Meine Damen und Herren, man hätte auf diese Weise also das gesamte Gebäude der Koch/Steinbrück-Liste zerstört. Sie konnte nur dadurch zusammengehalten werden, dass alle, ob aus Nordrhein-Westfalen, aus BadenWürttemberg oder aus Niedersachsen, ihre Spezialwünsche und ihre besonderen Forderungen zurückgestellt haben. Nur deshalb ist diese Biersteuermengenstaffel im Paket geblieben – zu unserem Bedauern.
Wer aber das Gesamtgebäude haben will, muss auch Opfer bringen. Ich sage Ihnen jetzt konkret, wie die Opfer sind. Herr Kollege Dupper, Sie haben Zitate gebracht und haben gesagt: Der durchschnittliche bayerische Brauer hat 10 000 Hektoliter Ausstoß. Ich glaube, dass man über die tatsächlichen Zahlen aufklären muss, die sich nach der Änderung einstellen. Derjenige, der 10 000 Hektoliter
herstellt, zahlte bis zum Ende 2003 auf diese 10 0000 Hektoliter 51 942 Euro an Biersteuer. Nach dieser Änderung gemäß Koch/Steinbrück, von uns lange bekämpft, dann aber von uns um des Ganzen willen akzeptiert, zahlt er 58 175 Euro. Für diesen Brauer ist das pro Jahr eine Mehrbelastung von 6233 Euro.
Jetzt kommt ein Weiteres. Das ist eine Verbrauchsteuer, die auf die Ertragsteuern anrechenbar ist. Das heißt, dass dieser Brauer unter dem Strich, je nachdem, was er verdient und welchen Gewinn er macht, 3000 bis 4000 Euro mehr an Steuern bezahlt. Wer hier von Existenzbedrohung redet, kennt diese Zahlen nicht oder will sie verschleiern, meine Damen und Herren. So sehr ich für die Klagen Verständnis habe, so sehr ich selbst beklage, dass eine Staffel verschlechtert wird, die auch unter meiner Federführung im Finanzausschuss des Bundestages und dann später als stellvertretender Fraktionsvorsitzender diskutiert und umgesetzt wurde, muss ich dennoch sagen: Wenn man den Subventionsabbau ernst nimmt, darf man einzelne Bereiche, die einem besonders am Herzen liegen, nicht ausnehmen.
In diesem Sinne bitte ich um Verständnis, dass wir Ihrem Antrag nicht zustimmen wollen. Meine Damen und Herren, ich möchte aber noch etwas sagen: Was Sie hier machen, ist der Gipfel des Populismus.
Wissen Sie, warum alle Leute hier bereit sind, diesem Antrag zuzustimmen? – Sie sind dazu bereit, weil dieses Geld nicht nach Berlin fließt. Diese Personen betrifft das gar nicht. Streichen Sie also bitte schön einen Punkt aus dieser Subventionsliste, dessen Einnahmen nicht den Ländern zustehen. Wenn Sie eine Attacke auf einzelne Punkte dieser großen Liste reiten würden, bei denen die Einnahmen dem Bund zugute kommen, würden Sie feststellen, wie auch die Bundespolitiker von SPD und GRÜNEN dagegen kämpfen.
Was Sie hier aufführen, ist die Spitze des Populismus. Das ist einfach beschämend. Wir bleiben bei unserer Haltung.
Herr Kollege Dupper, Sie können später noch einmal ans Rednerpult kommen. Ich empfehle Ihnen: Gehen Sie dahin, wo die Gesetzeskompetenz liegt. Die Gesetzeskompetenz liegt beim Bund. Fragen Sie bitte den Bundesfinanzminister, ob er das, was er mit uns vereinbart hat, ändern will. Er wird dazu Nein sagen.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Scheinheiligkeit“, das ist der Gedanke, der einem bei Ihrem Antrag unwillkürlich durch den Kopf geht. Sie fordern eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel, die Biersteuermengenstaffel in der bisherigen Höhe beizubehalten. Mit großer Freude sehe ich, dass Sie lernfähig sind. In Ihrem ursprünglichen Antrag haben Sie noch gefordert, Bayern solle die Biersteuer ändern. Leider können wir in Bayern die Steuergesetze nicht ändern, sonst hätten wir längst bessere als die, die in Berlin gemacht wurden.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir hätten dann Steuergesetze, die den Mittelstand wirklich unterstützen.
Ihr Antrag ist ein reiner Schaufensterantrag. Wir haben Ihnen in beiden Ausschüssen angeboten, diesen Antrag zurückzustellen, bis die Unterlagen, die Sie uns vor kurzem gegeben haben, geprüft worden sind. Dazu haben Sie sich aber nicht bereit erklärt. Sie geben vor, sich für den Mittelstand einzusetzen. Wenn das so ist, warum wenden Sie sich nicht mit anderen Problemen, die den Mittelstand belasten, an Ihre Kollegen in Berlin? Im Koch/ Steinbrück-Papier und im Vermittlungsausschuss sind viele Punkte geregelt worden, zum Beispiel die Änderung der Halbjahres-AfA, die Begrenzung des Verlustvortrages, die Einführung des § 8 a KStG. Diese Reglungen belasten den Mittelstand ebenso wie die Biersteuer.
Seit Sie in Berlin an die Macht gekommen sind, haben Sie Steuererleichterungen für Großbetriebe beschlossen und die Nachteile für mittelständische Unternehmen nicht ausgeglichen.
Im Dezember wurde im Einvernehmen mit allen Ländern und der Bundesregierung ein Paket geschnürt. Wenn Sie etwas ändern wollen, wenden Sie sich bitte an Ihre Kollegen in Berlin. Dort können Sie auch Initiativen ergreifen. Anscheinend haben Sie aber in Berlin so wenig Einfluss, dass Sie für Bayern bei der Bundesregierung nichts bewegen können.
Da Sie Ihren Antrag nicht zurückstellen wollten, bis wir alle Unterlagen und die von Ihnen vorgelegten Schreiben prüfen konnten, werde ich dafür plädieren, diesen Antrag abzulehnen. Wir können einen reinen Schaufensterantrag nicht befürworten.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion um die Biersteuer, konkret um die Verschlechterungen für kleine Brauereien wegen der Änderung der Biersteuermengenstaffel, hat sich zu einem traurigen Gehakele entwickelt. Der Beschluss im Vermittlungsausschuss wurde am 16. Dezember letzten Jahres und im Bundestag und im Bundesrat am 19. Dezember letzten Jahres mit den Stimmen aller Beteiligten gefasst.
Wenn wir die Beteiligten fragen, warum es so gekommen ist, hören wir ganz unterschiedliche Stimmen und unterschiedliche Begründungen. Manche sagen, sie hätten es ganz einfach verschlafen, weil dieses Änderungspaket so riesig gewesen sei. Dazu zählen auch Mitglieder der GRÜNEN. Andere sagen, eine Abweichung wäre nicht möglich gewesen. Meine Herren von der CSU, was Sie in diesem Zusammenhang hier aufführen, ist unerträglich. Sie eiern herum und verbreiten Unwahrheiten. Weder der Finanzminister noch sein Staatssekretär werden rot, obwohl hier massiv gelogen wurde. Sie versuchen, Ihre unsägliche Rolle zu leugnen.
Meine Damen und Herren, Herr Rudrof, ein CSU-Mitglied dieses Hauses, hat bei den Ausschussberatungen treuherzig versichert, die CSU – interessant zu hören, dass die CSU im Vermittlungsausschuss sitzt – hätte sich bei den Beratungen im Vermittlungsausschuss gegen die Biersteuererhöhung gewehrt, jedoch leider ohne Erfolg. Alle anderen Bundesländer hätten den heldenhaften Kampf der Bayern für ihre Brauer abgeblockt. Das ist im „Neuen Tag“ vom 29. Juni 2004 nachzulesen. Ich habe Leute, die damals im Vermittlungsausschuss waren, gefragt, ob sie sich an diesen heldenhaften Kampf erinnern könnten. Sie konnten sich an diesen heldenhaften Kampf nicht erinnern. Dieser Kampf muss geträumt worden sein.
Herr Kollege Rudrof, die Staatsregierung ist eine Spur ehrlicher. Sie argumentiert nämlich anders. Die Staatsregierung sagt nichts von einem harten Kampf. Ich zitiere den Finanzminister aus der „Passauer Neuen Presse“ vom 28. Juni 2004: Bayern habe das Gesamtpaket, das auch das Vorziehen der Steuerreform beinhaltet habe, mit der Ablehnung eines Bereiches nicht gefährden wollen. Deshalb habe Bayern spezifische Landesinteressen zum Wohle des Ganzen nicht zurückstellen müssen. Das hat der Finanzminister heute so ähnlich ebenfalls vorgetragen.
Lieber Kollege Franz Meyer, da Sie heute im Plenum sitzen, kommen Sie jetzt auch noch zu Ehren oder Unehren: In der „Passauer Neuen Presse“ vom 22. Juni 2004 haben Sie erklärt: Weil sich angedeutet habe, dass einzelne Maßnahmen wie die Biersteuerregelung nicht ausgenommen werden könnten, habe Bayern spezifische Landesinteressen zum Wohle des Ganzen zurücknehmen müssen.
Wenn ich diese Diskussion verfolge, kann ich mir eigentlich nur an den Kopf fassen. Was lief denn im Vermittlungsausschuss ab September bis zum Dezember und vorher? Warum behaupten Sie, einzelne Maßnahmen hät
ten nicht herausgenommen werden können, obwohl auf Ihre Intervention hin reihenweise Maßnahmen herausgenommen worden sind? Warum brüstet sich Ministerpräsident Dr. Stoiber, er hätte die ganzen Grausamkeiten des Koch/Steinbrück-Papiers für die Bauern verhindert, während er gleichzeitig den Brauern erzählt, dieses Paket sei nicht zu ändern gewesen. In unserem Freistaat werden die Bauern gut behandelt und die Brauer für blöde verkauft.
Wir haben uns extra noch einmal das Koch/SteinbrückPaket reingezogen und es mit dem verglichen, was im Vermittlungsausschuss in Form des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften herausgekommen ist. Alle Punkte, die auch die Bauern betroffen hätten, zum Beispiel der Ansatz niedriger Ertragswerte beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen im Erbschaftsfall oder der Freibetrag für Veräußerungsgewinne in der Landwirtschaft sowie die Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften oder Vergünstigungen beim Agrardiesel waren im Vermittlungsausschuss gegessen. Sie waren danach nicht mehr zu finden. Das wurde vom Bauernverband gemeinsam mit der Bayerischen Staatsregierung bejubelt.
Ich zitiere jetzt Herrn Staatsminister Miller. Dann können Sie vergleichen, was Herr Staatsminister Miller und was der Finanzminister erzählt haben. Herr Miller hat anlässlich der BBV-Kundgebung am 13. Januar in Wildbad Kreuth gesagt:
Von größter Bedeutung war, dass es im Vermittlungsausschuss gelungen ist, das Haushaltsbegleitgesetz zu verhindern. Darüber hinaus konnte sogar verhindert werden, dass die Kürzungen auf der Grundlage des Koch/Steinbrück-Vorschlags in der Landwirtschaft greifen. Damit wurde allein für unsere bayerischen Landwirte eine Belastung von rund 200 Millionen Euro verhindert.
Unser Finanzminister erzählt, falls man für Subventionsabbau sei, dürfe man nicht einzelne Bereiche angreifen, auch wenn sie einem am Herzen liegen. Er redet vom Schleifen des Gesamtgebäudes und will uns wirklich glauben machen, die Staatsregierung hätte dem Gesamtpaket zugestimmt, um dieses Paket nicht zu gefährden. Das ist eine glatte, dreiste und dumme Lüge. Nichts anderes!
(Beifall bei den GRÜNEN – Thomas Kreuzer (CSU): Das muss gerügt werden, Herr Präsident! Er hat Lüge gesagt!)
Was ist aus der Biersteuer geworden? Bei der Biersteuer hat es doch eine Verschärfung gegenüber dem Koch/ Steinbrück-Modell gegeben, denn im Koch/SteinbrückModell war vorgesehen – auf Seite 21 können Sie es nachlesen –, eine Mengenstaffel bei der Biersteuer einzuführen, und sie in gestaffelten Steuersätzen um 12 % in drei Schritten anzuheben. Tatsächlich hat man es dann durch die Änderung des § 2 des Biersteuergesetzes schon in einem Schritt durchexerziert, ohne dass man den gleichen Einsatz gespürt hätte, wie wir ihn gerade bei den Bauern vorgeführt haben. Sie sprachen von Populismus und Scheinheiligkeit, das trifft aber auf Sie alleine zu.
Meine Damen und Herren, wenn Sie Veränderungen bei der Biersteuer zulasten kleinerer Brauereien für einen Fehler halten und wenn Sie diesen Fehler rückgängig machen wollen, müssen Sie dem Antrag der SPD-Fraktion, wie er heute vorliegt, zustimmen.
Ich habe keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Die Urnen sind verteilt. Die Ja-Urne steht auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion. Die Enthaltungsurne steht wie immer in der Mitte. Wir beginnen mit der Abstimmung. Es sind dafür fünf Minuten Zeit.
Ich darf zur weiteren Information bekannt geben, dass wir anschließend mit der Dritten Lesung beginnen und dann eine weitere namentliche Abstimmung durchführen.
Die übrigen Dringlichkeitsanträge werden an die jeweils federführenden Ausschüsse überwiesen: der Antrag der GRÜNEN „Kein Genmais in die Nahrungskette“ auf Drucksache 15/1470 an den Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz, der Dringlichkeitsantrag der CSU „Weitergabe von Daten von Schwerkriminellen an örtliche Polizei- und sonstige zuständige Behörden“ auf Drucksache 15/1471 an den Ausschuss für kommunale Fragen und innere Sicherheit, der Dringlichkeitsantrag der SPD „Transrapid ohne Finanzierungskonzept“ auf Drucksache 15/1472 und der Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN „Auflösung der Bayerischen Magnetbahnvorbereitungsgesellschaft (BMG)“ auf Drucksache 15/1473 an den Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, der Dringlichkeitsantrag der CSU „Entlastung der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichte“ auf Drucksache 15/ 1474 an den Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen. – Es besteht damit Einverständnis.
Wir kommen jetzt wieder zu Tagesordnungspunkt 4, und zwar zu der von der SPD-Fraktion heute am Vormittag beantragten Dritten Lesung.
Tagesordnungspunkt 4 Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (Einführung des G 8) (Drucksache 15/717) – Dritte Lesung –