Protokoll der Sitzung vom 12.11.2004

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Zeller.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Wörner, erstens einmal stelle ich bei dieser Debatte fest, dass die Opposition einer gewissen Ideologie verhaftet ist. Anders kann man es nicht beurteilen.

(Ruth Paulig (GRÜNE): Immer wenn Ihnen nichts einfällt, heißt es Ideologie!)

Zweitens. Sie wollen Beschneiungsanlagen verbieten und nennen dabei Zermatt. Das Engadin hat aber jahrelang behauptet, sie bräuchten keine Beschneiungsanlagen. Seit wenigen Jahren haben sie nahezu alle Gebiete mit neuen Beschneiungsanlagen ausgestattet und sind darüber glücklich.

Drittens. Ich möchte mit einem Märchen aufräumen. Sie sagen, wir würden mit Beschneiungsanlagen die Saison verlängern. Das geht doch gar nicht. Man kann nur bei Minusgraden beschneien. Ich habe Ihnen genau zugehört. Die Beschneiungsanlagen haben nur den Zweck, dass wir überhaupt einen Wintertourismus bekommen. Wenn man keine Beschneiungsanlage hat, werden die Leute auf dem Fellhorn und auf anderen Bergen im Allgäu zwar Ski fahren, allerdings bei schlechterer Qualität. Schauen Sie sich doch die Autobahnen an, die, wie die A 8, am Wochenende gerammelt voll sind. Stundenlang stehen die Menschen mit dem Auto auf der Autobahn, nur damit sie nach Südtirol zum Skifahren kommen. Auch das, was die anderen bieten, müssen wir einmal im Hinterkopf haben.

Viertens. Südtirol hat in der Zwischenzeit viel bessere Bedingungen – ob wir es wollen oder nicht. Wenn dort überhaupt noch neue Skipisten angelegt werden – es werden ohnehin kaum mehr Pisten angelegt, was auch richtig so ist – oder wenn Skipisten verändert werden, darf dies nur noch erfolgen, wenn gleichzeitig Beschneiungsanlagen geplant sind. Sonst gibt es keine Förderung mehr. Südtirol verfolgt ganz klar diese Richtung. Sie sagen, die Klimaveränderung würde die Beschneiungsanlagen ohnehin überflüssig machen. Die Klimaveränderungen, von denen wir alle leider Gottes reden, kommen in dreißig oder vierzig Jahren. Solche Anlagen und Techniken sind aber nach zwanzig Jahren auch kaputt. Das, was heute investiert wird, hat mit der Klimaentwicklung nichts zu tun.

In Savognin in der Schweiz gab es die ersten Beschneiungsanlagen in Europa. Dort gibt es sie seit dreißig Jahren. Vom Bürgermeister, vom Kuramt, von der Kulturverwaltung und auch vom Schweizer Naturschutz hören Sie nur Positives. Die Talstation von Savognin liegt nicht höher als im Durchschnitt auch unsere alpinen Tourismusorte. Sie haben immer wieder Zermatt genannt. Dort haben wir

allerdings eine Ausgangsposition von 1600 Metern. Dort haben wir also eine ganz andere Ausgangsposition als in unseren Skigebieten.

Jetzt darf ich einen ganz kleinen Gesichtspunkt ansprechen, der vielleicht zur Versöhnung beiträgt. Wir haben kleine Tourismusgemeinden, zum Beispiel Fischen im Allgäu. Dort ist der Dorflift jahrelang nicht beschneit worden. Thomas Kreuzer weiß es. In der Zwischenzeit gibt es dort eine kleine Beschneiungsanlage. Wenn das Wetter schön ist und ein paar Quadratmeter beschneit sind, kommen Massen von Familien mit Kindern und Großeltern mit Enkelkindern, um ein bisschen herumzurutschen. Jetzt komme ich zu einem Wort, das in dem Fall positiv zu verstehen ist: Schnee ist wie eine weiße Droge, bloß dass sie die Menschen nicht kaputtmacht.

Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zur Förderung. Ob wir fördern, ist eine Frage des Geldes. Ich bin hier gar nicht so positiv eingestellt. Wir dürfen beim Tourismus nicht unzählige andere Maßnahmen in die Förderung aufnehmen, egal ob sie einen Wert haben oder nicht. Eine Infrastrukturmaßnahme, die wichtig ist, zum Beispiel die Beschneiung, sollten wir nicht deswegen fördern, um den Winterurlaub bis in den Mai hineinzuschieben, sondern deswegen, um im Winter überhaupt Urlaub zu ermöglichen. Urlaub im Januar, im Februar und im März hat mit Saisonverlängerung nichts zu tun. Wir sollten glücklich darüber sein, dass wir in Bayern einen ganzjährigen Tourismus anbieten können. Ein ganzjähriger Tourismus ist die Grundvoraussetzung dafür, dass wir die Kosten überhaupt noch einigermaßen tragen können. Wenn wir nicht eine Sommersaison und eine Wintersaison hätten, würde niemand mehr in den Tourismus investieren.

Wenn die Infrastrukturmaßnahme Beschneiungsanlage hier und dort sinnvoll ist, soll sie nicht aus dem Förderkatalog ausgeschlossen werden, während anderer Schmarrn noch im Förderkatalog enthalten ist. Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel: Damit ein Ort überhaupt Tourismusort wird, muss er nachweisen, dass er ein so genanntes Lesezimmer hat. Nehmen Sie eine kleine Tourismusgemeinde. Was soll die mit dem Lesezimmer anfangen? Dort geht das ganze Jahr niemand hinein. Dort gibt es gar keine Urlauber, die das in Anspruch nehmen. Das ist aber Bedingung, damit ein solcher Ort überhaupt Tourismusort werden kann. Daran sieht man, welchen Blödsinn es manchmal gibt. Deswegen können wir Beschneiungsanlagen, egal ob wir sie dann tatsächlich fördern oder nicht, nicht von der Förderung ausschließen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wörner?

Von mir aus!

Herr Kollege, jetzt muss ich Sie doch etwas fragen, nachdem Sie das Wort Förderung strapazieren. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, bestätigen Sie meine Aussage, dass aus dem Haushalt, in dem diese Mittel veranschlagt sind, sehr wohl gefördert werden kann. Damit stehen Sie aber im Widerspruch zum Kollegen Pschierer.

Herr Kollege Wörner, Sie müssen auch wissen, dass es viele Maßnahmen gibt, die gefördert

werden können, dass aber der einzelne Unternehmer keinen Anspruch auf Förderung hat. Wenn Geld vorhanden ist und der Minister entscheidet, könnte man fördern. Die Maßnahme aber generell auszuklammern, halte ich unter den genannten Gesichtspunkten nicht für ehrlich.

Es ist vom Wasserverbrauch gesprochen worden. Wenn genügend Wasser vorhanden ist, wenn der Wasserhaushalt stimmt und wenn keine Chemie verwendet wird, kann man den Beschneiungsanlagen zustimmen.

Das haben wir in den meisten Fällen auch durchgezogen. Ich frage Sie, warum der Wasserhaushalt belastet ist. Wenn beispielsweise irgendwo Wasser auf die Piste gebracht wird, sickert es in der Schneeschmelze ganz langsam ein. Das Wasser ist aber nicht weg; es wird nicht kaputtgemacht oder verschlechtert. Es ist ein ganz natürlicher Ablauf, dass der Schnee schmilzt und damit wieder dem Naturhaushalt zufließt. Man könnte sogar sagen, dass der Wasserablauf – betrachten Sie beispielsweise den Gundbach am Fellhorn – sogar verzögert wird. Ich kenne ehrliche Leute in der Wasserwirtschaft, die sagen: Eigentlich hat dies viel mehr Vorteile als Nachteile.

(Beifall bei der CSU)

Eine Minute Redezeit für Frau Kollegin Paulig.

Immer wenn Sie vonseiten der CSU nicht weiterwissen, werfen Sie uns Ideologie vor. Machen wir es doch ganz realistisch: Streichen wir in dem Antrag die Förderung. Ich sage Ihnen: Wenn der Antrag den Absatz zur Förderung nicht mehr enthält, wird keiner in den bayerischen Gebieten investieren, weil es sich dann nicht mehr rechnet. Machen wir es doch ganz einfach: Nehmen Sie Ihren CSU-Fraktionsbeschluss zurück, und nehmen Sie den Beschluss des Wirtschaftsausschusses zurück. Wenn es keinerlei Förderung gibt, hat sich das Problem Schneekanonen erledigt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich komme zu Ihnen, Herr Pschierer. Sie halten immer die anderen Länder hoch. In der Schweiz sind 10 % der Flächen künstlich beschneit, bei uns 8 %. In der Schweiz setzt man inzwischen aber tatsächlich auf völlig andere Tourismuskonzepte. Der zukünftige Wert für den Tourismus – das wurde mehrfach ausgeführt – ist die intakte Natur. Sie ist das wertvollste Gut, das wir künftig haben. Um den Erhalt dieses Kapitels sollten wir uns bemühen, statt in die Natur einzugreifen und sie mit Schneekanonen zu zerstören.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Schnappauf.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In der bisherigen Debatte, die ich sehr sorgfältig verfolgt habe, wurde zum Teil der Eindruck erweckt, als ob mit dem An

trag der CSU-Fraktion dem Antragsteller von Schneekanonen sozusagen Tür und Tor geöffnet würde. Das ist nicht der Fall. Ich will deshalb richtig stellen, wie die Ausgangssituation ist und wie die Überlegungen für das weitere Verfahren sind.

Die Ausgangssituation war, dass wir seit 1993 im gesamten europäischen Alpenraum aus Gründen der Vorsorge die höchsten ökologischen Standards geschaffen haben. Damals bestand nämlich die Sorge, dass die Vegetation durch Kunstschnee Schaden nimmt. Das war doch die Kernsorge. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Diskussionen vor mehr als zehn Jahren, als gesagt wurde, der Kunstschnee dichtet die Vegetation ab, Artenvielfalt geht verloren usw.

Das Landesamt für Umweltschutz in Augsburg hat nun in einer Studie die verschiedensten Erfahrungen der letzten zehn Jahre im gesamten europäischen Alpenraum ausgewertet. Ergebnis ist, dass sich diese Sorge von damals, weswegen wir mit einer pauschalen Regelung Vorsorge getroffen hatten, Gott sei Dank nicht bewahrheitet hat. Aus zehnjähriger Praxis wissen wir heute, dass die Vegetation und die Artenvielfalt durch Kunstschneeauflagen keinen Schaden nehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, daraus sollte man auch die Konsequenzen ziehen, ohne deswegen die Ziele des Umwelt- und Naturschutzes infrage zu stellen.

Ich hatte in der Debatte den Eindruck, dass Ihnen nicht bewusst ist, dass in jedem Einzelfall eine eigene Prüfung vorgenommen wird. Ich hatte bei den Debattenbeiträgen der Oppositionsfraktionen das Gefühl, dass Sie meinen, aufgrund dieser Erkenntnis, dass die Vegetation keinen Schaden nimmt, werde die Schlussfolgerung gezogen, die Umweltverträglichkeitsprüfung entfallen zu lassen. Das ist nicht der Fall.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Paulig?

Sehr gerne, Herr Präsident!

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass in den ökologischen Bereichen Fauna und Wasserhaushalt sehr wohl erhebliche Belastungen und Forschungsdefizite bestehen? Ist Ihnen darüber hinaus bekannt, dass derzeit Umweltverträglichkeitsprüfungen nur für Beschneiungsflächen über 1800 Höhenmeter und ab 15 Hektar Fläche stattfinden, also überhaupt nicht?

(Ulrike Gote (GRÜNE): Nicht bei uns im Fichtelgebirge!)

Herr Präsident! Frau Kollegin Paulig war mit ihrer Zwischenfrage zu schnell. Ich will nämlich genau auf diesen Punkt als Nächstes eingehen.

Erstens enthält das Gesetz klare Regelungen für eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Zweitens, Frau Kollegin Paulig, wird in der Regel ein wasserrechtliches Erlaubnisverfahren durchgeführt; denn in den allermeisten Fällen liegt

die Kernproblematik beim Wasser. Frau Peters, Sie haben darauf hingewiesen: Es geht um die Frage der Wasserentnahme, es geht um die Frage der Wasserzuleitung, es geht um die Frage des Baus der Lagerbecken, und es geht in aller Regel und in erster Linie um die Baumaßnahme selbst. Der Eingriff während des Baus stellt im Regelfall das größte ökologische Problem dar. Deshalb bleibt es bei der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es bleibt beim wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren. In jedem Fall wird eine ökologische Bauleitung vorgeschrieben. Das heißt also: Für die damit verbundenen Umweltaspekte und Umweltsorgen ist im Verfahren Sorge getragen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Oppositionsfraktionen, wenn man die Erkenntnis auf dem Tisch hat, dass sich eine Sorge, die vor zehn Jahren bestand, nach zehnjähriger Praxis als unbegründet herausgestellt hat, muss man doch die Konsequenz ziehen dürfen und sagen können: Der pauschalen Regelung von damals bedarf es in Bezug auf Vegetation nicht. Lassen Sie uns die Einzelfallprüfung machen.

Hier wurde auch die Saisonverlängerung angesprochen. In jedem Einzelfall wird geprüft. Warum soll eine Beschneiungsanlage im Einzelfall nicht möglich sein, wenn die ökologische Unbedenklichkeit gegeben ist, wenn es fachlich vertretbar ist? Ich will Ihnen insoweit diese Sorge ein Stück weit nehmen. Ich sage auch im Hohen Hause ganz offen, dass ich selbst überhaupt kein Freund von Kunstschnee in einer Landschaft bin, die braun oder grün und nicht winterlich ist, in der der Kunstschnee letzten Endes in der Landschaft eine weiße Schneezunge bildet. Letzten Endes sollten wir aber doch auch im Sinne von Deregulierung, im Sinne von Verwaltungseffizienz nicht Verfahren weiterführen, die sich als nicht notwendig erwiesen haben. Konzentrieren wir die Verfahren auf die Dinge, die ökologisch wirklich bedenklich sind.

Lassen Sie mich deshalb ein offenes Wort zur Förderung sagen, die jetzt vielfach anklang. Offensichtlich ist Ihnen auch nicht bewusst, dass der Ministerrat bereits im vergangenen Jahr, in einer Kabinettssitzung im Dezember 2003 einen Beschluss gefasst hat, der lautet, dass Beschneiungsanlagen entsprechend der bisherigen Praxis auch künftig nicht gefördert werden. Genau das hat auch Kollege Pschierer ausgeführt. Dafür stehen keine Landesmittel zur Verfügung.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Die Kofinanzierungsmittel!)

Auch nicht für die Kofinanzierung.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Dann können wir es streichen!)

Nein, nein! Sie suchen sich immer die Aspekte heraus, die Sie gerade brauchen. In der gesamten Debatte geht es letzten Endes um einen ganz schmalen Bereich, nämlich um die europäische Förderung, die Interreg-Programme. Diese europäischen Interreg-Fördergelder können zum Beispiel mit kommunalen Mittel kofinanziert werden. Zweckverbände können gebildet werden. Es gibt aber keine Landesmittel. Das sagt der Ministerratsbeschluss

ganz ausdrücklich. Das hat auch Kollege Pschierer hier am Pult ganz ausdrücklich gesagt. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es doch letzten Endes auch ein Stück – –

(Ulrike Gote (GRÜNE): Dann ergänzen Sie das doch, wenn es keine Landesmittel für die Kofinanzierung gibt! Dann schreiben wir das auch hinein!)

Das ergibt sich aus dem Text.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Nein, eben nicht!)

Ich habe den Text vor mir liegen. Das ist die Beschlussfassung des Wirtschaftsausschusses, in der es heißt, dass staatliche Haushaltsmittel für diesen Bereich auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung stehen. Dies bezieht sich auf originäre Landesmittel.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Und den nächsten Satz, bitte!)