Das Finanzierungsmodell allein schon kann so nicht bestehen bleiben. Es muss unbedingt verändert werden, weil wir nicht einsehen können, dass es Preislisten für Kinder gibt, wo Gewichtungsfaktoren festlegen, was für einen Stempel ein Kind bekommt. Besser wäre es nach unserer Auffassung, den Anstellungsschlüssel für das Erziehungspersonal zu ändern, kleinere Gruppen zu haben, mehr Erziehungspersonal für weniger Kinder. Dann kann individuell gefördert werden. Dann muss man den ganzen bürokratischen Aufwand mit den Gewichtungsfaktoren gar nicht machen.
Also eine gerechte Finanzierung, das ist sicher richtig. Aber den Anspruch des Kindes auf Bildung und Erziehung muss man in den Mittelpunkt stellen. Das ist unsere Forderung.
Es gibt noch andere Kritikpunkte an diesem Finanzierungsmodell. Ich will nur ein paar nennen. Die Träger sind auf ihre Aufgabe überhaupt nicht vorbereitet. Ich kenne einige kleine Träger, die sagen: „Wir können das nicht mehr machen.“ Es gibt kleine Kirchenstiftungen, die diese Arbeit gar nicht leisten können, die auf sie zukommt. Es gibt auch Träger, die sich überlegen, ihre Einrichtungen nicht mehr zu betreiben, ihre Einrichtung an den Mann oder an die Frau zu bringen, weil sie es nicht mehr machen wollen und – das ist ganz entscheidend – nicht mehr können. Wenn man sich anschaut, welche Aufgaben auf kleine Kirchenstiftungen zukommen, wo ein Kirchenpfleger alles machen muss, dann sind sie einfach überfordert. Die Planungssicherheit ist für die Träger überhaupt nicht mehr gegeben. Sie wissen nicht, welche Arbeitsverträge sie schließen sollen, weil sie nicht wis
sen, ob sie ihr Personal weiter beschäftigen können oder nicht, wenn es denn vom Buchungsverhalten der Eltern abhängig ist. Das bedeutet auch für das Erziehungspersonal vehemente Einschnitte bzw. Unsicherheiten, weil sie nicht wissen, wie es von einem Jahr zum anderen weitergeht.
Es gibt keine Vor- und Nachbereitungszeiten für die pädagogische Arbeit. Bei den Lehrern ist dies eine Selbstverständlichkeit, bei den Kleinen, wo es um die Grundlage der Bildung geht, ist es laut Gesetz nicht notwendig. Auch die Ausbildung wird schwieriger; die Erziehungsarbeit wird insgesamt wesentlich schwieriger und gerät angesichts der Bürokratie, die den Erzieherinnen und Leiterinnen aufgebürdet wird, in den Hintergrund.
Der Gemeindetag – das ist interessant – ist der einzige Verband, der das Gesetz sehr lobt und es für gut befindet. Er hat keine Kritik geübt. Ich habe in gewisser Weise Verständnis dafür, weil ich selbst Stadträtin bin und weiß, was es bedeutet, Kindertagesstättenplätze vorzuhalten. Das ist keine Frage. Aber ich glaube, dass sich viele Gemeinden und Städte überhaupt noch keine Vorstellung über die Probleme gemacht haben, die auf sie zukommen werden, wenn zum Beispiel einzelne Träger nicht mehr bereit sind, ihre Einrichtungen weiterzuführen. Dann sind die Gemeinden gehalten, diese Einrichtungen zu übernehmen und als Gemeinde zu betreiben. Hier existiert noch sehr viel Unsicherheit. Es gäbe noch viele weitere Gesichtspunkte hinzuzufügen, aber ich will mit der Aufzählung aufhören; denn wir haben sicherlich noch an anderer Stelle Gelegenheit, darüber zu diskutieren.
Eines möchte ich feststellen: Ich fand es sehr gut, dass dieser Modellversuch für die Finanzierung als ergebnisoffener Versucht geführt wurde. Das ist eine gute Geschichte. Wenn man allerdings ein gutes Vorhaben dann zu einem schlechten Ende führt, ist mit einem solchen ergebnisoffenen Versuch auch nicht gedient.
Für uns als Parlamentarier ist die Mitwirkung des Parlaments sehr wichtig. Immer wieder waren es die Oppositionsfraktionen, die das Thema ins Parlament eingebracht haben, und die Mitwirkung des Parlaments muss uns auch ganz wichtig sein. Es gibt nämlich sehr viele wichtige Details, die nicht im Gesetz geregelt werden sollen, sondern auf dem Verordnungswege. Da haben wir dann als Parlament überhaupt nicht mitzureden. Ich nenne nur den Basiswert, den Anstellungsschlüssel und auch die Gastkinderregelung. Das kann uns als Parlament nicht recht sein,
insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass wir heute Morgen über den Föderalismus debattiert und festgestellt haben, wie wichtig die Parlamente sind.
Ein Gedanke noch zum Ausbau der Kindertageseinrichtungen generell. Sie lassen sich immer gerne loben, Frau Ministerin, wenn Sie feststellen, dass in den nächsten Jahren 30 000 Plätze geschaffen werden sollen. Da kann ich allerdings nur sagen: Wenn nichts da ist, muss ich natürlich sehr viel schaffen, und wenn ich von Null auf Hundert will, muss ich Einiges dafür tun.
Das ist keine Kunst. Wenn ich bei 360 000 Kindern von 0 bis 3 Jahren nur 6 000 Plätze zur Verfügung habe, spricht das seine eigene Sprache.
Ich möchte zum Schluss kommen. Für uns ist der Bildungsauftrag der Kindertagesstätten vorrangig. Deshalb fordern wir dazu auf, das letzte Kindergartenjahr verpflichtend und kostenfrei anzubieten, um alle Kinder vor der Schule zu erreichen. Bis jetzt erreichen wir nämlich nicht alle. Wenn aber das Kindertagesstättengesetz so kommt, wie vorgesehen, entwickeln sich die Kindertagesstätten wieder zu Bewahranstalten und wir vergeben eine Chance auf Bildung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bayern bekommt ein neues Kindertagesstättengesetz. Das ist eigentlich ein Grund zur Freude; denn es bietet große Chancen. Es bietet die Chance, Erziehung, Bildung und Betreuung als pädagogische Grundbausteine zu verwirklichen. Es bietet die Chance, Bildung in das pädagogische Konzept von vornherein mit aufzunehmen. Und es bietet die Chance, Kinder in den Mittelpunkt zu stellen.
Die Voraussetzung dafür, dass dieses Kindertagesstättengesetz gelingt, und dafür, dass es einen wirklichen Fortschritt in Erziehung und Bildung darstellen kann, ist allerdings, dass man bereit ist, dafür die entsprechenden Mittel einzustellen.
Man darf nicht glauben, Bildung, Erziehung und Betreuung zum Nulltarif zu bekommen, wenn die Anforderungen steigen.
Bei dem ISKA-Modell war bereits die Vorgabe falsch. Die Vorgabe lautete nämlich, es müsse kostenneutral sein. Unter dieser Vorgabe – da muss ich wirklich eine Lanze für Herrn Krauß brechen – konnte kein besseres Modell entstehen, denn er musste sich nach der Decke strecken. Wir haben die Möglichkeit, eine politische Entscheidung zu Gunsten der Kinder zu treffen und zu sagen, wir setzen den Stellenwert von Erziehung und Bildung höher, sie sind uns wirklich etwas wert. Ich kann es
bald selbst nicht mehr hören, weil ich es so oft sage, aber es ist wirklich so, dass jeder Euro, den man in Bildung und Erziehung investiert, vierfach zurückkommt. Es ist kein Sparmodell, wenn Sie hier nicht investieren.
Wir müssen uns an unserer Bereitschaft messen lassen, in den Rahmenbedingungen finanziell wirklich gute Grundlagen zu schaffen, so dass ein pädagogisch gutes Modell entstehen kann. Der vorgelegte Gesetzentwurf der Staatsregierung ist hinter diesen Erwartungen leider meilenweit zurückgeblieben.
Er ist viel zu kurz geschossen, er ist einseitig marktwirtschaftlich ausgerichtet und er orientiert sich zu wenig an den Bedürfnissen der Kinder und Eltern. Es liegt also auf der Hand, dass ein Gesetzentwurf wie dieser dringend verbesserungsbedürftig ist.
Wir haben Anträge zur Berücksichtigung bereits bei der Erstellung des Gesetzentwurfes gestellt. Wir mussten allerdings zu unserem großen Bedauern feststellen, dass unsere Anträge und Vorschläge keinen Eingang in diesen Gesetzentwurf gefunden haben. Deshalb ist es uns wichtig, auch weiterhin darauf hinzuweisen, solange das Gesetz noch nicht verabschiedet ist, dass es dringend verbesserungsbedürftig ist. Es soll ein Gesetz werden, das lange hält; es soll ein Gesetz sein, das für Kinder und Eltern und für die Gesellschaft nachhaltige Verbesserungen bringt. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden wir das mit Sicherheit nicht erreichen.
Ich freue mich über den Dringlichkeitsantrag der SPD. Zeigt er doch, dass die Anträge der GRÜNEN, die wir in den letzten Monaten gestellt haben, die Zustimmung und Unterstützung der SPD finden und wir insofern mehr Mitstreiter haben.
Die Anträge der letzten Zeit kamen von uns, Frau Kollegin. Was ich allerdings beim Dringlichkeitsantrag der SPD nicht mittragen kann, ist dieses verpflichtende, kostenfreie letzte Kindergartenjahr. Ich will das kurz erläutern. Ein kostenfreies letztes Kindergartenjahr ist aus unserer Sicht deshalb nicht so sinnvoll, weil bereits jetzt 90 % der Kinder, die den Kindergarten besuchen, im letzten Jahr kommen. Die Kostenfreiheit für sozial schwache Familien ist ohnehin gewährleistet, ebenso wie für Familien mit drei Kindern, deren drittes Kind ebenso kostenfrei in den Kindergarten gehen kann. Die generelle Kostenfreiheit würde eine enorme finanzielle Mehrbelastung sein, von der wir meinen, dass diese Mehrkosten besser in die Qualität gesteckt werden sollten, sprich beispielsweise in kleinere Gruppen.
In Bezug auf die CSU, die heute Mittag leider etwas mager im Hohen Haus vertreten ist – aber Herr Unterländer und Herr Imhof aus dem Sozialausschuss sind immerhin da –, habe ich auch noch Hoffnung; denn Herr Unterlän
der hat heute Morgen bei einer Petitionsübergabe gesagt, dieses Gesetz wird im Parlament beschlossen. Da hat er Recht. Deshalb können wir ja wirklich immer noch Verbesserungen für dieses Gesetz gemeinsam beschließen und deshalb möchte ich die CSU herzlich einladen, sich diesen Überlegungen wärmstens anzuschließen.
Für uns ist wichtig, dass die Kindergärten kleine Gruppen haben. Dies wird erreicht durch einen Anstellungsschlüssel von 1 : 10 und durch angemessene, in unserem Antrag genau konkretisierte Gewichtungsfaktoren, die die jeweiligen Erhöhungen des Betreuungsaufwandes versuchen, gerecht zu erfassen, sowohl im Hinblick auf die Kinderzahl wie auch im Hinblick auf die Anzahl der Betreuer.
Wir sind weiterhin für eine Qualitätssicherung, wie sie zum Beispiel durch die verbindliche Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplanes im Kindertagesstättengesetz gewährleistet sein kann. Aber auch hier gilt natürlich, dass die Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen. So, wie jetzt die Kindergartengruppen zusammengesetzt sind mit dieser hohen Kinderzahl und bei diesem geringen Personal sind die hohen Ansprüche des sehr guten Bildungs- und Erziehungsplanes unmöglich umzusetzen.
Das ist nicht nur meine Meinung, da müssen Sie nur einmal hinausgehen und die Meinungen der Erzieherinnen anhören. Denen wird es himmelangst, denn sie wissen genau, dass sie diesen Anforderungen nicht gerecht werden können, wenn sich die Verhältnisse nicht verbessern.
Zur Qualitätsverbesserung ist aber auch weiterhin ein veränderter Fachkraftschlüssel nötig. Jede zweite pädagogische Kraft muss eine pädagogische Fachkraft sein. Wir brauchen Mindestbuchungszeiten für Kindertagesstätten von 6 Stunden. Wir brauchen die Möglichkeit, Kernzeiten festzulegen. Es kann nicht sein, dass die Kindertagesstättengruppen zu Verschiebebahnhöfen herabsinken. Es kann nicht sein, dass das eine Kind von 8.00 bis 11.00 Uhr kommt, das andere vielleicht von 10.00 bis 14.00 Uhr und das nächste von 13.00 bis 17.00 Uhr. Damit hätten die Kinder nie die Möglichkeit, gemeinsam an einem pädagogischen Konzept teilzuhaben. Das darf nicht sein und das darf auch unter einem erhöhten Kostendruck für die Eltern nicht passieren.
Wir brauchen eine externe Qualitätssicherung. Es muss möglich sein, dass ein Gremium, das von außen kommt, nicht kontrollierend sondern beratend und begleitend die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplanes mit den Erzieherinnen durchführt, anschaut und begleitet. Das ist
Wir halten die reine kindbezogene Förderung für zu einseitig, denn sie führt zu Ungerechtigkeiten. Das Finanzierungsmodell der GRÜNEN ist dreigegliedert und teilt sich auf in kindbezogene Förderung, in gruppenbezogene Förderung und in eine Förderung der Qualität. Damit ist gemeint, dass auch Projekte einen Finanzrahmen haben, die vom Kindergarten durchgeführt werden. So wie die kindbezogene Förderung jetzt ist, besteht dafür keinerlei Spielraum.
Bei den Kinderkrippen möchten wir einen flächendeckenden Ausbau von Kinderkrippen und gleichzeitig eine Beschränkung der Tagespflege in engen Grenzen. Wir glauben, dass gerade in der Tagespflege die Qualitätssicherung nicht gewährleistet ist. Wir sehen ein, da jahrelang geschlafen wurde und keine Kinderkrippen in Bayern vorhanden sind, dass man dies mit Tagesmüttern überbrücken muss. Dies kann aber nicht die Lösung sein.