Machen Sie einfach einmal ein Gedankenexperiment. Denken Sie sich, Dänemark würde der EU beitreten und Schleswig-Holstein wäre der Hauptprofiteur, die Grenzlandkreise direkt zu Dänemark würden aber dennoch verlieren. Jetzt würde Schleswig-Holstein fordern, das müsse der Bund ausgleichen. Sie würden etwas husten. Sie würden sagen, ihr seid die Gewinner, regelt dieses Problem landesplanerisch innerhalb eures Landes. Es ist nachvollziehbar, dass der Bund dem Hauptintegrationsgewinner Bayern nicht die Last des Ausgleichs innerhalb dieser Gebiete abnimmt. Für Sie gilt es, zu fördern, anstatt sich für die bisherigen Ansätze unablässig feiern zu lassen.
Das erste Förderprogramm war viel zu gering ausgestattet. Das wurde vorhin schon gesagt. Deswegen mussten Sie ein zweites Programm auflegen. Angesichts der Milliardengewinne, um die es geht, war ein Förderprogramm, das etwa 10 % der Transrapidkosten ausmacht oder etwa das Niveau der Kosten der Zufahrtswege für die beiden WM-Stadien hat, schlichtweg ein schlechter Witz.
Das erste Förderprogramm war aber nicht nur zu gering, es hatte auch eine viel zu hohe Förderschwelle. Da widerspreche ich Ihnen inhaltlich, Herr Kobler. Es hat die größeren Unternehmen gegenüber dem Handwerk und dem klein- und mittelständischen Gewerbe bevorzugt. Gerade diese – Handwerk und Mittelstand – stellen aber anders in den Städten im Grenzland das Rückgrat der Wirtschaft dar. Zudem haben sie im Vergleich zu den anderen Wirtschaftsbereichen eine äußerst niedrige Beschäftigungsschwelle. Das heißt: Sie schaffen mehr Arbeitsplätze für das gleiche Geld.
Mittlerweile müssten Sie die Kritik eigentlich auch begriffen haben; die Förderschwelle wurde ja im zweiten Programm auch halbiert. Sie ist allerdings immer noch viel zu hoch. Die Kleinbetriebe in der Region können sie nach wie vor nicht nutzen. Stattdessen planen Sie nach wie vor Millionensummen für Aktionen,– entschuldigen Sie den Ausdruck –, für die der Begriff „Blödsinn“ aus volkswirtschaftlicher und ökologischer Sicht geradezu verharmlosend ist. Die wirtschaftliche Entwicklung einer Region entsteht aus den bestehenden Betrieben in der Region oder sie entsteht gar nicht. – Ich könnte nur ein einziges Gegenbeispiel nennen, nämlich BMW in Dingolfing, aber diese Situation ist nicht wiederholbar. Es gilt also die bestehenden Strukturen zu fördern. Diese bestehenden Strukturen sind eben klein- und mittelständisch. Es nützt nichts, kostspielige Fremdkörper in die Region zu verpflanzen. Ich denke da nur an die Millionen für das Flugfeld in Hof.
- Wir können hinterher darüber reden; ich will erst mal meinen Beitrag zu Ende bringen, weil ich nicht weiß, wie ich mit der Zeit hinkomme.
Die Millionen für das Flugfeld in Hof sind strukturpolitisch ebenso in den Wind geschossen worden, wie die Millionen für die Verlagerung eines Teils des Landesamtes für Umweltschutz nach Hof, die offensichtlich aus parteitaktischen Interessen beschlossen wurde.
Diese Verpflanzung von Fremdkörpern erinnert mich fatal an die millionenschwere Pleite des Lausitz-Rings. Auch da glaubte man, mit irgendeiner Investition eine Region entwickeln zu können. Der Schuss ging bekanntlich nach hinten los.
Sie machen aber genau das Gegenteil. Sie ignorieren die Stärken im Klein- und Mittelstand oder im Tourismus, und fördern diese faktisch nicht aufgrund der hohen Förderschwelle. Sie verprassen Millionen für unsinnige Maßnahmen und Sie schränken das Geld gerade dort ein, wo es diese Regionen in besonderem Maße trifft, beispielsweise bei Naturparken, was auf Landwirtschaft und Tourismus und andere Bereiche durchschlägt.
Den Forderungen der Unternehmen wie auch den Forderungen der politischen Vertreter aus den Grenzregionen mussten Sie sich aber schließlich beugen. Sie haben ein zweites Förderprogramm aufgelegt, was Sie ursprünglich sicherlich nicht wollten, sonst hätten Sie ja gleich eines gemacht. Dieses zweite Förderprogramm ist dann auch kleiner als angekündigt ausgefallen. Hier beobachten wir neben den zu hohen Förderschwellen ein zweites Desaster ihrer Förderpolitik. Ich nehme an, Sie merken das auch; die Unternehmer schreiben ja nicht nur den GRÜNEN, sondern wohl auch hin und wieder der CSU. Die Unternehmerinnen und Unternehmer klagen lebhaft darüber, dass sie mehr Eigenkapitalförderung brauchen. Wenn die kleinen und mittleren Unternehmen in Ostbayern investieren wollen, fehlt es ihnen nicht an Fremdkapital, sondern es fehlt ihnen an Eigenkapital. Eine höhere Eigenkapitalquote ist nämlich bei den restriktiven Kreditvergaben der Banken die Voraussetzung dafür, um überhaupt an Fremdkapital zu kommen. Was machen Sie? Sie vergeben Zinszuschüsse für das Fremdkapital.
Wir haben unsere Klausur ja im ostbayerischen Raum durchgeführt, nicht in München. Wir haben diese Region also auch besucht. Wir haben gehört, dass Sie damit kostspielige Mitnahmeeffekte gerade bei denjenigen Unternehmen produzieren, die diese Förderung nicht brauchen. Das wurde uns dort von den florierenden Unternehmen gesagt. Demgegenüber bleiben die Fördermittel nach wie vor unerreichbar für die kleinen Unternehmerinnen und Unternehmer, die dringend auf frisches Eigenkapital angewiesen sind. Auch ein neues Programm wird deswegen die Breite der Unternehmer nicht erreichen.
Uns haben Sie gesagt, das sei für Sie die Gießkanne und Sie wollten das gar nicht. Wir sagen Ihnen: Wir wollen das sehr wohl, denn diese Unternehmen sind das Rückgrat des Grenzlandes.
Wenn wir heute dem SPD-Antrag zustimmen, dann geht es uns dabei nicht um einen Fördertopf, der ja im ursprünglichen Wortlaut des SPD-Antrags ein bisschen angesprochen war. Es geht vielmehr darum, der ostbayerischen Region zu zeigen: Die CSU-Förderpolitik für das ostbayerische Grenzland fördert vor allem das, was die Region nicht braucht. Sie ist konzeptlos und dilettantisch.
Beim Stichwort „konzeptlos“ möchte ich noch kurz einen Schwenk zu einem Bereich machen, es über das tagesaktuelle Thema hinausgeht. Konzeptlos sind Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU nämlich auch – wie wahrscheinlich alle hier Anwesenden bisher, da muss ich Sie etwas in Schutz nehmen – bei einer anderen, äußerst wichtigen Frage, nämlich der Zukunftsfrage bayerischer Regionalpolitik. Wer die Studie „Deutschland 2020“ gelesen hat und registriert hat, was sie enthält, der weiß, dass die Behauptung, wonach alle Regionen Bayerns dauerhaft stabile Bevölkerungsverhältnisse, Altersstrukturen und Bevölkerungsstrukturen haben werden, der Vergangenheit angehört. Vielmehr hat für einige Regionen die Zeit des Schrumpfens begonnen. Die demographische Entwicklung in Ostbayern ist eine säkulare Entwicklung. Sie wird sich langfristig einstellen. Vor allem in Hochfranken wird die Bevölkerungszahl in den nächsten Jahren deutlich zurückgehen. Der Bevölkerungsrückgang ist eine absehbare Perspektive, die uns zwingt, politische Strategien dazu zu entwickeln. Solche Strategien wurden bisher im Landtag noch nicht entwickelt, wenn ich das richtig überblicke.
Sicher ist nur, dass die Förderung von Abwanderung, wie Sie sie im Rahmen Ihrer Ausbildungsplatzinitiative gemacht haben, als Sie die Jugend aus Oberfranken und Ostbayern bewusst mit Fördergeldern unterstützt haben, damit sie in die Zentren wandert, der falsche Weg ist. Vielmehr müssen wir uns gemeinsam Gedanken darüber machen, wie wir den Prozess so steuern können, dass auch die Regionen mit zurückgehenden Bevölkerungszahlen attraktiv für die dort lebenden Menschen bleiben. Wir müssen überlegen, wie wir auch bei schrumpfender und alternder Bevölkerung – beides kommt ja zusammen – die regionale Wirtschaftskraft und Infrastruktur so gestalten können, dass der verfassungsmäßige Auftrag der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse erhalten bleibt. Der Unterschied zwischen Gleichheit und Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ist ja nicht erst seit Köhlers Rede bekannt.
Hierin liegt eine große, wahrscheinlich die größte Herausforderung für die bayerische Regionalpolitik in den nächsten Jahren, eine Herausforderung, für die wir zwar noch
Herr Präsident, Hohes Haus! Ich möchte nur einige Anmerkungen zu den Thesen machen, die hier vorgetragen worden sind. Den Zuwachs in Höhe von 1,7 % des Bruttoinlandsprodukts habe nicht ich erfunden. Diese Zahl stammt vielmehr von einem Gutachten des Ifo-Instituts. Das Ifo-Institut sieht diese Zahl mittelfristig als Ergebnis oder Produkt der EU-Osterweiterung. Ich bin also nicht der Urheber dieser Zahl. Das möchte ich klarstellen.
(Hans Joachim Werner (SPD): Sonst schmücken sich die CSU-Politiker doch auch gern mit fremden Federn!)
Zweitens. Wenn Hightech-Ansiedlungspolitik und Clusterbildung für das Grenzland nichts bringen, dann frage ich mich, warum die Bundesregierung gerade diese zwei Thesen für die neuen Länder als Entwicklungspotenziale herausgestellt hat und gerade darauf abstellt. Ist also das, was seitens der Bundesregierung für die neuen Bundesländer getan wird, um die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben, bei uns falsch? Oder ist es beim Bund jetzt auch falsch? Oder wie verhält es sich? Oder haben Sie die Dinge nicht verfolgt?
Drittens. Für mich ist es immer wieder verwunderlich, dass es heißt: Für die regionale Wirtschaftsförderung sind das Land und die EU verantwortlich, aber der Bund hat damit nichts zu tun. Es gibt, auch das sollte man wissen, seit dem Ende der Sechzigerjahre eine „Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaftsstruktur“ zwischen Bund und Ländern. Der Bund hat damit automatisch eine Mitverantwortung, solange das nicht geändert wurde. Man kann also nicht sagen: Das gibt es zwar, aber wir tun nichts. Das geht uns nichts an. – Der Bund ist natürlich verantwortlich, diesen rechtlichen Rahmen haben wir für weite Teile Ostbayerns. Die Finanzmittel sind allerdings zu knapp. Hier wäre der Bund natürlich gefordert. Das sehen übrigens andere Länder genauso, egal ob unions- oder SPD-regiert. Komischerweise sieht das lediglich die Opposition in Bayern nicht.
Der nächste Punkt ist die Förderung der Klein- und Mittelbetriebe. Jeder, der in seinem Betriebsbereich mehr als 250 Beschäftigte hat, ist ein Großbetrieb, den man nicht mehr fördern kann. Für unsere Begriffe zählt aber ein solcher Betrieb noch sehr stark zum Mittelstand.
Nächster Punkt. Die Förderschwelle ist gesenkt worden. Die Förderschwelle hat einen Sinn: Für diejenigen, die unter der Förderschwelle liegen, gibt es das Mittelstandskreditprogramm. Das Eigenkapital kann natürlich durch Haftungsfreistellung oder Bürgschaften ersetzt werden; für Klein- und Mittelbetriebe ist das möglich. Da haben wir auch rechtlich keine Probleme. Die Tatsache, dass wir bei den Zuschüssen verstärkt Schwellenwerte haben, hat mit dem oft verkannten Primäreffekt zu tun. Welchen Effekt
hat dieser? – Dass auch die Betriebe gefördert werden, die ihre Produkte über die Region hinaus absetzen, weil auf diese Weise Kaufkraft in die Region kommt und dadurch positive Effekte für die Klein- und Mittelbetriebe, für Handwerk, Handel und Dienstleistung eintreten. Von selbst kommt das nicht. Deshalb sind derartige Betriebe wichtig und richtig. Deswegen ist diese Förderabgrenzung selbstverständlich sinnvoll. Im Übrigen kann ich Sie trösten: Diese Abgrenzung gibt es nicht nur in Bayern, sondern genauso in anderen Ländern.
Die Frage des Eigenkapitals kann und muss am besten über steuerrechtliche Bestimmungen geregelt werden. Wir bringen gerade einige Vorschläge beim Bund ein, aber wie Sie wissen, geht dort derzeit nichts voran. Das will ich gar nicht weiter vertiefen. Sie sind aber wahrscheinlich auf dem falschen Weg, wenn Sie das Eigenkapital ausschließlich durch Förderung ersetzen wollen. Die Förderung kann genauso wie Haftungsfreistellungen und Bürgschaften hilfreich sein, aber Förderungen sind kein Eigenkapitalersatz. Wenn es natürlich eine Förderung in Höhe von 50 % gibt, die wir nicht geben dürfen, ist die Situation anders. Der Zuschuss kann bei bestimmten Finanzierungen helfen; wir müssen auch Finanzierungen gegenüber den Banken darstellen können. Das allein ist keine Lösung. Das ist ein Teil der Lösung, aber kein Ersatz für die Bildung von Eigenkapital durch eine steuerlich günstigere Behandlung in vielen Schritten, die wir derzeit ausarbeiten und vorlegen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer diesem Votum zustimmen will, den bitte ich um das
Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN. Stimmenthaltung? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Tagesordnungspunkt 4 Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Absatz 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden
Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen. Der Landtag übernimmt diese Voten.
Tagesordnungspunkt 5 Bestellung eines Mitglieds und eines stellvertretenden Mitglieds der Datenschutzkommission
Mit Schreiben vom 27. Juli 2004 haben die kommunalen Spitzenverbände in Bayern mitgeteilt, dass ihr bisheriger Vertreter in der Datenschutzkommission, Herr Klaus Eichhorn, verstorben ist und deshalb eine Neubestellung gemäß Artikel 33 des Bayerischen Datenschutzgesetzes veranlasst ist.
Als neues Mitglied der Datenschutzkommission schlagen die kommunalen Spitzenverbände Herrn Wolfgang Kellner, Abteilungsleiter bei der Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern, vor. Herr Kellner war bisher bereits stellvertretendes Mitglied. Für ihn wird als neues stellvertretendes Mitglied in der Datenschutzkommission Herr Klaus Laumer, der ebenfalls Abteilungsleiter bei der Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern ist, vorgeschlagen.
Gibt es dazu Wortmeldungen? – Weitere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Besteht damit Einverständnis, dass ich über die beiden Vorschläge gemeinsam abstimmen lasse? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann lasse ich so abstimmen. Wer mit der Bestellung des Herrn Kellner zum Mitglied und des Herrn Laumer zum stellvertretenden Mitglied der Datenschutzkommission einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen. Die beiden Herren sind gewählt.
Zur Geschäftsordnungslage sage ich Folgendes: Wir haben alle Tagesordnungspunkte bis auf die Dringlichkeitsanträge erledigt. Für die Fragestunde sind 45 Minuten vorgesehen. Ich schlage vor, dass wir dann eine halbe Stunde Mittagspause zugeben und um 13.15 Uhr weitermachen. Da wir wissen, dass nicht alle bei der Fragestunde anwesend sind, müsste eine halbe Stunde Mittagspause ausreichen. Ich habe bei manchen von Ihnen das Aussehen vor der Sommerpause und nach der Sommerpause verglichen. Denken Sie daran, dass wir in der Gaststätte ökologisches Essen haben. Das könnte manchem bei seiner Figurfindung dienen.
Damit komme ich zu den Mündlichen Anfragen. Ich bitte zunächst Herrn Staatssekretär Meyer um Beantwortung der ersten Anfragen. Erster Fragesteller ist Kollege Mütze. Die Frage wird von Frau Kamm übernommen.