Peter Hufe

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Der Herr Präsident hat Marscherleichterung befohlen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie sehen mich äußerlich unvorbereitet, aber innerlich vorbereitet, nachdem der Tagesordnungspunkt vorgezogen worden ist.
Es geht um den Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Das ist ein Staatsvertrag, der die Gebühren für den Bayerischen Rundfunk und für die ARD in den nächsten vier Jahren festlegt. Die Gebühr wird um 95 Cent auf 17,98 Euro erhöht. Das ist eine Erhöhung um circa 1,2 %. Der Tagesordnungspunkt ist nicht sehr spektakulär, weil alle Fraktionen in diesem Haus in den Ausschüssen zugestimmt haben. Ich darf daran erinnern, dass die ARD die Rundfunkgebühren in der ganzen Bundesrepublik einsammelt und in Bayern ausgibt, nämlich bei den Bavaria Filmstudios. Nicht nur der Bayerische Rundfunk, sondern auch der WDR und das ZDF produzieren dort. Jeder Cent, der in Deutschland eingesammelt und hier ausgegeben wird, tut der bayerischen Wirtschaft gut.
Diese Sender lassen alle bei den Bavaria Filmstudios produzieren, auch Radio Bremen, der Saarländische Rundfunk und insbesondere der WDR.
Ich darf die Gelegenheit einer fünfminütigen Redezeit nutzen, um mich bei Ihnen allen zu bedanken, beim Landtagsamt zu bedanken für 14 Jahre, die ich hier im Bayerischen Landtag verbringen durfte. Ich möchte mich für viele nette, freundschaftliche Begegnungen und für viele Diskussionen und Anregungen bedanken. Ich darf mich beim Landtagsamt bedanken, bei allen, die mitgeholfen haben, den Parlamentsbetrieb ordentlich zu organisieren. Ich darf Ihnen ganz zum Schluss eine Empfehlung mitgeben: Passen Sie mir auf die Hinterbänkler auf, sonst sind die Vorderbänkler auch nichts.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass bei diesem wichtigen Medienthema die versammelte Presse anwesend ist, um aus dem Landtag zu berichten, was wir über die Zukunft der Medien insgesamt entscheiden. Man hat bei den Staatsverträgen, die alle Ministerpräsidenten unterschrieben haben, immer nur die zwei Möglichkeiten abzulehnen oder zuzustimmen. Entweder ist das Glas halb leer oder halb voll.
In diesem Fall sehen wir das Glas als halb voll an, weil die positiven Elemente in diesem Staatsvertrag überwiegen. Nach dem Staatsvertrag heute, Herr Minister, ist vor dem nächsten Staatsvertrag. Bei den nächsten Staatsverträgen werden wichtige Knackpunkte auf uns zukommen. Wir werden darüber beraten müssen, was das Verfassungsgericht mit dem Urteil betreffend die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten – KEF – gemacht hat. Wir werden darüber beraten müssen, welches neue Verfahren der Gebührenerhebung wir in Zukunft den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes vorschlagen wollen. Nach dem, was sich jetzt abzeichnet, kann ich mir nicht vorstellen, Herr Minister, dass wir eine Steuerfi nanzierung hinbekommen. Vielleicht mag ein runderneuertes Gebührenmodell möglich sein, ich glaube aber, dass wir einen Anknüpfungspunkt brauchen. Ich sage das jetzt schon einmal, weil wir wenig Gelegenheit haben, im Vorfeld der Unterschriften durch die Ministerpräsidenten über die Zukunft der Medienordnungen in Deutschland zu diskutieren. Es wäre auch zu überlegen, ob man nicht ein Verfahren fi nden kann, bei dem die Landtage vorher beteiligt werden und dann das Ergebnis der Landtagsberatungen den Ministerpräsidenten mitgeteilt wird.
Wir werden überlegen müssen, wie das nächste Gebührenfi nanzierungsmodell aussieht, wo und ob Anknüpfungspunkte bei den Geräten oder bei den Haushalten oder wo auch immer bestehen. Wir werden darüber nachdenken müssen, wie wir die EU-Richtlinie umsetzen, die vom Parlament beschlossen worden ist, aber noch nicht durch die Kommission ist; der Rat berät noch, es wird aber darauf hinauslaufen, eine gestiegene Verantwortung der Gremien anzunehmen. Auch vor dem Hintergrund der geschichtlichen Entwicklung haben wir in der Bundesrepublik Deutschland es geschafft, die EU-Kommission davon zu überzeugen, dass unser Modell des öffentlichrechtlichen Rundfunks, unser duales System erhaltenswert ist und erhaltenswert bleiben sollte.
Ich glaube, dass wir mit dieser Skizzierung für die nächsten eineinhalb Jahre – soweit es diesen Landtag noch so lange gibt – ein großes Aufgabenpaket haben, das uns in der Medienpolitik dazu aufrufen wird, viel und intensiv darüber nachzudenken, wie Medienpolitik und die Medien insgesamt in der Bundesrepublik Deutschland aufgestellt sein sollten und wie wir für unsere Bürgerinnen und Bürger die Transparenz, aber auch die Praktikabilität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des dualen Systems in der Zukunft gewährleisten können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Gote, hier will ich kurz widersprechen, weil es einfach nicht stimmt, dass wir bei diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag die Internetgebühren beschließen. Die Gebühren sind in den Staatsverträgen schon lange beschlossen. Es ist allerdings so, dass die Internetgebühren mit diesem Zeitpunkt fällig werden. Dass die Gebühren erhoben werden, steht in den Staatsverträgen schon lange drin.
Man hätte es ändern können, aber wir wissen, wie Staatsverträge sind.
Die Ablehnung dieses Staatsvertrages war bei den GRÜNEN offensichtlich nicht so eindeutig, denn in Nordrhein-Westfalen beispielsweise haben die GRÜNEN dem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zugestimmt. Der Vertrag kann also nicht ganz so furchtbar sein.
Der Einstieg in die Gremienkontrolle, den wir jetzt mit diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag schaffen, ist ein erster Schritt, der, und da gebe ich Ihnen recht, verbessert werden muss. Es ist aber falsch, dies zu kritisieren, weil es erst ein erster Schritt ist. Ihre Kritik ist sozusagen wagemutig, denn wenn man die positiven und die negativen Seiten dieses Rundfunkänderungsstaatsvertrages gegenüberstellt, dann frage ich mich, wie Sie zu einer grundsätzlichen Ablehnung kommen. Ich glaube, die Verbesserungen überwiegen bei Weitem. Die SPD-Fraktion hat dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag deshalb zugestimmt, wie in allen Landesparlamenten, was im Übrigen in einigen Landesparlamenten die GRÜNEN ebenfalls getan haben.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir bleiben fünf Minuten für die Kultur. Angesichts der Tatsache, dass der Transrapid vom Hauptbahnhof bis zum Flughafen zehn Minuten braucht, sind fünf Minuten nicht besonders viel. Ich will es einmal unterteilen: Bis Fröttmaning werde ich Kritik üben, und auf dem Rest der Strecke – vielleicht bis Garching – werde ich Anregungen zu geben versuchen.
Der Ministerpräsident hat eine kulturlose Haushaltsrede gehalten. Ich habe in seiner Rede kein Wort zur Kultur vernommen; ich habe es nachgelesen. Auch in der Clusterpolitik der Staatsregierung ist nirgends ein Kulturcluster zu erkennen. Wir haben 19 Cluster, aber in der praktischen Politik gibt es kein Kulturcluster. Wir haben wohl Mediencluster. Die Kulturpolitik der Staatsregierung erschöpft sich darin, dass sie jetzt ein neues Museum Brandhorst baut. Das ist wunderbar. Die Stiftung ist dem Freistaat Bayern geschenkt worden. Aber wir geben eine Menge Steuergelder dafür aus, auch für die Betriebskosten. Dieses Geld kriegen wir nicht von anderswoher. Wir müssen es aus unserem Etat aufbringen. Es hilft uns nicht weiter, dass in allen anderen Bereichen der Kulturpolitik gekürzt wird.
Wir müssen in der lebendigen Kulturpolitik mehr unternehmen. Die Sing- und Musikschulen darben. Jetzt wird
ihnen ein Trostpfl aster gegeben. Aber 170 000 Euro sind weit weg von dem, was wir uns alle einmal vorgenommen hatten: mindestens 25 % der Lehrerpersonalkosten zu tragen. Wir sind erst in der Größenordnung zwischen 8 und 9 %.
Ich sehe keinerlei Konzepte, gerade im Bereich der kulturellen Nachwuchsförderung Akzente zu setzen. Ältere Menschen müssten in die kulturelle Wertevermittlung einbezogen werden. Und wo sind die Konzepte, bildungsferne Schichten an die Kultur, an Theater und Museen heranzuführen? All das ist nicht erkennbar. Wir spielen in der Champions League. Wir stecken in die Münchener Staatsoper gemäß letztem Rechnungshofbericht pro Aufführung 157 000 Euro, aber wir vernachlässigen die Regionalliga.
Kultur ist aber Grundlage unserer politischen Ordnung. Wir haben hier einmal eine Debatte über „Popetown“ geführt. Ich weiß nicht, wer sich daran noch erinnern kann. Es war eine Debatte mit dem Kollegen Herrmann. Da haben wir über Wertevermittlung gesprochen. Kultur ist die Grundlage jeden politischen Handelns und jeder politischen Gesellschaft. Das ist in diesem Haushalt aber nicht erkennbar. Ich würde mich freuen, wenn wir die Haushaltsdebatte – der Herr Staatsminister kommt noch dran – zum Anlass nehmen, uns über den gemeinschaftsstiftenden Sinn der Kultur auszutauschen und einig zu werden.
Dabei sollten wir auch überlegen: Was machen wir mit unserer neu gewonnenen Freiheit? Wir haben sehr begrüßt, dass wir eine Föderalismusreform beschlossen haben. Aber wo sind denn die Ansätze in der Kulturpolitik? Es muss doch gesagt werden, dass die Landtage auf diesem Gebiet nun mehr Verantwortung haben. Auch die Staatsregierung hat mehr Verantwortung. Wo sind die Vorschläge dazu, dass wir in Europa jetzt eine größere Rolle spielen? Die Länder müssen für ihre Anliegen die Kulturbeauftragten selbst bestimmen. Ich sehe von den neuen Freiheiten im Blick der Föderalismusreform bei der Kultur aber wenig.
Meine fünf Minuten laufen mir davon. Wir haben Fröttmaning schon lange verlassen. Wir kommen jetzt auf Garching-Nord zu. Ich habe noch eine Minute. Da möchte ich auf den Ausgangspunkt zurückkommen und die kulturlose Rede des Ministerpräsidenten in Beziehung zum Denkmalschutz setzen. Kollege Spaenle hat schon angesprochen, dass wir dafür jetzt 400 000 Euro bekommen. Wie viel fehlen uns denn, Herr Denkmalratsvorsitzender? Ein hoher zweistelliger Millionenbetrag ist in der Denkmalpfl ege gekürzt worden, und jetzt werden die 400 000 Euro als die große Errungenschaft des Haushalts gefeiert. Das ist zu wenig. Vielleicht stimmt das Verhältnis von 1 zu 15. Ich glaube mich sicher erinnern zu können, dass in der Größenordnung von 20 Millionen Euro gekürzt worden ist. Da könnten wir einen wahren Investitionsboom auslösen.
Der Ministerpräsident hat ex cathedra verkündet, dass der Bamberger Domschatz nach Bamberg zurückkommt. Es ist schön, dass er zusammen mit seinem Kabinett unserem Antrag gefolgt ist. Der Kollege Aloisius Raben
stein hat der Staatsregierung irgendwie diese Weisheit mitgegeben.
Diejenigen Schwerpunkte, die wir im Haushalt für die Kulturpolitik zumindest in kleinen Teilen gesetzt haben, nämlich die Erhöhung der Mittel für die Sing- und Musikschulen und die Erhöhung der Mittel für die Denkmalpfl ege, lassen mich sagen: Ich würde mich freuen, wenn die Staatsregierung nicht nur in ihrer verbalen, sondern auch in ihrer praktischen Politik dazu überginge, nicht allein Verehrungsdeponien wie die Sammlung Brandhorst zu fördern, sondern endlich auch den lebenden Künstlerinnen und Künstlern und der kulturellen Bildung einen größeren Stellenwert einzuräumen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister hat den Gesetzentwurf zutreffend beschrieben. Der Entwurf eignet sich nicht dazu, große medienpolitische Debatten zu führen. Dazu werden wir in Zukunft beim Neunten und Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und beim Gebührenstaatsvertrag noch ausreichend Gelegenheit haben. Wenn ich richtig informiert bin, ist Ministerpräsident Dr. Stoiber heute zusammen mit Ministerpräsident Beck bei Nele Kruis. Warten wir einmal ab, was dabei für unsere zukünftige Arbeit im Parlament herauskommt. Es wäre spannend, hier dabei zu sein.
Bei der ersten Durchsicht des Gesetzes habe ich nichts gesehen, was mich wirklich bedenklich gestimmt hätte. Wir werden ihn, wenn ich richtig informiert bin, am nächsten Mittwoch im Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur beraten und dann zu einem endgültigen Ergebnis kommen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich glaube, dass diese Werbekampagne – ich betone: die Werbekampagne; denn den Beitrag in MTV konnte noch keiner sehen; ich glaube auch, dass damit eine Grenze überschritten worden ist, und das hat auch der Werberat festgestellt – Anlass gibt, darüber zu reden. Wenn das allerdings nur in einer Aktuellen Stunde geschieht, wäre es etwas zu kurz gegriffen; denn diese Serie ist nur das Symptom einer sich entwickelnden Mediengesellschaft, die in vielen Bereichen, so meine ich, den Halt verloren hat.
Wir müssen aufpassen, dass wir, wenn solche Themen gewissermaßen in einer Schnäppchenjägermentalität hochkochen, nicht in unsere Routine verfallen und sagen: Da haben wir ja unseren Beitrag geleistet.
Diese Serie ist, glaube ich, schon eine gezielte Provokation. Es ist einem Politiker nicht fremd, gezielt zu provozieren, um Aufmerksamkeit zu erreichen. Aber diese Serie – gestatten Sie mir diesen Ausdruck in dem Zusammenhang – ist ja nicht vom Himmel gefallen. Wer MTV verfolgt, weiß, dass dieser Sender mit Abstand die meisten Beschwerden bringt, die es im deutschen Fernsehen gibt.
Wer sich einmal mit „Jackass“ beschäftigt hat, weiß, dass die Verletzung der Menschenwürde Teil dieses Programms ist.
Ich kann Ihnen da eine Kritik leider nicht ersparen. Der Freistaat hatte sich sehr bemüht, MTV nach Bayern zu holen. Er hat es auch geschafft. Ich glaube, dass wir für dieses Bemühen viel Geld eingesetzt haben. Wir haben es ja auch mit großem Aufwand gefeiert, dass wir es geschafft haben, MTV von Hamburg nach Bayern zu holen. Aber dann mussten wir MTV sehr kleinlaut nach Berlin abgeben, wo anscheinend jemand noch mehr gezahlt hat, damit MTV dort seinen Sitz nimmt.
Ich glaube, wir müssen aufpassen und versuchen, solche Tendenzen und Entwicklungen, wie sie MTV mit „Jackass“ als Provokation und Verletzung der Menschenwürde zum Bestandteil seines Hauptprogramms macht, in den Griff zu bekommen.
Ich habe davon geredet, dass es nur um Symptome geht. Daher glaube ich, dass wir grundsätzlich früher ansetzen müssen. Die Jugendenquete wird sich damit beschäftigen. Wir müssen überlegen: Wie kann man erreichen, dass Programme gesellschaftlich diskriminiert werden, sodass kein Sender sie senden will? Es handelt sich hier um eine Comic-Serie. Sie richtet sich nicht an uns erwachsene und gebildete Politiker, die das einigermaßen einordnen können, sondern an Kinder und Jugendliche. Wir müssen Kinder und Jugendliche für die Zukunft so prädestinieren können, dass sie auch mit solchen Sachen umgehen können. Wir können MTV vielleicht dazu bringen, dass die Serie nicht ausgestrahlt wird, aber wir können nicht verhindern, dass sich Kinder und Jugendliche diese Sendung aus dem Internet herunterladen können.
Deshalb brauchen wir eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung, die sich mit den Themen „Bildung“ und „Medienkompetenz“ beschäftigt und alle gesellschaftlichen Gruppen mitnimmt. Ich fände es sehr bedauerlich, wenn sich die vielfach geäußerte Vermutung bestätigte, dass die heutige Debatte nur ein Strohfeuer war. Es ist wichtig, dass wir uns grundsätzlich mit dem Thema „Medienentwicklung und Gesellschaft“ beschäftigen; andernfalls wäre es viel zu kurz gesprungen.
Die Jugendarbeitslosigkeit, die wir vielfach beklagen, ist kein Ergebnis der Arbeitsmarktpolitik. Jugendarbeitslosigkeit ist das Ergebnis der Bildungspolitik. Wenn wir nicht der Bildungspolitik – dazu haben Sie die Möglichkeit – vor allen Clusterdiskussionen und Haushaltsdiskussionen den Vorrang einräumen, werden wir die Gesellschaft nicht mehr in den Griff bekommen, und wir werden derartige Beispiele der Medienpolitik noch vielfach in unserem Lande zu beklagen haben. Wenn wir nicht aufpassen, was wir uns ins Land holen – MTV –, wird der Vorrang der Arbeitsmarktpolitik und der Vorrang der Finanzpolitik, der von den Kollegen der CSU immer wieder gepredigt wird, dazu führen, dass wir viel mehr Geld ausgeben müssen, um die Schäden wieder zu beseitigen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, Herr Eisenreich und Herr Sibler, wenn Sie nachts irgendwo aus dem Tiefschlaf aufwachen, ist das erste, was Ihnen einfällt, die SPD verbreite Polemik und in den anderen Bundesländern sei es noch sehr viel schlechter.
Da kann ich nur sagen: Ich wünsche Ihnen und Ihren Kollegen bessere Träume. Dann ist man ausgeglichener und kann den Argumenten der anderen viel besser folgen. Uli Pfaffmann hat in seiner Wortmeldung gesagt: Wenn Gewalt in unserer Gesellschaft Normalität wird, dann haben wir verloren. Das ist doch unstrittig: Wenn heute die Kinder Gewalt ausüben, um diese mit ihren Handys fi lmen zu können, dann haben wir – ich habe mich deshalb noch einmal gemeldet – ein großes Problem mit den Medien, die heute Gewalt als Problemlösung und nicht als Problem darstellen.
Darauf haben wir in der Vergangenheit zu wenig reagiert. Wir haben eine ganze Reihe von Anträgen gestellt, die sich mit der Medienproblematik und mit der Medienprävention beschäftigen. Die Anträge werden in der EnqueteKommission, Herr Sibler, bei Ihnen mitbehandelt. Wir glauben, dass dieses Thema in Zukunft viel ernster genommen werden muss. Wir glauben natürlich auch, dass die letzte Ausrede immer ist: Die erste Verantwortung haben die Familien. Das ist selbstverständlich, aber dann kommen die Kinder, die von den Familien nicht ausreichend vorgebildet werden, an die Schulen. Auf diesen Umstand muss man doch reagieren. Darauf kann man nicht dadurch reagieren, indem man die Anforderungen immer höher schraubt, sondern man muss beispielsweise dadurch reagieren, dass man Musikschulen und den Musikunterricht in den Schulen verstärkt.
Was machen wir? Wir halten den Zuschuss zu den Lehrerpersonalkosten bei 8 % oder 8,5 %. Seit ewigen Zeiten fordern wir aber 25 %. Wo ist hier die Prävention? Sind wir wirklich daran interessiert, dass wir den Kindern am Nach
mittag eine Alternative zu Internet, DVD-Player, Fernsehen und dem ganzen Schund, der gezeigt wird, bieten?
Wo ist hier die Alternative? Die ist nicht da. Wenn wir Ganztagsunterrichtsangebote an den Schulen hätten, wenn wir mehr Musikschulen hätten oder wenn wir Kunst am Nachmittag anbieten würden, hätten wir eine Alternative zu Internet und Schmuddel-TV. Dafür sind Sie auch mitverantwortlich.
Kolleginnen und Kollegen, Frau Präsidentin! Lieber Kollege Stöttner, ich will nicht auf Ihre Rede eingehen und Ihnen nicht alle Illusionen rauben, was Sie in diesem Landtag noch erwartet. Ich gehe auf die Rede des Kollegen Dr. Bernhard ein, weil dieser einiges gesagt hat, was richtig zu stellen ist, bevor ich auf die Causa Kirch zu sprechen komme.
Erstens. Rot-grün regiert München – das sollte Ihnen nicht entgangen sein. Das Filmfest in München sollte Ihnen auch nicht entgangen sein. Media-Works sollte Ihnen auch nicht entgangen sein. Sie haben gefragt, was wir für die Medienpolitik leisten würden. Sie kommen aus München. Sie sollten Herrn Dr. Wieczorek, den Referenten der Stadt München für Arbeit und Wirtschaft, kennen. Er hat mehr für die Medienpolitik in München geleistet, als Sie sich vorstellen können.
Zweite Anmerkung. Der Forschungsreaktor in Garching ist ein wunderbares Beispiel.
Wir befi nden uns in der Aktuellen Stunde, Sie dürfen keine Zwischenfrage stellen. Sie dürfen sich wieder setzen. Wären Sie bei der Eröffnung des Filmfestes gewesen, hätten Sie wie gewohnt Ihr Grußwort halten können. Ich hatte mich doch so sehr darauf gefreut. Aber leider, leider waren Sie verhindert. Dafür war es wie immer ein Genuss, Oberbürgermeister Ude zuzuhören.
Ich war anwesend, als der Forschungsreaktor in Garching eröffnet wurde. Dr. Otto Schily hat geredet. 340 Millionen sind aus dem Bundeshaushalt gefl ossen.
Es gab Verzögerungen beim Bau. Die mögen von vielen Seiten des Hauses kommentiert werden. Aber es gab auch Verzögerungen, die durch die Berechnungen der Technischen Universität entstanden waren.
Das dritte Beispiel. Der Airbus A 380 ist ein wunderbares Projekt von europäischer Größenordnung. Wir hatten die Kernzelle hier in Bayern – bei Messerschmidt-BölkowBlohm. Jetzt wird der Airbus in Toulouse gesteuert, in Hamburg zusammengebaut, und die Staatsregierung hat unter Strauß und Streibl fünf Freifl üge von MesserschmidtBölkow-Blohm bekommen.
Das ist ein Beispiel „wunderbarer“ Wirtschaftspolitik, die im Freistaat Bayern geleistet wurde. Wir hatten die Kernkompetenzen. Jetzt müssen wir aufpassen, dass uns nicht noch der Eurocopter verloren geht.
Die Kompetenzen waren in Bayern. Nicht Sie und nicht wir hatten die Kompetenzen, aber Messerschmidt-BölkowBlohm hatte sie. Wo sind sie nun? – In Hamburg und Toulouse.
Wer hat sie dort hingebracht? – Das Versagen der Bayerischen Staatsregierung. Daraus hätten wir viel mehr Kapital schlagen können.
Die Causa Kirch ist erwähnenswert. Kirch ist als Filmrechtehändler in Bayern aufgestiegen und hat ein Imperium aufgebaut, das für den Medienstandort Bayern sicherlich gut war. Aber dann ist die Causa Kirch problematisch geworden. Kirch hatte schon mehr als 4 Milliarden Euro Schulden und brauchte, um die Formel 1-Rechte zu kaufen, noch einmal 1 Milliarde Euro. Die Landesbank
war schon mit einer Milliarde beteiligt. Staatsminister Huber hat sich ins Zeug gelegt, um von der Hypo-Vereinsbank 1 Milliarde Euro zu bekommen. Er hat sie nicht bekommen. Aber die Landesbank hat noch einmal 1 Milliarde Euro hineingesteckt. Also hat die Landesbank insgesamt 2 Milliarden Euro in den maroden Kirch-Konzern gesteckt. Hätte das Land Bayern die 2 Milliarden Euro nicht gegeben, wäre Kirch vorher schon Pleite gegangen. Das wäre das gleiche Ergebnis, aber der Freistaat Bayern hätte 2 Milliarden Euro mehr.
Ich werde Ihnen auch sagen, warum zwei Milliarden Euro über die Landesbank an den Kirch-Konzern gegeben wurden. Zeitweise waren 11 von 38 Aufsichtsräten Mitglieder der Staatsregierung im Vorstand der Landesbank – 11 von 38! Staatskanzleiminister Huber legte zum Formel 1-Kredit noch mal 1 Milliarde Euro auf die über 6 Milliarden Schulden, die Kirch schon hatte, mit der Begründung, wenn ein Unternehmen die Weltrechte an der faszinierenden Formel 1 halte, mache dies den Einsatz der Staatsregierung notwendig. Andere würden dafür Jubelfeste abhalten. Das sei ein big point der bayerischen Medienpolitik. Das alles geschah ohne ausreichende Absicherung.
Kollege Dr. Bernhard sprach von Ränkespielen. Aber Kirch hatte hochrangige Berater. Es gab Dr. Helmut Kohl. Er kassierte über viele Jahre hinweg sechsstellige Summen. Es gab Dr. Theo Waigel. Auch er kassierte über viele Jahre hinweg sechsstellige Summen. Der Bundesminister für Post und Telekommunikation Bötsch kassierte über viele Jahre sechsstellige Summen von Kirch. Und es gab das CSU-Urgestein Scharnagl, den früheren Herausgeber des „Bayernkurier“; er kassierte über viele Jahre sechsstellige Summen von Kirch.
Er hat das als Chefredakteur verantwortet.
Obwohl er Mitglied des ZDF-Fernsehrates war, hatte er Beraterverträge – was mit den Richtlinien des ZDF nicht vereinbar war – bei Kirch und hat sechsstellige Summen kassiert.
Man mag darüber nachdenken, wie das alles zustande gekommen ist. Ich lasse das offen, wie Kollege Pschierer anderes offen gelassen hat. Bei all dem Eigenlob, das die Staatsregierung über ihre ökonomische Tätigkeit legt – –
Ich bin sofort fertig. – Bescheidenheit wäre ein demütiges Zeichen, wenn man eine solche Bilanz wie bei der Causa Kirch zu verzeichnen hat, anstatt solche Töne zu spucken, wie Staatsminister Dr. Wiesheu dies getan hat. Ihnen täte Bescheidenheit gut.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe noch eine spannende Frage zum Schluss, nachdem so viel davon geredet wurde, dass die Fragen alle beantwortet seien. Ich habe eine schriftliche Frage an die Frau Justizministerin gestellt. Diese Frage ist so beantwortet worden, dass sie gesagt hat, sie beantworte sie nicht. Vielleicht kann mir aber Kollege König aushelfen.
Herr Kollege Weiß hat bei uns in der Zeitung – das ist unwidersprochen – verlauten lassen, das Justizministerium müsse die Amtsgerichtszweigstelle Hilpoltstein zwar auf Geheiß der Staatsregierung schließen. Allerdings habe die CSU-Landtagsfraktion die Bremse gezogen. Ich hätte gerne gewusst, welche Bremse wo Bremsspuren hinterlassen hat, welche Wirkung diese Bremse hat und wo man diese Bremsspuren nachlesen kann.
Herr König, Sie haben bestimmt noch zwei Minuten Zeit, die Wirkung der Fraktionsbremse der CSU-Landtagsfraktion etwas näher zu erläutern. Dafür wäre ich sehr dankbar.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie der Berichterstatter am Anfang zutreffend vorgetragen hat, stimmen wir heute über den Achten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge ab. Insgesamt sind es sieben Staatsverträge inklusive des Jugendmedienschutzstaatsvertrages, des Mediendienste-Staatsvertrages und ähnlichem. Ich will mich auf die wesentlichen Punkte konzentrieren, die uns dazu bewogen haben, diesen Staatsvertrag abzulehnen.
Mit ihrer Korrektur der unabhängigen Empfehlung zur Rundfunkgebührenerhöhung haben sich die Ministerpräsidenten dem Vorwurf ausgesetzt, zu Zwecken der Programmlenkung und zu medienpolitischen Zielen in die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzugreifen. Diese fahrlässige Verletzung des Gebots der Staatsferne für den Rundfunk kann schwerwiegende Folgen aus dem EU-Wettbewerbsrecht für die deutsche Medienlandschaft nach sich ziehen. Ich werde nachher noch einmal darauf eingehen.
Das gravierendste Problem aber, das mit dem Eingriff der Ministerpräsidenten in die verfassungsgemäße Staatsferne der Festlegung der Rundfunkgebühr stattgefunden hat, bringt uns dazu, diesen Antrag der Staatsregierung auf Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge abzulehnen. Wenn man nämlich in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hineinschaut, stellt man fest, dass die Entstehung unseres öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems geprägt ist von den negativen Erfahrungen der Weimarer Republik als Staatsrundfunk und dem Missbrauch als Propagandainstrument der Nazis. Briten und Amerikaner waren sich darin einig, im Nachkriegsdeutschland einen föderalen, demokratischen öffentlichen Rundfunk zu schaffen. Dieser Rundfunk sollte weder dem Staat oder den Parteien noch einzelnen gesellschaftlichen Gruppen gehören, sondern der Allgemeinheit. Er sollte deshalb durch Gebühren der Teilnehmer und Teilnehmerinnen finanziert werden und nicht privatwirtschaftlich oder staatlich. Er sollte durch Vertreterinnen und Vertreter der gesellschaftlichen Gruppen kontrolliert werden und nicht durch Regierungen und Parteien. Staatsferne, Pluralität, Föderalismus - das sollten die Garanten für umfassende und ausgewogene Information der Bürgerinnen und Bürger sein.
Warum erzähle ich das so ausführlich? - Weil ich glaube, dass diese Grundlage der Meinungsbildung neben der freien Marktwirtschaft und der Pressefreiheit ein entscheidender Faktor für die Demokratie in Deutschland war und ist und weil der hier zu beratende Rundfunkänderungsstaatsvertrag diese Grundlage infrage stellt. Im Grundgesetz Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 heißt es: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“
Wichtiger Baustein ist die Staatsferne bei der Gebührenfestsetzung, die das Bundesverfassungsgesetz 1994 ausdrücklich so festgelegt hat. Der Eingriff in die Programmhoheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird durch die Äußerung insbesondere des Ministerpräsidenten Stoiber bei den Medientagen deutlich, ARD und ZDF sollten gefälligst Sportrechte verkaufen, dann hätten sie schon 6 Cent Gebührenerhöhung gespart. Da wird ausdrücklich die Staatsferne infrage gestellt und der Eingriff in die Programmhoheit deutlich. Das Bundesverfassungsgericht hat 1994 aber ausdrücklich festgelegt, dass die Gebührenfestsetzung nicht im Zusammenhang mit Programminhalten diskutiert werden darf. Das also ist die Grundlage unserer Ablehnung.
Ein weiterer Bereich ist, dass dieser Achte Rundfunkänderungsstaatsvertrag den bayerischen Interessen schadet, ganz einfach deshalb, weil das Hotelprivileg damit für die bayerischen Hotelbesitzerinnen und Hotelbesitzer ab ei
ner Größe von 50 Betten verschärft wird, und diese dadurch über Gebühr benachteiligt werden, weil Bayern nun einmal ein Tourismusland ist und hier mehr Betten stehen als anderswo und deshalb der Freistaat Bayern besonders getroffen wird. Er schadet aber auch dem Freistaat Bayern, weil wir als einer der größten Medienstandorte oder sogar als der größte Medienstandort in Deutschland eine ganze Reihe von unabhängigen Produzenten haben. Da werden sich selbstverständlich die 54 Millionen Euro, die dem Bayerischen Rundfunk bei der Vergabe von Aufträgen an die freien Produzenten in den nächsten Jahren fehlen werden, widerspiegeln.
Sie glauben, mit dieser Regelung dem Privatfunk einen Gefallen zu tun. Dabei wird – Kollege Stockinger wird das nicht bestreiten können – auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Kreativität bei der Mittelbeschaffung ein sehr viel größeres Volumen annehmen. Dann werden wir noch mehr über Sponsoring reden, noch mehr über Werbung. Es wird versucht werden – durch Product Placement oder wodurch auch immer –, möglichst viele Mittel zu beschaffen, damit das Programm im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht leidet. Ich darf daran erinnern, dass wir uns wohl einig darin sind, dass der bayerische Rundfunk eine Klammer auch für den Freistaat Bayern darstellt und dass wir eine gut ausgestattete öffentlich-rechtliche Rundfunklandschaft im dualen System haben wollen.
Ich darf noch einmal auf den Bereich Brüssel zu sprechen kommen, weil er bei dieser ganzen Thematik unterschätzt wird. Wir haben in Brüssel in diesem Jahr noch die Dienstleistungsrichtlinie zu verhandeln. In dieser Dienstleistungsrichtlinie werden zum Beispiel der öffentlich-rechtliche Rundfunk, auch der Film sowie Kultur verhandelt werden. Ende des Jahres soll ein Vorschlag gemacht werden, und jedes Argument, das der Staatsferne zuwiderläuft – und das tut man mit diesem Eingriff –, wird in Brüssel auf offene Ohren stoßen – dort verfolgt man das sehr genau –, wird uns in dieser Diskussion, die wir alle so nicht haben wollen, nämlich dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk Ländersache bleibt, keinen Gefallen tun.
In diesem Zusammenhang verstehe ich nicht, dass man unsere Resolution, in Brüssel den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu stärken, nicht unterstützt hat. Leider ist diese Resolution, die den Landtag betroffen hätte und weniger die Staatregierung, von der Mehrheit im Ausschuss abgelehnt worden.
Innerhalb der Fernsehrichtlinie. Ich fand, sie war sehr behilflich. Aber ich gestehe gerne zu, dass nicht alle die Dimension der europäischen Problematik erkannt haben und dass nicht alle so differenziert in dem Thema zu Hause sind wie vielleicht Kollege Stockinger und ich.
Die Fernsehrichtlinie in Brüssel wird Fernsehen ohne Grenzen noch einmal beleuchten, auch unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe. Im Spätherbst finden in Hong
kong die GATS-Verhandlungen statt, bei denen die 144 Teilnehmer der WTO-Staaten und der Europäischen Union das Thema unter dem Aspekt des Beihilferechts beleuchten werden. Wir haben die Klagen des VPRT, nicht zuletzt aus Bayern, angestoßen, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Online-Tätigkeiten verbieten wollen, die einige Spartenkanäle verbieten wollen und die auch daran arbeiten, unser duales System zuungunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu ändern.
In dieser schwierigen Situation, auch Brüssel betreffend, ist eben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein Bärendienst erwiesen worden, indem man zum ersten Mal die Staatsferne infrage stellt und in die Gebührenfindung eingreift und dies jetzt auch noch in einem Halbsatz in den Änderungsstaatsvertrag hineingeschrieben hat, nämlich dass man auch unter Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Entwicklungen und der Entwicklung der Haushalte der öffentlichen Hand Änderungen vornehmen kann. Hätte dies vorher dringestanden, dann hätte man darüber nachdenken können, ob es denn ein Recht gibt, einzugreifen. Aber einzugreifen und sich diese Änderungen nachträglich legitimieren zu lassen, das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein starkes Stück. Ich glaube, Sie haben die Problematik der Wolken, die sich über dem öffentlichrechtlichen Rundfunk insgesamt und insbesondere auch in Brüssel zusammenbrauen, noch nicht erkannt. Dafür spricht eben auch die Ablehnung der Resolution. Wenn Minister Huber gleich Stellung nimmt, dann hätte ich schon gerne gewusst, wie er sich in Zukunft die Eingriffe in die Gebührenfindung im öffentlich-rechtlichen Bereich vorstellt – das gibt eine gewisse Orientierung –, weil es selbstverständlich so ist, dass der Bayerische Ministerpräsident einer der wesentlichen Strippenzieher war bei der Änderung der KEF-Empfehlung. Da müssen selbstverständlich alle Ministerpräsidenten zustimmen. Da ist das Einigkeitsgebot, und wir haben uns sehr wohl und lange überlegt, wie wir mit dieser Problematik umgehen. Aber wenn wir in diesem Landtag die Mehrheit hätten, würde es auch einen anderen Ministerpräsidenten geben.
Dann würde es auch ein anderes Verhandlungsergebnis geben, und auf dieser Linie können wir sehr gut begründen, warum wir diesen Gesetzentwurf der Staatsregierung ablehnen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich eine Bemerkung vorweg machen; dann spreche ich nur noch zur Kulturpolitik. Die Bundesregierung hat 140 Millionen in den Forschungsreaktor Garching gesteckt. Das ist Fakt und unwidersprochen.
Ich freue mich aber, dass mir die Fraktion mehr Redezeit für die Kulturpolitik zur Verfügung stellt, als sich Minister Goppel dafür genommen hat. Ich muss feststellen, dass
wir ein Jahr, nachdem Dr. Goppel Staatsminister für Kulturpolitik geworden ist, business as usual haben. Herr Minister hat drei Projekte angesprochen; darauf will ich eingehen, zunächst auf das Staatstheater Nürnberg. Als der Ministerpräsident das in Nürnberg verkündet hat, war niemand überraschter als das Kultusministerium und das Wissenschaftsministerium. Auf meine Anfrage einige Monate vorher, ob geplant sei, in Nürnberg ein Staatstheater einzurichten, hat Herr Zehetmair, der Vorgänger von Herrn Goppel, im Brustton der Überzeugung gesagt: Nein, und das wird auch nicht kommen. So viel zur Kontinuität Ihrer Politik, von der soeben auch die Rede war.
Als zweites Projekt möchte ich die Bamberger Symphoniker ansprechen. Es war die Regierung Kohl, welche die Zuschüsse gestrichen hat. Wenn die Regierung Kohl die Zuschüsse für die Bamberger Symphoniker streicht, ist natürlich das Ergebnis, dass der Freistaat Bayern einspringt. Der Beschluss fiel damals unter der Regierung Kohl.
Das dritte Projekt, das Sie ansprechen, Herr Minister, ist die Neuordnung der Musikhochschullandschaft in Bayern. Die Einrichtung der kommunalen Musikhochschulen war doch ein absoluter Flop, ein Sündenfall erster Ordnung! Der wird jetzt repariert, nicht mehr und nicht weniger.
Herr Minister, Sie machen business as usual, und da zeigen sich Risse im Fundament: Wir sind nicht einmal dazu in der Lage, der Grafischen Sammlung in München eine Heimat zu geben. Man protzt lieber mit der Sammlung Brandhorst. Es wäre schon ein kreatives Element gewesen, wenn Sie mit Herrn Brandhorst besprochen hätten, wie es gelingen könne, die Sammlung Brandhorst und die Grafische Sammlung in München angemessen zu präsentieren. Die Kulturpolitik der Staatsregierung ist aber seit jeher geprägt von einem Hang zur Refeudalisierung und zur Machtausübung. Man inszeniert sich selbst mit Hilfe der Kultur. Bei der Verleihung von Fernseh- und Filmpreisen, bei Ausstellungseröffnungen und bei vielen anderen Gelegenheiten wird Kultur dazu benutzt, um Minister und Ministerpräsidenten ins rechte Licht zu rücken. Ich weiß selbstverständlich, dass das auch anderswo passiert, aber in Bayern geschieht das wohl am ausgeprägtesten.
Richtig kritikwürdig wird die staatliche Förderpolitik dann, wenn das Ziel, dass alle soziale Schichten und alle Altersgruppen Zugang zur Kultur erhalten sollen, aus den Augen verloren wird. Haushalte sind in Zahlen gegossener politischer Wille. Sie sprachen von einer Garantie der Vielfalt. Herr Minister, Ihre Aufgabe ist es – da schließe ich Frau Hohlmeier und den Ministerpräsidenten mit ein –, in Zusammenarbeit mit den Kommunen auch jenseits der etablierten Kultureinrichtungen Projekte der Soziokultur, der Film- und Medienarbeit, der Stadterneuerung, der Kulturpädagogik, der Kultur- und Jugendbildung, der freien Kunst- und Kulturszene zu finanzieren. Mit etwas Kreativität wäre es doch zu machen, dass jede staatliche oder vom Staat mitfinanzierte Einrichtung ein Modellprojekt dazu auflegt, wie Kinder- und Jugendbildung organisiert werden kann.
Es müsste auch möglich sein, die Tendenz im Kulturfonds zurückzudrängen, daraus Haushaltslöcher im normalen Haushalt zu stopfen. Die Flexibilität der Mittelvergabe im Bereich des Kulturfonds, die Ihnen dieses Haus doch gegeben hat, Herr Minister, muss verantwortungsvoll genutzt werden. Wo sind die Projekte zur Integrationskultur, die sehr viel für Integration leisten könnten?
„Fördern, was es schwer hat“, das ist ein Schwerpunkt. Kunst als Selbstzweck muss ernst genommen werden. Kunst und Kultur sind Mittler zwischen den sozialen Schichten, und sie müssen als eine Art Schmiermittel für die Integration begriffen werden.
Sehr geehrter Herr Minister, die eingefahrenen Wege, die Sie zurzeit noch gehen – ich habe vom „business as usual“ gesprochen – sind nicht für die Zukunft. Ich fordere Sie auf, Mut zu haben und Kunst und Kultur außerhalb der etablierten Wege zu fördern und einen gewissen Aufbruch zu wagen. Ihrem Vorgänger in diesem Hause habe ich einmal Matthäus 25 vorgehalten. Das handelt von einem Herrn, der seine Talente an seine Knechte vergibt und nach einiger Zeit wiederkommt.
Der Herr ist in diesem Fall der Steuerzahler und der wird, Herr Minister Goppel, Sie daran messen, ob Sie diese Talente vermehrt haben oder ob Sie sie wie Ihr Vorgänger eingegraben haben, um sie nach vier Jahren bei den Haushaltsberatungen wieder auszugraben und vorzuzeigen. Es ist, das gestehe ich gerne zu, denn wir haben hier den Haushalt für Hochschule, Forschung und Kultur, vielleicht nach einem Jahr etwas früh, darüber zu sprechen, denn die Kulturpolitik wird von der Hochschulpolitik in vielen Bereichen überlagert. Das gibt uns vielleicht aber auch die Möglichkeit, dass wir, und das ist ein Angebot, über die Möglichkeiten der Kulturförderung und über neue Wege in der Kulturförderung gemeinsam diskutieren und gemeinsam neue Wege erarbeiten. Wir haben zu diesem Haushalt keine Anträge gestellt, damit die Schamfristen von der CSU nicht eingehalten werden müssen. Insgesamt gesehen ist auch in der Kulturpolitik zu wenig Kreativität zu sehen. Wir geben aber die Hoffnung nicht auf, dass es in den nächsten Jahren besser wird.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Umfang des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist zutreffend dargestellt worden. Des
halb kann ich mich in meiner Wortmeldung auf den Kern des Dissenses beschränken.
Wir haben ein staatsfernes Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr. Es besteht aus drei Stufen. Als Erstes melden die Rundfunkanstalten ihren Bedarf an; dann wird dieser Bedarf von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs staatsfern geprüft. Der Vorsitzende ist Herr Konrad, der Vizepräsident des Obersten Rechnungshofes hier in Bayern, dann wird dies noch einmal den Rundfunkanstalten zur Beratung gegeben. Dann wird von der KEF ein Gebührenanteil oder eine Gebührenerhöhung festgelegt. Sie betrug in diesem bis jetzt praktizierten Verfahren, das nie strittig war, 1,09 Euro. Jetzt haben sich die Ministerpräsidenten zusammengesetzt und haben aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen festgelegt, dass dieses Verfahren keine Gültigkeit mehr haben soll, sondern dass diese Gebühr aufgrund des Beschlusses der Ministerpräsidenten festgelegt werden soll, und zwar bei 0,81 Euro, wenn man denn die Verzögerungen dazu nimmt, die reingerechnet werden, dass wir nicht am 01.01. erhöhen, sondern zum 01.04. Dann sind es 0,88 Euro.
Da, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir doch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, die wir im Laufe der Beratungen auch konkretisieren werden. Es scheint, dass durch ein opportunistisches Verhalten einiger Ministerpräsidenten eine Beschädigung der verfassungsrechtlich gebotenen Staatsferne wissentlich in Kauf genommen wird.
Ausdrücklich wird nämlich vom Bundesverfassungsgericht untersagt, sich in die Programmhoheit, einem Schwerpunkt der Staatsferne, einzumischen.
Ausdrücklich hat auch das Bundesverfassungsgericht festgelegt, dass das Gebührenverfahren eben nicht benutzt werden darf, um medienpolitische Entscheidungen zu treffen. Ministerpräsident Stoiber hat aber genau dies getan, indem er auf den Medientagen in seiner Eröffnungsrede gesagt hat, dass man 6 Cent für den Verkauf von Sportrechten an die Privaten in die Gebührenerhöhung eingerechnet hat, die damit nicht in dem Maße erhöht wird, wie es die KEF vorgeschlagen hat. Und genau das ist ein Eingriff in die Programmhoheit.
Da sind wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, an einem Punkt, wenn wir das so und jetzt durchgehen lassen, dass dem Einflusses der Politik auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Tür und Tor geöffnet wird.
Es gibt eine zweite Dimension, die Minister Huber auch kurz gestreift hat. Es gibt nämlich eine massive Gegnerschaft gegen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Brüssel. Dort hat man sehr genau zur Kenntnis genommen, dass die Ministerpräsidenten unter einem Einigungs- und Einstimmigkeitszwang, den wir hier im Landtag Gott sei Dank nicht haben, aus einem staatsfernen ein staatsnahes Gebührenfestlegungssystem gemacht haben. Das wird in Brüssel auf Ablehnung stoßen, weil wir bei einer staatsnahen Gebühr sofort den Eindruck der Beihilfe erwecken; und Beihilfe, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die öffentlich-rechtliche Gebühr einmal als Beihilfe
gesehen wird, ist dies gar nicht so weit weg, dass man in Brüssel auch daran denken wird, diese Beihilfe zu schmälern oder abzuschaffen.
Wenn sich unser Eindruck im Laufe der Beratungen bestätigt, dass wir da einem Verfassungsbruch zustimmen sollten, dann wird uns auch ein Ministerpräsident Steinbrück und ein Ministerpräsident Stoiber nicht daran hindern, unsere verfassungsrechtliche Verantwortung hier in diesem Hause wahrzunehmen.
Und darüber hinaus, sehr geehrter Minister Huber, war ja wohl Ihr Haus und auch Ministerpräsident Stoiber der Oberstrippenzieher, wenn ich es einmal so nennen darf, bei diesem Gesetzentwurf. Gerade da hätte ich mir auch gewünscht, dass einige Regelungen, wie zum Beispiel das Hotelprivileg hier im Tourismusland Bayern nicht verschärft wird und dass die Hoteliers nicht zusätzlich belastet werden.
Aber ich sage Ihnen, wir müssen diesem Gesetzentwurf auch deshalb nicht zustimmen, weil dann, wenn es hier in diesem Hause eine andere Mehrheit geben würde, auch wenn der Ministerpräsident nicht Stoiber hieße, dann hätten wir einen anderen Gesetzentwurf, dem wir dann vielleicht zustimmen könnten.
Wir werden im Laufe der Beratungen unsere Bedenken nochmals vortragen und uns auch rechtlich beraten lassen. Dann werden wir zu einer endgültigen Entscheidung kommen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrter Herr Minister, ich freue mich, dass heute hier im Parlament die Erfüllung eines Traums eingeleitet wird und dass damit eine langjährige Forderung der SPD aus dem fränkischen Raum erfüllt wird. Ich freue mich natürlich besonders, dass Sie so lange gewartet haben, bis in Nürnberg wieder ein SPD-Bürgermeister regiert.
Oberbürgermeister und Bürgermeister.
Vielleicht liegt es auch ein wenig daran, dass der Termin – –
Herr Kollege, wenn ich aus Cadolzburg käme, würde ich in diesen Räumen etwas leiser rufen, was die Kulturpolitik angeht.
Ich freue mich auf jeden Fall, dass wir es kurz vor der Landtagswahl geschafft haben, diesen für den fränkischen Raum und die Metropolregion Nürnberg wesentlichen Punkt auf die Agenda zu setzen. Mit der Stadt Nürnberg wurde verhandelt, und wir wollen nicht mehr nachtarocken, warum die Münchner 90 % ihres Theaterdefizits erhalten und die Nürnberger nur 50 %. Die Verhandlungen mit der Stadt sind abgeschlossen und waren wohl nicht ganz einfach, aber nachdem nun alle zufrieden sind, denke ich, dass das neue Staatstheater auf einem guten Weg ist. Die Qualität der Theater in München erreicht es schon in vielen Bereichen. Ich bin im Nürnberger Theater des Öfteren zu Gast und kann es im Vergleich mit den Münchner Bühnen beurteilen. Ich denke, auch von der Qualität des Theaters her sind wir auf einem guten Weg.
Die Umwandlung der städtischen Bühnen in Nürnberg zum Staatstheater ist nach der Erfüllung des Wunsches, den die Staatsregierung aufgegriffen hat, dass der Großraum Nürnberg zur Metropolregion wird, und nach der Erfüllung unseres langjährigen Wunsches, dass aus der kommunalen Musikhochschule in Nürnberg eine staatliche Musikhochschule wird, bereits der dritte Bereich, bei dem die Staatsregierung, aus welchen Gründen auch immer – vielleicht haben wir alle zusammen doch so großen Druck ausgeübt, dass sie nicht mehr ausgekommen ist –, ein Einsehen hat. Ich hoffe, dass der Wunsch nun auf eine gute Bahn gestellt wird und im Laufe der Beratungen mit dem Beschluss des Parlaments erfüllt wird. Das ist ein guter Tag für den Föderalismus in Bayern. Sie werden sicherlich erleichtert sein, wenn ich signalisiere, dass wir Ihrem Gesetzentwurf wohlwollend begegnen werden.