestag diese Gesetze von der Tagesordnung abgesetzt haben, weil Sie sich nicht über die Finanzierung einigen können,
weil Sie selber nicht glauben, dass Sie das Finanzchaos, dass Sie da oben verursachen, überhaupt noch in den Griff bekommen können. Und dann stellen Sie hier diesen Antrag und fordern uns auf, nicht zu blockieren.
Sie haben zwar gesagt, Sie wollten keine Schärfe hineinbringen, aber einen unsinnigeren Dringlichkeitsantrag haben wir hier selten behandelt.
Das ist wiederum ein Musterbeispiel, auf welchen Grundlagen wir hier politisch debattieren, welche Scheindebatten wir zum Teil führen. Da sollten sich wirklich einmal alle bei der Nase nehmen, wenn ich das so salopp sagen darf,
und einmal überlegen, was wir hier eigentlich wollen.
Sie haben das Wort „schwarzer Peter“ in den Mund genommen. Genau darum geht es bei Ihrem Dringlichkeitsantrag. Sie wollen davon ablenken, dass Sie selbst nicht wissen, wie Sie die Dinge fi nanzieren, und fordern uns auf, das nicht zu blockieren. Ich denke, Sie sollten erst einmal in Berlin ihre eigenen Hausaufgaben machen, bevor Sie sich hier politisch aufblasen und den anderen Vorwürfe machen. Ich glaube, das ist völlig unangebracht. Sie scheinen da oben handlungsunfähig geworden zu sein und mit dem Chaos nicht mehr zurechtzukommen.
Sie haben zu Recht erwähnt, dass ohne unser Drängen auf einen Jobgipfel überhaupt nichts passiert wäre. Das ist der Punkt. Gar nichts wäre passiert, wenn nicht die Union auf diesen Jobgipfel gedrungen hätte, der das Ergebnis hatte, dass man bei der Körperschaftsteuer und bei der Erbschaftsteuer etwas tun will.
Jetzt geht es um die Gegenfi nanzierung. Das ist ganz klar. Die B-Länder, die Finanzminister der Union etc. haben von Anfang an auf alte Bedenken gegen Ihre Finanzierungsvorschläge hingewiesen. Das ist also nichts Neues. Ich glaube, wir sollten uns doch über Folgendes einig sein: Wenn wir so etwas machen, muss es solide fi nanziert und gegenfi nanziert sein, weil wir sonst die Finanzlöcher in den öffentlichen Haushalten nur noch vergrößern.
Sie glauben, dass nach einer solchen Körperschaftsteuerreform viele wieder nach Deutschland zurückkehren und hier ihr Geld und ihre Gewinne versteuern. 40 % der gesamten Summe der Gegenrechnung basieren auf dieser Annahme, die völlig unrealistisch und nichts anderes als eine Luftbuchung ist, um rechnerisch darzustellen, dass sich das Ganze rechnet. Die Folge sind natürlich weitere Einnahmeausfälle, weitere Löcher in den Haushalten und vor allem im Bundeshaushalt.
Sie haben unter anderem den Vorschlag gemacht, die Verlustverrechnung zu verringern. Dagegen sind wir aus ganz grundsätzlichen Überlegungen, weil es wachstumspolitisch und konjunkturpolitisch außerordentlich schädlich wäre, wenn wir das tun würden.
Weiterhin haben Sie die zeitlich begrenzte steuerliche Privilegierung der Aufdeckung stiller Reserven vorgeschlagen. Auch das ist eine Einmalmaßnahme und keine strukturelle Maßnahme, wie sie eine solide Haushaltsfi nanzierung braucht.
Was die Erbschaftsteuer anlangt, hat der Bundesfi nanzminister dankenswerterweise den bayerischen Vorschlag endlich übernommen. Dazu haben wir auch einen Finanzierungsvorschlag gemacht, der nach unserer Meinung völlig einleuchtend ist.
Ja, das ist richtig. Wir haben zunächst einen Vorschlag gemacht, wie man überhaupt die Unternehmensnachfolge erleichtern könnte, Frau Dr. Kronawitter. Das ist positiv. Nachdem die Finanzierungsdebatte kam – das war jedem klar –, haben wir uns Gedanken gemacht, wie man die damit verbundenen Steuerausfälle vermeiden kann. Dazu haben wir den Vorschlag gemacht, die Besteuerung beim Halbeinkünfteverfahren von 50 auf 57 % zu erhöhen. Das ist eine grundsolide Maßnahme, die wir für vertretbar und vernünftig halten.
Es kann also überhaupt keine Rede davon sein, dass wir irgendetwas blockieren wollten. Wir haben größtes Interesse daran, dass die von uns unterbreiteten Vorschläge zur Unternehmensteuerreform, zur Reform der Unternehmensnachfolgebesteuerung im Erbschaftsrecht endlich Recht und Gesetz in Deutschland werden. Daran haben wir größtes Interesse. Da wollen wir nichts blockieren. Aber es geht nicht an, dass man hier mit Luftbuchungen arbeitet, wie Sie das tun.
In den Schuh, den Sie uns hier hinstellen, steigen wir nun wirklich nicht hinein. Tun Sie endlich etwas in Berlin und dann werden wir selbstverständlich konstruktiv über alles reden. Beide Seiten müssen doch das Interesse haben, dass wir eine Finanzierung haben, die nicht zu weiteren Löchern führt.
Wir haben vor kurzem die neue Steuerprognose für die Zeit bis 2010 bekommen. Mehr als 50 Milliarden Euro Steuerausfälle! Wir können uns doch keine weiteren Löcher in den öffentlichen Haushalten leisten. Deshalb sollten wir hier keine Schaugefechte führen, sondern uns konkret damit auseinander setzen, wie wir das, was wir jetzt gemeinsam wollen – Gott sei Dank gemeinsam wollen – auch fi nanzieren können.
Ich glaube, dass wir hier auf einem ganz klaren Kurs sind. Wir treiben die Dinge auch voran, weil wir Ergebnisse wollen. Zerrissen zwischen Rot und Grün scheinen Sie zu sein. Ich sage es noch einmal: Wenn man die Vorgänge in Berlin betrachtet, kommt man zu dem Schluss, dass Sie nicht handlungsfähig zu sein scheinen, um das zu tun, was dringend notwendig wäre. Deshalb, Herr Kollege, glaube ich, dass Ihr Dringlichkeitsantrag ein ziemlicher Rohrkrepierer ist. Sie hätten, nachdem die Nachricht aus Berlin gekommen war, diesen Antrag zurückziehen sollen, anstatt krankhaft an ihm festzuhalten, weil Ihr Vorwurf wirklich ins Leere geht.
Kollege Schieder, auf diese Frage wird der Finanzminister ausführlich eingehen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute den Stabilitätspakt, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist. Sie haben den Stabilitätspakt inzwischen ausgehebelt, und die Perspektive für Deutschland ist jetzt wohl der Münteferingsche Radikalsozialismus und uferlose Verschuldung. Die Drei-Prozent-Grenze hat in Zukunft keinerlei Bedeutung mehr. Es gibt keinen blauen Brief, es gibt keine Sanktionen mehr. Der Pakt ist zur Makulatur geworden, auch wenn man schöne Dinge drum herumgebaut hat. Der Pakt ist der politischen Beliebigkeit anheim gegeben. Es gibt keine Konsequenzen mehr.
Das ist deshalb dramatisch, meine Damen und Herren, weil der Stabilitätspakt die einzige rechtliche Klammer für diese Währung war. Wir haben keine Union, die eine gemeinsame Wirtschaftspolitik und eine gemeinsame Finanzpolitik hätte. Es gibt keine zentrale Steuerung. Früher war man der Auffassung, eine Währung könne überhaupt nur eingeführt werden, wenn man eine solche zentrale Steuerung hat. Der Ersatz sozusagen war der Stabilitäts
pakt, den Sie jetzt praktisch beseitigt haben. Das heißt, das Korsett und die einzige Garantie für Vertrauen, Stabilität und – das ist das Dramatische – für langfristige Wachstumsperspektiven, sind entfallen. Damals gab es den Schwur: Der Euro ist so stabil wie die D-Mark.
Dabei geht es nicht um eine kurzfristige Betrachtung, ob es mehr oder weniger Preissteigerung gibt, sondern es geht um die langfristige Vertrauenssituation. Sie haben dabei nahezu den gesamten ökonomischen Sachverstand in Deutschland und im Ausland ignoriert. Herr Trichet sagte vor längerer Zeit schon, sollte man dieses Projekt verwirklichen, würde die europäische Währung unterminiert. Die Deutsche Bundesbank sprach von einer „gefährlichen Schlagseite“. Das alles hat Sie aber nicht gestört. Im Moment stehen konjunkturelle Maßnahmen in Höhe von zwei Milliarden Euro in Rede. Die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, dass unter den heutigen Bedingungen – offene Märkte und Ausschreibungspfl icht in der Europäischen Union etc. – solche Konjunkturprogramme nicht mehr wirksam sind. Sie erzeugen damit wieder nur einen „Strohfeuer-Effekt“ mit der Folge der weiteren Beschädigung des Wachstumspotenzials und der weiteren Verschuldung und Zinslasten. Das Argument der antizyklischen Finanzpolitik ist leider – so richtig es in der Theorie wäre – eine Illusion, weil es noch nie funktioniert hat. Man kann die Schulden in positiven Konjunkturzyklen nie mehr auffangen. Das hat noch nie funktioniert und ist ein vorgeschobenes Argument. Der Stabilitätspakt war fl exibel genug, um alles abzudecken, was abgedeckt werden soll.
Klar ist, dass Sie eine Schuldenstrategie vor der Bundestagswahl 2006 gefahren haben. Sie haben den Stabilitätspakt zerstört. Er existiert nicht mehr, und Sie – ich will das betonen, weil das dramatisch ist - beschädigen vor allem die Wachstumsperspektiven in Deutschland, obwohl wir ohnehin das wachstumsschwächste Land in der Europäischen Union sind.
Der Internationale Währungsfond – IWF – hat Ihnen bescheinigt, dass Ihr Handeln negative Auswirkungen auf das Vertrauen der Finanzmärkte in Deutschland haben wird. Sie sind aber fi nanzpolitisch völlig hemmungslos. Sie zeigen keinerlei Verantwortung gegenüber der nachfolgenden Generation, die diese Schulden abtragen muss. Schon heute weiß jeder, dass wir 1,4 Billionen Euro Schulden, die wir bereits haben, nie abtragen werden können. Das einzige Instrument, das hinter vorgehaltener Hand bereits diskutiert wird, ist eine viel stärkere Infl ation, weil man in den öffentlichen Haushalten nicht anders damit umgehen kann.
Richtig wäre gewesen, den Stabilitätspakt in die andere Richtung zu verändern. Das hatten wir vorgeschlagen. Der Kommission sollten mehr Rechte gegeben und die Eingriffe und Überwachung der europäischen Währung unabhängiger von der Politik gemacht werden. Sie haben das Gegenteil getan. Meine Damen und Herren, das ist ausgesprochen schädlich und verhängnisvoll und eine wirklich dramatische Entwicklung.
Welche Zeitung war das? – Die „Augsburger Allgemeine Zeitung“. der mit dem Titel „Gemeinsam gegeneinander“ überschrieben ist, wird auch festgestellt, dass der Bürger/die Bürgerin Ihnen das nicht mehr abnimmt und sich diese an den Kopf fassen und fragen, wohin es mit der Politik in Deutschland gehen solle; denn der Bürger/die Bürgerin hat das Gefühl, dass die Politik – nicht die einzelne Partei - Prozesse blockiert. Wenn den Politikern nichts mehr einfällt, entgleisen sie und stehen wenigstens in der Zeitung. An dem Tag hat CSU-Generalsekretär Söder uns das vorgemacht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Bürger und die Bürgerin in diesem Staat können nicht verstehen, dass Sie als große Volkspartei, die ansonsten Wohlwollen genießt, immer wieder Strafverfahren – – (Dr. Otmar Bernhard (CSU): Meinen Sie, dass 62 % das nicht verstehen?)
Ich sagte nicht, Sie hätten laut der Umfrage keine Mehrheit.
Allerdings sagen der Bürger und die Bürgerin auch, dass sie in diesem Zusammenhang nicht verstehen könnten – nach „Augsburger Allgemeiner Zeitung“ –, dass es nur die übliche ritualisierte parteipolitische Schuldzuweisung gibt
und andererseits die Forderung, von Bürgern in Deutschland und im Freistaat Bayern Strafgelder bei Verfehlungen von Kriterien einzufordern. Das sei übliche ritualisierte parteipolitische Schuldzuweisung, schreibt die „Augsburger Allgemeine Zeitung“. Apropos ritualisiert: Kollege Dr. Runge hat recherchiert. In den letzten zwölf Monaten ist es das vierte Mal – mit der Behandlung im Ausschuss das fünfte Mal –, dass wir uns mit ein- und demselben Thema beschäftigen, einem Dringlichkeitsantrag, der überholt ist.
Na ja. Am 22./23. März 2005 hat der Europäische Rat einstimmig beschlossen, nicht nur die Kosten für tief greifende Maßnahmen zum Umbau des Sozialsystems, sondern auch die Ausgaben für die Wiedervereinigung Deutschlands bei der Betrachtung der Kriterien besondere Berücksichtigung fi nden soll. Das bedeutet auf keinen Fall die Aufweichung des Stabilitätspakts, und es bedeutet auch nicht, dass die Drei-Prozent-Grenze nicht mehr von Bedeutung wäre, wie Sie das behauptet haben. Beim Frühjahrsgipfel der EU wurde beschlossen, dass sich die Mitgliedsstaaten in Phasen positiver Konjunkturentwicklung zum Schuldenabbau verpfl ichten müssen.
Der EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Almunia hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, die Kommission werde beweisen, dass der Pakt nicht tot ist, sondern voll und kräftig dasteht – so ein Zitat. Offenbar hat am Rande des EU-Rates im März auch im Kreise der europäischen Konservativen die Vernunft über ein wahltaktisches Kalkül gesiegt. Der Einzige, der bei der Besprechung der EVP-Vertreter noch versuchte, die Teilnehmer zu dieser Blockadehaltung zu bewegen, war Ihr Parteivorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU – ebenso wie Sie jetzt wieder einmal im Plenum des Bayerischen Landtags.
Zurück zu den Anträgen: Gerne möchte ich an dieser Stelle klipp und klar sagen: Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Bayerischen Landtag bekennen uns, ebenso wie die Bundesregierung, zum Stabilitäts- und Wachstumspakt. Der ökonomische Sachverstand und die Erfahrung, die wir in der wirtschaftspolitischen Situation innerhalb der EU zuletzt gemacht haben – das ist auch durch die Beschlüsse des Europäischen Parlaments bezüglich der Gültigkeit bestätigt worden – zeigen uns, dass es in der Praxis keine schematischen und automatischen Verfahrensschritte geben kann, sondern dass der Blick auf das betroffene Land und die Situation, in der agiert wird, gerichtet werden muss. Das bedeutet für uns von der SPD-Fraktion – wie wir in unserem Antrag formuliert haben, den wir aber inzwischen zurückgezogen haben, weil wir denken, der Europäische Rat hat eine abschließende Entscheidung getroffen –, dass sowohl die Europäische Kommission die Hintergründe und die Situation in den betreffenden Ländern genau analysieren sollte, bevor mögliche Schritte in einem Defi zitverfahren eingeleitet werden. Die Überlegungen, dass Kommission und Rat ihre jeweiligen Ermessensentscheidungen auf Basis einer ökonomisch fundierten Analyse des Einzelfalls treffen soll
ten, hat mit Aufweichungs- oder Verschuldungspakt, wie Sie es gern in den Redebeiträgen nennen, nichts zu tun. Lassen wir die Kirche im Dorf. Auch das Grundkonzept des EU-Stabilitätspakts wird damit nicht infrage gestellt.
Wir müssen uns an der Tatsache orientieren, dass der Pakt nicht nur ein Stabilitäts-, sondern auch ein Wachstumspakt ist. Die richtige Finanzpolitik, die Stabilität und Wachstum gleichermaßen fördert, kann nicht alleine durch das Einhalten der 3 %-Defi zitgrenze gemessen werden. Dies wird der Komplexität der fi nanzpolitischen Realität nicht gerecht.
Ich bitte Sie, darauf zu achten, dass der Maastrichter Vertrag ein öffentliches Defi zit von über 3 % nicht zwingend einem übermäßigen Defi zit gleichsetzt, bei dem ein Defi zitverfahren einzuleiten ist. Die Kommission muss in Prüfungen alle sonstigen einschlägigen Faktoren, einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage der Mitgliedsstaaten mit einbeziehen.
In der Sitzung des Bundes- und Europaausschusses im Februar, als wir über diesen Antrag bereits diskutiert hatten, wie auch ein paar der noch anwesenden Mitglieder dieses Ausschusses bestätigen können, hat Herr Zeller darauf hingewiesen, dass es für die Bundesrepublik Deutschland jetzt an der Zeit sei zu sparen, denn der EUWachstums- und Stabilitätspakt sehe ja vor, dass die Staaten ihr Defi zit in guten Zeiten ausgleichen. Deutschland gehe es nicht schlecht, so sagte er, so nach dem Protokoll, deshalb sei es jetzt an der Zeit, massiv zu sparen. An dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, passt für mich nichts mehr zusammen. Tagein, tagaus werfen Sie und Ihre Fraktionskollegen uns vor, mit Deutschland gehe es bergab, Rot-Grün mache eine katastrophale Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik – jedes Mal das gleiche Lied – und plötzlich, wenn es Ihnen ins Konzept passt, dann erklären Sie uns, dass wir im Schlaraffenland leben und deswegen in dieser guten Phase sparen sollten und könnten. Für uns Sozialdemokraten kann ich guten Gewissens und ganz ehrlich sagen, dass wir mit der momentanen Situation, so wie sie ist, noch lange nicht zufrieden sind. Deshalb führen wir im Bund auch unpopuläre Maßnahmen wie die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie andere Vorhaben durch. Das Sie, die sonst noch alles Erdenkliche unternehmen, um dieses Land an allen Realitäten vorbei schlechtzureden, plötzlich eine übertriebene Schönfärberei betreiben, zeigt deutlich, dass – wie ich es einleitend gesagt habe – es um einen Showantrag geht.
Ich verkürze ein wenig. Sie müssen verstehen. Ich bereite mich so wunderbar vor, weil ich nach wie vor glaube, dass man Sie noch von etwas überzeugen kann.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege, dass Sie sich so stark moralisch entrüsten, ist wirklich ein Schuss ins Knie. Sie haben gesagt, wir seien unehrlich. Wer hat denn mit Schuldzuweisungen begonnen? Kollege Pronold – er ist mir nicht bekannt, aber ich habe es in der Zeitung gelesen – hat damit angefangen, indem er gesagt hat: Der bayerische Finanzminister ist an dieser Geschichte schuld. So viel zur Unehrlichkeit und zur Scheinheiligkeit.
Tatsache ist – das haben Sie richtig dargestellt –, dass es eine gemeinsame Operation von Bund und Ländern war,
um den Effekt zu erreichen, die schweren Geländewagen anders zu besteuern. Das ist Tatsache. Da waren Sie unehrlich, nicht wir.
Unsere Position ist, dass wir sagen: Dieser nicht beabsichtigter Effekt soll korrigiert werden. Jetzt gibt es da aber ein Problem. Dabei ist es wichtig, dass wir nicht aus der Hüfte schießen, sondern die Sache einmal genau anschauen. Die Umweltbelastung, über die wir heute schon lange diskutiert haben, ist eine Frage, bei der es nicht um Rücknahme oder Nichtrücknahme geht. Vielmehr geht es dabei um eine vernünftige Regelung.
Dabei muss vieles berücksichtigt werden. Mir liegt zum Beispiel eine Berechnung vor, die zeigt, welchen Dieselrußausstoß ein italienisches Wohnmobil hat. Das bewegt sich in der Größenordnung von 12 Pkw. Angesichts solcher Tatsachen muss man darüber reden, ob die jetzige Regelung wirklich sinnvoll ist.
Das Zweite ist, soweit ich das übersehe, dass die Grenze von 2,8 Tonnen offenbar EU-rechtlich problematisch ist. Man muss also auch darüber reden, ob man das noch einmal so machen kann, wie es jetzt war, oder möglicherweise etwas anders machen muss.
Die Steuerabteilungsleiter usw. von Bund und Ländern werden sich im Mai über dieses Problem unterhalten. Auch deshalb ist der 1. Mai nicht unbedingt der geeignete Zeitpunkt, um darüber eine Entscheidung zu treffen, sondern es ist vernünftig, in Ruhe zu überlegen und zu schauen, welche Meinungsbildung es da gibt. Deshalb haben wir den Antrag gestellt, man solle Ende Mai berichten, wie Meinungsbildung und Sachlage aussehen.
In der Zwischenzeit wird nicht kassiert, Herr Kollege, weil der bayerische Finanzminister verfügt hat, es vorerst bei der alten Regelung zu belassen. Bis Ende Mai passiert also überhaupt nichts. Die Wohnmobilfahrer werden in keiner Weise belastet. Dann wollen wir eine vernünftige Regelung machen. Dabei ist gar nichts scheinheilig und unehrlich, sondern es ist vernünftig, sich diese wenigen Wochen Zeit zu lassen und dann zu sehen, was bei der Besteuerung von Wohnmobilen sachgerecht ist.
Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt, und wir halten ihn auch für vernünftig, Herr Kollege.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, weil sich die Arbeitslosigkeit in Deutschland immer dramatischer entwickelt. Auch im März dieses Jahres hatten wir knapp 5,2 Millionen Arbeitslose; das ist die höchste Arbeitslosenzahl, die es jemals in der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat. Dies ist ein absoluter Negativrekord, der uns sehr zu denken geben muss; denn die sozialen Folgen der Arbeitslosigkeit sind gravierend. Ebenso gravierend sind die Folgen für die Sozialversicherung, wenn man einmal von der Bevölkerungsentwicklung absieht. Sie sind die wesentliche Ursache für die Schwierigkeiten, die wir hier haben. Gestern ist die Meldung durch die Presse gegeistert, dass es zum ersten Mal Rentenkürzungen geben werde, und auch die Pflegeversicherung läuft total aus dem Ruder.
Das ist die mieseste Bilanz in Europa. Wir haben gestern von der EU-Kommission bescheinigt bekommen, dass das Wachstum nicht 1,6 % betragen wird, sondern lediglich 0,8 % – das ist genau die Hälfte –, mit den damit zu erwartenden Ausfällen beim Steueraufkommen und den sich daraus ergebenden Folgen für die öffentlichen Haushalte.
Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, die im Bund die Regierung stellen, stellen Konjunkturprognosen auf, die nur vom Prinzip Hoffnung getragen sind und die im Lichte der wirtschaftlichen Realität der Bundesrepublik Deutschland zerrinnen. Sie haben in dieser Frage nun wirklich jede Glaubwürdigkeit und auch das Vertrauen der Bürger verloren. Die Vertrauenskrise in Deutschland ist eine ganz wesentliche Ursache für die Konsumzurückhaltung und die Schwierigkeiten, die wir auf diesem Feld in Deutschland haben.
Sie betreiben jedes Mal, wenn die Zahlen bekannt werden, nichts anderes mehr als Gesundbeterei. Herr Clement ist zu einer Art „Clementine“ – daran erinnern Sie sich vielleicht noch – verkommen, der nur noch mit politischer Waschmittelwerbung versucht, Reformen zu vermeiden.
Die politische Landschaft ist in Bezug auf dieses Thema übersät mit gebrochenen Versprechen. Ich habe jetzt keine Zeit, all das zu wiederholen, was Sie seit 1998 geäußert – oder besser: verzapft -haben, ohne dass sich irgendetwas verändert hat.
Nicht Herr Stoiber, sondern Herr Schröder hat damals gesagt, er wolle nicht wieder gewählt werden, wenn er die Arbeitslosenzahl nicht auf 3,5 Millionen zurückschrauben könnte. Auch dieses Versprechen hat er leider gebrochen. Herr Schröder hat zum Jahresende sogar gesagt, er habe alles getan. Ein solches Armutszeugnis hat sich bisher noch kaum jemand in der Bundesrepublik ausgestellt. Das war der Wechsel von der ruhigen zur abgeschlafften Hand und letztlich die Kapitulation vor den Problemen, die wir in Deutschland bei diesem Thema haben.
Was tun Sie nun? Mit kaum mehr zu überbietender Lächerlichkeit haben Sie damals im Französischen Dom in Berlin Hartz IV inszeniert. Herr Hartz sprach damals vom „Masterplan“, mit dem die Arbeitslosigkeit innerhalb von drei Jahren halbiert werden könne. Wo wir heute stehen, wissen wir alle. Die Maßnahmen sind im Wesentlichen gescheitert. Sie aber tragen Hartz IV nach wie vor als Monstranz vor sich her, um nichts auf dem deutschen Arbeitsmarkt tun zu müssen.
Die Bundesagentur wird weiter von Krisen, Fehlgriffen und Versagen geschüttelt und erschüttert; die Instrumente sind nicht annähernd erfolgreich. Sie haben immer noch nicht begriffen – das ist das Schlimmste –, dass Hartz IV keinen einzigen Arbeitsplatz in Deutschland schafft und allenfalls, wenn es funktionieren würde, eine bessere Verwaltung der Arbeitslosigkeit ermöglichte.
Frau Kollegin, wir erleben weiterhin eine Deindustrialisierung in Deutschland und eine Abwanderung von Arbeitsplätzen, die dramatisch ist. Es sind 1000 Arbeitsplätze pro Monat und mehr. Der Job-Gipfel hat Sie kurzfristig aufgescheucht, aber heute hören wir wenig, wie das Ganze umgesetzt werden soll.
Wir sind nach einer Schweizer Untersuchung zur Regulierung des Arbeitsmarkts auf dem schlechten Platz 59 von 60 möglichen Plätzen. Was haben Sie auf dem Job-Gipfel dagegen getan? – Überhaupt nichts! Sie haben sich nicht bereit erklärt, auch nur einen der Vorschläge aus unserem 10-Punkte-Programm, das wir konkret vorgelegt haben, aufzugreifen. Ob Tarifrecht oder Teilzeitrecht, Sie haben sich bei all diesen Vorschlägen geweigert, etwas zu tun. Sie tun nichts. Sie ignorieren unsere Vorschläge und tragen Ihre Handlungsstarre, die Sie in diesem Bereich auszeichnet, auf dem Rücken der Arbeitslosen in Deutschland aus.
Zu einer Unternehmens- und Erbschaftsteuerreform sind Sie hingeprügelt worden. Auch da haben Sie sich bis zuletzt geweigert, etwas zu tun. Ich hoffe, dass Sie nun bald Vorschläge dazu vorlegen, wie eine aufkommensneutrale Reform – das muss es sein – zustande kommen kann. Es ist das für uns eine unumgängliche Voraussetzung. Alle Möglichkeiten, wie dies geschehen könnte, sind längst diskutiert worden. Tun Sie etwas! Legen Sie etwas vor! Wir haben unsere Kooperationsbereitschaft in dieser Frage zugesagt.
Auf dem Job-Gipfel ist ein bescheidener Bürokratieabbau vereinbart worden, aber was tun Sie? Ehe eine einzige Vorschrift abgebaut ist, legen Sie den Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes vor, der nichts anderes ist, als ein Bürokratiemonster, eine Maßnahme mit übereifrigem gesellschaftspolitischem Engagement, das weit über die EU-Richtlinie hinausgeht.
Ihr Entwurf bringt weitere Regulierungen und Bevormundungen. Sie sollten den Entwurf schnellstmöglich auf das zurückführen, was die EU verlangt und sollten schnell handeln, aber nicht mehr tun.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Stabilitätspakt ausgehebelt, auch wenn das 3-%-Kriterium noch besteht, da Sie dieses nicht abschaffen konnten, weil es im Vertrag
festgelegt ist. Die Bundesbank hat Sie eindringlich davor gewarnt, und auch viele Ökonomen haben davor gewarnt, weil die Schulden von heute die Steuern von morgen oder die Inflation von morgen sind. Es wird die Wachstumschancen, die wir heute in Deutschland haben, weiter beeinträchtigen, wenn es Ihnen jetzt möglich wird, hemmungslos Schulden zu machen, ohne dass irgendwelche Sanktionen zu befürchten sind.
Sie sind auch in vielen anderen Bereichen ein ausgesprochenes Standorthindernis in Deutschland. Sie haben es verstanden, die Liberalisierung des Strommarktes und die erhofften Vorteile durch administrative Belastungen wieder vollständig kaputtzumachen. Sie bekämpfen die Gentechnik – siehe zuletzt Frau Künast –, führen Kreuzzüge gegen Genmais und vertreiben Forschung und Arbeitsplätze in diesem Bereich aus Deutschland.
Sie haben gegen die Neutronenquelle in München bis zuletzt gekämpft. Sie kämpfen weiter gegen das hoch angereicherte Uran. Sie lassen sich vor der Karren der Amerikaner spannen, die ihre Anlagen natürlich mit hoch angereichertem Uran betreiben.
Sie stehen auf den Barrikaden, wenn es um Infrastrukturmaßnahmen geht. – Da schütteln Sie den Kopf. – Sie sind jeweils dagegen. Hier wurde der Autobahnsüdring angesprochen, und es wurde die A 99 angesprochen. Ich nenne auch den Mittleren Ring in München. Sie sind jedes Mal dagegen, wenn es um den Ausbau von Infrastruktur geht.
Die Investitionsquote wurde massiv heruntergefahren. Damit beschädigen Sie die Anstoßwirkung der öffentlichen Haushalte in Bezug auf Wirtschaft und Arbeitsplätze.
Sie sollten endlich begreifen – das ist ganz wichtig –, dass es nicht um Umverteilung, sondern um die Schaffung von Arbeitsplätzen geht. Sozial ist das, was Arbeitsplätze schafft. Das müssen Sie endlich lernen. Nehmen Sie zur Kenntnis – das ist doch die Dramatik –, dass sich die Wettbewerbssituation der Bundesrepublik ständig weiter verschlechtert, wenn man sie mit anderen Ländern vergleicht. Viele Länder in Europa haben uns inzwischen überholt, was Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit anlangt, weil Sie sich nicht bewegen.
Sie blockieren mit Ihrem Verhalten unser ökonomisches und technologisches Potenzial, das wir in Deutschland haben könnten. Dies ist das Schlimme an der Sache.
Tun Sie endlich etwas. Bewegen Sie sich, damit wir die dramatische Entwicklung, die wir auf dem Arbeitsmarkt zu verzeichnen haben, im Interesse derer stoppen können, die Arbeit in Deutschland suchen.
Ich stelle fest, dass Sie in großer Sorge um die Luft in den Städten sind, und das zu Recht. Ich frage Sie: Wir wollen in München einen Autobahnring. Sie klagen darüber, dass es zu wenige Maßnahmen gibt. In München soll der Autobahnring geschlossen werden. Ich kann nicht begreifen – vielleicht aber können Sie es mir erklären –, weshalb man gegen einen Autobahnring kämpft, der den Schwerlastverkehr und den Durchgangsverkehr aus der Stadt München herausbringen soll, wenn man gleichzeitig in Sorge um die Luft ist.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Am 17. Dezember wird die Föderalismuskommission ihre letzten Beratungen abhalten. Dann wird sich zeigen, ob es gelingt, in Deutschland eine ganz wichtige Reform auf die Beine zu stellen, nämlich die Reform des Föderalismus.
Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, um dieses Thema noch einmal ins Bewusstsein zu rücken. Wenn ich in die Runde blicke, sehe ich allerdings, dass es schon schwierig ist, dieses Thema in das Bewusstsein der Kollegen zu rücken.
Eine lange und intensive Diskussion hat stattgefunden, auch hier im Haus, wo die Enquete-Kommission eine, wie ich glaube, hervorragende Grundlagenarbeit geleistet hat, auf die man bei den Beratungen der Föderalismuskommission zurückgreifen konnte. Auch die Landtagspräsidenten, allen voran unser Landtagspräsident Alois Glück, haben sich bemüht, diesen Prozess auch von der Länderseite, von der Parlamentsseite her zu flankieren und zu begleiten.
Ich habe eingangs schon angemerkt: Diese Föderalismusreform ist ein ganz wichtiger Teil der Reformdebatte in Deutschland und um den Standort Deutschland. Wir haben über die Jahrzehnte hinweg durch eine Überdehnung der konkurrierenden Gesetzgebung und durch eine teilweise Überdehnung der Rahmengesetzgebung eine gewisse Deformierung des Föderalismus erlebt. Wir haben erlebt, dass auch aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes 60 % der Gesetze, die im Bundesrat behandelt werden, zustimmungspflichtig sind, was von den Verfassungsgebern ursprünglich ganz anders geplant worden ist. Wir haben erlebt, dass im Steuerrecht das Trennsystem, das jetzt wieder diskutiert wird, zwischen Mehrwertsteuer und Einkommensteuer sowie zwischen Bund und Ländern, das damals einmal so bestand, dann aber geändert wurde, heute in ein Steuergeflecht gemündet ist, in dem sich kaum mehr jemand vernünftig auskennt. Auch beim kooperativen Föderalismus entstand ein Dickicht. Kürzlich hat sich diesbezüglich eine Debatte um die Kultusministerkonferenz entzündet.
Gleichzeitig gibt es für diesen Föderalismus aber neue Herausforderungen, insbesondere auch durch den wirtschaftlichen Wettbewerb, der immer weniger nur zwischen Volkswirtschaften stattfindet, sondern immer mehr auch zwischen Regionen. Deshalb stellt sich natürlich die Frage nach dem Gestaltungsspielraum der Regionen.
Ich meine deshalb: Wir brauchen für eine vernünftige Regierbarkeit in Deutschland wieder eine Föderalismusreform – Regierbarkeit sowohl was die Zeitabläufe der Entscheidungen anbelangt, als auch in der Sache hinsichtlich der Fragen, ob Konzepte in Deutschland noch umgesetzt werden können, für die es, sei es nun im Bund oder in den Ländern, einen Wählerauftrag gibt.
Wir brauchen wieder mehr Transparenz und Zuordenbarkeit. Viele Wähler können heute nicht mehr erkennen, wer denn jetzt die Verantwortung für was trägt, und können nicht mehr rational entscheiden, wie sie wählen sollen. Wir brauchen auch mehr Wettbewerb zwischen den Landesregierungen. Bei den schwächeren oder bei den kleinen Ländern besteht das große Missverständnis, dass ihnen das schaden wird. Ich meine aber: Das Gegenteil ist der Fall. Das nützt beiden. Das ist ein vernünftiges Anreizsystem für die Schwächeren, und es nützt natürlich auch den Stärkeren, die ihren Gestaltungsspielraum entsprechend wahrnehmen können und auch wahrnehmen wollen. Bei der Debatte ist es manchmal traurig zu beobachten, dass einzelne Länder nicht bereit sind, mehr Verantwortung zu übernehmen, weil sie Angst haben, sie könnten sich übernehmen oder sie könnten aus diesem Wettbewerb irgendwelche Nachteile erleiden.