Diese Regelung wird dazu führen, dass weitere Einrichtungen schließen müssen. Es wird keine Betriebskindergärten mehr geben und keine mit besonderer pädagogischer Ausrichtung, wie die Waldorf-Kindergärten und viele andere mehr.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Bedarfsfeststellung im Gesetzentwurf zeigt große Mängel. Ich fordere Sie auf, hier nachzubessern. Wenn wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wollen, brauchen wir eine objektive Bedarfsfeststellung. Die Kommunen „verhungern“ zulassen und ihnen dann zuzugestehen, Plätze nach Kassenlage zu schaffen, ist absolut nicht zielführend. Ich konnte heute im Tegernseer Tal ein Beispiel aus erster Hand miterleben. Die Kommunen sperren sich gegen Kinderbetreuungseinrichtungen, weil diese Geld kosten. Ich meine, wir müssen im Gesetz klare Regelungen schaffen, damit insbesondere auf dem Land Kinderbetreuungseinrichtungen geschaffen werden.
Nach dem Blick auf die Uhr werde ich mich nun kurz fassen: Wir fordern eine gerechte Finanzierung. Wir meinen, es ist ein guter Vorschlag, die 113 Millionen Euro, die für das Landeserziehungsgeld im Haushalt eingestellt sind, für die Kinderbetreuung einzusetzen. Das Landeserziehungsgeld kommt nach den letzten Einsparungen nur noch sehr wenigen Familien zugute. Es wäre also sinnvoller, dieses Geld allen Kindern zugute kommen zu lassen, weil es um Bildung geht. Wir wollen, dass alle Kinder von gleichen Bildungschancen profitieren.
Wir wollen die Familie nicht mit höheren Kindergartenbeiträgen belasten sondern nachhaltig entlasten. Ich fordere Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen. Sehr geehrte Frau Stewens, von einem Kollegen Ihrer Fraktion konnte ich lesen, dass das Gesetz nicht das Gelbe vom Ei sei. Kommen Sie jetzt zum Nachdenken. Bessern Sie nach, jetzt haben Sie noch die Möglichkeit.
Zum Abschluss beantrage ich namentliche Abstimmung und kündige an, dass wir uns beim Antrag der GRÜNEN enthalten werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde auf den Redebeitrag des Kollegen Unterländer eingehen. Er war heute morgen dabei, als 17 000 Unterschriften von Eltern überreicht wurden, hat in der Anhörung gehört, dass Professor Dr. Fthenakis, der Erarbeiter des Bildungs- und Erziehungsplanes, sich gegen den vorliegenden Entwurf geäußert hat, war dabei, als 700 Elterninitiativen Verbesserungsvorschläge zum Entwurf eingebracht haben. Gibt Ihnen das nicht zu denken? Geht das spurlos an Ihnen vorbei? – Sie sagten, Sie führten einen Dialog. Mit wem? – Mit diesen Leuten, die auf dem Gebiet Experten sind, offensichtlich nicht. Sie sagten, Sie wollten keinen einheitlichen Kindergarten. Warum ermöglichen Sie dann keine anderen Konzepte? Warum versuchen Sie, die Übertragung der Landkindergarten-Regelung auf andere Kindergartenkonzepte zu verhindern? – Sie haben nicht verstanden, was wir mit der Umschichtung des Landeserziehungsgeldes für den Hort bewirken wollen. Sie sagten, wir wollten das Landeserziehungsgeld streichen. Das ist nicht wahr. Es soll bleiben, aber es soll umgeschichtet und zugunsten einer effektiveren Erziehungsform benutzt werden. Sie sagten, die Kommunen müssten profitieren. Die Kommunen werden profitieren, wenn nämlich die Kinder so erzogen und gebildet werden, dass keine Folgekosten bei der Kinder- und Jugendhilfe zu erwarten sind.
Den Menschen genügt es nicht, angehört zu werden. Sie wollen auch verstanden werden, und das Verstandene muss irgendwann verwirklicht werden. Erst dann hat es Erfolg.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich kann ich feststellen, dass wir alle ein Kindertagesstättengesetz mit einer einheitlichen Förderung für alle Kinderbetreuungsformen wollen. Im Ziel sind wir uns einig.
Frau Kollegin Dr. Strohmayr, ich fand die Frage, die Sie an mich gestellt haben, sehr interessant. Sie fragten, was ich einer allein erziehenden Mutter sagen werde, die zu mir kommt und berichtet, der Hort schließe um 17 Uhr, sie könne aber erst um 19 Uhr zuhause sein. Sie habe jeden Tag Probleme, müsse jeden Tag jemanden suchen, der ihre Kinder um 17 Uhr vom Hort abholen kann.
Das Problem besteht, weil wir keine Förderungsmöglichkeit nach Öffnungs- bzw. Buchungszeit haben, weil eine Gruppe mit sechs Stunden Öffnungszeit und fünfzehn Kindern die gleiche Förderung bekommt wie eine Gruppe mit zehn Stunden oder acht Stunden Öffnungszeit und 25 Kindern. Das ist doch das Problem. Der Träger sagt der allein erziehenden Mutter: Ich kriege für längere Öffnungszeiten keine bessere Förderung. Deswegen schließe ich um 17.00 Uhr. – Vor diesem Hintergrund haben wir uns eine Förderung überlegt, die die Flexibilisierung der Öffnungszeiten auf den Weg bringt, um es gerade den erwerbstätigen Müttern und Vätern zu ermöglichen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen und um eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung in Bayern zu bekommen.
Schauen Sie mal: Ich spreche mit einer Mutter, deren Mann gerade tödlich verunglückt ist. Sie hat ein Kind unter drei Jahren und ein Schulkind. Sie sucht dringend Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Der Träger lehnt die Aufnahme ihrer Kinder ab, obwohl er im Kindergarten noch Möglichkeiten hätte, das Kind unterzubringen – einfach deswegen, weil er keine entsprechende Förderung bekommt. Deswegen wollen wir auch mehr altersgemischte Gruppen fördern. Wir wollen, dass sich die Träger bewegen. Sie bewegen sich zu wenig; da gebe ich Ihnen völlig Recht. Das ist gar keine Frage. Aber mit einer flexiblen Förderung können wir das erreichen.
Eines können Sie glauben: Ich selbst habe sechs Kinder und elf Enkelkinder; ich war jahrelang Elternbeiratsvorsitzende. Bei mir steht das Kind im Vordergrund.
Wir brauchen eine Betreuung, die den Bedürfnissen unserer Familien, der erwerbstätigen jungen Frauen und auch der Väter gerecht wird. Das wollen wir auf den Weg bringen. Dass es da durchaus auch Widerstände gibt, ist gar keine Frage.
Ich gehe auch hinaus; ich diskutiere sehr viel in den Kindergärten und Kinderbetreuungseinrichtungen. Ich stelle mich den Diskussionen sowohl mit den Eltern als auch mit den Erzieherinnen und ich sage Ihnen: Wir werden die Kinderbetreuung in Bayern flexibilisieren und bedarfsgerecht ausbauen.
Wenn ich Ihren Dringlichkeitsantrag anschaue, habe ich durchaus das Gefühl, dass Sie unseren Gesetzentwurf gar nicht anständig durchgelesen haben.
Ja, das ist eine Unterstellung. Im Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN steht zum Bereich „Qualitätssicherung“ die
Forderung: „Bildungs- und Erziehungsziele als Grundlage für das verpflichtend vorgeschriebene pädagogische Konzept“: Das ist im Gesetz so vorgesehen – Sie fordern zum Fachkraftschlüssel: „Mindestens jede zweite pädagogische Kraft muss eine pädagogische Fachkraft sein“. Das steht auch im Gesetz.
Als Nächstes fordern Sie Mindestbuchungszeiten für alle Kindertagesstätten: Das steht ebenfalls im Gesetz.
Bei der Qualitätssicherung haben wir die Elternbefragung eingeführt; sie steht im Gesetz. Sie fordern, den Elternwillen bei der kommunalen Bedarfsplanung zu berücksichtigen: Das muss die Kommune natürlich tun. Wie soll sie denn sonst eine qualifizierte Bedarfsplanung erstellen? In Ihrem Antrag geht es weiter: „Mitbestimmungsrechte der Eltern stärken: …“ Auch diese haben wir wesentlich verstärkt. Elterninitiativen können jetzt ganz formal als Träger auftreten.
Zu den Elterninitiativen möchte ich Ihnen, Frau Ackermann noch sagen: Die Landkindergartenregelung beinhaltet, dass ein Kindergarten, der innerhalb eines Ortsteils der einzige Kindergarten ist, gefördert wird, völlig unabhängig davon, ob es ein Waldkindergarten ist oder ein Kindergarten der von einer Elterninitiative getragen wird. Das steht so im Gesetz.
Deswegen frage ich mich, wenn ich Ihre Anträge durchlese, ob Sie sich mit dem Gesetz intensiv auseinandergesetzt haben oder nicht, meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
Nein, ich möchte jetzt weitermachen. – Sie wiederholen in Ihren Anträgen gebetsmühlenhaft auch immer wieder Forderungen zur Reform der Kinderbetreuung, von denen Sie doch genau wissen, dass sie so nicht verwirklichbar sind.
Lassen Sie mich kurz noch auf andere Forderungen eingehen. Selbstverständlich werden im Kindertagesstättengesetz bzw. in der das Gesetz ergänzenden Ausführungsverordnung verbindliche Bildungs- und Erziehungsziele sowie Qualitätsstandards festgesetzt. Die Ziele des Bildungs- und Erziehungsplans werden in der Ausführungsverordnung verbindlich festgeschrieben.
Ich sage Ihnen auch noch, warum das in der Ausführungsverordnung stehen wird: Der Bildungs- und Erziehungsplan wird sich natürlich verändern. Wir können aber nicht jedes Mal das Kindertagesstättengesetz inhaltlich verändern. Bildung ist ein Prozess. Bildung verändert sich vor dem Hintergrund der Gegebenheiten, die
auf unsere Kinder einströmen. Der Bildungs- und Erziehungsplan liegt mittlerweile in der dritten Fassung vor, auch aufgrund der Anregungen, die von außen gekommen sind. Anregungen aus der Praxis wurden immer wieder mit hereingenommen. Deswegen will ich ihn auch nicht im Gesetz festschreiben. Er ist zwar im Gesetz verankert, aber es gibt eine eigene Durchführungsverordnung dafür, die prozesshaft verändert werden kann, weil auch Bildung ein Prozess ist.
Frau Staatsministerin, erlauben Sie, dass ich Sie für einen Moment unterbreche? – Hier herinnen ist offensichtlich etwas unklar. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Außen wurde es schon einmal durchgesagt. – Bitte, Frau Staatsministerin.
Im Übrigen springen wir nicht ins kalte Wasser. Wir haben die Regelungen zwei Jahre im Rahmen eines Modellprojekts erprobt. In Bayreuth und in Landsberg am Lech hat sich der Anstellungsschlüssel nach unten bewegt.
Die Rechte der Eltern werden gestärkt. Einen Elternbeirat wird es in jeder Einrichtung geben, die Elternbefragung ist vorgesehen, und die Eltern werden bei der Weiterentwicklung der pädagogischen Konzeption beteiligt. Die kindbezogene Förderung ermöglicht es, staatliche Förderung dann auch gerecht und punktgenau auszureichen. Bisher hatten wir die einrichtungsbezogene, die Gruppenförderung. Sie haben ja auch in vielen Diskussionen immer wieder gefordert, man möge von der starren Förderung nach Gruppen abgehen. Wenn wir die Gruppenstärken senken, gerade vor dem Hintergrund der schwindenden Kinderzahlen und der niedrigen Geburtenquoten – ist das jetzt schon in Unterfranken zu bemerken –, werden wir über kurz oder lang ein Kindergartensterben haben. Wir würden uns immer wieder darüber unterhalten müssen, wie wir die Gruppenstärke gestalten sollen.
Deswegen halte ich es für besser, mehr in die Qualität zu investieren. Drei Förderfaktoren werden künftig ausschlaggebend sein: das Alter des Kindes, der Betreuungsbedarf des Kindes und die Buchungszeit des Kindes. Es wird um nicht mehr als um diese drei Faktoren gehen. Die kindbezogene Förderung bildet damit die tatsächlichen Betreuungs- und Erziehungsaufgaben in der Einrichtung ab und gewährleistet zum Beispiel, dass für Kinder unter drei Jahren wie auch für ältere Kindergartenkinder ein höherer Zuschuss zur Verfügung gestellt wird. Auch für Kinder mit Behinderung zahlen wir mehr als für Kinder ohne Behinderung. Gerade im Bereich der Einzelintegration für Kinder mit Behinderungen werden wir eine verbesserte Situation anbieten können.
Mit der kindbezogenen Förderung ist es uns mehr als gelungen, ein zukunftsfähiges, ein modernes Finanzierungssystem für unseren bayerischen Kindertagesstätteneinrichtungen zu entwickeln. Andere Bundesländer, zum Beispiel Nordrhein-Westfalen, haben ganz großes Interesse an der kindbezogenen Förderung. Mit der Verknüpfung von Qualität und Finanzierung haben wir bundesweit eine Vorreiterrolle übernommen. Ich lege ganz großen Wert auf die Verknüpfung von Qualität und Finanzierung. Denn dann bekommen wir eine qualitätvolle Kinderbetreuung, bei der das Kind wirklich im Vordergrund steht.
(Unruhe – Joachim Wahnschaffe (SPD): Das wäre doch dem Gesetz zu entnehmen! – Weitere Zurufe – Glocke des Präsidenten)
Mit der Forderung nach einer Umschichtung von Finanzmitteln unterstellen Sie, dass für den Bereich der Kinderbetreuung keine ausreichenden Finanzmittel zur Verfügung stehen.