Und darüber hinaus, sehr geehrter Minister Huber, war ja wohl Ihr Haus und auch Ministerpräsident Stoiber der Oberstrippenzieher, wenn ich es einmal so nennen darf, bei diesem Gesetzentwurf. Gerade da hätte ich mir auch gewünscht, dass einige Regelungen, wie zum Beispiel das Hotelprivileg hier im Tourismusland Bayern nicht verschärft wird und dass die Hoteliers nicht zusätzlich belastet werden.
Aber ich sage Ihnen, wir müssen diesem Gesetzentwurf auch deshalb nicht zustimmen, weil dann, wenn es hier in diesem Hause eine andere Mehrheit geben würde, auch wenn der Ministerpräsident nicht Stoiber hieße, dann hätten wir einen anderen Gesetzentwurf, dem wir dann vielleicht zustimmen könnten.
Wir werden im Laufe der Beratungen unsere Bedenken nochmals vortragen und uns auch rechtlich beraten lassen. Dann werden wir zu einer endgültigen Entscheidung kommen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag enthält zu viele Ärgernisse, als dass man sie in der ersten Lesung alle ansprechen könnte. Ich werde mich also auch, wie meine Vorredner, auf einige wenige Anmerkungen beschränken und verweise schon jetzt auf eine diesmal umso notwendigere Debatte im Ausschuss und in der zweiten Lesung.
Alleine die Vorgeschichte dieses Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist traurig und gleichzeitig sehr ärgerlich. Der Ministerpräsident hat quasi als Einpeitscher im Verbund mit wenigen anderen Kollegen, die das Feld der Medienpolitik zur Profilierung missbrauchen, die Gebührendebatte angeheizt und in eine Richtung gedreht, die dem gesamten öffentlichen-rechtlichen Rundfunk massiv geschadet hat und weiter schaden wird.
Wir haben mit der KEF ein angemessenes und gut funktionierendes Instrument zur Ermittlung des Finanzbedarfes der Rundfunkanstalten. Durch sein Agieren in der Gebührendebatte hat der Ministerpräsident in unverantwortlicher Art und Weise ein verfassungsrechtlich vorgeschriebenes Verfahren verletzt.
Und dies gerät jetzt auch noch zum Bumerang, denn Stoiber schadet und hat bereits dem Medienstandort Bayern insgesamt geschadet.
Er hat zu verantworten, wenn sich verschiedene Intendanten nun gezwungen sehen, sich aus gemeinsam finanzierten Projekten zurückzuziehen, und er ist schuld daran, nicht der Intendant Gruber, wenn jetzt das Rundfunkorchester aufgelöst wird.
Grenzenlos wird dann die Heuchelei, wenn er und sein Sprachrohr Söder nun empfehlen, weniger Geld für Sportrechte auszugeben. Wer war es denn, so frage ich Sie, der die Preise in freundlicher Interessensverquickung mit Kirch und Co in die Höhe getrieben hat?
Die Gebührenfrage allein wäre schon Grund genug für eine Ablehnung dieses Rundfunkänderungsstaatsvertrags.
Aber ich will noch zwei weitere Gründe kurz nennen. Einer ist schon angesprochen worden. Es ist die Gebühr für Internet PCs, eine verkappte Internetsteuer. Das geht in die völlig falsche Richtung, auch wenn es Übergangsregelungen gibt und auch, wenn es Einschränkungen gibt, wie sie hier und heute schon erläutert wurden. Die Weichen werden hier mit diesem Änderungsstaatsvertrag völlig falsch gestellt.
Wir sind der Meinung, dass wir mit Blick auf die technische Entwicklung grundsätzlich eine Neuregelung in der Gebührenfrage, in der Erhebung von Gebühren, haben müssen. Wir müssen zu den Gebühren pro Haushalt kommen, unabhängig von der Zahl der Geräte, und wir müssen eine Regelung schaffen, damit sich diejenigen befreien lassen können, die keine konventionellen Empfangsgeräte im Hause haben, sondern nur einen PC.
Eine letzte Anmerkung: Im Rundfunkänderungsstaatsvertrag soll nun eine Praxis der GEZ legalisiert werden, die wir aus Datenschutzgründen für äußerst bedenklich halten. Die GEZ soll sich in Zukunft Adressen aus dem kommerziellen Adresshandel beschaffen dürfen, um ihre Dateien abzugleichen und sie für flächendeckende Mailing-Aktionen zu nutzen. Vor dem Hintergrund, dass die Datenschutzbeauftragten bereits seit Jahren die regelmäßige Übermittlung von Meldedaten an die Rundfunkanstalten kritisiert haben, lehnen wir diese neuerliche Ausweitung der Befugnisse der GEZ ab.
Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Staatsvertrag dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zuzuweisen. – Dies ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 3 Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (Drucksache 15/368) – Zweite Lesung –
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Anlass dieses Gesetzes ist die Verfassungsbeschwerde einer baden-württembergi
schen Lehrerin gegen die Ablehnung ihrer Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe; denn diese wurde damals mit mangelnder persönlicher Eignung begründet, weil sie auf das Tragen des Kopftuchs im Unterricht nicht verzichten wollte. Diese Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Aber sie war nicht deshalb erfolgreich, weil es verfassungswidrig wäre, in Schule und Unterricht Lehrkräften das Tragen eines Kopftuchs zu verbieten, sondern – dies ist wichtig – weil dieses Verbot im geltenden Recht des Landes Baden-Württemberg keine hinreichende bestimmte gesetzliche Grundlage gefunden hat. Es ist Ausfluss des Parlamentsvorbehalts, des Demokratiegebots und des Rechtsstaatsprinzips, dass bei der Einschränkung von Grundrechten und beim Ausgleich kollidierender Grundrechte nicht die Verwaltung, sondern der Gesetzgeber selbst die wesentlichen Entscheidungen treffen muss. Das bedeutet aber auch umgekehrt, dass der Gesetzgeber dies nicht nur tun muss, sondern auch darf. Dies hat das Bundesverfassungsgericht klar gestellt. Dem Gesetzgeber steht es frei, die bislang fehlende gesetzliche Grundlage zu schaffen. Und genau das tun wir mit diesem Gesetzentwurf.
Wir sind hier in einem sehr sensiblen Bereich, weil eine Reihe verschiedener Grundrechte und Verfassungsgüter betroffen sind, die ich aufzählen möchte: Grundrechte der Lehrer: Glaubensfreiheit; Grundrechte der Schüler: Glaubensfreiheit; Grundrechte der Eltern: elterliches Erziehungsrecht; staatlicher Bildungs- und Erziehungsauftrag; Toleranzgebot und weltanschaulich religiöse Neutralität des Staates. Dieses Spannungsverhältnis ist nichts Ungewöhnliches, sondern oft verfassungsrechtliche Realität. Die Konsequenz daraus ist, dass die Grundrechte und -güter der Verfassung gegeneinander abzuwägen sind und dass im Wege der praktischen Konkordanz ein Ausgleich zu finden ist. Der Gesetzgeber hat hier einen umfassenden Gestaltungsspielraum, insbe
sondere da es sich um das Schulwesen handelt und die Länder die Schulhoheit haben. Daher darf der Gesetzgeber insbesondere auch die Schultraditionen sowie die konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung und ihre religiöse Verwurzelung berücksichtigen. Auf diesen wichtigen Aspekt werde ich nachher zurückkommen. Dies ist nicht etwa der Staatsregierung oder der CSUFraktion eingefallen, sondern steht genauso im Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
Schichten wir den Komplex weiter ab, kann jeder erkennen, dass es für dramatische Ausführungen überhaupt keinen Anlass gibt; denn es besteht der Grundsatz, dass das Tragen eines Kopftuchs zulässig ist. Dieser Grundsatz gilt auch im Freistaat Bayern. Das Verbot, ein Kopftuch zu tragen, gilt nur in wenigen Einzelfällen: Erstens, wenn sich eine Bürgerin freiwillig dazu entschlossen hat, in den Staatsdienst zu treten. Dieses Verbot gilt zweitens nur im Unterricht. Es wäre selbstverständlich Unsinn zu behaupten, das Tragen eines Kopftuchs sei für Lehrerinnen generell verboten. Nein, das ist es nicht, sondern es gilt nur im Unterricht und wenn die äußeren Symbole und Kleidungsstücke bei den Schülerinnen und Schülern oder bei den Eltern als Ausdruck einer Haltung verstanden werden können, die mit den verfassungsrechtlichen Grundwerten und den Bildungszielen der Verfassung nicht vereinbar sind.
Es stellt sich die Frage – da haben wir einen Dissens –, auf wen bei der Beurteilung dieser Frage abzustellen ist. Ist hier auf die Lehrerinnen und Lehrer oder auf die Schülerinnen und Schüler und Eltern abzustellen? – Beides ist selbstverständlich zulässig. Nur: Wir haben uns aus guten Gründen dafür entschieden, dass es bei der Beurteilung nicht auf die Sichtweise der Lehrer, sondern auf die Sichtweise der Schüler, Schülerinnen und Eltern ankommt; denn Schülerinnen und Schüler sind in besonderem Maße schützenswert, sie sind noch nicht gefestigt und befinden sich noch in der Entwicklung, und die Lehrerinnen und Lehrer sind für diese Schülerinnen die Bezugspersonen. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, dass es auf die Sichtweise der zu schützenden Schülerinnen und Schüler ankommt. Und da sind alle denkbaren Möglichkeiten, wie etwa das Tragen eines Kopftuchs verstanden werden kann, in der Abwägung zu berücksichtigen. Genau darauf bezieht sich der Gesetzentwurf.
Der Grund für ein Verbot ist also nicht das religiöse und weltanschauliche Motiv der Lehrer, sondern sind die Grundrechte der Schüler und Eltern sowie der verfassungsrechtliche Bildungs- und Erziehungsauftrag des Staates, den wir in einer Gesamtabwägung den Vorrang geben.
Zum Kopftuch: Das Tragen eines Kopftuchs kann mehrdeutig verstanden werden. Es entspricht auch der Realität – das muss man sich immer wieder vor Augen führen –, dass das Tragen des Kopftuchs als politisches Symbol des islamischen Fundamentalismus gesehen werden kann, weil damit ein Teil der Befürworter – nicht alle, auch nicht die Mehrheit – eine Ungleichbehandlung und mindere Stellung der Frau in der Gesellschaft und Familie verbindet, was ganz klar im Widerspruch zur bayerischen Verfassung steht. Meine sehr verehrten Damen und Her
Neu ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum baden-württembergischen Koptuch-Gesetz. Aber wer es bewerten möchte, muss genau hinschauen und es sich genau vor Augen führen. Die erste und wichtigste grundsätzliche Feststellung in diesem Urteil ist: Das badenwürttembergische Kopftuch-Gesetz ist verfassungsgemäß. Die zweite Feststellung ist, es handelt sich um keine unzulässige Bevorzugung christlicher Symbole, wenn es heißt, dass die Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen nicht dem Verhaltensgebot des Landes, insbesondere dem Neutralitätsgebot, widerspricht. In der Begründung findet sich zudem die Aussage – dieser Ansatzpunkt hat erneut zur Diskussion geführt –, dass Ordensfrauen ihren Habit ablegen oder den Schuldienst quittieren müssen. Diese Aussage hat zu vielen Stellungnahmen und unter anderem zu der Auffassung geführt, dass es nicht möglich sein soll, im Unterricht muslimischen Lehrerinnen das Tragen des Kopftuchs zu verbieten, Ordensleuten aber ihre Tracht im Unterricht zu erlauben. Oder anders gesagt: Wenn man das eine verbietet, muss man auch das andere verbieten.
Es ist aus unserer Sicht nicht möglich, aus der Begründung dieses Urteils Rückschlüsse auf den bayerischen Gesetzentwurf zu ziehen. Dazu einige Feststellungen: Die bayerische Regelung ist weder wort- noch inhaltsgleich. Das sollte beim Vergleich zweier Gesetzentwürfe als erstes auffallen. Der baden-württembergische Gesetzentwurf stellt insbesondere auf das Neutralitätsgebot des Landes ab, und nur dieses hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich thematisiert. Anders der bayerische Gesetzentwurf. Der bayerische Gesetzentwurf verbietet nicht etwa die Kopftücher und erlaubt die Ordenstracht. Dies steht in unserem Gesetzentwurf nicht drinnen; das kann auch nicht drinnen stehen. Im bayerischen Gesetzentwurf steht auch nichts von einem Neutralitätsgebot. Der bayerische Gesetzentwurf stellt nicht darauf ab, sondern abstrakt auf äußere Symbole und Kleidungsstücke, die eine religiöse und weltanschauliche Überzeugung ausdrücken, ohne dies im Einzelnen zu benennen, da das alleinige weitere Kriterium ist, ob dieses Symbol von den Schülerinnen und Schülern oder Eltern als Ausdruck einer Haltung verstanden werden kann, die mit den verfassungsrechtlichen Grundwerten und mit den Bildungszielen der Verfassung nicht vereinbar sind. Dass zu den Bildungszielen auch unsere christlich abendländischen Bildungs- und Kulturwerte gehören, versteht sich von selbst.
Ich möchte nochmals ausdrücklich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hinweisen – ich habe es vorher angemerkt –, dass der Gesetzgeber insbesondere Schultraditionen, die konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung und ihre religiöse Verwurzelung berücksichtigen darf.
Allein danach entscheidet es sich, und diese Unterscheidung ist im Übrigen auch richtig, da solche Symbole insbesondere zum Schutz unserer Schülerinnen und Schüler im Unterricht nichts verloren haben. Es liegt im Übrigen nicht an der CSU, wenn Kopftücher nicht nur als
Ausdruck religiöser Überzeugung, sondern auch als Bekenntnis zu fragwürdigen gesellschaftlichen Werten und als ein Symbol für die Unterdrückung der Frau verstanden werden können. Dies liegt nicht an der CSU und dies liegt nicht an der Staatsregierung. Das liegt an einem Teil derer, die diese Kopftücher tragen bzw. - in welcher Form auch immer – anordnen, dass sie getragen werden müssen. Wir müssen insbesondere an unsere jungen Mädchen und Frauen in Deutschland denken, die sich von rückständigen Strukturen emanzipieren, ihre Freiheitsrechte ausüben und sich in unser Gemeinwesen integrieren wollen. Eine völlige Gleichbehandlung mit anderen Glaubenssymbolen, die nicht missverstanden werden können, ist daher nicht notwendig, da nur Gleiches gleich und nicht Ungleiches gleich behandelt werden muss.
Mit diesem Gesetzentwurf entscheidet der Freistaat Bayern nicht, welcher Glauben genehm ist und welcher nicht, sondern, ob Lehrerinnen in der Schule Symbole tragen dürfen, die von Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern als ein Symbol für eine Einschränkung von Freiheitsrechten und als Symbol der Unterdrückung der Frau verstanden werden können. Deshalb ist dieser Gesetzentwurf politisch richtig und verfassungsrechtlich auch zulässig.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Eisenreich, fast hatte ich den Eindruck, Sie wollten sich für den Gesetzentwurf der Staatsregierung entschuldigen, weil sie ihn nicht so richtig lebhaft vertreten haben.
Ich glaube, wir sind uns einig, dass es an den Schulen – zumal an den bayerischen Schulen – in diesen Wochen und Monaten ganz andere und wichtigere Probleme gibt als die Frage, ob eine Lehrerin ein Kopftuch trägt oder nicht.
Die Kopftuch-Debatte führen wir jetzt seit über einem Jahr. Sie verläuft nicht entlang der üblichen Partei- und Fraktionsgrenzen. Vielmehr finden sich in allen Parteien, ja sogar in den Kirchen und Religionsgemeinschaften sowohl Befürworter als auch Gegner eines generellen Kopftuch-Verbots. Ich verweise zum Beispiel nur darauf, dass Johannes Rau ein leidenschaftlicher Gegner eines generellen Verbots ist, wohingegen sich der Bundeskanzler deutlich dafür ausgesprochen hat, dass Frau Schavan in Baden-Württemberg dafür ist, während Frau Süssmuth dagegen ist, dass das Kopftuch verboten wird. Weil Frau Stahl gelacht hat, möchte ich darauf verweisen, dass es bei den GRÜNEN ganz genauso aussieht. Bei den GRÜNEN vertritt Frau Vollmer eine Haltung, während Frau Roth eine ganz andere Haltung einnimmt. Im Übrigen ist es auch bei der CSU so. Ich erinnere mich an die Stellungnahme von Herrn Gauweiler, der ja Ihrer Partei angehört und der sich lebhaft gegen dieses Ansinnen zur Wehr gesetzt hat.
Die Diskussion über ein Kopftuch-Verbot wird auch nicht nur in Deutschland und Bayern, sondern mit höchst unterschiedlichen Argumenten und Ergebnissen in vielen anderen Ländern – zum Beispiel Frankreich, Großbritannien und ganz aktuell in der Türkei – geführt und hat schon mehrfach den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte befasst. Anleihen aus der dortigen Diskussion verbieten sich aber, weil wir natürlich nicht – schon aus verfassungsrechtlichen Gründen – das französische Modell übernehmen können, aber auch nicht übernehmen wollen. Das Gleiche trifft auf das türkische Modell und auf das Modell in Großbritannien zu.