(Ulrike Gote (GRÜNE): Ob man klüger ist, wenn man weiß, was die Beschussverwaltung ist, ist sehr die Frage!)
Aber offenbar ist Ihnen bisher noch gar nicht aufgefallen, dass es diese Einrichtung gibt. Wenn wir hier eine Veränderung vornehmen, kann das doch keinen so großen Eingriff darstellen, wie Sie es hier vermitteln. Im Bereich der Beschussverwaltung bitten wir um die Ermächtigung, dass durch Rechtsverordnung ein beliehener Unternehmer, das heißt eine Privatperson, möglicherweise auch ein Unternehmen wie der TÜV, mit den Aufgaben der Beschussverwaltung beauftragt werden kann.
Frau Kollegin Naaß, Sie wollten genau wissen, wer das machen könnte und wie sich diese Änderung finanziell auswirkt. – Es ist völlig klar: Bevor eine solche Aufgabe einem beliehenen Unternehmer übertragen wird, muss selbstverständlich nach den gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien ausgeschrieben werden. Wenn wir die Ermächtigung dafür aber gar nicht haben, können wir doch die Fragen, die Sie stellen, auch nicht beantworten.
Wir eröffnen den Weg zur Privatisierung durch die Beauftragung eines beliehenen Unternehmers nach den Kriterien, die im Gesetz festgelegt sind. Dann kann ausgeschrieben werden, und dann kann man entscheiden, ob dieser Weg sinnvoll ist oder nicht. Jedenfalls können manche der Fragen, die Sie gestellt haben, heute nicht beantwortet werden. Wir können im Moment gar nicht ausschreiben, weil es dafür keine rechtliche Grundlage gibt. Dass das Ganze Ihrem weiteren Kontrollrecht unterliegt, ist klar.
Auch über die Verwaltungsreform wird eine Art Gespensterdiskussion nicht nur hier, sondern oftmals in der Öffentlichkeit geführt. Man sagt: Ja, wir sind dafür. Das ist notwendig; das muss gemacht werden. Aber … ! – Die Kollegen von der SPD und den GRÜNEN sagen dann viel mehr zu dem Punkt „Aber“ als zu dem, was sie bejahen und positiv finden. Das kann ich auch verstehen. Sie sind ja nicht an der Regierung, sie brauchen die Verantwortung nicht zu tragen.
Aber dann würde ich doch sagen: Sie sollten sich die verbalen Bekenntnisse zur Verwaltungsreform gleich sparen, wenn dann das Aber so lang und so kräftig ist, dass nichts Positives mehr übrig bleibt.
(Beifall bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wenn ihr so weitermacht, müssen wir die Verantwortung bald übernehmen!)
Es sei denn, Sie bequemen sich dazu zu sagen, in welchen Bereichen und in welchem Umfang Sie bereit sind, Staatsaufgaben infrage zu stellen oder Verwaltung neu zu organisieren.
Meine Damen und Herren, es ist jetzt aber nicht notwendig, die Begründung in vollem Umfang darzulegen, warum wir heute andere Bedingungen haben als in den Siebziger- und Achtzigerjahren.
Kein Mensch kann heute bestreiten, dass sich die Rahmenbedingungen zentral und existenziell geändert haben. Wir haben im Grunde genommen kein Wirtschaftswachstum mehr, wir leben in Zeiten der Globalisierung, wir haben hohe Personalkosten, und Deutschland hat einen Schuldenberg, der die Bewegungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte fast gegen null fährt. Wir sollten doch mit notwendigen Reformen nicht warten, bis die Bewegungsunfähigkeit vollständig eintritt. Vielmehr stellt eine vorausschauende und zukunftsorientierte Politik Weichen und trifft Entscheidungen zur rechten Zeit, zu einer Zeit, zu der man sagen kann, was auch in zehn oder zwanzig Jahren noch Bestand haben wird und welche Aufgaben der Staat übernehmen muss.
Hier, Frau Kollegin Naaß, müssen wir in der Tat umdenken. Wir können uns vieles vorstellen, was wünschenswert ist. Aber das ist nicht mehr finanzierbar. Wer ehrlich ist, der wird doch sagen: Wir können nicht so weitermachen und zulassen, dass die Bundesrepublik Deutschland als Gesamtstaat im Jahr 80 bis 90 Milliarden Euro neue Schulden aufnimmt. Wer diese Verschuldung zurückführen will, der muss den Mut haben, auch Staatsaufgaben zurückzuführen. Sonst geht die Überlegung nicht auf.
Die Weichenstellungen für die Zukunft müssen drei grundlegende Aspekte berücksichtigen. Erstens. Wir müssen den Aufgabenkatalog des Staates überprüfen. Wir müssen runter von einer Staatsquote von 48 %. Keiner der erfolgreichen Staaten in der Welt hat einen so hohen Staatsanteil. Im Grunde wird jeder zweite Euro, der in Deutschland verdient wird, über eine öffentliche Kasse geschleust. Wir sind in Deutschland völlig überreglementiert. Wir haben viel zu viele Gesetze und Paragraphen.
Zweitens. Alle Gesetze müssen natürlich auch administriert und kontrolliert werden. Damit haben wir einen breiten, üppigen Staat. Der Gesamtstaat Deutschland der letzten Jahrzehnte war zu breit, zu üppig, zu teuer. Das ist nicht der Staat, den wir für die Zukunft brauchen, meine Damen und Herren.
Der dritte Bereich ist die Neuorganisation der Verwaltung. Dazu haben wir Vorschläge unterbreitet; wir stecken mitten in der Diskussion. Nun sagen Sie, man könne über
den Katalog der Aufgaben des Staates reden. Aber das, dessen Reduzierung soeben vorgeschlagen ist, ist unersetzbar und dringend notwendig, wie etwa die Ernährungsberatung.
(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Die habt ihr vor zwei Jahren, nicht etwa in den Siebzigerjahren, eingeführt!)
Ich bitte Sie, da doch eine gewisse Differenzierung vorzunehmen. Niemand von uns wird die Notwendigkeit von Prävention im Bereich der Ernährung infrage stellen. Sie ist dringend notwendig, denn die ernährungsbedingten und zivilisatorischen Krankheiten haben ein so großes Ausmaß angenommen, dass sie sowohl für die Gesundheit des Einzelnen wie auch für das gesamte Gesundheitssystem eine große Belastung sind. Die Frage ist aber doch, ob 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei den Landratsämtern beschäftigt sind, diese Arbeit leisten können. Nein, meine Damen und Herren, das muss doch sehr viel breiter angelegt werden. Wir meinen, dass eine besondere Verantwortung in der Tat bei den Krankenkassen liegt, die durch diese präventive Arbeit schließlich auch sparen können.
Natürlich gehört das Thema auch zur Erziehungsarbeit im Kindergarten, in der Schule, in der Erwachsenenbildung, ja selbstverständlich! Wir bezweifeln nicht, dass Prävention gerade im Bereich der Ernährung eine wichtige Aufgabe ist. Wir sagen aber: Dafür sind die kleinen Einrichtungen, die wir bei den Landratsämtern haben, nicht notwendig. Das wäre zwar wünschenswert, ist aber nicht notwendig. Deshalb sind wir bereit, diese Einheiten abzuschaffen.
Sie haben nach Kosten und Nutzen gefragt. Diese Frage kann ich genau beantworten, Frau Naaß. Wir haben derzeit 184 Stellen und glauben, dass wir bis zum Jahr 2011, also in einem Zeitraum von sieben Jahren, 106 Stellen abbauen können. Die Inhaber der anderen 78 Stellen werden andere Aufgaben übernehmen, vor allem Lehrtätigkeiten an landwirtschaftlichen Schulen. Damit können Sach- und Personalkosten eingespart werden; die Einsparung wird 2011 voll wirksam sein und sich auf 7,2 Millionen Euro belaufen. Damit ist aus meiner Sicht die Frage eindeutig beantwortet: Der Abbau der Ernährungsberatung entlastet die Personalkosten im genannten Umfang.
Deshalb bitte ich Sie, meine Damen und Herren, diesen Gesetzesvorschlag, den die Ausschüsse beraten haben und der jetzt zur Entscheidung vorliegt, heute zu beschließen, damit er am 1. November 2004 in Kraft treten kann.
Ich möchte noch eine Bemerkung machen. Der größere Teil dessen, was wir unter der Überschrift „Verwaltungsreform“ machen, liegt natürlich in der Entscheidung der Exekutive. Die Organisation der Verwaltung ist immer eine Entscheidung der Regierung. Das ist beim Bund, in den
Ländern und in den Kommunen so. Deshalb erfasst der vorliegende Gesetzentwurf nur einen ganz kleinen Teil der Reform, nämlich das, was gesetzlich geregelt werden muss.
Die Staatsregierung hat im September einen umfassenden Vorschlag zur Verwaltungsreform vorgelegt, der in der Tat eine effektive Verwaltung zum Ziel hat, der Synergieeffekte nutzen will und dazu beiträgt, dass wir ungefähr 6000 Planstellen einsparen können. Das Ganze wird jetzt noch beraten; im November soll darüber entschieden werden.
Damit werden wir in Zukunft einen Beitrag dazu leisten, die Personalausgaben des Staates in Grenzen zu halten. Wenn es kein nennenswertes Wirtschaftswachstum gibt, ist das die beste Möglichkeit, für die Zukunft zu investieren. Wer nicht bereit ist, auch den Staat umzubauen, wird keine Investitionsmöglichkeiten mehr haben.
Da passt ein Bild aus der Landwirtschaft sehr gut. Die Investitionen von heute sind mit der Aussaat des Bauern vergleichbar: Wer nicht aussät, wird keine Ernte haben. Deswegen bitte ich Sie, diesen Umbau voranzutreiben, damit wir auch in Zukunft Ernten einfahren können.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an die Worte des Kollegen Erwin Huber anschließen. Eingestellt wird nicht das Engagement des Freistaates Bayern in Sachen Gesundheitsbildung, Gesundheitsförderung und gesunde Ernährung, sondern eingestellt wird lediglich die dezentrale staatliche Ernährungsberatung.
Ich will an dieser Stelle den Ökotrophologinnen für ihre hervorragende Arbeit danken, die sie auch in Zukunft an den Landwirtschaftsschulen und den staatlichen Berufsschulen weiterhin leisten werden.
Lassen Sie mich das aufnehmen, was Kollege Erwin Huber gesagt hat: Wir müssen in einer Zeit des Wandels das Recht haben, Dinge neu zu organisieren.
Die neue Organisation geschieht wie folgt: Die Ökotrophologinnen werden an den Berufsschulen und den Landwirtschaftsschulen dezentral eingesetzt. Am Ministerium und im Landesamt für Gesundheit wird die Kompetenz für das Thema „Gesunde Ernährung“ erhalten, und wir bauen ein neues Netzwerk für Gesundheitsvorsorge im Freistaat Bayern auf, das die gesunde Ernährung beinhaltet.
Sehr geehrte Frau Kollegin Naaß und meine Damen und Herren der Opposition, Sie debattieren über dieses Thema im Bayerischen Landtag, ohne gleichzeitig in Richtung Berlin aktiv zu werden. Die Bundesgesundheitsministerin hätte schon vor langer Zeit den Entwurf des Bundespräventionsgesetzes vorlegen können, demzufolge die Kassen Jahr für Jahr 250 Millionen Euro für Präventionsmaßnahmen einzahlen sollen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, speziell von der SPD, ich empfehle Ihnen, sich an die Bundesministerin zu wenden, damit dieses Gesetz endlich auf den Tisch gelegt wird und Mittel für Präventionsarbeit im ganzen Land zur Verfügung gestellt werden.
Frau Kollegin Rütting hat das schon differenziert gesehen und davon gesprochen, dass die dezentrale Beratung, nicht die Beratung als solche eingestellt wird. Die Ihrer Partei angehörende Bundesministerin für Verbraucherschutz hat vor wenigen Tagen in Berlin eine Plattform gestartet mit dem Inhalt „Ernährung und Bewegung“. Ich war bei der Veranstaltung im Kongresshaus in Berlin. Man muss ehrlicherweise hinzufügen, dass das Bundesernährungs- und Verbraucherschutzministerium überhaupt keine Mittel bereitstellt. Das Ministerium ist an der Plattform mit einem Mitgliedsbeitrag von 25 000 Euro beteiligt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, Sie alle haben bei den Haushaltsberatungen die Möglichkeit zu zeigen, wie ernst Sie es mit der Vorsorge nehmen. Wir sehen nach dem Kabinettsbeschluss zum Entwurf des Haushalts vor, die Mittel gegenüber der bisherigen Gesundheitsinitiative sogar noch zu erhöhen und auf den Betrag von 6,7 Millionen Euro zu steigern, und das trotz Sparhaushalt und trotz der Sparnotwendigkeiten.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie werden alle die Möglichkeit haben, durch Ihr Votum zu zeigen, wie ernst Sie es in Bayern mit der Vorsorge nehmen. Sie können dem zustimmen und damit zeigen, dass Sie nicht nur von Vorsorge reden, sondern dieses Thema auch ernst nehmen.
Lassen Sie mich noch ein Schlusswort zu dieser Gesundheitsvorsorgeinitiative anfügen. Wir konzipieren die Gesundheitsvorsorgeinitiative mit dem Motto
„Gesund.Leben.Bayern“ wissenschaftsbasiert, an Qualitätskriterien orientiert und basierend auf einer Evaluierung. Das Anliegen, so habe ich Sie alle verstanden, ist ein gemeinsames. Es ist aber – da sollten wir ehrlich zueinander sein – doch nicht redlich zu sagen, das hängt nur an den 1,5 Kräften vom Landratsamt, die es in der Vergangenheit